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Allergie Tattoos Tätowierungen

Dr. rer. nat. Steffen Schubert zu Allergien auf Tätowierungen! Bildquelle: S. Schubert

Tattoo Allergie: Ursachen, Symptome, Risiken

Tattoos sind beliebt, aber durch die permanente Dekoration der Haut kann es zu einer Tattoo Allergie kommen. Was weiß man über die Ursachen von Kontaktallergien durch Tattoos? An welchen Symptomen erkennt man eine Allergie auf Tätowierungen? Welche Risiken bestehen und was kann man tun? Das besprach MeinAllergiePortal mit Dr. rer. nat. Steffen Schubert, Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK), Institut an der Universitätsmedizin Göttingen.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. rer. nat. Steffen Schubert

Herr Dr. Schubert, ist bekannt, wie häufig es zu einer Tattoo-Allergie kommt?

Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Oft kann eine eindeutige Diagnose einer allergischen Reaktion auf Tattoos nicht gestellt werden. Einen Grundhierfür liefert beispielsweise der Epikutantest auf der Haut. Dieser ist nicht unbedingt dafür geeignet, die Allergenbildung in der Dermis, der Lederhaut, abzubilden. Zumindest nicht bei der routinemäßigen Ablesung dieser Tests. Es ist aber diese Lederhaut, in die man die Tätowierfarbe spritzt. Es gibt aber noch andere Gründe dafür, dass man nicht sicher sagen kann, wie viele Menschen eine Allergie auf Tätowierungen haben.

Was sind weitere Gründe dafür, dass man die Zahl der Tattoo Allergiker nicht kennt?

Insgesamt kann man aus folgenden Gründen die Anzahl der von Tattoo Allergien betroffenen Menschen nicht kennen:

  • Der Epikutantest eignet sich nicht zur Diagnose von Pigment-Allergie
  • Es gibt nur eine eingeschränkte Auswahl an Testzubereitungen, vor allem im Pigmentbereich
  • Nicht alle allergischen Reaktionen werden als solche erkannt
  • Es gibt Falschdeklarationen der Inhaltsstoffe durch manche Hersteller

Gibt es keine Studien zur Häufigkeit von Allergien auf Tätowierungen?

Es gibt zwar Studien, die diese Fragestellung untersuchten. Diese lieferten jedoch, aufgrund unterschiedlicher Ansätze im Studiendesign, abweichende Ergebnisse. Da jedes Tattoo ein tausendfaches Nadeltrauma produziert, sind allergisch bedingte Komplikationen von der normalen Wundheilung, die mehr oder weniger problematisch verläuft, manchmal schwer zu unterscheiden. Der IVDK hat auch eine Tattoo-Studie ins Leben gerufen, hier geht es aber vor allem um die Diagnose der Tattoo-Allergie und die Identifizierung von Hautsensibilisierenden Stoffen in Tattoofarben.

Nichtsdestotrotz deuten die bekannten Zahlen daraufhin, dass „verzögerte Überempfindlichkeits-Reaktionen“, wovon ca. 1/3 allergische Reaktionen sind, bei 2 bis 5 Prozent der Tätowierten auftreten.

Gibt es bei den Tattoo-Farben Unterschiede in Bezug auf das allergene Potenzial?

Rote Farbe und Rot-Nuancen sind am problematischsten, aber auch bei anderen Farbtönen treten Unverträglichkeitsreaktionen auf.

Schwarz wird am häufigsten tätowiert, führt aber eigentlich nicht zu schweren allergischen Reaktionen. Fremdkörper-Granulome oder sarkoidale Granulome überwiegen hier.

An welchen Symptomen erkennt man eine Allergie auf das Tattoo?

Der Prototyp einer allergischen Reaktion auf Tattoofarben ist die sogenannte Reaktion „type plaque elevation“, auch „lichenoide Reaktion“ genannt. Diese ist klar auf die Fläche einer bestimmten Tätowierfarbe begrenzt. Am häufigsten sind das, wie bereits gesagt, Rot oder rötliche Nuancen. Pseudolymphome können auch auftreten, sowie weitere schwere Komplikationen wie Hyperkeratosen. Selten kommt es auch zu einer akuten Ulkusbildung (Pyoderma gangraenosum). Das kommt ebenso meist durch rote Farbe.

Kann man durch ein Tattoo auch einen Ausschlag bekommen?

Ja, darüber hinaus kann es zum klassischen allergischen Hautauschlag auf lösliche Bestandteile der Tätowierfarbe kommen. Dieser ist aber nicht unbedingt begrenzt auf die tätowierte Fläche, sondern geht meist über die Ränder hinaus. Solche Symptome treten auch bei schwarzen Tattoos auf.

