
Dr. Andreas Degenhardt, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Spezialist für Allergologie und Phlebologie in Bremen
Handekzeme: Symptome, Ursachen, Diagnose und Therapie
Handekzeme können viele Ursachen haben und gerade an den Händen machen sie sich sehr unangenehm bemerkbar. Unter anderem können Handekzeme auch allergisch bedingt sein, was insbesondere bei berufsbedingten Allergien zu einem erheblichen Problem werden kann. Doch wie erkennt man ein Handekzem? Wann besteht ein Risiko, ein Handekzem zu entwickeln? Wie erfolgt die Diagnose und welche Therapiemöglichkeiten gibt es? MeinAllergiePortal sprach mit Dr. Andreas Degenhardt, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Spezialist für Allergologie und Phlebologie in Bremen und Betreiber des Informationsportals "Die Handsprechstunde".
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Dr. Andreas Degenhardt
Herr Dr. Degenhardt, in welcher Form können Handekzeme auftreten?
Es gibt drei verschiedene Formen der Handekzeme:
- Das allergische Handekzem
- Das kumulativ-subtoxische Handekzem oder auch Abnutzungsekzem
- Das atopische Handekzem, bei dem ein Zusammenhang mit Neurodermitis besteht
Darüber hinaus gibt es beim Handekzem auch Mischformen, bei denen sich die verschiedenen Formen überlagern.
Betroffen sind bestimmte Berufsgruppen, wie z.B. Menschen, die im Pflegebereich oder in metallverarbeitenden Berufen tätig sind. Auch Sportler wie Golfer und Hockeyspieler leiden häufig an Handekzemen bzw. alle, die oft mit Feuchtigkeit einhergehende Hausarbeiten verrichten. Generell leiden auch Menschen, die zur Neurodermitis neigen, häufig an Handekzemen.
Ganz wichtig: Wenn ein beruflicher Kontext vermutet wird, sollte man seinen Hautarzt unbedingt bitten, dies zu überprüfen und gegebenenfalls die Berufsgenossenschaft einzuschalten. Leider wird dies oft versäumt, obwohl dies dem Patienten in Bezug auf die Kostenerstattung sehr hilfreich ist.
Wie kann sich ein Handekzem äußern?
Das allergische Handekzem beginnt häufig mit einem Juckreiz der Haut und es können sich kleine Bläschen an den Fingerseiten und auf den Handflächen entwickeln. Meist treten diese Symptome recht akut nach Allergenkontakt auf, d.h. innerhalb kurzer Zeit sind zunächst wenige Stellen und dann oft sehr schnell beide Hände ausgeprägt betroffen.
Beim kumulativ-subtoxischen Handekzem oder auch Abnutzungsekzem, das übrigens auch das häufigste Handekzem ist, findet man oft erste Anzeichen für Handekzeme im Bereich der Fingerspitzen und an den Nagelwällen. Man findet dort trockene Schuppungen und abgebrochene kleine Hautstückchen, manchmal auch leichte Entzündungen am Nagelwall, d.h. um den Nagel herum. Später können sich diese Hautveränderungen dann auf Finger und Hände ausbreiten.
Das atopische oder neurodermitische Handekzem findet man oft an den Handflächen oder am Handrücken. Meist zeigt sich dann bereits aufgrund der Vorgeschichte, dass eine Atopieneigung besteht und z.B. ein Heuschnupfen bekannt ist oder dass in der Kindheit bereits eine Neurodermitis aufgetreten war. In manchen Fällen findet man bei diesen Patienten auch an anderen Körperstellen Hautveränderungen, die für die Neurodermitis typisch sind, z.B. in den Gelenkbeugen oder im Gesicht.
Da bestimmte Berufsgruppen vom allergischen und kumulativ-subtoxischen Handekzem ganz besonders stark betroffen sind, führe ich seit einigen Jahren auf Initiative des Unternehmens Präventionsschulungen in einem großen Stahlwerk in Bremen durch. Wir schulen dort alle Auszubildenden, die im ersten Ausbildungsjahr zu technischen Berufen wie Dreher, Fräser, Mechatroniker etc. stehen. Bei diesen Berufsgruppen könnte es durch den Kontakt mit Ölen, Fetten und Kühlschmierstoffen etc. später zu allergisch bedingten Handekzemen kommen.
Wie sehen diese Präventionsschulungen im Zusammenhang mit dem kumulativ-subtoxischen Handekzem genau aus?
