Skip to main content

Ungewollter Gewichtsverlust: Was sind die Ursachen?

Ungewollte Gewichtsverlust Gründe
Ungewollter Gewichtsverlust: Was sind die Gründe?, Bildquelle: B. Terjung

Bei einem ungewollten Gewichtsverlust stellt sich die Frage, was die Gründe sind. Gibt es keine offensichtliche Erklärung für die Ursache, kann ein plötzlicher starker Gewichtsverlust ein Hinweis auf eine ernstzunehmende Erkrankung sein. Deshalb sollte man eine plötzliche Abmagerung nicht auf die leichte Schulter nehmen. MeinAllergiePortal sprach mit PD Dr. med. Birgit Terjung, Vorstandsmitglied der Gastro-Liga e.V. und Fachärztin für Innere Medizin, Gastroenterologie, Ernährungsmedizin, Hypertensiologin (DHL) an den GFO Kliniken Bonn über mögliche Ursachen einer Gewichtsabnahme ohne erkennbaren Grund.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: PD Dr. med. Birgit Terjung

 

Ungewollter Gewichtsverlust: Die wichtigsten Fakten!

Ein ungewollter Gewichtsverlust von als 10 Prozent des Körpergewichtes innerhalb von 6 Monaten ist bedenklich

Eine besonders fortgeschrittene Form der Abmagerung ist die Kachexie, bei der es zum Abbau des Speicherfettes und der Muskulatur kommt

Gründe für eine ungewollte Gewichtsabnahme können unter anderem höheres Alter, Depressionen, Medikamente, fehlende Verdauungsenzyme, Hormone oder eine bösartige Erkrankung sein

Bemerkt man einen ungewollten Gewichtsverlust, der über einige Zeit fortbesteht oder zunimmt, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen

 

Frau Privatdozentin Terjung, was ist ein ungewollter Gewichtsverlust?

Von einem ungewollten Gewichtsverlust spricht man, wenn man innerhalb von sechs Monaten mehr als 5 Prozent seines Körpergewichts abnimmt.

Ab wann ist die Gewichtsabnahme bedenklich oder gar gefährlich?

Ein bedenklicher, ungewollter Gewichtsverlust liegt vor, wenn man mehr als 10 Prozent des Körpergewichtes innerhalb von 6 Monaten verliert. Dies gilt dann als Warnsignal, dass dringlich weiterführende Untersuchungen durchgeführt werden sollten, um die Ursache zu finden.

Vielleicht zur Verdeutlichung ein Beispiel:

Eine 46-jährige Patientin hat bei gutem Appetit und ihren Schilderungen nach normal gegessen. Dennoch wiegt sie aktuell nur noch 48 kg. Noch vor 7 Monaten hatte sie 55 kg gewogen. Sie habe nach einer Reise nach Indonesien immer wieder zahlreiche dünnflüssige Durchfälle, eine Ursache sei aber noch nicht gefunden worden. Sie macht sich jetzt Sorgen und möchte dies weiter abklären lassen. Daher stellt sie sich bei ihrem Hausarzt vor.

Noch ein anderes Beispiel: Ein 87-jähriger Patient wird von dem Hausarzt in das Krankenhaus eingewiesen. Sein klinischer Zustand hatte sich in letzter Zeit deutlich verschlechtert. Er war sehr vergesslich geworden und hatte auch schon mal vergessen, zu essen und zu trinken. Das letzte Körpergewicht, das beim Hausarzt vor 8 Monaten dokumentiert worden war, lag bei 73 kg. Jetzt wiegt der Patient nur noch 64 kg. Bei näherem Befragen erfahren die Ärzte, dass er zuletzt zu schwach gewesen sei, um einkaufen zu gehen und sich etwas zu kochen. Er habe oft nur trockenes Brot gegessen. Zudem würde seine Zahnprothese nicht mehr gut passen, daher könne er nicht gut kauen.

Im Zusammenhang mit einer plötzlichen Abmagerung fällt häufig der Begriff Kachexie, was bedeutet das?

