Update Allergologie und Immunologie beim DAIT 2025 - Immunologie: Was ist neu?

Der neueste Stand zu Diagnostik, Therapie und neuen Studien in der Allergologie und klinischen Immunologie wurde den Teilnehmern der Düsseldorfer Allergie- und Immunologietage am 14. und 15. März 2025 präsentiert. Der Fokus der interdisziplinären Fachkonferenz mit Fachausstellung lag auf praxisrelevanten Diagnostik- und Therapieempfehlungen und neuen Erkenntnissen aus der Forschung. MeinAllergiePortal war als Medienpartner vor Ort und berichtet über die neusten Erkenntnisse aus Allergologie und Immunologie.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Referenten: PD Dr. med. Petra Zieglmayer, Prof. Dr. med. Martin Wagenmann, Prof. Dr. med. Natalija Novak, Dr. med. Nina Dominas, PD. Dr. med. Athanasios Tsianakas, Dr. med. Sunhild Gernert, Prof. Dr. med. Randolf Brehler
Allergietests im Vergleich: Wann ist man wirklich allergisch?
Wenn das Ergebnis eines Allergietests positiv ist, sehen das die Betroffenen eher negativ, denn sie gehen in der Regel davon aus, dass sie eine Allergie haben. „Ein Allergietest ist aber nur ein Nachweis spezifischer Antikörper und zeigt lediglich eine Sensibilisierung an“, erläutert PD Dr. med. Petra Zieglmayer, HNO-Ärztin in Wien und Dozentin an der Karl Landsteiner-Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems, „erst wenn zu dem positiven Testergebnis klinische Beschwerden hinzukommen, besteht tatsächlich eine Allergie“.
Allergietests an der Haut
Besteht der Verdacht auf eine Allergie, steht am Anfang der Diagnose die Anamnese, ein ausführliches Gespräch, bei dem die tatsächlichen Symptome, sowie der Zeitpunkt des Auftretens ausführlich besprochen werden. Verdichtet sich der Verdacht, wird nach Möglichkeit zunächst eine Hauttestung durchgeführt, der Prick-Test. Dabei wird das Allergen in Lösung auf die Hautoberfläche auf- bzw. eingebracht, das ist auch bei Säuglingen möglich. Besteht eine Allergie, bildet sich innerhalb von 10 bis 15 Minuten eine kleine juckende Quaddel. „Wichtig beim Prick-Test ist, dass man einige Tage vor dem Test alle Allergiemedikamente absetzt, um falsch negative Ergebnisse zu vermeiden“, rät PD Zieglmayer.
Ebenfalls ein Hauttest ist der Intrakutan-Test, bei dem die Allergene in die Hautoberfläche eingespritzt werden. Der Intrakutan-Test wird heute fast nur noch genutzt, wenn es durch injizierbare Medikamente zu einer allergieähnlichen Reaktion kam. Auch hier sollten antiallergische Medikamente zuvor abgesetzt werden.
Ein Reibetest bzw. ein Scratch-Test ist ein Hauttestverfahren, bei dem ein vermuteter Allergieauslöser direkt auf der Haut verrieben bzw. leicht eingeritzt wird. Dieses Testverfahren kommt dann zur Anwendung, wenn kein kommerzieller Test zur Verfügung steht. Das Testmaterial, zum Beispiel bestimmte Nahrungsmittel, Tierhaare oder Arbeitsmaterialien, werden dann meist vom Patienten selbst mitgebracht. Auch hier kommt es im Allergiefall innerhalb von wenigen Minuten zu einer Quaddelreaktion.
