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Orales Allergie Syndrom (OAS)

Orales Allergie Syndrom, Bildquelle: seanika, mrdoomits
Orales Allergiesyndrom – was ist das?, Bildquelle: Canva (mrdoomits, Getty Images)

Allergiesymptome im Mund, im Rachen oder an den Lippen können erschreckend sein. In den meisten Fällen sind sie aber nicht gefährlich, nämlich dann, wenn ein orales Allergie Syndrom die Ursache ist. Was also bedeutet es, wenn es nach bestimmten Nahrungsmitteln im Mund kribbelt oder alles anschwillt?

Autor: Dr. med. Anna Eger

Orales Allergiesyndrom – was ist das?

Das Orale Allergie Syndrom (OAS, ICD-10 T78.4) kann bei Patienten auftreten, die Allergien haben. Patienten sprechen dann oft von einer „Allergie im Mund“. Das gilt vor allem, wenn eine Pollenallergie oder eine Sensibilisierung auf Pollen vorliegt, z.B. eine Gräserpollen-Allergie. Das orale allergische Syndrom (engl. Oral allergy syndrome) kann sich nach dem Essen als allergische Reaktion im Mund und Rachen, an der Zunge, am Gaumen und an den Lippen durch ein Kribbeln, Jucken, Brennen oder durch Schwellungen bemerkbar machen. Das Immunsystem stuft bei dem Genuss bestimmter Nahrungsmittel dann nicht nur die Allergene aus der Luft als "feindlich" ein, sondern auch die Allergene aus Nahrungsmitteln, die ähnliche Proteinstrukturen aufweisen. Bei allergischen Kindern tritt das orale Allergiesyndrom nur selten auf.

Welche Nahrungsmittel können ein orales Allergie Syndrom auslösen?

Wenn die Zunge geschwollen ist oder juckt, kann das viele Gründe haben, unter anderem ein orales Allergiesyndrom bei bestehendem Heuschnupfen.

Allergische Reaktionen an der Mundschleimhaut können bei einer Pollenallergie auf mehrere Nahrungsmittel auftreten, zum Beispiel Apfel, Banane, Ananas, Erdbeeren, Kiwi, verschiedene Nusssorten wie Erdnuss oder Haselnuss. Bei der Birke ist eine Kreuzallergie auf Nüsse eine häufige Reaktion. Dazu kann es in der Folge zusätzlich zu allergischen Reaktionen auf rohe Äpfel, rohe Karotten oder/und rohen Sellerie kommen.

Aber auch bei einer Hausstaubmilben-Allergie kann es zu einem oralen Allergiesyndrom, mit Jucken im Mund, juckenden, brennenden, kribbelnden Lippen und Lippenrändern kommen.

Bei Allergie gegen Hausstaubmilben wurde über allergische Reaktionen gegenüber Shrimps berichtet. Nahrungsmittelsensibilisierungen aufgrund von Kreuzreaktionen zwischen Gras- und Getreidepollen mit beispielsweise Mehl sind sehr selten.

Bedeutung hitzestabiler und -instabiler Allergene für das Orale Allergie Syndrom

Da Äpfel und Karotten hitzeinstabile Allergene enthalten, sind diese Nahrungsmittel nach dem Erhitzen für Kreuzallergiker meist verträglich. Die Allergene von Baumnüssen und Sellerie sind hitzestabil und können auch in gekochtem oder gebackenem Zustand allergische Reaktionen, wie zum Beispiel brennende kribbelnde Lippen oder auch ein Kribbeln am Gaumen, auslösen. Allerdings gilt das nicht unbedingt für jeden Patienten. Denn auch innerhalb einer Sorte von Nahrungsmitteln gibt es deutliche Unterschiede, da manche Apfelsorten, um ein Beispiel zu nennen, mehr Allergene enthalten als andere. Eine grundsätzliche Einteilung der Nahrungsmittelallergene in hitzestabil oder hitzelabil ist daher nicht sinnvoll. Vielmehr kommt es auf die individuelle Verträglichkeit an.

Typische Kreuzallergien zu Nahrungsmitteln, bei denen es zu einem Oralen Allergie Syndrom kommen kann, sind:

 

Kreuzreaktionen auf Lebensmittel.

