Geschwollene Lippe nach Gemüse? Kreuzreaktion auf Polle?
Zu einer geschwollenen Lippe kann es bei Allergie auf Pollen durch Kreuzreaktionen auf Gemüse kommen: Der Körper reagiert mit typischen Allergiesymptomen. Was sind Kreuzreaktionen? Wie häufig treten Kreuzreaktionen bei Allergie auf Birkenpolle, Gräserpolle oder Getreidepolle auf und bei welchen Gemüsesorten kann es zu Kreuzreaktionen kommen? Darüber sprach MeinAllergiePortal mit Dr. Yvonne Braun, Diplom-Oecotrophologin, Ernährungsberaterin/DGE und Ernährungsfachkraft Allergologie (DAAB).
Autor: Sabine Jossé M. A.
Interviewpartner: Dr. Yvonne Braun
Frau Dr. Braun, was ist eine Kreuzreaktion?
Im Falle der Birkenpollenallergie, reagiert man ursprünglich auf ein Allergen in der Birkenpolle. In manchen Gemüsesorten sind Proteine, die dem Birkenpollenallergen sehr ähnlich sind, sodass der Körper die Proteine dieses Gemüses nicht von dem der Birkenpollen unterscheiden kann. Das führt dazu, dass der Körper mit allergischen Symptomen auf dieses Gemüse reagiert - das nennt man Kreuzreaktion.
Abgesehen von einer dicken Lippe, zu welchen Symptomen kann es kommen, wenn man eine Pollenallergie hat und es zu einer Kreuzreaktion kommt?
Bei Kreuzreaktionen auf Gemüse kommt es meist zu leichten, lokalen Allergiesymptomen, dazu gehören:
- Dicke Lippe
- Juckreiz an Lippe und Zunge
- Kratzen im Mund- und Halsbereich - gut zu erkennen am häufigen Räuspern der Patienten
- Bläschen- und Quaddelbildung im Mundbereich
- Schnupfenartige Beschwerden und Niesen
In seltenen Fällen können bei einer Pollenallergie auch schwere Kreuzreaktionen auftreten. Hierzu zählen:
- Magen-Darm-Beschwerden
- Kreislaufprobleme
Kann es bei allen Pollenallergien zu Kreuzreaktionen auf Gemüse kommen?
Kreuzreaktionen können bei vielen Pollenallergien vorkommen. Am häufigsten sind Kreuzreaktionen bei Allergie auf Birkenpollen. Weniger häufig sind Kreuzreaktionen bei Allergie auf Beifuß, und sehr selten sind Kreuzreaktionen bei Allergien auf Gräser- oder Getreidepollen.
Bei einer Gräserpollenallergie sieht man für viele Lebensmittel erhöhte IgE-Titer im Blut, also Sensibilisierungen gegen viele Gemüsesorten. Das ist auf die Profiline zurückzuführen, hat aber in der Regel keine Bedeutung für die Ernährung.
Ein prophylaktischer Verzicht auf viele Gemüsesorten bei Gräserpollenallergie ist nicht nötig – auch, wenn erhöhte IgE-Titer gemessen wurden.
Warum muss man bei einer Pollenallergie die betreffenden Gemüsesorten nicht meiden, obwohl der IgE-Titer erhöht ist?
Pollenallergiker werden häufig auf typische Kreuzallergien getestet. Sensibilisierungen gegen bestimmte Gemüsesorten sind durch erhöhte IgE-Titer im Blut sichtbar. Eine Sensibilisierung bedeutet aber nicht, dass auch gleichzeitig eine Allergie vorliegt und diese Gemüsesorten gemieden werden müssen. Erst wenn es nach dem Verzehr zu allergischen Symptomen kommt, sollte das betreffende Gemüse vom Speiseplan gestrichen werden.
Denn Allergie bedeutet: Erhöhter IgE-Titer plus Symptome nach dem Verzehr und nur dann sollte auf das Gemüse verzichtet werden.
Bei welcher Pollenallergie reagiert man auf welches Gemüse unter anderem mit einer dicken Lippe?
Die Pollenallergie die am häufigsten mit Kreuzreaktionen auf Gemüse verbunden ist, ist die Birkenpollenallergie.