Allergietests am Blutserum
Serologische Tests wie den IgE-Test nutzt man dann, wenn der Hauttest nicht möglich ist, zum Beispiel weil die Gefahr besteht, dass es durch den direkten Allergenkontakt beim Patienten zu einer Anaphylaxie kommt. Von Vorteil ist dabei, dass eine IgE-Testung unabhängig von einer Medikamenteneinnahme vorgenommen werden kann. Tests am Blutserum nutzt man aber auch wenn es darum geht, eine Kreuzallergie von einer genuinen Allergie zu unterscheiden. So kann zum Beispiel eine Reaktion auf Erdnuss oder Apfel durch eine Allergie auf Pollen bzw. eine allergische Reaktion auf Krustentiere durch eine Milbenallergie ausgelöst werden. Diese Allergien können aber auch primär sein und damit ein höheres Risikopotenzial für schwere allergische Reaktionen aufweisen. „Hier liefert die molekulare Allergiediagnostik, als Suchtest auch mit dem ISAC oder dem ALEX2 , eine präzisere Differenzierung, die auch die Basis für die weitere Therapie, zum Beispiel in Form einer Allergen- Immuntherapie darstellt“, erläutert PD Zieglmayer.
Allergietests durch Provokation
Einen Provokationstest führt man bei unklaren Testergebnissen durch. Hier geht es darum, durch direkte Provokation mit dem Allergen nachzuweisen, dass ein bestimmtes Allergen auch tatsächlich der Auslöser der Allergiebeschwerden ist. Bei Verdacht auf eine Inhalationsallergie wird bei einer Provokationstestung das Allergen direkt in die Nase oder das Auge eingebracht. Bei Verdacht auf oder zum Ausschluß von Nahrungsmittelallergien wird das Allergen oral verabreicht. Besteht eine Allergie, kommt es durch die Provokation beim Patienten relativ schnell zu Symptomen wie Niesen, laufender Nase, juckenden tränenden Augen oder, bei der Provokation auf Nahrungsmittel, zu gastrointestinalen Beschwerden. „Bei Anaphylaxiegefahr werden Nahrungsmittel- oder Medikamanten- Testungen in spezialisierten Zentren durchgeführt“, betont PD. Zieglmayer.
Allergietests: Was ist der Unterschied zwischen RAST und CAP?
Januskinase-Inhibitoren (JAKs): Weitere Therapieoptionen für Neurodermitis
Mit der Substanzklasse der JAK-Inhibitoren stehen seit einiger Zeit weitere Therapieoptionen zur Behandlung der mittel- bis schwergradigen Neurodermitis zur Verfügung. Januskinasen bzw. JAK-Moleküle, spielen bei der Entzündungsreaktion, die der Neurodermitis zugrunde liegt, eine zentrale Rolle. Mit JAK-Inhibitoren ist es möglich, diese JAK-Moleküle zu inhibieren, also zu blockieren, und damit die Entzündungskaskade zu unterbrechen. Insbesondere beim Juckreiz kommt es durch diese Beruhigung des Immunsystems schnell zu einem Rückgang der Symptome. Zur Neurodermitis-Therapie sind drei JAK-Inhibitoren in Form von Tabletten zugelassen: Abroctinib, Upadacitinib und Baricitinib. „Damit eröffnen sich Optionen auch für Patienten, die auf auf bisherige Therapien nicht ansprechen oder diese nicht gut vertragen“ sagt PD. Dr. med. Athanasios Tsianakas, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Fachbereich Dermatologie, Fachklinik Bad Bentheim. Im Vorfeld der Therapie gibt es einiges zu beachten. So sollte ein großes Blutbild erstellt werden, sowie Leber- und Nierenfunktion und Blutfette überprüft werden. Weitere chronische Erkrankungen, chronische Infektionen, sowie eine Schwangerschaft sollten vor Therapiebeginn ausgeschlossen werden. Ebenfalls zu beachten ist, dass es durch JAK-Inhibitoren aufgrund ihres beruhigenden Effektes auf das Immunsystem etwas häufiger zu Infekten kommen kann, die aber in der Regel leicht verlaufen. Es empfiehlt sich daher, vor der Behandlung und in Absprache mit dem behandelnden Arzt bestimmte Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen vornehmen zu lassen. Das Therapieschema richtet sich bei den JAKs nach der Symptomatik der Neurodermitis. „Bestehen Juckreiz und Ekzeme kontinuierlich, sollten auch die JAK-Inhibitoren kontinuierlich angewendet werden“, rät PD Tsianakas, „zeigt sich die Neurodermitis nur phasenweise ist auch eine Intervalltherapie möglich, die nur bei Bedarf zur Anwendung kommt.
