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Anaphylaxie Insektenstich

Anaphylaxie nach Insektenstich: Wer ist gefährdet?

Anaphylaxie nach Insektenstich: Wer ist gefährdet?

Vor einer Anaphylaxie nach einem Insektenstich fürchten sich viele Allergiker, wenn im Sommer Wespen, Bienen und Hornissen wieder fliegen. Wer ist gefährdet, eine anaphylaktische Reaktion zu erleiden? Wie sieht eine normale Stichreaktion aus? Was ist bei Diagnose und Therapie zu beachten? Im Interview mit MeinAllergiePortal gibt Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm von der Hautklinik der Medizinischen Universität Graz Antworten auf wichtige Fragen.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Assoz.-Prof. Dr. Gunter Sturm

Herr Prof. Sturm, welche Patienten sind gefährdet, nach einem Insektenstich eine Anaphylaxie zu erleiden?

Das Risiko, eine Anaphylaxie zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter und der Häufigkeit der Stichereignisse. Kommt es in einem Intervall von ca. 1 bis 2 Monaten zu Stichen, fördert dies die Entstehung einer Allergie.

Über 40-Jährige haben – im Vergleich zu jüngeren Menschen – statistisch ein dreifach erhöhtes Risiko, eine schwere systemische Insektenstichreaktion zu erleiden.

Gibt es weitere Risiken für ein erhöhtes Risiko für eine Anaphylaxie nach Insektenstich?

Ein weiteres Risiko für eine Anaphylaxie nach Insektenstich sind Erkrankungen wie eine erblich bedingte Erhöhung der Tryptase, das heißt eine hereditäre Alpha-Tryptasämie, oder eine Mastozytose. Diese Erkrankungen lassen sich anhand erhöhter Tryptase-Werte, dem Nachweis einer KIT D816V-Mutation aus dem Blut oder einer Knochenmarkbiopsie diagnostizieren.

In manchen Fällen haben diese Patienten bereits im Vorfeld Beschwerden entwickelt, zum Beispiel im Zusammenhang mit Narkosen, oder sie leiden unter spontaner Urtikaria oder Magenschmerzen.

Diese Patienten haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ebenfalls ein dreifach erhöhtes Risiko für eine Anaphylaxie auf Insektenstiche.

Kann auch eine Histaminintoleranz das Risiko einer Anaphylaxie nach Insektenstichen erhöhen?

Wir sehen diesen Zusammenhang nicht. Zudem gibt es keinen evaluierten Test, mit dem sich eine Histaminintoleranz klar diagnostizieren lassen könnte. Die meisten Menschen mit Histaminintoleranz reagieren mit Beschwerden auf Nahrungsmittel, nicht auf Insektenstiche.

Was ist der Unterschied zwischen einer „normalen“ Reaktion nach Insektenstich und einer Anaphylaxie?

Man unterscheidet hier zwischen normalen Stichreaktionen, gesteigerten Lokalreaktionen und einer Anaphylaktischen Reaktion auf Insektenstiche.

Normale Reaktionen auf Insektenstiche sind:

  • Schwellungen von 1 bis 2 cm im Stichbereich
  • Rötung um die Stichstelle
  • Lokaler Schmerz

Gesteigerte Lokalreaktionen auf Insektenstiche zeichnen sich aus durch:

  • Eine über 10 cm große Schwellung
  • Bestehenbleiben der Schwellung über mindestens 24 Stunden, oft aber über mehrere Tage

Solche gesteigerten Lokalreaktionen sind für die Patienten oft sehr beängstigend und lästig, aber in aller Regel harmlos.

Wichtig für die Patienten ist:

Durch eine gesteigerte Lokalreaktion nach Insektenstich besteht, im Vergleich zur Gesamtpopulation, kein wesentlich erhöhtes Risiko, anaphylaktisch auf Insektenstiche zu reagieren!

Bei einer anaphylaktischen Reaktion nach Insektenstich kann es zu schweren systemischen Symptomen mit der Beteiligung von mehreren Organsystemen kommen, wie:

Generalisierte Hautsymptome wie Nesselausschlag und Angioödem

  • Atembeschwerden
    • Schwellungen im Kehlkopfbereich
    • Asthma bronchiale
  • Blutdruckabfall
  • Stuhlabgang, Erbrechen
  • Bewusstlosigkeit
  • Herz-Kreislauf-Stillstand

Kann es auch dann zu einer Anaphylaxie nach Insektenstich kommen, wenn ein Patient in der Vergangenheit nicht anaphylaktisch auf Insektengift reagiert hat, oder umgekehrt?

Es kann auch zu anaphylaktischen Reaktionen auf Insektengift kommen, wenn man in der Vergangenheit noch nie anaphylaktisch auf Insektenstiche reagiert hat.
Aber: Bei Patienten, die bereits einmal mit einer Anaphylaxie auf Insektenstiche reagiert haben, besteht ein hohes Risiko, noch einmal schwer zu reagieren. Hier sollte eine spezifische Immuntherapie mit Insektengift eingeleitet werden.

Leider gibt es keine verlässlichen Marker, die bei einem Insektengift-Allergiker ein erhöhtes Risiko für schwere Reaktionen auf Insektenstiche anzeigen würden. Auch hohe IgE-Antikörperspiegel sagen nichts über den Schweregrad einer zukünftigen Stichreaktion aus.

Durch welche Insekten kommt es häufiger zu einer Anaphylaxie nach Insektenstich: durch Wespen oder durch Bienen?

Die meisten Anaphylaxien nach Insektenstich werden von Wespen ausgelöst. Das liegt daran, dass die Wespenvölker im Herbst sehr groß werden und viele Wespen aufgrund des knappen Nahrungsangebots den Esstischen der Menschen sehr nahekommen. Wespen sind zwar nicht sehr aggressiv, zögern aber dennoch nicht zu stechen, wenn sie sich angegriffen fühlen. Schließlich führt der Stich bei den Wespen, im Gegensatz zu den Bienen, nicht zu deren Tod.

Bienen hingegen überleben einen Stich nicht, sondern verenden kurze Zeit später; daher stechen Bienen nur im Notfall.

Hornissen stechen ebenfalls nur zur Verteidigung; sie sind sehr zurückhaltend. Allerdings sind sie in der Dämmerung aktiv, fliegen daher eventuell bei offenem Fenster und Licht ins Schlafzimmer und verursachen dann Konfliktsituationen.

Das Gift der verschiedenen Insekten selbst wirkt nicht unterschiedlich allergen.

Was ist bei der Diagnose einer Allergie auf Insektengift zu beachten?

Bei Verdacht auf eine Allergie auf Insektengift ist es in den meisten Fällen ausreichend, nur Bienen- und Wespengiftextrakte zu testen. Allerdings kommt es bei circa 50 Prozent der Patienten zu doppelt-positiven Befunden. Das heißt, der Test weist eine Sensibilisierung für Bienengift und für Wespengift gleichermaßen aus, obwohl Bienen- und Wespengifte relativ unterschiedlich sind. Meistens ist das deutlich positivere Gift das relevante Gift.

Was sollte bei der Therapie einer Allergie auf Insektengift beachtet werden?

Für Patienten, bei denen eine Allergie auf Insektengift nachgewiesen wurde, ist eine spezifische Immuntherapie, auch als Hyposensibilisierung bezeichnet, das Mittel der Wahl. Alle verfügbaren Präparate sind wirksam, wobei die Depot-Präparate weniger lokale Nebenwirkungen zeigen. Zusätzlich sollten die Patienten ein Notfallset verordnet bekommen.

Herr Prof. Sturm, herzlichen Dank für das Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.