Kreuzreaktionen bei Birkenpollenallergikern treten häufig nach dem Verzehr folgender Obst- und Gemüsesorten auf:
- Apfel
- Haselnuss
- Karotte
- rohe Kartoffeln – allergische Symptome beim Kartoffelschälen
- grüne Kiwi
Kreuzreaktionen bei Allergie auf Beifuß sind selten, aber möglich – möglich ist dies auf:
- Gewürze
- Karotte
- Mango
- Sellerie
Kommt es auch bei gekochtem oder gebackenem Gemüse zu Kreuzreaktionen auf Polle?
Kreuzreaktionen gegen verarbeitetes Gemüse sind eher selten und abhängig von der Allergenmenge bzw. Wassergehalt der Gemüsesorte.
Bei Kreuzreaktionen auf rohen Apfel, kann z.B. Apfelsaft oder Apfelmus problemlos gegessen werden.
Zum Beispiel bei Karotte oder Sellerie sieht dies anders aus: denn wie bereits erwähnt spielt sowohl die Allergenmenge, als auch die Zubereitungsart bei Kreuzreaktionen eine Rolle. Verarbeitete Karotte, wie Karottengemüse, wird häufig in größeren Mengen gegessen. Außerdem ist die Karotte selbst reich an Allergen. Denn Karotten beinhalten wenig Wasser und haben dadurch eine höhere Allergen-Konzentration als andere Obst- oder Gemüsesorten. Daher kann es bei Pollenallergien auch zu Kreuzreaktionen nach Verzehr von verarbeiteten, gekochte Karotte kommen. Ähnlich verhält es sich auch bei der Kreuzreaktion gegen Sellerie.
In den meisten Fällen gilt „gekocht und in kleinen Mengen ist in Ordnung“, aber es gibt Ausnahmen. Ich empfehle dann andere Gemüsesorten.
Spielt es bei Kreuzreaktionen auf Gemüse eine Rolle, ob die betreffende Polle gerade „Saison“ hat?
Die Pollensaison spielt bei Kreuzreaktionen gegen Gemüse eine Rolle. In der Pollenzeit kann es verstärkt zu Kreuzreaktionen kommen - auch auf Gemüsesorten, die vor und nach der Pollensaison gut vertragen wurden.
Einige Birkenpollenallergiker mit Kreuzreaktionen nach Verzehr von Apfel, vertragen Äpfel in der Birkenpollen-Saison deutlich schlechter, als außerhalb der Birkenpollenzeit.
Die medikamentöse Einstellung der Pollenallergie ist ebenfalls bedeutend bei Kreuzreaktionen gegen Gemüse. Pollenallergiker, die unter Asthma, Rhinitis oder weiteren Symptomen der Allergie leiden und medikamentös nicht gut eingestellt sind, haben häufiger mit Kreuzreaktionen zu kämpfen.
Wichtig: Es kann aber auch bei medikamentös gut eingestellten Pollenallergikern zu Kreuzreaktionen gegen bestimmte Gemüsesorten kommen.
Was kann man tun, wenn man auf Gemüse mit allergischen Symptomen reagiert?
Achtung: Sowohl bei schweren als auch bei leichten Kreuzreaktionen, sollte das auslösende Gemüse gemieden werden.
Birkenpollenallergiker, die in der Birkenpollensaison mit allergischen Symptomen nach dem Verzehr von Apfel reagieren, sollten für den Rest der Birkenpollensaison auf den Apfel verzichten. Nach der Birkenpollensaison kann man den Apfel wieder vorsichtig testen. Zur besseren Verträglichkeit sollte der Apfel leicht verarbeitet werden, zum Beispiel durch kleinschneiden, raspeln, oder in Form von Apfelsaft oder Apfelmus verzehren. Dadurch werden Enzyme aktiviert, die das Birkenpollenallergen zerstören und somit das Risiko möglicher Kreuzreaktionen verringern.
Aber: Kreuzreaktionen treten nicht generell bei Birkenpollenallergie auf. Wenn keine Reaktionen nach dem Verzehr von Apfel festgestellt wird, sollte der Apfel auch nicht gemieden werden.
Frau Dr. Braun, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/C. Jakob/Y. Braun, www.mein-allergie-portal.com
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