Neue Therapiekonzepte für Neurodermitis bei Kindern und Jugendlichen
Systemische Neurodermitis-Therapien stehen für Kinder und Jugendliche mit mittelschwerer und schwerer Neurodermitis bereits zur Verfügung. Für jeweils unterschiedliche Altersklassen sind, abgesehen vom Ciclosporin, sowohl Biologika als auch JAK-Inhibitoren (JAKis) zugelassen, die entweder als Spritze oder als Tablette verabreicht werden. Verfügbar sind die Substanzen Dupilumab, Baricitinib, Tralokinumab, Lebrikizumab, Upadacitinib, Abrocitinib und Nemolizumab. Aktuell laufen jedoch auch zahlreiche Studien zu neuen Therapiekonzepten zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis, auch bei Kindern. Geforscht wird unter anderem an topischen JAK-Inhibitoren, das sind Cremes, die auf die Haut aufgetragen werden. Diese topisch angewandten JAKis zeigen bislang im Vergleich zu den systemischen JAKis ein besseres Sicherheitsprofil. Weit fortgeschritten sind die Studien an den Substanzen Delgocitinib und Ruxolitinib, auch an Kindern unter 12 Jahren. „Diese Substanzen konnten schnelle Effekte erzielen, insbesondere bei der Juckreizkontrolle“, so Prof. Dr. med. Natalija Novak, geschäftsführende Direktorin des Zentrums für Hauterkrankungen und Direktorin der Klinik für Dermatologie & Allergologie am Universitätsklinikum Bonn (UKB), „sie könnten daher schon bald zur Verfügung stehen“. Ein interessantes Therapiekonzept stellt der Hydrocarbonrezeptor Agonist Tapinarof dar, der ebenfalls topisch, in Form einer Creme, angewendet wird, und der in Studien ein gutes Ansprechen, auch bei Kindern, gezeigt hat. Zu beachten ist allerdings, dass all diese existierenden und zukünftigen Therapien immer in Verbindung mit der Basistherapie und topischem Kortison angewendet werden.
HAE beim Kind: Was ist anders?
Das hereditäre Angioödem stellt sich bei Kindern anders dar als bei Erwachsenen. So ist es bei Kindern schwerer, die Symptome zu beurteilen bzw. diese eindeutig einem HAE zuzuordnen. Zum Beispiel sind Bauchschmerzen, die bei Kindern mit HAE öfter auftreten als bei Erwachsenen, auch generell ein häufiges Phänomen bei Kindern. In den meisten Fällen ist ein hereditäres Angioödem aber nicht die Ursache. Erst im Laufe der Zeit und im jugendlichen Alter, zeigt sich das HAE zunehmend auch durch Schwellungen an Armen oder Beinen. Die Symptome verändern sich also im Laufe des Lebens. „Das bedeutet, man ist bei der Diagnose in hohem Maße auf präzise Beobachtungen der Eltern angewiesen,“ erklärt Dr. med. Nina Dominas, Oberärztin an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Helios Klinikum Krefeld, „gleichzeitig versucht man bei Kindern, spielerisch herauszufinden, welche Symptome auftreten und wie hoch die Belastung ist“. Bei der Therapie von Kindern mit HAE ist zu bedenken, dass nicht alle Medikamente für Erwachsene auch für Kinder zugelassen sind. Manche Medikamente sind ab 2 Jahren zugelassen, manche ab 12 Jahren. Es gilt also stets zu klären, welches Medikament jeweils in Frage kommt. „In manchen Fällen bietet es sich auch an zu prüfen, ob eine Studienteilnahme möglich ist“, so Dr. Dominas.
Bradykinin: Bei welchen Erkrankungen spielt das eine Rolle?
Allergie auf Kuhmilcheiweiß oder Hühnereiweiß: Mit der „Leiter“ werden kleine Kinder schneller tolerant!
