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Reizdarm Syndrom: Was ist das?

Reizdarmsyndrom
Duchfall, Blähungen, Versopfung? Wann ist es ein Reizdarm? Bildquelle: canva Pavel Muravev, Hogogo

Die Diagnose Reizdarm ist für die Patienten oft verwirrend. Heißt das, man hat einen „gereizten Darm“? Was heißt das konkret und wie geht man damit um? Hier erklären wir, was über den Reizdarm bekannt ist.

 

Autor: Prof. Dr. med. Martin Storr

 

 

Was ist ein Reizdarm? 

Das Reizdarm-Syndrom (RDS) ist eine oftmals schwierig zu verstehende Erkrankung. Die Diagnose Reizdarm kann gestellt werden, wenn andere bei den Beschwerden in Frage kommenden Erkrankungen nicht nachgewiesen werden können, so sehen es die medizinischen Diagnostikleitlinien vor. Es handelt sich also um eine Ausschlussdiagnose. Die Therapie eines Reizdarms gestaltet sich in Einzelfällen schwierig und ist sehr individuell. Die Betroffenen stellt dies oft vor große Herausforderungen. Dann heißt es erst einmal Ruhe bewahren und sich informieren. Das Lesen eines fundierten Sachbuchs zum Thema Reizdarm ist dann erst einmal der wichtigste Schritt, denn ohne eigenes Verständnis geht man im Dschungel der Reizdarm-Therapieangebote sonst schnell verloren.

Definition: Wann ist es ein Reizdarm?

Laut Definition sollen zur Diagnosestellung des Reizdarm-Syndroms drei Kriterien gegeben sein:

Die Reizdarm-Beschwerden müssen über einen längeren Zeitraum auftreten, die Lebensqualität einschränken und es darf keine Erkrankung vorliegen, die die Symptome auslösen könnte.

Die Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom (Juni 2021 – AWMF-Registriernummer: 021/016) definiert das wie folgt:

Die Krankheit des Reizdarmsyndroms (RDS; Irritable Bowel Syndrome/IBS) liegt vor, wenn alle 3 Punkte erfüllt sind:

  1. Es bestehen chronische, d. h. länger als 3 Monate anhaltende oder rezidivierende Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen, Blähungen), die von Patienten und Arzt auf den Darm bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen.
  2. Die Beschwerden sollen begründen, dass der Patient deswegen Hilfe sucht und/oder sich sorgt, und so stark sein, dass die Lebensqualität dadurch relevant beeinträchtigt wird.
  3. Voraussetzung ist, dass keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Veränderungen vorliegen, die wahrscheinlich für diese Symptome verantwortlich sind.

Quelle: https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2022/01/ZfG_Leitlinie-LL-Reizdarmsyndrom_03.01.22.pdf

 

Mögliche Ursache für ein Reizdarm Syndrom?

Ursachen, die zu den Symptomen des Reizdarm-Syndroms führen können, sind vielfältig und komplex.

Mögliche Ursachen für ein Reizdarms können sein:

    • Genetische Faktoren
    • Störungen an der Darm-Hirn-Achse
    • Viszerale Hypersensitivität
    • Störungen der Darmbarriere mit Mikroentzündungen der Darmwand
    • gastrointestinale Infekte
    • Hyperaktivität des enterischen Nervensystems
    • psychosomatische Faktoren, Angst und Depression als Komorbiditäten
    • Ernährungsfaktoren
    • gestörte Darmflora/Mikrobiom

Auch scheint das Reizdarmsyndrom häufiger bei Frauen aufzutreten.

Reizdarm: was passiert im Körper?

Die Entstehung des Reizdarms ist aktuell noch nicht vollständig geklärt. Man weiß jedoch, dass gewisse Veränderungen im Magen-Darm-Trakt, vor allem in dessen Nervensystem, vorliegen.

