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Allergie auf Hülsenfrüchte: Symptome, Diagnose, Therapie

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Hülsenfrüchte Unverträglichkeit: Symptome, Diagnose, Therapie, Bildquelle: K. Hörmann

Eine Allergie auf Hülsenfrüchte tritt gar nicht so selten auf. Allerdings können einer Allergie auf Hülsenfrüchte unterschiedliche Mechanismen zu Grunde liegen. Dies führt zu unterschiedlichen Symptomen und Risiken. Aber auch die Diagnose und die Therapie hängen davon ab, um welche Form der Hülsenfrüchteallergie es sich handelt. MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. med. Karl Hörmann, Chief Medical Consultant International Patient Office CMC IPO, Consultant ENT, Plastic Surgery, Allergology, Sleep Medicine, Former Head & Chair Dept. of ORLHNS, University Medical Centre Mannheim über das Thema: Allergie auf Hülsenfrüchte: Symptome, Diagnose und Therapie.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Prof. Dr. med. Karl Hörmann

Herr Prof. Hörmann, welche Symptome treten bei einer Allergie auf Hülsenfrüchte auf und an welchen Organsystemen?

Bei der Allergie auf Hülsenfrüchte sollte zwischen einer primären und sekundären Allergie auf Hülsenfrüchte unterschieden werden.

Das für die sekundäre Allergie auf Nahrungsmittel typische orale Allergie Syndrom (OAS) weist die Hauptsymptome im Mundbereich auf. Hier kommt es häufig innerhalb weniger Minuten bis zwei Stunden nach Nahrungsaufnahme zu einem Kribbeln, Jucken oder Brennen im Bereich der Mundschleimhaut. Auch können sich sowohl Bläschen (Urtikae) bilden, als auch eine Rötung auftreten. Ferner kann es auch zu lokalisierten Schwellungen (Angioödemen) kommen, und auch die Lippen können beteiligt sein.

Nur sehr selten treten im Rahmen eines OAS generalisierte Symptome auf mit einer Quaddelbildung am ganzen Körper, Flush-Symptomatik, Angioödemen, unter Umständen Verschlechterung eines atopischen Ekzems, Beschwerden im Magen-Darmtrakt mit Erbrechen und Durchfall, Kreislaufproblemen und gegebenenfalls sogar Atemnot.

 

Schweregradskala zur Klassifizierung anaphylaktischer Reaktionen (modifiziert nach [26])*       

Grad Haut- und subjektive Allgemeinsymptome Abdomen Respirationstrakt Herz-Kreislauf
I Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angioödem - - -
II Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angioödem Nausea, Krämpfe, Erbrechen Rhinorrhö, Heiserkeit, Dyspnoe Tachykardie (Anstieg >20/min), Hypotension (Abfall >20 mmHg systolisch, Arrhythmie
III Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angioödem Erbrechen, Defäkation fsLarynxödem, Bronchospasmus, Zyanose Schock
IV Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angioödem Erbrechen, Defäkation Atemstillstand Kreislaufstillstand

* Die Klassifizierung erfolgt nach den schwersten aufgetretenen Symptomen (kein Symptom ist obligatorisch). Quelle: Prof. Dr. med. Hörmann nach der Leitlinie zu Akuttherapieund Management der Anaphylaxie   

 

Bei der primären Allergie (Typ – I – Reaktion) kann die Symptomatik einer anaphylaktischen Reaktion auftreten, diese setzt meist akut ein und es kann sehr rasch, innerhalb von Minuten, zu einer Zunahme der Symptome bis zum Kreislaufstillstand kommen. Die anaphylaktische Reaktion kann aber auch spontan sistieren, das heißt, zum Stillstand kommen, und regredient im weiteren Verlauf sein, das bedeutet, sie kann sich zurückbilden. Die Symptome können gleichzeitig oder aber nacheinander auftreten.

Eine Anaphylaxie kann aber auch direkt auf jeder Stufe anfangen. Das heißt, es bedarf keiner „einleitenden“ Haut – oder pulmonalen Reaktion, die anaphylaktische Reaktion kann auch gleich mit einer Kreislaufreaktion beginnen.