Abmagerung bezeichnet einen starken Gewichtsverlust, eine besonders fortgeschrittene Form der Abmagerung ist die Kachexie. Die Feststellung einer Kachexie bei einem Patienten bedeutet immer einen pathologischen, d.h. krankhaften, Gewichtsverlust.

Was passiert bei einer Kachexie?

Im Rahmen der Kachexie kommt es zu einem Abbau des Speicherfettes, aber auch der Muskulatur.

Definitionsgemäß wird das Vorliegen einer Kachexie wie folgt festgelegt: Die Kachexie ist definiert als ungewollter Gewichtsverlust

  • in den letzten 6 Monaten von mindestens 5 Prozent des Körpergewichtes oder
  • einem Body Mass Index (BMI) von unter 20 kg/m2 zusammen mit einem ungewollten Gewichtsverlust von mehr als 2 Prozent des Körpergewichtes oder
  • einem starken Abbau der Muskulatur von Armen, Beinen, Schulter- und Beckengürtel zusammen mit einem ungewollten Gewichtsverlust von mehr als 2 Prozent des Körpergewichtes in den letzten 6 Monaten.

Wichtig an dieser Stelle: der medizinische Dienst der Krankenkasse, der Fallbegutachtungen vornimmt, hat einen BMI von unter 18 kg/m2 als kachektischen Zustand festgelegt.

Wann kann es zu einem ungewollten Gewichtsverlust kommen?

Mit dem Älterwerden, etwa bis zu zum 65. bzw. 70. Lebensjahr, nimmt man eigentlich eher an Gewicht zu. Ein Grund dafür ist, dass man sich mit zunehmendem Alter tendenziell weniger bewegt und auch weniger Sport treibt.

Im höheren Alter hingegen, verliert man häufig an Gewicht, und es kann zu einer ungewollten Gewichtsabnahme kommen.

Aus welchen Gründen kann es zu einer plötzlichen Gewichtsabnahme kommen?

Die Ursachen für eine ungewollte, schnelle Gewichtsabnahme sind vielfältig:

  • Im Alter lässt häufig der Geschmacks- und Geruchssinn nach und damit reduziert sich der Appetit.
  • Auch haben viele alte Menschen schlechte Zähne und haben deswegen Schwierigkeiten beim Kauen. Dadurch verlieren sie oft auch die Freude am Essen.
  • Auch Depressionen, ein häufiges Phänomen im Alter, aber auch bei jungen Menschenmöglich, wirken sich negativ auf den Appetit aus.
  • Ebenso wirken bestimmte Medikamente, die von älteren Menschen häufig eingenommen werden müssen, appetithemmend. Negativ auf den Appetit wirken sich zum Beispiel Diuretika aus, das sind entwässernde Medikamente bei Herzinsuffizienz. Aber auch antientzündliche Medikamente und Medikamente, die den Blutdruck oder die Herzfunktion beeinflussen, können den Appetit hemmen.
  • Darüber hinaus können auch fehlende Verdauungsenzyme oder Hormone oder eine bösartige Erkrankung wie Krebs die Ursache sein, wenn man plötzlich stark abnimmt.

Gibt es unterschiedliche Ursachen für einem plötzlichen Gewichtsverlust bei Männern und Frauen?

Es wird immer wieder diskutiert, dass Männer leichter abnehmen als Frauen. Untersuchungen konnten kürzlich zeigen, dass Männer durch das "Männer-Hormon" Testosteron indirekt etwas mehr Kalorien verbrauchen. Testosteron unterstützt den Muskelaufbau, und dies verbraucht Kalorien. Hingegen bewirkt das bei Frauen dominante Geschlechtshormon Östrogen eher eine Fettzunahme. Im buchstäblichen Sinne lagern sich bei Frauen zusätzliche Kalorien auf den Hüften ab.

Kann auch Stress zu einer Gewichtsabnahme führen?