Reaktionen im Tattoobereich muss man jedenfalls von nicht-infektiösen granulomatösen Reaktionen, das heißt Fremdkörperreaktionen, und sarkoidalen Reaktionen, abgrenzen. Dies ist oft schwierig, da die einzelnen Muster histologisch auch in einer Biopsie überlappend vorkommen.

In wenigen Fällen wurden auch Kontakturtikaria in der Literatur beschrieben. Diese kann zum Beispiel durch die Latexhandschuhe des Tätowierers ausgelöst werden. Eine erhöhte Sonnenempfindlichkeit im Tattoo-Bereich könnte auch eine schwache allergische Reaktion darstellen.

Wann nach der Tätowierung kommt es zur Allergiesymptomen?

Allergiesymptome treten entweder innerhalb der ersten 3 Tage nach der Tätowierung auf. Das gilt beispielsweise bei bereits bestehender Nickel-Sensibilisierung, wenn das Metall in ausreichender Menge in der Tätowierfarbe enthalten ist. Aber auch Wochen, Monate oder Jahre nach dem Stechen des Tattoos kann es zu einer Tätowierungsallergie kommen. Das liegt daran, dass zum Beispiel Pigment-Allergene erst in der Haut gebildet werden müssen und auch die Immunreaktion kann unterschiedlich lang dauern.

Kommt es in der Regel schon beim ersten Tattoo zu einer allergischen Reaktion, oder kann man auch allergisch reagieren, obwohl man bereits Tätowierungen hat?

Man kann sich durch das erste Tattoo sensibilisieren, aber auch durch jedes weitere. Es kommt auf die Inhaltsstoffe an. Man kann sich auch durch andere Kontaktstoffe, wie Makeup, Piercing oder Leder sensibilisieren und reagiert dann erst auf das neue Tattoo, das die gleichen Allergene enthält. Eine Tätowierung, die man gut vertragen hat, schützt später in keinem Fall davor, dass man allergisch reagiert. Oder umgekehrt: Durch mehrmaliges Tätowieren kann man sich nicht immunisieren.

Zur Wundheilung nach Tattoo: Wie unterscheidet sich eine allergische Reaktion auf eine Tätowierung von der „normalen“ Wundheilung?

Der normale Wundheilungsprozess dauert in der Regel 2 bis 4 Wochen. Wenn es währenddessen oder danach zu Ausschlägen oder „Erhebungen“ des Tattoo-Areales kommt, kann eine allergische Reaktion vorliegen. Es kann aber auch immer zu den bereits erwähnten nicht allergischen Hautreaktionen kommen.

Gibt es, abgesehen von der Tätowierfarbe und den Latexhandschuhen des Tätowierers, noch andere Allergenquellen bei Tattoos?

Viele Stoffe, welche in Verdacht stehen, relevante Allergene zu sein, sind direkt in Tätowierfarben enthalten, dazu gehören:

  • Pigmente oder Farbstoffe
  • Bindemittel wie Schellack
  • Konservierungsmittel wie Isothiazolinone

Aber auch Verunreinigungen in der Tattoofarbe können Allergien auslösen, wie zum Beispiel:

  • Nickel
  • Kobalt
  • Chromat
  • Rohstoffe der Pigment- und Bindemittelproduktion

Dabei weiß man, dass diese Stoffe eingesetzt werden und dass sie eine gewisse allergologische Potenz haben. Untersucht oder bestätigt wurde der Einfluss eher selten.

Allergene können aber auch in der, oft durch den Tätowierer empfohlenen, „Wundheilungs-Creme“ enthalten sein. Empfohlen werden alle möglichen Produkte, da hat sicher jeder Tätowierer seine Präferenzen. Auch über Wechselwirkungen zwischen Pigmenten und Cremes wurde schon berichtet.

Kann die Tattoo-Folie, mit der frisch gestochene Tattoos bedeckt werden, Grund für eine allergische Reaktion sein?

Nein. Ich persönlich bin aber kein Fan von der Folie, da damit das Abfließen der überschüssigen Farbe nur durch den Körper möglich ist. Am Ende verbleiben eh nur 10 bis 30 Prozent der tätowierten Menge in der Lederhaut.

Gibt es auch allergenarme Möglichkeiten der Tätowierung?

Eine schwarze Tätowierfarbe mit dem Pigment „Carbon Black“ als Hauptbestandteil, hergestellt von einem verantwortungsbewussten Hersteller ist wohl eher Allergen-arm. Im Vergleich dazu besteht bei billiger Tattootinte aus Asien mit schlechter Produktion eher ein hohes Risiko für Tattoo Allergien. Auch professionelle Tattoofarben, die Azo-Pigmente enthalten, bergen ein gewisses Allergierisiko.

Gibt es bei der Qualität der Tattofarben Unterschiede zwischen den Ländern?