Bildquelle: Thermo Fisher Scientific

Symptome beim oralen Allergie Syndrom

Das orale Allergiesyndrom (OAS) kann im gesamten Verdauungsapparat auftreten. Es kann im Mundbereich zu Zungenbrennen, Schwellungen an den Lippen, zu einer geschwollenen Zunge oder zu Schwellungen im Rachenbereich kommen. Auch über brennende, juckende Lippen und eine juckende Zunge berichten die Patienten bei dieser Allergie. Folge der Schwellungen kann Atemnot sein. Aber auch gastrointestinale Symptome wie Übelkeit oder Durchfall können auf eine Kreuzreaktion zu Nahrungsmitteln hinweisen.

Durch die Schwellungen ähnelt das Orale Allergie Syndrom (OAS) dem Angioödem, bei dem es ebenfalls zu Schwellungen im Bereich von Lippen, Zunge und Rachen kommen kann. In der Regel geht das Orale allergische Syndrom jedoch mit einem starken Juckreiz oder auch Brennen einher, was beim Angioödem nicht der Fall ist.

In einigen Fällen kommt es beim Oralen Allergiesyndrom auch zu kleinen pockenartigen und stark juckenden Erhebungen bzw. Bläschen im Mundraum, zum Beispiel an der Zunge oder an den Lippen. Manche Patienten berichten auch von einem pelzigen Gefühl auf der Zunge oder dass die Zunge juckt.

Die Dauer der Symptome des Oralen Allergie Syndroms (OAS) beträgt in der Regel wenige Stunden.

Diagnose beim oralen Allergie Syndrom

Die Diagnose ergibt sich zunächst aus einer gründlichen Anamnese und den Symptomen.

Bedeutung des Prick-Tests beim oralen Allergie Syndrom

Zusätzliche Diagnosemöglichkeiten bieten der Prick-Test oder der Prick-to-Prick-Test, bei dem der Test mit frischen Nahrungsmitteln erfolgt. Ein Prick-to-Prick-Test mit dem natürlichen Allergen würde immer dann zum Einsatz kommen, wenn für das verdächtige Allergen kein Standardextrakt zur Verfügung steht. Ein Beispiel hierfür wäre der Apfel, bei dem es sehr viele Sorten gibt. Ein standardisiertes Extrakt kann diese Sortenvielfalt nicht abdecken, weshalb man hier in bestimmten Fällen zur Durchführung des Tests auf natürliches Material zurückgreifen würde, d.h. auf die Apfelsorte, die der Patient in der Regel verzehrt.

IgE-Bestimmung mittels Bluttest beim oralen Allergie Syndrom

Bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie durch Kreuzreaktionen ist in bestimmten Konstellationen eine allergenspezifische IgE-Bestimmung indiziert. Die Bestimmung von nahrungsmittelspezifischen IgG oder IgG4 ist für die Diagnostik nicht hilfreich und nicht empfohlen.

Der orale Provokationstest beim oralen Allergie Syndrom

Eine sichere Methode zur Diagnose des Oralen Allergiesyndroms (OAS) ist, wie bei anderen Nahrungsmittelallergien auch, der orale Provokationstest. Er ist das einzige Instrument, das eine klinisch relevante Nahrungsmittelallergie und die auslösende Menge sicher von einer Sensibilisierung abgrenzen kann. Hierfür würde man das verdächtige Allergen für einen bestimmten Zeitraum aus dem Speiseplan streichen. Nach der Karenz würde man das Nahrungsmittel dann in einem gezielten Provokationstest verabreichen. Dieser Test darf allerdings ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht bzw. unter stationären Bedingungen durchgeführt werden, da hier die Gefahr eines Allergischen Schocks besteht.

Therapie beim oralen Allergie Syndrom

Was hilft bei einer Allergie im Mund? Wie bei allen Allergien ist die wichtigste und sicherste Maßnahme beim Oralen Allergiesyndrom (OAS) die Meidung des Auslösers. Allerdings ist eine ungezielte diätetische Karenz bei vorliegender Pollensensibilisierung nicht gerechtfertigt. Das heißt, man sollte nicht einfach auf alle möglicherweise Allergie-auslösenden Nahrungsmittel verzichten, sondern es sollte immer eine gezielte und individuelle Meidungsempfehlung durch einen Arzt ausgesprochen werden.