Stress in jeder Form, ob psychischer oder körperlicher, Lernstress usw. bewirken eine Ausschüttung des Stresshormones Adrenalin. Adrenalin stimuliert den Energiestoffwechsel und führt zum Kalorienverbrauch. Daraus resultierend kann es zur Gewichtsabnahme kommen. Allerdings kann Stress auch genau das Gegenteil bewirken und zu einer Gewichtszunahme führen. Nicht selten kommt es in Stressphasen zum "Frustessen". Schokolade, Süßigkeiten oder andere ungesunde, kalorienreiche Snacks werden aufgenommen, die Kalorienzufuhr übersteigt den Bedarf und man nimmt in Stressphasen dann eher zu.

Wie erklärt sich ein Abmagern trotz vorhandenem Appetit und ausreichendem Essen?

Kommt es zu einem Gewichtsverlust, obgleich man ausreichend Kalorien durch das täglíche Essen zuführt, kann dies verschiedene Ursachen haben.

Man sollte zunächst prüfen, ob man wirklich ausreichend Kalorien zuführt oder sich vielleicht einseitig mit zu geringer Kalorienzahl ernährt. Hier hilft es, über einige Tage die aufgenommene Nahrung in einem Ernährungstagebuch aufzuschreiben und die Kalorien über Tabellen zu ermitteln oder eine der zahlreichen Apps zu nutzen.

Denken sollte man allerdings auch an Stoffwechselstörungen denken. Wenn z.B. eine Schilddrüsenüberfunktion besteht, ist der Kalorienverbrauch hochreguliert und man nimmt "ungewollt" ab. Allerdings bestehen meistens auch noch weitere Beschwerden wie Heißhungerphasen, Schwitzen, Unruhezustände usw., die auf eine Schilddrüsenüberfunktion hindeuten könnten.

Auch eine Tumorerkrankung, schwere Infektionen, Autoimmunerkrankungen oder schwere chronische Erkrankungen wie eine Herzschwäche, fortgeschrittene Lungen- oder Nierenerkrankungen können zu einem ungewollten Gewichtsverlust trotz ausreichendem Essen führen.

Was bedeutet es grundsätzlich, wenn man plötzlich abnimmt?

Die gesundheitliche Bedeutung einer unerklärlichen Gewichtsabnahme sollte nicht unterschätzt werden. Die Sterblichkeit von Menschen, die ungewollt Gewicht verloren haben, ist innerhalb der nächsten drei Jahre dreimal so hoch wie bei Menschen, die ihr Gewicht halten konnten.

Wie lässt sich die Freude am Essen erhalten und so eine ungewollte Gewichtsabnahme im Alter vermeiden?

Ältere Menschen müssen sorgfältiger als junge darauf achten, sich den Spaß am Essen zu erhalten. Wichtig ist deshalb, sich abwechslungsreich zu ernähren und gut gewürzte Speisen zu bevorzugen. Da der Geschmackssinn im Alter nachlässt, ist ein stärkeres Würzen durchaus angebracht. Viele ältere Menschen vertragen große Mahlzeiten nicht mehr so gut. Sinnvoll sind deshalb mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt. Auch sollten ältere Menschen ballaststoffärmere Nahrungsmittel ballaststoffreicheren vorziehen.

Sie erwähnten, dass auch Depressionen eine ungewollte Gewichtsabnahme verursachen können…

Eine Reihe von Erkrankungen der Psyche können mit einem ungewollten Gewichtsverlust einhergehen. Dazu gehört unter anderem die Anorexia nervosa, eine Erkrankung, die überwiegend Jugendliche und junge Erwachsene betrifft. Menschen mit Anorexie haben ein falsches Bild von ihrem Körper und entwickeln eine regelrechte Phobie vor einer Gewichtszunahme. Auch wenn sie untergewichtig sind, stehen sie unter dem Eindruck, sie seien zu dick. Das Sterberisiko ist bei dieser Erkrankung 10-fach höher als bei gesunden Menschen, auch die Selbstmordrate ist deutlich höher.

Wie kommt es durch durch akute Entzündungen zu einer ungewollten Gewichtsabnahme?

