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Allergie auf Insulinpumpen & Glukosesensoren bei Diabetes

Allergie auf Insulinpumpen & Glukosesensoren bei Diabetes
Wie geht man mit Allergien auf Insulinpumpen & Glukosesensoren um? Bildquelle: E.Oppel

Insulinpumpen und Glukosesensoren, auch als Kontinuierliche Glukosemonitoring-Systeme (CGM) bezeichnet, erleichtern Menschen mit Diabetes den Alltag erheblich. Sie können aber auch zum Problem werden, wenn durch Inhaltsstoffe in den Materialien eine Allergie entsteht. Beim 18. Deutschen Allergiekongress 2023 sprach MeinAllergiePortal mit Dr. med Eva Maria Oppel, AllergieZENTRUM, Klinik und Polyklinik für Dermatologie und Allergologie, Klinikum der Universität München, über dieses gar nicht so seltene Allergierisiko bei Diabetes.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. med Eva Maria Oppel

Frau Dr. Oppel, wie häufig kommt es bei Menschen mit Diabetes durch Insulinpumpen oder Glukosesensoren zu Allergien?

Die Volkskrankheit Diabetes mellitus nimmt stetig zu. Ebenso rasant entwickeln sich neue Diabetestechnologien, die zu einer erheblich verbesserten Lebensqualität für Typ 1- aber auch Typ 2-Diabetiker führen. In den letzten Jahren wurde zunehmend über Hautreaktionen durch Glukosensoren und Insulinpumpen berichtet, die überwiegend aufgrund der langen Tragedauer und des damit verbunden Okklusionseffekts sowie aufgrund der großen Klebeflächen entstehen. Die Geräte müssen ja gut auf der Haut haften. Wir sehen dabei am häufigsten irritativ-toxische Kontaktekzeme. Allergische Hauterscheinungen sind seltener, dafür in ihren Konsequenzen umso weitreichender.

Die Entwicklung einer Kontaktallergie kann den kompletten Verzicht auf das Glukosemessgerät aber auch Kreuzreaktionen zu anderen Systemen beinhalten.

An welchen Symptomen erkennt man eine Allergie auf Insulinpumpen oder Glukosesensoren und wo treten sie auf?

Es kommt zu juckenden Hautrötungen, später entwickeln sich Schuppung und Bläschen und gegebenenfalls auch offene Stellen. Die Hautveränderungen entstehen zunächst auf den Hautkontaktflächen von Pflastern oder Gehäuse, später streuen diese aber auch in die Umgebung.

Welche Arten von Insulinpumpen bzw. Glukosesensoren gibt es?

Es gibt bei den Insulinpumpen neuen medizinischen Geräten in der Diabetologie unterschiedliche Modelle:

Flash-Glucosemonitoring (FGM)

Beim Flash-Glucosemonitoring enthalten die Insulinpumpen einen Sensor, einen kleinen Teflonfaden, der in die Haut gestanzt oder gestempelt und dann festgeklebt wird. Über einen Transmitter, der direkt über den Sensor gehalten werden muss, wird der Zuckergehalt im Blut gemessen. Man benötigt also immer den Transmitter, um den Blutzuckergehalt zu ermitteln. Dieses Verfahren kommt jedoch kaum noch zum Einsatz.

Kontinuierlichens Glucosemonitoring (CGM)

Beim kontinuierlichen Glucosemonitoring bleibt auch der Transmitter fest auf der Haut. So werden die Blutzuckerwerte kontinuierlich an ein Endgerät oder Smartphone übermittelt. Durch den integrierten Transmitter sind diese Insulinpumpen allerdings größer.

Schlauchpumpen

Schlauchpumpen sind schon eine ganze Weile im Einsatz und werden, zum Beispiel, am Hosenbund getragen. Dabei ist der Sensor auf der Haut festgeklebt und eine kleine Infusionsnadel, die im Gewebe liegt, gibt das Insulin kontinuierlich ab.