Symptomatische Therapie beim oralen Allergie Syndrom

Die symptomatische Behandlung des oralen Allergiesyndroms orientiert sich an den Empfehlungen für die Behandlung der Nahrungsmittelallergie. Hier kommen Medikamente aus der Gruppe der H1-Antagonisten bzw. Antihistaminika wie Cetirizin oder Desloratadin oder aus der Gruppe der Glukokortikoide wie Prednisolon oder Methylprednisolon zur Anwendung. Teilweise sind diese Medikamente gegen Allergien als Tabletten verfügbar, bei schweren Symptomen ist jedoch eine intravenöse Applikation durch einen Arzt notwendig.

Hausmittel finden in der Behandlung des oralen Allergiesyndroms keine Evidenz. Das bedeutet es gibt keine Hinweise darauf, dass man ein orales Allergiesyndrom mit alternativen Heilmitteln behandeln kann.

Erstmalige Symptome/der Notfall beim oralen Allergie Syndrom

Was tun, wenn Symptome für das Orale Allergiesyndrom (OAS) typischen Symptome erstmalig auftreten? Es sollte unbedingt schnellstmöglich ein Arzt über den Notruf 112 kontaktiert werden, insbesondere wenn die Zunge oder der Rachenraum von einer Allergie betroffen sind. Keinesfalls sollte man sich selbst in Auto setzen und versuchen, die nächste Notfallambulanz aufzusuchen. Gerade beim ersten Auftreten des Oralen Allergiesyndroms (OAS) ist es nicht absehbar, welchen Schweregrad die Symptome erreichen werden. Der Arzt wird dann umgehend Gegenmaßnahmen durch die Gabe von Medikamenten ergreifen bzw. ein Antiallergikum für zukünftige Notfälle verordnen. Diese Patienten benötigen auch eine entsprechende gründliche Aufklärung. Stellt ein Patient sich erstmalig beispielsweise beim Hausarzt mit Zeichen eines oralen Allergiesyndroms vor, sollte eine zeitnahe Vorstellung bei einem Allergologen (das sind in der Regel HNO-Ärzte, Dermatologen oder Pulmologen) erfolgen.

Die Spezifische Immuntherapie (SIT) und orales Allergie Syndrom

Eine weitere, langfristige Option für die Behandlung des Oralen Allergiesyndroms (OAS) ist eine Spezifische Immuntherapie (SIT) auf die zugrundeliegende Allergie. Allerdings gibt es hier keine Erfolgsgarantie. Je nach Studie verlieren lediglich 10 bis 30 Prozent der Patienten mit der Behandlung der im Vordergrund stehenden zugrundeliegenden Allergie auch die Kreuzallergie auf das entsprechende Nahrungsmittel. Um die Wirksamkeit der SIT mit Pollenextrakten bei der pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie zu zeigen, sind weitere Studien notwendig.

Praktische Tipps für den Umgang mit dem oralen Allergie Syndrom

  • Patienten, die ein Orales Allergie Syndrom (OAS) auf Äpfel entwickelt haben, vertragen ältere Apfelsorten oft gut.

  • Die Zutatenlisten auf den Verpackungen industriell gefertigter Lebensmittel sollten im Hinblick auf das persönliche Allergen sorgfältig geprüft werden.

  • Um den Speiseplan nicht zu stark einzuschränken, sollte getestet werden, was verträglich ist und was nicht. Dies sollte jedoch nur unter Anleitung erfolgen.

  • Manche Allergene sind nicht hitzestabil. Das bedeutet, dass z.B. ein Apfel in rohem Zustand unverträglich ist, in gekochtem oder verbackenem Zustand jedoch gut vertragen wird.


Quellen

  • aid infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e.V.

  • Deutsches Ernährungsberatungs- und -informationsnetz

  • https://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_Kreuzreaktionen_MWorm_DGAKI-2-2014.pdf

  • www.altmeyers.org/de/allergologie/allergiesyndrom-orales-4769

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

10. November 2023

Autor: Dr. med. Anna Eger, www.mein-allergie-portal.com

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