Akute Entzündungen oder eine Sepsis, eine Blutvergiftung, kann zu ungewollter Gewichtsabnahme führen. Bei Patienten, die auf einer Intensivstation wegen einer Sepsis behandelt werden, kann der Abbau von Körpersubstanz dabei sehr schnell verlaufen und der Patient „schwindet“ regelrecht dahin. Oft können die Patienten nach einer zweiwöchigen septischen Erkrankung bereits nicht mehr selbstständig sitzen, stehen oder gehen. Ein schnellstmögliche erfolgreiche Entzündungsbehandlung ist deshalb bei diesen Patienten überlebenswichtig.

Und warum führen chronische Entzündung manchmal zum plötzlichen Gewichtsverlust?

Auch chronische entzündliche Erkrankungen können eine ungewollte Gewichtsabnahme beim Patienten auslösen. Dazu gehören um Beispiel rheumatische Erkrankungen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder bestimmte schwere Erkrankungen der Lunge, des Herzens oder der Leber. Nur eine erfolgreiche Therapie der Grunderkrankung kann hier Abhilfe schaffen. In manchen Fällen ist dies sogar eine Organtransplantation. Nach erfolgtem Eingriff nehmen die Patienten dann oft sehr schnell wieder zu.

Wann können fehlende Verdauungsenzyme die Ursache für eine ungewollte Gewichtsabnahme sein?

Fehlen Verdauungsenzyme im Dünndarm, kann dies zu ungewolltem Gewichtsverlust führen.

Fehlende Verdauungsenzyme bei Zöliakie oder Sprue

Bei der Sprue reagiert die Schleimhaut des Dünndarms mit Entzündungen auf das Klebereiweiß Gluten, das in vielen Getreiden, auch im Weizen, vorkommt. Dadurch kommt es zu einem Verlust von Dünndarmzotten und die Verdauungsenzyme, die auf diesen Dünndarmzotten sitzen, können ihre Arbeit nicht verrichten. Die aufgenommene Nahrung wird dann nicht mehr optimal verwertet und es kommt zu Durchfällen und Gewichtsverlust. Bei Zöliakie-bedingtem Gewichtsverlust hilft eine glutenfreie Diät. Dadurch regeneriert sich die Darmschleimhaut, die Enzyme werden wieder gebildet und eine normale Verdauung wird möglich.

Fehlende Verdauungsenzyme bei Laktoseintoleranz und Fruktosemalabsorption

Weiter sind die Laktoseintoleranz und die Fruktosemalabsorption Erkrankungen, bei denen es zu einer unzureichenden Nahrungsverarbeitung kommen kann. Bei der Laktoseintoleranz fehlt das Enzym Laktase und die Patienten vertragen deshalb Nahrungsmittel, die Milchzucker enthalten, nicht. Die Fruktosemalabsorption ist ein Transporterdefekt, der dazu führt, dass Fruchtzucker nicht vertragen wird. Allerdings führen weder die Laktoseintoleranz noch die Fruktosemalabsorption zu Gewichtsabnahme, sondern eher zu Blähungen und Stuhlgangsunregelmäßigkeiten.

Kann auch ein Reizdarm-Syndrom mit Gewichtsverlust einhergehen?

Auch das Vorliegen eines Reizdarmsyndrom kann zu einem Gewichtsverlust beitragen. Wenn man sehr starke Blähungen oder Schmerzen im Rahmen des Reizdarmsyndromes hat, isst man automatisch weniger. Auch Durchfälle, die beim Reizdarmsyndrom auftreten können, tragen unter Umständen zu einem ungewollten Gewichtsverlust bei. In diesen Fällen sollte ein Arzt beraten, wie die Beschwerden gelindert und damit auch der ungewollte Gewichtsverlust gestoppt werden kann.

Fehlende Verdauungsenzyme bei Pankreasinsuffizienz

Auch die Bauchspeicheldrüsenfermentschwäche, die Pankreasinsuffizienz, ist ein Beispiel dafür, dass eine unzureichende Aufschlüsselung der Nahrung zu Gewichtsverlust führen kann. Ursache ist eine chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse, meist durch zu viel Alkohol. Typische Symptome für eine chronische Pankreasinsuffizienz sind, Fettstuhl, Osteoporose und Diabetes. Zur Behandlung der Bauchspeicheldrüse stehen Verdauungsenzyme in Tablettenform zur Verfügung.