Bei einer Allergie auf Kuhmilcheiweiß oder Hühnereiweiß ist die Prognose für Kinder gut. 80 Prozent der Betroffenen verlieren diese Nahrungsmittelallergien bis zum Alter von etwa sechs Jahren. Die Zeit bis dahin kann aber stressig sein, denn wenn Milch und Ei strikt gemieden werden müssen, bedeutet dies einen erheblichen Aufwand für die Kinder, die Familie und das Umfeld. Zwar bringt die absolute Allergenkarenz ein hohes Maß an Sicherheit vor anaphylaktischen Reaktionen, es gibt aber auch Nachteile. So leben die Familien oft in der ständigen Angst vor einem versehentlichen Allergenkontakt und bei Kindern mit nicht IgE-vermittelten Allergien besteht die Gefahr, dass es durch eine langjährige Allergenkarenz zu einer zusätzlichen Allergie vom Soforttyp kommt. Mit einem sogenannten „Leiter“-Konzept ist es in bestimmten Fällen möglich, die Zeit der Allergenkarenz bis zum Erreichen der Toleranz zu überbrücken oder gar zu verkürzen. „Geeignet sind aus meiner Sicht unter anderem Kinder unter 3 Jahren, die nur milde auf eine größere Menge Milch oder Ei reagiert haben, zum Beispiel mit einer Nesselsucht oder mildem Erbrechen“, erklärt Dr. med. Sunhild Gernert, Oberärztin und Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in der Kinderpneumologie und Allergologie der GFO Kliniken Bonn, „ebenso geeignet sind Kinder, die schon gebackene Milch oder gebackenes Ei vertragen“. Im Prinzip besteht das Konzept der Leiter in der stufenweisen Einführung des Allergens, welches in bestimmten Speisen verarbeitet ist. Durch den regelmäßigen Kontakt gewöhnt sich das Immunsystem daran und es findet eine langsame Toleranzinduktion statt. Dabei wird die Allergenmenge und die Form der Zubereitung in jeder etwa dreimonatigen Stufe der Leiter von „verbacken oder stark erhitzt“ bis zu „fast roh“ gesteigert, das ganze läuft über ein bis zwei Jahre. „Der Vorteil ist, dass das Leben der Familien erleichtert wird, da die Kinder auf weniger Speisen verzichten müssen und dass die Toleranz bestenfalls schneller entwickelt wird“, betont Dr. Gernert, „allerdings erfordert die „Leiter“ ein hohes Maß an Mitarbeit der Familien und es kann auch zu meist milden Nebenwirkungen bis hin zur schweren allergischen Reaktion kommen“. Daher muss eine Notfallapotheke vorhanden sein und die Eltern sollten geschult sein im Erkennen und behandeln von allergischen Reaktionen. Die „Leiter“ muss deshalb unter Aufsicht eines Kinderarztes oder Allergologen und begleitet durch eine spezialisiert Ernährungsfachkraft durchgeführt werden und sollte Kleinkindern ohne Risiko für schwere allergische Reaktionen vorbehalten sein.
Insekten im Essen: Ist das ein Problem für Allergiker?
Neue Studienerkenntnisse: Was hilft am besten gegen allergische Rhinitis?
Eine aktuelle Netzwerk-Metaanalyse kam zu Ergebnissen, die für Patienten mit allergischer Rhinitis interessant sein dürften. Dabei wurden 167 unterschiedliche Primärstudien zu verschiedenen Therapien, meist an Heuschnupfen-Patienten, statistisch ausgewertet und miteinander verglichen. Endpunkte der Netzwerk-Metaanalyse waren Symptome an Nase und Augen, sowie die Lebensqualität der Patienten. Dabei zeigte sich, dass Nasensprays im Hinblick auf nasale und okuläre Symptome und damit im Hinblick auf die Quality of Life grundsätzlich wirksamer waren als Medikamente zum Einnehmen. „Bei den Nasensprays wiederum, zeigten sich Kombinationspräparate mit den Wirkstoffen Fluticason (einem Kortison) und Azelastin (einem Antihistaminikum) als am wirksamsten, gefolgt von reinen Kortisonsprays mit dem Wirkstoff Fluticasonfuorat“, berichtet Prof. Dr. med. Martin Wagenmann, HNO-Arzt und geschäftsführender Oberarzt, HNO-Klinik, Universitätsklinikum Düsseldorf. Diese Erkenntnis gewinnt anhand neuer Daten aus dem Gesundheitsregister von Taiwan, das 99 Prozent der Bevölkerung abbildet, noch mehr an Bedeutung. Diese Daten haben gezeigt, dass Patienten mit allergischer Rhinitis die häufig mit Antihistaminika der 1. und 2. Generation behandelt wurden, etwas häufiger an Demenz erkrankten.