Patchpumpen

Auch die Patchpumpe wird fest aufgeklebt. Hier ist das Insulin direkt in der Pumpe enthalten. Diese Pumpe ist sehr klein und sehr gut steuerbar. Sie hält aber nur maximal 3 Tage, dann muss das ganze System erneuert werden.

Closed Loop - künstlicher Pankreas

Die neuste Entwicklung für von Diabetes Betroffene ist der Closed Loop oder “künstliche Pankreas”. Das Besondere an diesem Medizinprodukt ist, dass es aus der Community junger, von Diabetes Betroffenen entwickelt wurde. Erst 2019 wurde es erstmals offiziell zugelassen. Hier wird der Glukosesensor mit der Insulinpumpe verbunden, meistens übers Handy. So kann die Insulinabgabe gesteuert werden, je nachdem wie hoch der Glukosewert ist. Allerdings muss man hierfür stets Angaben zur Nahrungsaufnahme machen. Möchte man etwa einen Hamburger essen, muss man im jeweiligen Endgerät, zum Beispiel im Smartphone, die entsprechenden Einheiten eingeben.

Wie kommt es bei Insulinpumpen und Glukosesensoren zu Reaktionen an der Haut?

Hautreaktionen durch Insulinpumpen können sehr unterschiedliche Ursachen haben. Grundsätzlich kommt es bei Insulinpumpen und Glukosesensoren durch das Abkleben der Haut zu einem okklusiven Effekt. Das heißt, die Hautatmung wird durch das Pflaster behindert. Da solche Pflaster bis zu 23 Wochen auf der Haut getragen werden, kann es aber auch zu irritativen Effekten kommen, etwa zu einem irritativ toxischen Kontaktekzem. Problematischer ist es, wenn ein allergisches Kontaktekzem entsteht. Aber auch bakterielle Superinfektionen und kleine Verletzungen an der Einstichstelle durch die Nadel oder den Teflonfaden, Hämatome durch Druckstellen oder den Katheter oder postinflammatorische Hypo- bzw. Hyperpigmentierungen können durch Insulinpumpen oder Glukosesensoren verursacht werden.

 

Allergisches Kontaktekzem durch Insulinpumpe

Bildquelle: Dr. med Eva Maria Oppel

 

Wo genau verstecken sich bei Insulinpumpen und Glukosesensoren die Allergene?

Insulinpumpen und Glukosesensoren bestehen aus vielen Komponenten. Die Allergene können in allen Bestandteilen vorhanden sein.

Die folgenden Bestandteile von Insulinpumpen oder Glukosesensoren können allergische Kontaktekzeme auslösen:

  • Pflaster, bzw. die Klebstoffe im Pflaster
  • Zwischenklebeschicht zwischen Gehäuse und Pflaster
  • Kunststoffgehäuse
  • Metallbestandteile /Chip im Gehäuse
  • Messfühler aus Stahl/Teflon

Auch an Desinfektionsmittel als mögliche Ursache für allergische Reaktionen sollte man bei von Diabetes Betroffenen denken. Schließlich wird ja empfohlen, die Haut vor dem Anbringen des Sensors bzw. der Insulinpumpe zu desinfizieren.

Wie schnell nach dem Einsatz einer neuen Insulinpumpe oder eines Glukosesensors kann es zu allergischen Reaktionen an der Haut kommen?

Eine Kontaktallergie auf Insulinpumpen oder Glukosesensoren tritt im Regelfall nicht sofort auf, sondern entwickelt sich erst mit der Zeit. Das bedeutet, das Immunsystem reagiert erst nach wiederholtem oder intensivem Kontakt auf das Allergen.

Wie findet man bei Insulinpumpen bzw. Glukosesensoren heraus, welches die Auslöser von allergischen Reaktionen sind?

Um bei Allergien auf Insulinpumpen bzw. Glukosesensoren den Auslöser herauszufinden, führt man Epikutantests durch. Dabei werden die verdächtigten Allergene mit Pflastern auf die Haut aufgebracht und nach 48, 72, sowie unbedingt auch nach 168 Stunden, wird die Hautreaktion abgelesen. Dafür gibt es sogenannte DGK-Testreihen, Testreihen, die von der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DKG) entwickelt wurden.