Und wann kann es aus hormonellen Gründen zum Abnehmen kommen?

Zu den hormonell bedingten Erkrankungen, die zu Gewichtsverlust führen können, gehört die Überfunktion der Schilddrüse. Durch Medikamente oder eine Operation ist dies jedoch gut therapierbar.

Bei welchen Hormonstörungen, außer der Schilddrüsenüberfunktion, kann es zu einer Gewichtsabnahme kommen?

Seltene Tumoren, die sogenannten neuroendokrinen Tumoren, im Magen-Darm-Trakt können Hormone ausschütten, die zu massiven Durchfällen führen, und darüber zu einer Gewichtsabnahme beitragen. Das kommt aber äußerst selten vor.

Können auch die Wechseljahre für einen ungewollten Gewichtsverlust ursächlich sein?

Eine ungewollte Gewichtsabnahme in den Wechseljahren ist prima vista nicht charakteristisch für die Hormonumstellungen, die in diesem Zeitraum stattfinden. Der abfallende Spiegel von Geschlechtshormonen wie Östrogen oder Progesteron führt typischerweise nicht zu einer Gewichtsabnahme. Daher sollten bei einer ungewollten Gewichtsabnahme in den Wechseljahren dringend auch krankhafte Veränderungen ausgeschlossen werden.

Sie erwähnten die ungewollte Gewichtsabnahme durch Krebserkrankungen…

Patienten, die an einer Krebserkrankung leiden, verlieren oft ungewollt Gewicht. Bei 25 Prozent der Patienten, die plötzlich abnehmen, liegt eine Krebserkrankung vor. Das liegt auch daran, dass bestimmte Krebsbotenstoffe den Appetit hemmen. Hinzu kommt, dass eine Reihe von älteren auf Zellgiften basierenden Chemo-Therapien, die heute kaum noch angewendet werden, zu Übelkeit führen und somit zur ungewollten Gewichtsabnahme beim Patienten. Neuere Krebstherapien basieren heute oft auf Antikörpern gegen Zelloberflächenbestandteile, zu Übelkeit kommt es dabei nicht. Wird Morphium zur Schmerzbehandlung bei Krebs eingesetzt, kann dies auch zu Übelkeit und Erbrechen führen. Auch diese Entwicklung lässt sich nur durch eine effektive Krebstherapie stoppen.

Gibt es noch andere Krankheiten, die einen Gewichtsverlust auslösen?

Nicht erwähnt sind bislang Essstörungen, wie Anorexia nervosa oder auch Magersucht genannt. Bei der Bulimie kommt es typischerweise zu Heißhungerattacken, in denen die Erkrankten unkontrolliert essen. Da die Patienten nach solchen "Fressanfällen" große Angst haben zuzunehmen, erbrechen sie sich anschließend, nehmen Abführmittel oder treiben exzessiv Sport.

Manche Patienten mit Diabetes mellitus klagen über ungewollten Gewichtsverlust, woran liegt das?

Ein Diabetes mellitus kann sich unter anderem durch häufiges Wasserlassen, Durstgefühl, Müdigkeit, trockene Haut zeigen. Durch die hohen Flüssigkeitsverluste als Folge des verstärkten Harndranges kann es zu Gewichtsverlust kommen. Beim Diabetes mellitus Typ I kann die Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr herstellen. Zusätzlich kann es deshalb dazu kommen, dass die Zellen ihren Energiebedarf durch die verschlechterte Blutzuckerverwertung nicht mehr decken können. Dadurch können die Erkrankten ungewollt Gewicht abnehmen.