Vermehren sich Entzündungszellen, können Veränderungen Regulation der Darmfunktionen auftreten, welche zu einer Störung der Darmbeweglichkeit und Darmwahrnehmung führen können. Im Falle eines Reizdarms kann auch eine genetische Prädisposition ursächlich sein.

 

 

Symptome beim Reizdarm

Die Symptome eines Reizdarms sind vielfältig und oftmals unspezifisch. Sie unterscheiden sich sowohl im Hinblick auf die Art der Symptome, als auch in Bezug auf die Ausprägung der Symptome und den Zeitpunkt zu dem die Symptome auftreten. Zudem können die Reizdarm Symptome sowohl direkt im Anschluß an die Nahrungsaufnahme, aber auch einige Stunden später auftreten.

Folgende Symptome können typischerweise beim Reizdarm auftreten: 

  • Diffuse Bauchschmerzen
  • Blähungen, auch schmerzhaft
  • Völlegefühl
  • Gehäufter Stuhldrang
  • Verstopfungen
  • Durchfälle
  • Magen-Darm-Geräusche

Auch der Wechsel zwischen Durchfällen und Verstopfungen ist nicht untypisch für das Reizdarm-Syndrom.

Welche Formen des Reizdarms gibt es?

Es gibt vier verschiedene Reizdarm-Typen:

  1. Diarrhö-Typ oder Durchfall Reizdarm: Die Patienten haben täglich mehr als drei Darmentleerungen. Der Stuhl ist sehr weich bis flüssig.
  2. Obstipations-Typ oder Verstopfungs-Reizdarm: die Patienten haben wöchentlich weniger als drei Darmentleerungen mit einem harten Stuhl.
  3. Schmerz-Typ oder Schmerz-Reizdarm: Die Betroffenen leiden unter krampfartigen Schmerzen, ausgelöst durch eine gestörte Motilität. Das bedeutet, es besteht eine übermäßige Bewegung des Darms, auch Peristaltik genannt.
  4. Meteorismus-Typ oder Bläh-Reizdarm: Die Betroffenen leiden unter starken Blähungen bzw. einem Blähbauch.

Überlappungen der Reizdarmtypen und Mischformen sind häufig.

Welche Erkrankungen haben ähnliche Symptome wie der Reizdarm?

Dadurch, dass die Symptomatik des Reizdarms sehr facettenreich ist, kann es leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden. Jedoch gibt es Symptome, welche ausdrücklich gegen ein Reizdarmsyndrom und für ein anderes Krankheitsbild sprechen.

Zu den Symptomen, die nicht auf einen Reizdarm hinweisen, gehören unter anderem: 

  • Gewichtsabnahme
  • Blut im Stuhl
  • Keine Verbesserung der Symptomatik durch Stressreduktion
  • Nächtliche Symptomatik

Die folgenden Erkrankungen können eine ähnliche Symptomatik wie RDS aufweisen:

 

 

Diagnose beim Reizdarm-Syndrom

Beim Reizdarm handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose, also eine Diagnose, die nach Ausschluss anderer, möglicherweise für die Symptome verantwortlicher Erkrankungen, gestellt wird. Weist die Anamnese auf die Möglichkeit eines Reizdarms hin, ist eine Darmspiegelung angezeigt. Die Darmspiegelung dient dazu, organische Erkrankungen auszuschließen. Zusätzlich sollten häufige Nahrungsmittelunverträglichkeiten bzw. Intoleranzen ausgeschlossen werden. Gerade die Laktoseintoleranz, die Fruktosemalabsorption, die Zöliakie, die Histaminintoleranz oder das Vorliegen einer gastrointestinalen Allergie führen zu einer ähnlichen Symptomatik wie das Reizdarmsyndrom. Erhärtet sich einer dieser Verdachtsdiagnosen, können die Symptome durch eine Vermeidung der auslösenden Nahrungsmittel gut unter Kontrolle gebracht werden. Zum Erkennen solcher ernährungsabhängiger Krankheitsbilder ist das Führen eines Ernährungs-Symptom-Tagebuchs mit Belastungstabellen obligatorisch.