Europäische Produkte sind im Allgemeinen asiatischen oder auch amerikanischen Produkten vorzuziehen. Das sind allerdings nur Tendenzen aufgrund von Meldungen an die FDA oder die EU (RAPEX). Ich möchte an dieser Stelle keine diskriminierenden Äußerungen tätigen. Es gibt sicher überall Ausnahmen, positiv wie negativ. Der Tätowiermarkt ist einfach extrem undurchsichtig und hat wenig Erfahrung mit behördlicher Regulation. Es werden viele Pigmente eingesetzt, für die keine Risikobewertung vorliegt. Auch sind diese Pigmente oft eigentlich für andere Industrien hergestellt worden. Dazu gehören die Autoindustrie, der Bootsbau, die Druckerindustrie, die Textilindustrie und die Plastikhersteller. Aber alle Hersteller haben mit Verunreinigungen zu kämpfen. Der Grund: Es gibt aktuell keine Pigmente zu kaufen, welche speziell für den Tätowiermarkt zur Anwendung an menschlicher Haut hergestellt werden.

Gibt es Risikofaktoren, die die Gefahr erhöhen, durch Tätowierungen Allergien zu entwickeln?

Bereits bestehende chronische (Autoimmun-)Erkrankungen wie Sarkoidose oder Psoriasis könnten durch das Tattoo getriggert bzw. aktiviert werden.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte auf Tattoos verzichtet werden, da sich ein erheblicher Teil der Tätowierfarbe im Körper verteilt. Zum Beispiel lagert sich Tattoofarbe in den Lymphknoten ab.

Bereits bestehende Allergien, etwa auf Metalle, Textilfarbstoffe, Binde- und Konservierungsmittel etc. sollten auf jeden Fall vor dem Tätowieren bei dem Tätowierer angesprochen werden. Farben mit Eisenoxid-Pigmenten, die oft für Permanent Make-up eingesetzt werden, enthielten in der Vergangenheit mehr Nickel als andere. Solche Farben lösten zum Teil schwere Reaktionen aus, werden aber auch oft von Nickel-Allergikern vertragen.

Mit welchen Tests wird die Diagnose einer Allergie auf Tätowierungen gestellt?

Die Diagnose wird meistens histologisch gestellt. Aber auch klassische Allergietests wie der Epikutantest von Tätowierfarbe trugen in der Vergangenheit zur Diagnose bei. Wichtig hierbei ist, dass Dermatologen die langwierige Haptenisierung der Pigmente beachten und den Test auch nach 8 bis 10 Tagen ablesen.

Gibt es einen Tattoo Allergietest mit dem man Tattoo Allergie vorab ausschließen kann?

Nein. Selbst bei negativem Test im Vorfeld der Tätowierung kann man später durch die Tätowierfarbe sensibilisiert werden.

Wie lässt sich eine Allergie durch Tattoos behandeln?

Es sollte unbedingt darauf verzichtet werden, ein Tattoo bei dem es zu einer allergischen Reaktion gekommen ist, durch Laser zu entfernen. Vor allem durch Q-switched Nanosecond Laser sollte man solche Tattoos nicht entfernen lassen, da bei diesem Prozess oft eine hohe Dosis weiterer Allergene freigesetzt wird. Dadurch würde die Allergie verstärkt werden und eventuell bestehende, bisher unauffällige Tattoos könnten ebenso anfangen, Symptome zu produzieren. Ablative Laser zeigten vielversprechende Ergebnisse, können aber auch (generalisierte) Ekzeme Auslösen.

Bei der klassischen allergischen Reaktion, wie Hautausschlag auf lösliche Bestandteile, kann man es mit einer Kortikoid-Therapie probieren. Eventuell kann man das Problem quasi „aussitzen“ bis die Allergene ausgeschieden wurden.

Bei schweren Reaktionen auf unlösliche, farbgebende Bestandteile, wie lichenoiden Reaktionen oder Hyperkeratosen, kommt man um die operative Entfernung der Tätowierung eigentlich nicht herum. Es gibt Einzelberichte über erfolgreiche off-Label Therapien mit beispielsweise Medikamenten, die bei chronischer Gicht angewendet werden. Aber hier fehlen klinische Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit. Bei tiefen Ulcera, Geschwüren, die zu tief fürs Herausschneiden sind, bleibt nur die langwierige Behandlung mit Immunsuppressiva.

Welcher Arzt hilft bei Allergie auf Tattoos?

Bei einer Tätowier-Allergie sollte man auf jeden Fall einen Dermatologen oder Allergologen konsultieren und nicht nur den Tätowierer. Der Tätowierer ist aber für 75 Prozent der Betroffenen Anlaufstelle Nr. 1 bei Komplikationen.

Vielen Dank, Herr Dr. Schubert, für dieses Gespräch! 

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.