Grundsätzlich unterscheidet man im ambulanten Bereich zwischen Primärprävention und Sekundärprävention. In unserer Präventionsschulung im Stahlwerk geht es um Primärprävention, d.h. wir wollen verhindern, dass Kontaktallergien auf die Arbeitsmittel bzw. Handekzeme überhaupt entstehen. Deshalb schulen wir Menschen, die noch keine Hautprobleme haben, im Hinblick auf den passenden Hautschutz für ihren Beruf. Die Inhalte unserer Schulungen umfassen Punkte wie:
• Grundsätzliche Informationen über die Funktion der Haut
• Hautschädigungsmechanismen und passende Schutzmaßnahmen
• Richtige Reinigung der Haut
• Richtiger Umgang mit Hautschutz- und Hautpflegeprodukten
Die Sekundärprävention, die im Auftrag verschiedener Berufsgenossenschaften in unseren Praxisräumlichkeiten durchgeführt wird, richtet sich an Menschen, die bereits unter einem Handekzem leiden. Hier geht es darum, eine geeignete Therapie zu finden und die Patienten parallel dazu zum Thema "richtiger Hautschutz und -pflege beim Handekzem" sowie "Theoretische Kenntnisse über die Haut und die Hautschutzbarriere, Umgang mit Juckreiz etc.", zu schulen. Ferner haben wir in der Praxis eine eigene Handsprechstunde für betroffene Patienten. Im Zentrum der Schulungen stehen:
• Der richtige Hautschutz
• Richtiges Eincremen
• Schutzmaßnahmen, wie z.B. Handschuhe
• Hautaufbau, Hautschädigungsmechanismen, Juckreizmangement
Welche Allergene können Handekzeme auslösen?
Die auslösenden Allergene sind beim Handekzem berufsspezifisch. Bei Pflegeberufen werden Handekzeme oft von Bestandteilen von Gummi verursacht, ausgelöst durch das häufige Tragen von Handschuhen. Latex ist heute nicht mehr so oft wie früher ein Problem, weil es nicht mehr so stark eingesetzt wird. Heute sind es eher Thiurame, die für die Vulkanisation verwendet werden oder auch Desinfektions- und Konservierungsmittel, die in Produkten, die zur Reinigung und Desinfektion der Hände benutzt werden, eingesetzt sind.
Bei den technischen Berufen treten Handekzeme häufig durch den Umgang mit Bestandteilen von Ölen und Fetten auf. Potenzielle Allergene sind z.B. Biozide oder Konservierungsstoffe.
Wie geht man bei der Diagnose eines Handekzem vor, es gibt ja offensichtlich bereits optische Unterschiede…
Das Beurteilen der sichtbaren Symptome reicht zur Diagnose des Handekzems nicht aus. Die drei klassischen Formen des Handekzems, die wir besprochen hatten, findet man nicht immer in dieser Reinform. Wie gesagt gibt es auch Mischformen, z.B. wenn sich primär ein abnutzungsbedingtes Handekzem entwickelt hat und sich daraufhin auch noch ein allergiebedingtes Ekzem bildet. Insbesondere, wenn das Ekzem schon seit längerem besteht, lässt sich allein an der Optik keine Differenzierung vornehmen.
Deshalb sollte auf jeden Fall ein Allergietest durchgeführt werden, zunächst ein Epikutantest am Rücken, bei dem die in Frage kommenden Allergene getestet werden und dann evtl. ein Prick-Test, um eine eventuelle Atopiebereitschaft abzuklären. Auch eine Pilzdiagnostik kann sinnvoll sein, weil in manchen Fällen zu dem bestehenden Ekzem noch ein Pilzbefall hinzukommen kann. Manchmal stellt sich dann heraus, dass es sich nicht um ein Handekzem sondern um eine Pilzerkrankung handelt. Zusätzlich bestimmen wir mit einem TEWL-Test den transepidermalen Wasserverlust bzw. die Speicherkapazität der Haut für Wasser und messen mit der Corneo- und Sebumetrie den Fett- und Feuchtingkeitsgehalt der Haut.
Wie sieht die Therapie beim Handekzem aus?
Bei der Therapie des Handekzems steigt man möglichst niedrigschwellig ein. Dabei versuchen wir kortisonhaltige Cremes zu vermeiden. Diese werden zur Behandlung von Handekzemen viel zu häufig eingesetzt und führen sehr oft dazu, dass sich die Hautschutzbarriere nicht regenerieren kann.
Ein Möglichkeit der Therapie von Handekzemen sind medizinische Cremes, die auch für die Neurodermitisbehandlung eingesetzt werden oder Cremes, die Ichthyol oder Antiseptica enthalten. Diese können dann durch Pflege und –Schutzprodukte wie alkalifreie Waschlotionen, Schutz und Pflegecremes ohne Paraffin, Duftstoffe und möglichst frei von künstlichen Konservierungsstoffen etc. ergänzt werden, die zusätzlich Stoffe enthalten, die der Hautschutzbarriere zu gute kommen. Zu diesen Stoffen gehören z.B. Sphingolipide oder Ceramide, die auch in der Hautschutzbarriere benötigt werden.
Sollten aufgrund schwerer oder hartnäckiger Verläufe stärkere Maßnahmen nötig sein, gibt es die Möglichkeit einer Behandlung mit einem Präparat zum Einnehmen, das den Wirkstoff Alitretinoin enthält und das zur Behandlung des chronischen Handekzems zugelassen ist.
Es gibt auch Medikamente, die zur Behandlung von Schuppenflechte oder Neurodermitis zugelassen sind und die off-label zur Behandlung von schweren Handekzemen genutzt werden können.
Spielt bei der Behandlung des Handekzems auch die Ernährung eine Rolle?
Wir empfehlen beim Handekzem eine Ernährung, die möglichst viele frische Bestandteile enthält, also viel frisches Obst und Gemüse.
Außerdem sollten Patienten mit Handekzem auf das Rauchen verzichten, denn Raucher haben immer schwerere Ekzeme als Nichtraucher.
Herr Dr. Degenhardt, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.