Wespenarten: Welche sind aggressiv?
Wespe ist nicht gleich Wespe. Es gibt verschiedene Wespenarten, aber kaum eine ist von Haus aus aggressiv. Die wenigsten Menschen wissen, dass Wespen zu den geschützten Arten gehören und dass nicht jede Wespe ein Störenfried am Kaffeetisch oder ein Kandidat für einen Wespenstich sein muss. MeinAllergiePortal sprach deshalb mit Wespenexperte Peter Tauchert aus Rodgau, der die Website Aktion Wespenschutz betreibt, über verschiedene Wespenarten und ihr Verhalten.
Autor: Sabine Jossé M. A.
Interviewpartner: Peter Tauchert
Herr Tauchert, was sollte man über Wespen wissen?
Zum einen sind Wespen wichtige Insektenfänger. Wespen fangen Fliegen, Stechmücken, Bremsen etc. denn diese dienen den Wespenlarven als Nahrung. Gäbe es keine Wespen, könnten wir uns vor Insekten nicht retten. Zum anderen spielen die Wespen, genau wie die Bienen, mit denen sie verwandt sind, eine wichtige Rolle bei der Bestäubung der Pflanzen. Wespen ernähren sich auch von Nektar.
Was viele nicht wissen: Die Hornisse gehört auch zur Familie der Wespen, macht aber Jagd auf ihre kleineren Artgenossen. Die Hornissen sind die "gemütlichen" Vertreter unter den Wespen. Sie sind nicht aggressiv und reagieren eher mit Flucht, als einen Angriff zu starten ...
Hornisse zerlegt Wespe!
Welche Wespenarten gibt es?
Es gibt insgesamt 12 staatenbildende Wespenarten, die bei uns heimisch sind.
Welche Wespen sind friedlich?
Friedlich sind die Langkopfwespen, die Feldwespen und die größte Wespenart, die Hornissen.
Nichts für Insektengiftallergiker: Hornissenmännchen auf der Nase der Tochter von Wespenexperte Peter Tauchert.
Was für eine Wespenart sind Langkopfwespen?
Die Langkopfwespen sind die harmlosen Arten unter den Wespen. Zu den Langkopfwespen gehören vier Unterarten:
- Sächsische Wespe
- Waldwespe
- Mittlere Wespe
- Norwegische Wespe
Wespenarten im Überblick!
Langkopfwespen leben in den grauen, pappmacheartigen Nestkugeln. Man findet sie freihängend an Gebäuden, in Schuppen oder in Büschen und Sträuchern. Eine Langkopfwespe kommt den Menschen niemals ins Gehege. Sie geht nie an Süßigkeiten und würde nie eine Kaffeerunde stören. Viele Leute wissen das leider aber nicht und deshalb wird die Langkopfwespe stark verfolgt. Ihre handballgroßen, grauen Papiernester werden oft sinnlos zerstört. Sie sind mittlerweile selten geworden. In Zeiten, in denen die Bestäuberinsekten in der Landwirtschaft fehlen, ist das eine ungute Entwicklung.
Was für eine Art Wespe sind die Feldwespen?
Feldwespen bilden eine eigene Familie, die der Polistinae. Das sind die friedfertigsten Wespen überhaupt. Man kann die Art schön an den beim Fliegen lang herabhängenden Beinen erkennen. Feldwespen bauen nur eine einzige, etwa handtellergroße, ohne Außenhülle geschützte Wabe und besiedeln diese mit bis zu 30 Tieren.
Durch die Klimaerwärmung und die heißen Sommer der letzten Jahre haben sich Feldwespen schon bis in den Norden Deutschlands ausgebreitet. Sie kamen vorher nur im Süden der Republik vor. Feldwespen sind absolut friedfertig und eher scheu. Sie gehen jeder Konfrontation aus dem Weg und werden niemals lästig.
Welche Wespen sind aggressiv?
Von Aggressivität kann man bei keiner der 12 Wespenarten sprechen. Sie sind verteidigungsbereit, wenn es um den Fortbestand des Nestes und dem Schutz der Brut und der Königin geht.
Lediglich zwei der insgesamt 12 Wespenarten können im Spätsommer lästig werden. Dies sind die Deutsche- und die Gemeine Wespe. „Gemein“ im Sinne von „gewöhnlich“. Die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe kommen im Spätsommer angeflogen, sobald sie auf ihren Beutezügen etwas Essbares entdecken. Sie leben versteckt in Erdhöhlen, auf dunklen Dachböden oder in anderen dunklen Höhlen und Nischen. Hier werden sie selten entdeckt.
Wie entwickeln sich Wespennester?
