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Kawasaki-like-Syndrom: Wann sind Kinder gefährdet?

COVID19 Kawasaki-like-Syndrom Kinder
Was ist ein Kawasaki-like-Syndrom? Bildquelle: J. Seidenberg

In sehr seltenen Fällen scheint es bei Kindern im Zusammenhang mit COVID-19 zu sehr schweren Verläufen zu kommen – man spricht von einem „Kawasaki-like-Syndrom“. Neuerdings lautet die Bezeichnung „Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome“, abgekürzt „PIMS-TSS“. In diesen wenigen Fällen ist es dringend geboten, die Diagnose schnell zu stellen und umgehend die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. med. J. Seidenberg, ehem. Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Elisabeth-Kinderkrankenhaus - Klinik für Pädiatrische Pneumologie und Allergologie in Oldenburg, über Symptome, Diagnose, Akuttherapie und wann Kinder gefährdet sind.

Autor: Prof. Dr. med. J. Seidenberg

Wie viele von den mit Corona infizierten Kindern entwickeln ein Kawasaki-like-Syndrom?

Vom Kawasaki-like-Syndrom ist nur ein ganz kleiner Prozentsatz der Kinder betroffen. Auch das „European Center for Disease Prevention and Control“ schätzt das Risiko von Kindern, PIMS-TSS zu entwickeln, als niedrig ein. 1)

Aber: Nicht bei allen Kindern mit Kawasaki-like-Syndrom findet man Corona-Antikörper. Und: Manchmal waren die Kinder mit einem Kawasaki-like-Syndrom am Anfang Corona-negativ und später hat man auf einmal Antikörper nachgewiesen. Möglicherweise ist das Kawasaki-like-Syndrom bei Kindern ein Spätzeichen, welches erst ab der zweiten, eher dritten Woche auftritt und dann ist der Virusnachweis oft schon schwierig.

Man kann aber feststellen: Das Kawasaki-like-Syndrom trat immer in der Hochzeit der Corona-Epidemie vermehrt auf.

Wie sehen die Symptome des Kawasaki-like-Syndroms aus?

Die Symptome beim Kawasaki-like-Syndrom können wie folgt aussehen:

  • Meist entwickeln Erkrankte sehr hohes Fieber über fünf Tage, das nicht auf Antibiotika anspricht.
  • Eine Entzündung entsteht, die man zum Beispiel an einer Entzündung der Augen erkennen kann. Die Augenentzündung tritt meist beidseitig auf und ist nicht eitrig.
  • Schleimhautveränderung an den Lippen treten auf. Man spricht dann von „Lacklippen“, weil die Lippen glänzend lackig aussehen, als seien sie mit Lack überzogen, aber rissig.
  • Die Zunge verfärbt sich hoch rot und sieht wie eine Erdbeere aus. Man spricht auch von einer Erdbeerzunge – wie man das zum Beispiel auch bei Scharlach kennt.
  • Zusätzlich kommt es zu einer Entzündung der Haut im Bereich der Handinnenseiten und Fußsohlen. Diese sind zunächst geschwollen, dann röten sie sich und nach ein bis zwei Wochen schuppt sich die Haut. Auch an anderen Körperstellen kann es zu Hautausschlägen kommen.
  • Deutliche Vergrößerungen der Lymphknoten sind zu erkennen, meistens im Halsbereich.
  • Es kommt zu einer Entzündung des Herzmuskels, verbunden mit Blutdruckproblemen bis zu einem Versagen des Herzmuskels.

Es gab auch einige Kinder, die wegen des Herzversagens reanimiert werden mussten. Dadurch zeigte sich das Kawasaki-like-Syndrom insgesamt als schwerere Erkrankung. In über der Hälfte der Fälle kam es zu einer Herzmuskelbeteiligung, zum Teil mit Herzversagen, Blutdruckabfall und massiven Kreislaufproblemen.

Ein Unterschied zwischen dem Kawasaki-Syndrom und dem Kawasaki-like-Syndrom besteht darin, dass die Kinder mit einem Kawasaki-like-Syndrom im Durchschnitt älter waren. Während die klassischen Kawasaki-Syndrom-Kinder meistens unter fünf Jahre alt waren, waren die Kawasaki-like-Syndrom-Kinder älter, meistens über fünf Jahre bzw. sogar bis zu 19 Jahre.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen?

Wichtig zu wissen ist: Wenn ein Kind mit den genannten Symptomen wie hohem Fieber, den typischen Hauterscheinungen etc. nach fünf Tagen nicht auf eine antibiotische Therapie anspricht, sollte man aufmerksam werden, besser sogar noch früher. Dann könnte es sich nicht um eine bakterielle Erkrankung, sondern eventuell um ein Kawasaki-like-Syndrom handeln.

Für die Kinder bestünde dann ein hohes Risiko für ein Herzversagen. Das heißt, diese Kinder müssten auf jeden Fall stationär aufgenommen werden, sie müssten auf jeden Fall sofort echokardiografisch auf die Herzleistung untersucht werden. Man müsste sofort die sogenannten Herzinfarktparameter abnehmen.

Gegebenenfalls müsste man umgehend stützende Medikamente einsetzen.

Weiter wäre dann zu beachten, dass es sich hier um eine Gefäßentzündung handelt, die häufig auch zu Thrombosen führen kann. Man müsste diese Kinder dann relativ schnell mit dem Blutverdünner Heparin behandeln.

Wichtig wäre auch die schnelle Gabe antientzündlicher Medikamente wie zum Beispiel hochdosierter Immunglobuline. Allerdings hat sich gezeigt, dass Kinder über fünf Jahren mit Kawasaki-like-Syndrom auf Immunglobuline nicht so gut ansprechen, wie die Kinder unter fünf Jahren. Die Konsequenz ist, dass hier relativ schnell zusätzlich Kortison gegeben werden sollte. Eine Alternative wäre der Einsatz von Aspirin als Entzündungshemmung. Erreicht man auch damit nicht, dass sich das Fieber der Kinder senkt, diskutiert man sogar den Einsatz von Biologicals.

Wichtig ist eine schnelle Diagnose, damit man schnell gegensteuern kann, möglichst innerhalb der ersten fünf Tage.

Herr Prof. Seidenberg, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Quelle: 1) European Center for Disease Prevention and Control https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/covid-19-risk-assessment-paediatric-inflammatory-multisystem-syndrome-15-May-2020.pdf

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

27. Juli 2020

Autor: S. Jossé/J. Seidenberg, www.mein-allergie-portal.com

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