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Kreuzallergie auf Apfel: Gibt es verträgliche Sorten?

Kreuzallergie Birkenpollenallergiker Apfelsorten
Neue Studie zu besser verträglichen Apfelsorten! Bildquelle: K.Bergmann

Birkenpollenallergiker sind doppelt geplagt, denn viele leiden auch an einer Kreuzallergie auf rohe Äpfel. Betroffen sind gar nicht wenige - etwa 50 Prozent der erwachsenen Birkenpollen- bzw. Baumpollen-Allergiker entwickeln eine solche pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie. Das bedeutet, der Verzehr eines rohen Apfels kann zu allergischen Reaktionen im Mundschleimhautbereich, dem so genannten oralen Allergiesyndrom, führen. Viele Menschen mit einer Birkenpollenallergie verzichten deshalb auf den Genuss roher Äpfel. Aber muss das immer sein? Oft bemerken die Apfelallergiker durchaus Unterschiede bei der Verträglichkeit, je nachdem, welche Apfelsorte sie essen. Dabei scheinen alte Apfelsorten bei einer Allergie auf Apfel besser verträglich zu sein. In einer prospektiven Kohortenstudie mit offenem Studiendesign untersuchten Allergieexperten deshalb, ob alte Apfelsorten dabei helfen könnten, auch die neueren Apfelsorten für die Patienten verträglicher zu machen. MeinAllergiePortal sprach mit Studienleiter Prof. Karl-Christian Bergmann, Leiter der interdisziplinären allergologisch-pneumologischen Ambulanz im Institut für Allergieforschung der Charité Berlin, über seine Studie.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann

 

Verträgliche Äpfel bei Kreuzallergie auf Birkenpollen: Die wichtigsten Fakten!

Durch eine strukturelle Ähnlichkeit des Allergens der Birke Bet v 1 mit dem Hauptallergen des Apfels Mal d 1 kann es bei Allergie auf Birkenpollen zu Kreuzreaktionen auf Apfel kommen

Eine birkenpollenassoziierte Apfelallergie kann zu einem oralen Allergiesyndrom führen, zumeist milden Beschwerden im Bereich der Mund- und Rachenschleimhäute

Ältere Apfelsorten enthalten meist deutlich weniger Apfelallergene als die neu gezüchteten Äpfel und sind deshalb verträglicher für Birkenpollen-Allergiker

Alte Apfelsorten sind zum Beispiel Alkmene, Eifeler Rambur, Goldparmäne oder Roter Boskoop, während Golden Delicious eine neue Apfelsorte ist

Eine Studie hat gezeigt, dass der regelmäßige Verzehr alter Apfelsorten bei Apfel-Allergikern eine Toleranz zu induzieren scheint, auch beim Verzehr der neueren Sorte Golden Delicious

 

Herr Prof. Bergmann, wie kommt es bei Birkenpollen-Allergie zu einer Kreuzreaktion auf Äpfel?

Die meisten Menschen mit einer Allergie gegen Birke (Betula verrucosa) sind gegen eine bestimmte Allergenstruktur der Birkenpolle allergisch, das so genannte Bet v 1. Das Allergen des Apfels kommt sowohl in der Schale als auch im Fruchtfleisch vor. Ursächlich für die Kreuzreaktion zwischen Birkenpollen und Apfel ist eine strukturelle Ähnlichkeit des auslösenden Allergens Bet v 1 der Birke mit dem Hauptallergen des Apfels (Malus domesticus) Mal d 1. Bei Birkenpollen-Allergikern kann es dann zu einem oralen Allergiesyndrom (OAS) kommen.

Wie äußert sich solch eine „Apfelallergie“ bzw. ein orales Allergiesyndrom durch Allergie auf Birke?

Da das Apfel-Allergen Mal d 1 relativ instabil ist und bereits durch Verdauungsprozesse zerstört wird, äußert sich eine birkenpollenassoziierte Apfelallergie zumeist in milderen Beschwerden im Bereich der Mund- und Rachenschleimhäute. Das orale Allergiesyndrom tritt in der Regel unmittelbar nach Verzehr des Apfels auf.