 

 

Können auch Kinder ein Reizdarms haben?

Auch in der Pädiatrie wird das „Reizdarmsyndrom“ immer mehr zum Thema. Möglicherweise können wiederkehrende Bauchschmerzen im Kindesalter das Risiko für die Entstehung eines Reizdarm Syndroms im Erwachsenenalter erhöhen. Auch genetische Faktoren könnten hierbei eine Rolle spielen. 

Diagnose des Reizdarms beim Kind

Zur Diagnose eines Reizdarms im Kindesalter sollen, nach S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom, die ROM IV Kriterien angewendet werden, welche sich jedoch von den Erwachsenenkriterien unterscheiden.

Die folgenden Kriterien müssen zur Diagnose eines Reizdarms bei Kindern erfüllt sein:

  • Abdominelle Schmerzen, an mindestens 4 Tagen pro Monat, assoziiert mit einem oder mehr der folgenden Zeichen:
    • Bezug zur Defäkation
    • Änderung der Stuhlfrequenz
    • Änderung der Stuhlkonsistenz/-Beschaffenheit
    • Bei Kindern mit Obstipation bessert sich der Schmerz nicht mit Behebung der Obstipation. Diese haben dann eine funktionelle Obstipation.
    • Die Symptome können nach sachgemäßer Diagnostik nicht vollständig durch eine andere medizinische Erkrankung erklärt werden.

 

 

Welche Therapien helfen beim Reizdarm?

Da es sich beim Reizdarmsyndrom um eine Ausschlussdiagnose handelt, die Diagnose also durch den Ausschluss anderer Erkrankungen gestellt wird, können keine genauen Ursachen für die Beschwerden gefunden werden. Das kann sehr unbefriedigend für die Patienten sein. Wichtig für den Behandlungserfolg ist es jedoch, dass die Patienten das Krankheitsbild verstehen und die Diagnose annehmen. Eine pauschale Therapie für das Reizdarms gibt es nicht. Je nachdem um welchen der vier Typen des Reizdarms es sich handelt, ist die Therapie individuell anzupassen. So macht es für die Therapieentscheidung zum Beispiel einen Unterschied, ob es sich beim Reizdarm eher um den Typ „Diarrhö“ oder „Obstipation“ handelt.

Wie hilft Darmhypnose beim Reizdarm?

Grundsätzlich sollte man als Reizdarm-Patient ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stress und Erholung schaffen. Vielen Patienten helfen hierbei Entspannungsübungen. Eine Möglichkeit der Entspannung ist die Darmhypnose, die in den nationalen und internationalen Leitlinien zur Basistherapie des Reizdarmsyndroms empfohlen wird. Eine Maßnahme die jeder Reizdarmpatient durchführen sollte. Darmhypnosen sind als CDs in der Buchhandlung erhältlich. Die Darmhypnose setzt direkt an der Darm-Hirn-Achse an und „bearbeitet“ dort fehlerhafte Verknüpfungen, falsche Erinnerungen und inadäquate Reflexantworten. Damit richtet sich die Darmhypnose nicht nur gegen die Symptome, sondern gegen die Ursachen der Beschwerden. Die Darmhypnose ist daher als einzige ursächliche Therapieform beim Reizdarmsyndrom anzusehen. Darüber hinaus dient die Darmhypnose grundsätzlich dem Wohlbefinden und erhöht die Lebensqualität.

prof martin storr 350Prof. Dr. med. Martin Storr"Eine weitere sehr gute Option den eigenen Stress zu erkennen und unter Kontrolle zu bringen ist das Anwenden von positiver Psychologie. Hilfsmittel wie das erklärende „Positiv-Tagebuch für Deinen Bauch“ sind hierbei exzellente Hilfsmittel."

 

 

 

 

 

Wie hilft Sport beim Reizdarm-Syndrom?