Allergietherapie „Hyposensibilisierung“: Es gibt Mythen und Fakten!
Wie in so vielen anderen Bereichen kommt es auch in der Medizin immer wieder zu einer Mythenbildung, so auch in Bezug auf die Hyposensibilisierung oder Allergen Immuntherapie (AIT). Hier hört und liest man immer wieder vermeintliche Wahrheiten, für die es aber bei genauer Betrachtung keinerlei Evidenz gibt. Da die Hyposensibilisierung aktuell die einzige ursächliche Behandlung für bestimmte Allergien ist, können Fehleinschätzungen ernste Konsequenzen haben, wenn sie dazu führen, dass die Therapie nicht durchgeführt wird. „Ein typischer Mythos ist, dass die Immuntherapie nur dann wirksam ist, wenn die Allergie erst seit kurzem besteht“, berichtet Prof. Dr. med. Randolf Brehler, Oberarzt, Klinik für Hautkrankheiten Allergologie, Berufsdermatologie und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Münster (UKM), „allerdings haben Studien gezeigt, dass eine Immuntherapie äußerst erfolgreich sein kann, selbst wenn Allergien bereits 10 bis 20 Jahre bestehen“. Hartnäckig hält sich auch das Dogma, dass eine Immuntherapie nur für Patienten geeignet ist, die gegen ein einziges Allergen sensibilisiert sind. Viele Patienten haben aber Allergien gegen multiple Allergene, und neue Studien zeigen, dass auch bei der sogenannten Polysensibilisierung eine Hyposensibilisierung helfen kann. Das bedeutet, auch wenn gleichzeitig Allergien gegen, zum Beispiel, Milbe, Birkenpollen und Gräserpollen bestehen, ist eine Immuntherapie sinnvoll. „Wichtig ist hierbei nur, dass die Behandlung mit dem Allergen durchgeführt wird, das die schwersten Beschwerden auslöst“, erläutert Prof. Brehler. Ein weiterer Mythos besagt, dass Kinder besser auf die Immuntherapie ansprechen als Erwachsene, bzw. dass sich eine Hyposensibilisierung in höherem Alter nicht mehr lohnt. Auch das stimmt nicht, denn die Allergen-Immuntherapie wirkt bei Patienten jeder Altersgruppe. „Bislang konnte nicht gezeigt werden, dass die Hyposensibilisierung in einer bestimmten Altersgruppe besser wirkt als in einer anderen“, sagt Prof. Brehler. Es gibt aber auch Patienten, die vor einer Hyposensibilisierung zurückschrecken, weil sie Angst vor möglichen Nebenwirkungen haben. Daten aus dem „European Anaphylaxis Registry“ zeigen jedoch, dass diese Angst unbegründet ist. Zu schweren Anaphylaxien mit fatalem Ausgang kam es im Zeitraum von 10 Jahren, zwischen 2008 und 2018, in 10 dokumentierten Fällen. Systemische Reaktionen wurden bei lediglich 0,2 Prozent der subkutanen AIT-Injektionen beobachtet. Bei der sublingualen Immuntherapie hat man nur wenige systemische Nebenwirkungen und keine tödlichen Anaphylaxien beobachtet. Wenn bei schweren allergologischen Erkrankungen Biologika zur Therapie eingesetzt werden kann bei bestehender Indikation gleichzeitig eine allergenspezifische Immuntherapie durchgeführt werden, gezeigt wurde, dass durch die Kombination auch weniger Reaktionen auf die Immuntherapie auftreten“, berichtet Prof. Brehler.
Remission: Was heißt das bei Nasenpolypen
Aussicht auf weitere Therapien bei schweren Formen von Nasenpolypen!