Zudem kann der Einsatz von den sogenannten SGLT-2 Hemmern zu einer Gewichtsabnahme führen. SGLT-2-Hemmer stellen beim Diabetes mellitus Typ 2 ein effektives Mittel zur Blutzuckersenkung in Tablettenform dar. Das Wirkprinzip dieses Medikamentes ist es, dass der SGLT-2 Transpoter im Darm und Niere blockiert werden und damit Zucker über den Urin ausgeschieden wird. Dieser Verlust an Energieträgern führt wiederum zum Gewichtsverlust.

Was könnten die Ursachen für eine ungewollte Gewichtsabnahme bei Babys sein?

Gerade bei Babys und Kindern können ungewollte Gewichtsabnahmen durch hohe Flüssigkeitsverluste, beispielsweise im Rahmen von Durchfallerkrankungen, auftreten. Babys und Kleinkinder haben eine im Vergleich zu ihrem Körpergewicht große Körperoberfläche. So kann es durch die zusätzliche Oberflächenverdunstung in diesen Phasen zu erheblichen Flüssigkeitsverlusten kommen. Daher ist die intensive Flüssigkeitszufuhr, manchmal auch nur über die Vene, bei Durchfallerkrankungen notwendig.

Und woran kann es liegen, wenn Jugendliche plötzlich abmagern?

Bei Jugendlichen spielt dieses oben dargestellte Phänomen nicht mehr die Rolle. Vielmehr nehmen Jugendliche ungewollt durch unbewusste, zu geringe Nahrungszufuhr und damit zu niedrige Kalorienzufuhr, ab. Das kann passieren, wenn sie exzessiv Sport treiben, einfach vergessen zu essen oder zu geringe Kalorien zu sich nehmen. Verschiedene Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes können in allen Altersstufen des Kindes- und Jugendalters zu einem ungewollten Gewichtsverlust führen. Dazu gehören zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), eine Zöliakie mit einer Unverträglichkeit von Gluten oder eine Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1.

Wie sollte man in einer Schwangerschaft oder in der Stillzeit mit ungewolltem Gewichtsverlust umgehen?

Ungewollter Gewichtsverlust in der Schwangerschaft kann durch verstärktes Erbrechen und Übelkeit auftreten. Dadurch gelingt es nicht, dem Körper ausreichende Energieträger zuzuführen. Es kommt zum Gewichtsverlust. Hier sollte dringlich eine ärztliche Vorstellung erfolgen. In einigen Fällen ist auch eine stationäre Aufnahme notwendig, um zeitweise eine Kalorien- und Flüssigkeitszufuhr über die Vene durchzuführen.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man eine Gewichtsabnahme ohne erkennbaren Grund bemerkt?

Bemerkt man selbst einen ungewollten Gewichtsverlust, der über einige Zeit fortbesteht oder zunimmt - genannt war der pathologische Gewichtsverlust über sechs Monate - dann sollte man sich unbedingt in ärztliche Behandlung begeben. In einem ausführlichen Gespräch und weiteren Untersuchungen sollte die Ursache für die ungewollte Gewichtsabnahme rasch herausgefunden werden, um sie dann auch rasch behandeln zu können.

An welchen Arzt sollte man sich wenden, wenn man plötzlich an Gewicht verliert?

Der Hausarzt oder die Hausärztin stellen die beste Anlaufadresse dar, wenn man einen ungewollten Gewichtsverlust feststellt. Dabei werden erste Ursachen erfasst oder ausgeschlossen. Der Hausarzt oder die Hausärztin wird, wenn spezialisierte Untersuchungen und Therapien erforderlich sind, den Erkrankten dann an den Facharzt oder die Fachärztin weiterschicken. Dies können beispielsweise Spezialisten oder Spezialistinnen für den Magen-Darm-Trakt (Gastroenterologen) oder für den Stoffwechsel (Endokrinologen) sein.

Frau Privatdozentin Terjung, herzlichen Dank für dieses Interview! 

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

 

31. März 2023

Autor: S.Jossé/ B. Terjung, www.mein-allergie-portal.com

Artikel teilen

Lesen Sie auch

Weitere Beiträge

Nahrungsmittelallergie und Unverträglichkeiten
Nahrungsmittelallergie und Unverträglichkeiten
Nahrungsmittelallergie und Unverträglichkeiten