Typische Symptome einer Allergie auf Apfel sind:

  • Kribbeln bzw. Juckreiz im Mund
  • Juckreiz der Lippen
  • Kratzen im Hals
  • Pelziges Gefühl auf der Zunge
  • Brennendes Gefühl an der Zunge
  • Schwellungen an Zunge, Lippen, Mundschleimhaut

Besteht zusätzlich zur Allergie auf Birke auch eine Neurodermitis, kann es durch den Verzehr birkenpollenassoziierter Nahrungsmittel auch zu einer verzögert auftretenden Hautverschlechterung kommen.

Gibt es Unterschiede in der Verträglichkeit verschiedener Apfelsorten für Menschen mit einer Birkenpollenallergie, was hat Ihre Studie gezeigt?

Ja, die gibt es tatsächlich. Ältere Apfelsorten enthalten meist deutlich weniger Apfelallergene als die neu gezüchteten Äpfel und sind deshalb verträglicher. Daneben haben ältere Apfelsorten meist mehr sogenannte Polyphenole, die dem Apfel durch ihre anti-oxydative Wirkung die eigentliche gesundheitlich positive Wirkung verleihen.

Wie sind Sie bei Ihrer Studie zur Verträglichkeit alter Apfelsorten vorgegangen?

Zunächst haben wir die Studienteilnehmer, die alle nachweislich eine Allergie auf Apfel hatten, gebeten, einen Apfel der neueren Sorte, einen Golden Delicious, zu essen. Dabei sollten sie sowohl die Verzehrmenge als auch ihre Symptome in einem Symptomprotokoll dokumentieren. Danach haben die Studienteilnehmer 90 Tage lang jeden Tag einen Apfel der älteren Sorten zu sich genommen. Die Äpfel der älteren Sorten waren „Alkmene“, „Eifeler Rambur“, „Goldparmäne“ oder „Roter Boskoop“ und wurden den Studienteilnehmern frei Haus geliefert. Nach dem Verzehr jedes Apfels wurden dann die Symptome protokolliert, inklusive eines möglichen Einsatzes von Notfallmedikamenten. Am Ende der Studie wurde dann erneut ein „Golden Delicious“ verzehrt und eventuelle Reaktionen wiederum protokolliert.

War der Golden Delicious am Ende der Studie verträglicher für die Apfelallergiker?

Im Durchschnitt hat sich bei den Studienteilnehmern die konsumierte Menge von einem halben Apfel auf einen dreiviertel „Golden Delicious“ verändert und im Vorher-Nachher-Vergleich der „Golden Delicious“-Provokation war die Häufigkeit von empfundenen Symptomen bei Studienende deutlich geringer. Auch in der Analyse der einzelnen Symptome zeigten sich signifikante Veränderungen: Am Ende der Studie traten die Symptome des oralen Allergiesyndroms wie „Kribbeln/Juckreiz im Mund“, „Juckreiz Lippen“, „Anschwellen der Mundschleimhaut“ und „Andere“ signifikant seltener auf. Es gab keine signifikante Veränderung bei den Symptomen „Anschwellen der Lippe“, sowie „Anschwellen der Zunge“. Die Zahl der Probanden, welche einen ganzen Apfel symptomfrei konsumieren konnten, war von 2 (1,3 Prozent) auf 13 Probanden (13,7 Prozent) angestiegen.

Das heißt, wenn Apfelallergiker ältere Apfelsorten essen, ist das eine Art Desensibilisierung oder Hyposensibilisierung gegen Apfel?

Das bedeutet: Wir konnten dokumentieren, dass es zu signifikanten positiven Veränderungen der Symptome in Bezug auf den Verzehr der allergenreichen Apfelsorte „Golden Delicious“ kommt, wenn die Studienteilnehmer über einen längeren Zeitraum hinweg Äpfel alter Sorten mit einem niedrigen Gehalt an Allergenen konsumieren. Unsere Beobachtungen in dieser Studie unterstützen deshalb die Vermutung, dass es Apfelallergikern durchaus möglich sein könnte, durch den Konsum von allergenarmen, polyphenolreichen Äpfeln alter Sorten eine orale Toleranz gegenüber hochallergenen Äpfeln aufzubauen.