Wenn die Temperatur im Frühjahr zwei Wochen über 15 °C liegt, erwacht die befruchtete Wespen-Königin aus dem Winterschlaf. Dann gründet sie ein Nest, legt Eier und versorgt das Nest zunächst allein.
Zwischen der Eiablage und den ersten Wespenarbeiterinnen liegen, je nach Temperatur, vier bis sechs Wochen Entwicklungszeit. In dieser Zeit können niedrigere Temperaturen die Entwicklung des Nestes zurückwerfen oder es sogar absterben lassen.
Sobald ca. 10 Arbeiterinnen geschlüpft sind, übernehmen sie die Versorgung von Königin und Brut. Die Königin fliegt dann nicht mehr aus, sondern konzentriert sich ausschließlich auf das Eierlegen. Das Wachstum der Population geht dann schnell voran. Je nach Wespenart, können in einem Nest zwischen hundert und bis zu mehrere Tausend Wespen leben.
Eine Kurzkopfwespen-Königin bei der Nestgründung!
Warum gibt es in manchen Jahren viel mehr Wespen als in anderen?
Es gibt wespenreiche und weniger wespenreiche Jahre. Ausschlaggebend für die Anzahl der Wespen ist nicht, wie viele denken, ein milder Winter. Ein Frost von -20° macht den Wespenköniginnen in Winterruhe nichts aus. Entscheidend ist, wie sich das Frühjahr gestaltet. Ist das Frühjahr warm und trocken, werden die Nestgründungen der Königinnen nicht beeinträchtigt und die Wespenpopulationen entwickeln sich gut.
Ideale Bedingungen für Wespen herrschen dann, wenn die Königin genügend Insekten zur Fütterung der Larven findet. Auch die Temperaturen sollten nicht zu stark sinken, so dass die Wespen fliegen können. Wespen sind wechselwarme Tiere, das bedeutet sie können nur dann fliegen, wenn die Außentemperatur einen bestimmten Wert nicht unterschreitet.
Das Jahr 2021 war zum Beispiel ein ausgesprochen wespenarmes Jahr, weil es im März und April sehr warm war und im Mai und Juni sehr kalt und regnerisch. Dadurch haben die Wespen zum einen weniger Insekten und auch weniger Nektar gefunden. Zudem konnten sie aufgrund der Kälte auch nicht oft genug ausfliegen. In dieser Zeit sind deshalb 2/3 der Nestgründungen abgestorben oder haben sich sehr spät entwickelt.
Welche Temperaturen benötigen die Wespen?
Die Wespenlarven benötigen eine Nestinnentemperatur von 30° C plus/minus 2° C. An kalten Tagen sind die Wespen deshalb damit beschäftigt, die Brut zu wärmen. Dies tun sie, indem sie den Kopf in eine leere Wabenzelle stecken und Wärme erzeugen, indem sie ihre Flugmuskulatur vibrieren lassen. Die fünf Larven, die in den fünf Zellen rund um die leere Wabenzelle stecken, werden so gewärmt.
In welchem Monat fliegen die meisten Wespen?
Wespen fliegen ab dem Frühjahr, also ab April bzw. Mai, eigentlich immer, man bemerkt sie aber erst, wenn sich die Nester im Sommer entwickelt haben und ihren Höchststand erreicht haben. Das liegt dann an den vielen Nestindividuen und deren Versorgungsflüge. Als Wespenberater und Umsiedler bekomme ich die meisten Anfragen in den Monaten Juni, Juli und August.
Je nach Jahreszeit finden die Wespen bis Mitte August ausreichend Nahrung in der Natur. Nektar, Obst und Insekten sind dann im Überfluss vorhanden. In vielen Fällen knabbern Wespen auch die Rinde der Bäume und Pflanzen an, um Baum- und Pflanzensäfte zu ernten. Für die Hornisse ist im August der Baumsaft des Flieders ein beliebtes "Flugbenzin". Übrigens ist auch der Honigtau der Blattlaus bei Wespen sehr beliebt.
Die letzten Nektartankstellen des Jahres sind wilder Wein und Efeu, die ab August blühen, aber ab August/September sinkt die Zahl der Nahrungsquellen. Es blühen dann deutlich weniger Blumen, die Blattläuse sterben ab, es gibt immer weniger Früchte und die Saftbahnen der Bäume werden geschlossen.
Hinzu kommt: Die Wespenlarven geben bei der Fütterung ein Sekret ab, das reich an Aminosäuren ist und den Arbeitswespen als Nahrung dient. In Japan hat man daraus sogar einen Energy Drink für Sportler namens VAAM (Vespa Amino Acid Mixture) entwickelt. Gegen Ende des Jahres legt die Königin aber immer weniger Eier und stirbt irgendwann. Das bedeutet, es gibt immer weniger Larven und damit auch kein Sekret mehr. Die Arbeitswespen verlieren so auch noch diese Futterquelle im eigenen Nest.