Zu Beginn einer anaphylaktischen Reaktion kann es zu sogenannten Prodromi, Frühsymptomen, kommen, wie Jucken oder Brennen im Bereich der Handinnenflächen oder Fußsohlen oder im Intimbereich. Auch Angstgefühle, Kopfschmerzen oder ein metallischer Geschmack im Mund können auftreten.

 

Spielt es für die Symptomausprägung der Hülsenfrüchte-Allergie eine Rolle, ob die Hülsenfrüchte erhitzt wurden oder nicht?

Ja, hier kommt es auf das jeweilige Sensibilisierungsmuster an, bzw. ob es sich hierbei um eine Sensibilisierung gegenüber hitzelabilen Proteine handelt oder nicht. Ist die Hauptallergenkomponente in der Hülsenfrucht hitzeempfindlich, dann spielt es durchaus eine Rolle, ob die Hülsenfrucht gekocht oder gebraten wurde, hier kann dann auch ein Allergiker potentiell das „denaturierte“ Nahrungsmittel vertragen. Bei einer bestehenden Sensibilisierung gegen Lipid- Transfer-Proteine (LTP) oder Speicherproteine bringt ein Abkochen oder Anbraten jedoch nicht den gewünschten Erfolg und das Nahrungsmittel kann immer noch für den betroffenen Allergiker gefährlich sein.

Zur Risikoabschätzung insbesondere auch bei einer primären Nahrungsmittelallergie auf Hülsenfrüchte kann man sich der auf Allergenkomponenten basierenden Diagnostik (molekulare Allergiediagnostik) bedienen, um das Allergenprofil besser abzustecken.

Wie wird die Diagnose einer Hülsenfrüchte-Allergie gestellt?

Die Diagnose einer Allergie auf Hülsenfrüchte basiert auf einer ausführlichen Anamnese. Bei Nahrungsmittelallergien sowie pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien, können auch Ernährungstagebuch und Symptomprotokoll herangezogen werden. Weiterhin sollte eine Haut-Pricktestung und/oder die Bestimmung von spezifischem IgE im Serum erfolgen. Nur bei eindeutiger Korrelation zwischen Klinik, also tatsächlich auftretenden Symptomen, und Testergebnis kann eine Nahrungsmittelallergie diagnostiziert oder ausgeschlossen werden.

Ist dies nicht der Fall, sollte eine orale Provokation erfolgen, bevor auf ein Nahrungsmittel gänzlich verzichtet wird. Die erwähnte komponentenbasierte Diagnostik kann die klinische Diagnostik hinsichtlich der Einschätzung des Risikos für das Auftreten systemischer Reaktionen unterstützen.

 

Kreuzreaktivitaet bei Allergien gegen pflanzliche Nahrungsmittel
Proteinfamilie Empfindlichkeit gegenüber Hitze und Proteasen  Beispiele für planzliche Nahrungsmittel-Allergenquellen Klinische Expression  
PR-10 Proteine (Bet v 1-Homologe) empfindlich* Betulaceae: Haslenuss*; Rosaceae: z.B. Apfel, Kirsche, Pfirsich; Apiaceae: z.B. Karotte, Sellerie*, Fenchel, Petersilie; Fabaceae: z.B. Erdnuss*, Soja*, Mungbohne Hauptsächlich OAS*
nsLTP (nicht-spezifische Lipid-Transfer-Proteine) resistent Betulaceae: Haslenuss*; Rosaceae: z.B. Apfel, Kirsche, Pfirsich; Andere: Mais, Erdnuss, Gerste, Weitraube, Kohl häufig systemische Reaktionen
Profiline (Bet v 2-Homologe) empfindlich Profiline sind in Pflanzen weit verbreitet; typisch: Zitrusfrüchte, Melone, Banane, Tomate Hauptsächlich OAS**
Speicherproteine (2S-Albumine, 7S/11S-Globuline) resistent Kerne/Nüsse/Samen: Z.B. Erdnuss/Soja, Baumnüsse, Getreide häufig systemische Reaktionen
CCDs (Kreuzreaktive Kohlehydrat-Determinaten) resistent CCDs sind in pflanzlichen Nahrungsmitteln weit verbreitet. CCD-Allergenität wird bei Sellerie, Tomate und Zucchini angenommen.  **
* Bet v 1-Homologe in Haselnuss, Sellerie, Erdnuss und Soja sind erwiesenermase teilweise hitzeresistent, daher treten auch systemische Reaktionen auf. ** IgE-Antikörper gegen Profiline und CCDs gelten zwar im Allgemeinen als weniger klinisch relevant (verglichen mit anderen Allergenkomponenten) sie dürfen dennoch nicht außer Acht gelassen werden.
Quelle: Prof. Dr. med. Hörmann nach Thermo Scientific