Weiß man, welche Faktoren bei der Unverträglichkeit von Äpfeln bzw. der Kreuzallergie eine Rolle spielen, z.B. das Anbaugebiet etc.?

Es konnten bereits verschiedene Faktoren beobachtet werden, die den Allergengehalt im Apfel und somit auch seine Verträglichkeit für Birkenpollenallergiker beeinflussen.

So variiert der Allergengehalt derselben Apfelsorte zum Beispiel je nach:

  • Anbaugebiet
  • Vegetationsjahr
  • Lagerbedingungen nach der Ernte
  • Art der Verarbeitung des Apfels

Auch extreme Klimabedingungen, wie starke Kälte oder Hitze, zu viel Niederschlag oder andauernde Trockenheit, aber auch eine starke Sonneneinstrahlung können den Allergengehalt im Apfel ansteigen lassen. Auch zeigt sich, dass der Allergengehalt im Apfel mit Dauer der Lagerung zunimmt. Das heißt für den Birkenpollenallergiker, dass ein Apfel im Frühjahr nach mehrmonatiger Lagerung eher Reaktionen auslösen kann als ein im Herbst frisch vom Baum gepflückter Apfel. Im Frühjahr kann die Verträglichkeit zudem dadurch verschlechtert werden, dass in den Monaten März bis Mai die Birkenpollen fliegen und dadurch die Reaktionsschwelle sinkt.

Gibt es weitere Faktoren, die die Symptome einer Kreuzallergie auf Äpfel bei den Betroffenen beeinflussen können?

Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die allergische Reaktionen begünstigen könnten.

Risikofaktoren für deutlichere Reaktionen nach Verzehr von Apfel bei einer Kreuzallergie auf Apfel sind:

  • Gleichzeitiger Verzehr verschiedener birkenpollenassoziierter Nahrungsmittel, etwa in einem Obstsalat
  • Gleichzeitiger Alkoholkonsum
  • Einnahme bestimmter Schmerzmittel
  • Körperliche Anstrengung
  • Eine begleitende Magen-Darm-Erkrankung
  • Asthma bronchiale

Wie können Birkenpollenallergiker die Verträglichkeit von Äpfeln verbessern?

Da das Apfelallergen Mal d 1 relativ empfindlich gegenüber Hitze und Verarbeitung ist, kann der Allergengehalt des Apfels durch verschiedene Zubereitungsmethoden verringert werden. Erhitzt man den Apfel durch Kochen oder Backen, schält, schneidet oder reibt man ihn und lässt den zerkleinerten Apfel anschließend stehen, bis eine deutliche Bräunung einsetzt, kann der Gehalt an Mal d 1 verringert werden. Auch die gezielte Kombination mit fett- und eiweißreichen Speisen kann dazu führen, dass Reaktionen abgemildert werden oder ganz ausbleiben.

Wie sollten Birkenpollenallergiker vorgehen, um herauszufinden, welche Apfelsorten sie vertragen?

Ich möchte die Patienten mit einer Allergie auf Apfel ermutigen, ältere Zuchtsorten von Äpfeln zu probieren. Unsere Studie hat gezeigt, dass der regelmäßige Verzehr eine Toleranz zu induzieren scheint. Durch unsere Studie hat nun jeder Apfelallergiker selbst die Möglichkeit, ohne zwingende ärztliche Supervision eine Toleranz gegen allergenreiche Äpfel aufzubauen und somit ein Stück Lebensqualität zurückzugewinnen.

Eine Liste der alten Apfelsorten finden Sie hier! https://www.bund-lemgo.de/apfelallergie.html

Herr Prof. Bergmann, herzlichen Dank für dieses Interview!

Quelle:

1) Karl-Christian Bergmann, Jaron Zuberbier, Torsten Zuberbier, Jürgen Zapp, Willi Hennebrüder, Apfelallergie – Toleranzentwicklung durch regelmäßigen Konsum allergenarmer Äpfel. Eine Beobachtungsstudie, 23. April 2020, https://doi.org/10.1007/s10341-020-00492-z

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

16. August 2023

Autor: S. Jossé/ K.Bergmann, www.mein-allergie-portal.com

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