Getestet werden bei Verdacht auf Allergie durch Insulinpumpen bzw. Glukosesensoren mit den folgenden Epikutantestreihen:

  • DKG Standardreihe
  • DKG Kunstharze/Kleber
  • DKG Externa-Inhaltsstoffe
  • DKG Desinfektionsmittel
  • Originalpflaster

Allerdings kommt man mit diesen Standardtests nicht immer weiter. Zudem hat man festgestellt, dass es auch bei Geräten ein und desselben Herstellers, in jeder Charge Unterschiede bei der Zusammensetzung des Materials geben kann.

Was kann man tun, wenn die Standardtests bei Allergie auf Insulinpumpen bzw. Glukosesensoren keine Ergebnisse bringen?

Es ist immer möglich, den Hersteller des jeweiligen Gerätes anzuschreiben und nach den Inhaltsstoffen der einzelnen Komponenten zu fragen. Allerdings bekommt man dann nicht immer eine Auskunft. Oft sind es spezielle Studien an den Materialien, bei denen man herausfindet, welche der in den Diabetes-Medizinprodukten enthaltenen Substanzen allergen sind. Das war zum Beispiel bei Isobornylacrylat (IBOA) der Fall, einem Acrylat, das bei einer Insulinpumpe im Sensorgehäuse eingesetzt wird. IBOA hat bei einer ganzen Reihe von Diabetes-Betroffenen zu Allergien geführt. Dies wurde lange nicht entdeckt, weil man den Allergieauslöser eher im Pflaster, nicht im Plastikmaterial der Geräte vermutet hat.

IBOA selbst ist eigentlich kein potentes Kontaktallergen, aber durch Friktion oder Wärme können reaktive Monomere daraus entstehen und das sind dann durchaus potenzielle Kontaktallergene. Daei wirkt es möglicherweise noch verstärkend auf die Allergenität von IBOA aus, dass das Material so lange auf der Haut bleibt. Zu Kreuzreaktionen auf andere Acrylate kommt es bei IBOS nicht, IBOA kommt allerdings auch in vielen Alltagsmaterialien vor.

In welchen Materialien wird Isobornylacrylat eingesetzt?

IBOA ist ein Acrylat und gehört, genau wie auch Methacrylate und Cyanoacrylate, zu den synthetischen thermoplastischen Kunstharzen. Diese Stoffe werden in vielen Industrieprodukten verwendet, zum Beispiel in Klebstoffen, Farben, Lacken, orthopädischem Zement oder in Dentalmaterialien. Aber auch in Kosmetika kommen Acrylate zum Einsatz, zum Beispiel bei künstlichen Fingernägeln oder Wimpern.

Was kann man bei Diabetes tun, wenn man auf die Insulinpumpe eine Allergie entwickelt hat, gibt es allergenfreie Alternativen?

Es gibt Schutzpflaster, dünne Blasenpflaster, die man unter den Sensoren tragen kann. In diese Pflaster kann man mit einem Gürtelstanzgerät ein kleines Loch stanzen, durch das man den Teflonfaden führen kann. Allerdings kann man die Sensoren dann nicht mehr so lange tragen.

Zukünftig könnten auch Silikonpflaster die herkömmlichen Pflaster ersetzen.

Auch an Messsystemen, die mit Hilfe von Lasertechnik arbeiten, wird geforscht, aber das ist noch Zukunftsmusik.

Aber: Sprays und Lösungen zum Auftragen auf die Haut, bevor die Insulinpumpen angelegt werden, sind nicht empfehlenswert, da sie ebenfalls Acrylate enthalten können.

Am wichtigsten ist jedoch die frühzeitige Meldung allergischer Hautreaktionen und die Zusammenarbeit von Patienten, Firmen und medizinischen Fachgruppen, um potente Kontaktallergene in den medizinischen Geräten entdecken und eliminieren zu können.

Frau Dr. Oppel, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

07. November 2023

Autor: S.Jossé/E.Opppel, www.mein-allergie-portal.com

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