 

Im Fall einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie ist es notwendig, das Sensibilisierungsprofil gegenüber inhalativen Allergenen zu bestimmen. Dazu dienen entweder Hauttests und/oder die Bestimmung allergenspezifischer IgE-Antikörper.

Nicht alle relevanten Nahrungsmittelallergenquellen liegen als zugelassene Allergenextrakte vor. Zudem sind kommerziell erhältliche Nahrungsmittelallergenextrakte meist nicht standardisiert, so dass hier dann die Testung mit nativem, das heißt, natürlichem, Material in Form eines Prick-to-Prick Testes erfolgen kann.

Bei Nahrungsmittelallergien sollte vor allem bei unklarer Anamnese oder unklaren Hauttestergebnissen oder einer schwerwiegenden anaphylaktischen Reaktion die In-vitro-Testung herangezogen werden.

Der orale Provokationstest hingegen ist das einzige Instrument, insbesondere bei unklarer Anamnese, um eine klinisch relevante Nahrungsmittelallergie und die auslösende Menge sicher von einer Sensibilisierung abzugrenzen.

Wie sieht die Therapie einer Allergie auf Hülsenfrüchte aus?

Das Therapiekonzept bei Nahrungsmittelallergien besteht, falls unbedingt erforderlich, aus Karenz, indem der Patient das Nahrungsmittel konsequent meidet. Insbesondere, wer auf Erdnüsse allergisch reagiert, sollte diese vom Speiseplan streichen und am besten Freunde und Familie auch darüber in Kenntnis setzen. Vor allem bei Nahrungsmittelallergien ist es wichtig, die Patienten zu schulen und hinsichtlich der zu vermeidenden Nahrungsmittel zu beraten.

Wichtig zu wissen ist: Hülsenfrüchte wie Sojabohnen können aber auch in Kosmetika enthalten sein, auch hier kann es zu kontaktallergischen Reaktionen kommen.

Die zweite Säule der Therapie ist die Behandlung der Symptome. Hier kommen Antihistaminika, Kortisonpräparate und Adrenalinautoinjektoren zum Einsatz, ferner bei asthmatischer Komponente, Beta-2-Sympathomimetika als Dosieraerosol. Patienten, die bereits mit einer höhergradigen allergischen Reaktion, einem anaphylaktischen Schock, zum Beispiel auf Erdnüsse, reagiert haben, sollte man zusätzlich ein Notfallset rezeptieren. Das Notfallset beinhaltet einen Adrenalinautoinjektor, ein Antihistaminikum und am besten ein Trinkkortison, bei Asthmatikern auch ein Notfallspray.

Hinsichtlich einer Immuntherapie bei Nahrungsmittelallergien steht die Forschung noch am Anfang bei insgesamt nicht eindeutigen Studienergebnissen. Eine Immuntherapie bei der primären Nahrungsmittelallergie erfolgt derzeit nur im Rahmen von kontrollierten Studien.

Auch bei pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien sollte wegen der widersprüchlichen Daten zur Wirksamkeit eine subkutane oder sublinguale Immuntherapie mit Pollenallergenen nur dann durchgeführt werden, wenn es die primäre Inhalationsallergie erfordert.

Herr Prof. Hörmann, herzlichen Dank für dieses Interview!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

03. September 2019

Autor: S. Jossé/K. Hörmann, www.mein-allergie-portal.com

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