Mit den Biologika Dupilumab, Omalizumab und Mepolizumab stehen bereits drei zugelassenen Therapien zur Behandlung der schweren chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen zur Verfügung. Jetzt haben die aktuell publizierten Ergebnisse von zwei Phase-3-Studien weitere Substanzen in den Fokus gerückt. Das ist einerseits Tezepelumab, ein Antikörper gegen TSLP, ein Alarmin, der bereits zur Behandlung des schweren Asthmas zugelassen ist. In der Phase-3-Studie zeigte sich endoskopisch eine Verringerung der Nasenpolypen-Scores. Auch Kriterien wie die nasale Obstruktion, das Riechvermögen, die Zeit bis zur nächsten Operation, die Anwendung oraler Steroide und die Lebensqualität waren deutlich verbessert. Und andererseits der Antikörper Depemokimab. Er richtet sich ebenfalls gegen Interleukin-5 und führte in der Phase-3-Studie zu einer signifikanten Verringerung der Nasenpolyengröße und der Verbesserung der behinderten Nasenatmung. Ein Vorteil ist, dass man dieses Medikament nur alle sechs Monate, also nur zweimal im Jahr, applizieren muss. „Ziel der modernen Therapie schwerer Formen von Nasenpolypen ist die Remission, das heißt eine langanhaltende Symptomkontrolle und eine tatsächliche Rückbildung der Nasenpolypen unter einer immer wieder angepassten Therapie“, so Prof. Wagenmann.
Asthmatherapie mit Biologika? Man braucht die richtigen Biomarker!
Biologika werden zur Therapie von mittelschwerem und schwerem Asthma eingesetzt, wenn die Symptome mit den klassischen, Leitlinien-gerechten Therapien nicht kontrolliert werden können. Da jedoch auch Biologika nicht immer ausreichend wirken, werden sogenannte Biomarker hinzugezogen. Ziel ist es, damit eine Prognose zum Ansprechen auf eine bestimmte Therapie zu ermöglichen. „Beim Asthma ist die Anzahl der eosinophilen Granulozyten im peripheren Blut, also eine bestehende T2-Entzündung, der wichtigste Biomarker,“ erklärt Prof. Dr. med. Christian Taube, Direktor der Klinik für Pneumologie an der Universitätsmedizin Essen Ruhrlandklinik. Zu beachten ist jedoch, dass bei Asthma bereits niedrigere Eos-Werte auffällig sind als in den regulären Laborberichten ausgewiesen. „So gilt ein Wert < 150 Eos/µ als sicher normal, 150 bis 300 Eos/µ würde man bereits als eosinophiles Signal bewerten, 300 bis 400 Eos/µ ist schon ein erhöhter Wert und > 400 Eos/µ würde man als sicher erhöht einstufen“, erläutert Prof. Taube. Ein weiterer Prädiktor für eine T2-Entzündung wäre ein Stickstoffmonoxid-Wert im Exhalat (FeNo) von ≥ 20 ppb, entweder zusätzlich zum Eos-Wert oder allein auftretend. Aber auch das Vorhandensein von Allergien oder ≥ 2% eosinophile Granulozyten im Sputum gelten als Biomarker für eine T2-Inflammation, letzteres ist allerdings für den klinischen Alltag zu aufwendig. Zur Verfügung stehen hier aktuell Substanzen, die sich gegen IgE, IL-5 (R), IL-4/13 und TSLP richten. Die Auswahl der Biologika, für die jeweils unterschiedliche Biomarker gelten, erfolgt entsprechend der Anamnese in Verbindung mit den Biomarkern und möglicherweise vorhandenen Komorbiditäten. „Bei 35 Prozent Patienten mit schwerem unkontrolliertem Asthma gelingt es uns mit Hilfe des richtigen Biologikums, eine Remission, also eine Symptomfreiheit zu erreichen, ohne dass weiterhin orale Steroide eingenommen werden müssen“, berichtet Prof. Taube, „das gilt sogar für aktuelle und ehemalige Raucher“.
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S.Jossé, www.mein-allergie-portal.com
Lesen Sie auch
-
Deutscher Allergiekongress 2023: Ein Blick in die Zukunft
-
Alternative Heilmethoden bei Allergien, geht das?
-
Allergologie im Kloster: Neues zu Diagnostik & Therapie