All diese Faktoren führen letztendlich dazu, dass die Wespen ihr Futter vermehrt an den gedeckten Tischen der Menschen suchen. Deshalb fliegen die Wespen in unserer Wahrnehmung besonders stark im September, wenn der Pflaumenkuchen auf dem Tisch steht.
Was passiert, wenn die Königin tot ist und die Nester langsam absterben?
Bis zum Zeitpunkt des Absterbens haben die Arbeiterinnen große Zellen im unteren Nestbereich angelegt. Darin wurden sowohl von der Königin befruchtete als auch unbefruchtete Eier eingelegt. Aus den befruchteten Eiern schlüpfen die Wespenköniginnen, aus den unbefruchteten Eiern die Männchen, die Drohnen. Diese "Geschlechtstiere" werden bis Anfang Oktober von den Arbeiterinnen großgezogen. Die Drohen verlassen als erste das Nest und gehen auf den Hochzeitsflug. Die Königinnen werden noch so gefüttert, dass sie auf das Überwintern gut vorbereitet sind. Bis Mitte Ende Oktober, verlassen dann auch die jungen Königinnen das Nest, um sich zu paaren. Pro Nest fliegen bis zu tausend Königinnen aus. Nach der Paarung sterben die Drohnen und die Königinnen suchen ein passendes Quartier für die Winterruhe. Die Mortalität der Wespenköniginnen während der Winterruhe und auch in der Nestgründungsphase ist sehr hoch – von den tausend Königinnen kommen nur ca. ein bis fünf Wespen-Königinnen durch.
Wo finden die Wespen-Königinnen ihr Winterquartier?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Wespenköniginnen überwintern in Holzstapeln, auf dem Kompost. In der Dachisolierung, in Handtaschen, in den Taschen von Arbeitshosen, die im Schuppen aufgehängt waren. Im Frühjahr, wie gesagt, wenn für 15 Tage Temperaturen von ca. 15 °C herrschen, erwachen die Königinnen aus dem Winterschlaf und der Kreislauf beginnt von Neuem.
Hornissen lecken austretenden Pflanzensaft.
Viele Menschen fürchten sich vor Wespen, wie gefährlich sind sie tatsächlich?
Wespen sind generell nicht gefährlich, wenn man sie in Ruhe lässt und deren Brutstätten nicht beschädigt oder daran herum manipuliert. Auch sollte man eine Wespe nicht drücken. Dann verteidigt sie sich natürlich. „Tu du mir nichts, tu ich dir nichts“ ist hier der Wahlspruch. Wespen sind nicht darauf aus, jemanden zu stechen oder zu verletzen. Das wäre aus deren Sicht reine Energieverschwendung, die man im Sommer lieber für den Wespenstaat verwendet.
Wie verhält man sich bei Wespen richtig?
Mehr oder weniger sollte man fliegende Wespen einfach ignorieren. Im Nestbereich sollte man einen Abstand von 2 bis 3 Metern einhalten und die Flugbahn nicht verstellen. Helle Kleidung im Nestbereich wird nicht als „Fressfeind“ angesehen. Fressfeinde haben alle ein dunkles Fell oder Federkleid.
Was mögen Wespen nicht?
Man sollte nicht nach den Tieren schlagen, sie nicht drücken und auch nicht anpusten.
Das Anpusten und somit das abgeatmete CO2 in der Ausatemluft simuliert aus Sicht der Wespen einen Fressfeind. Durch den erhöhten CO2 Gehalt in der Luft wird das Verteidigungsverhalten ausgelöst.
Wie kann man Wespen vertreiben?
Ich selbst habe mal erlebt, dass man mit brennendem Kaffeepulver Wespen fernhalten kann. Aber bitte dafür eine feuerfeste Unterlage nutzen. Das Ganze kann sehr heiß werden ...
Nestattrappen, Geruchsstoffe, Kupfermünzen, Gewürzpflanzen etc., dass kann man sich alles sparen.
Insekten, auch Wespen und viele andere Dinge gehören zu einem Sommer dazu und man sollte sich darauf einstellen und einfach die schöne Zeit genießen.
Gifte und Chemikalien die jede Art von Insekten und Pflanzen vernichten, kontaminieren den Lebensbereich und gefährden wiederum andere Tiere, die davon leben. Deshalb sollte man von solchen Chemikalien abstand halten ...
Herr Tauchert, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S.Jossé/P.Tauchert, www.mein-allergie-portal.com
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