Auch Sport dient der Entspannung und baut Stress ab. Deshalb wird eine angemessene sportliche Betätigung beim Reizdarm-Syndrom empfohlen. Sehr geeignet sind Spazierengehen oder spezielles Reizdarm-Yoga. Vorteilhaft beim Reizdarm-Yoga ist, dass mit speziellen Übungen verschiedene Leitsymptome gezielt behandelt werden, so dass gerade Reizdarm-Yoga in Leitlinien empfohlen werden.

Die richtige Ernährung beim Reizdarm: Was sollte man beim Essen beachten?

Der Weg zur richtigen Therapie des Reizdarmsyndroms erfordert vor allem Eigeninitiative. Dies gilt insbesondere für die Wahl der richtigen Ernährung und der Konsequenz, mit der diese beibehalten wird. Allerdings gibt es auch hier keine Reizdarm-Diät, die für alle Reizdarm-Patienten gleichermaßen hilfreich ist. Es gibt nicht die eine Ernährungstherapie, sondern diese muss individuell auf den Patienten angepasst werden. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf dem vorherrschendem Leitsymptom liegen.

Generell gilt jedoch für die Reizdarm-Ernährung:

  1. Rohkost und Blattsalate sind für Reizdarm Patienten generell eher ungeeignet.
  2. Patienten mit Diarrhoe und Obstipationen sollten Flohsamenschalen zu sich nehmen. Darüberhinausgehende Ballaststoffpräparate und Präbiotika sind eher mit Vorsicht zu genießen oder zu vermeiden, da diese Beschwerden auslösen können.
  3. Allgemein ist ein Tagesverzehr von mindestens 30 g Ballaststoffen erstrebenswert.

Was essen beim Durchfall Reizdarm?

Ist Durchfall das Leitsymptom beim Reizdarm, sollte insbesondere auf treibende Lebensmittel verzichtet werden.

Abführende Lebensmittel, die beim Durchfall Reizdarm nicht gegessen werden sollten, sind zum Beispiel:

  • Obst wie Apfel, Bananen oder Feigen
  • Kohl
  • Hülsenfrüchte
  • Sauermilchprodukte
  • Vollkornprodukte
  • Leinsamen

Hingegen sollte man beim Reizdarm mit Durchfall FODMAP arme Lebensmittel essen.

Was essen beim Verstopfungs Reizdarm?

Neigt der Reizdarm Patient eher zu Obstipation wird eine ballaststoffreiche Kost und ausreichend Flüssigkeit angestrebt.

Bei einer Ernährung, die zum Erreichen eines weicheren Stuhls beiträgt, wären diese Lebensmittel bei Reizarm empfehlenswert:

  • Flohsamenschalen (10 - 30 g pro Tag) in viel Flüssigkeit
  • frisches Gemüse (Bohnen, Erbsen, Linsen, Fenchel, Sellerie, Kohl)
  • frisches Obst (Rhabarber, Orangen, Birnen, Kiwi, Himbeeren, Äpfel mit Schale)
  • Trockenobst (Aprikosen, Datteln, Feigen, Pflaumen)
  • Getreide (Haferkleie, Weizenkleie, Haferflocken, Vollkornbrot, Vollkornnudel, Grünkern)
  • Sonstiges (Fette und Öle, Gewürze)
  • viel Flüssigkeit (ca. 2 Liter täglich)

Abführende Lebensmittel, die beim Verstopfungs Reizdarm gegessen werden sollten, sind zum Beispiel:

  • Blattgemüse
  • Karotten
  • Fenchel
  • junger Kohlrabi
  • Zucchini
  • feinkrumige Brote
  • Flocken
  • Nüsse und Saaten in kleinen Mengen

Bei Reizdarm mit Obstipation sollte man folgende Lebensmittel vermeiden:

  • Weißbrot, Brötchen, Brezeln, Kekse, Cracker, Kuchen, Pfannkuchen
  • polierter Reis, Nudeln
  • Pudding, Schokolade
  • Äpfel (ohne Schale, gerieben), Bananen, Auberginen
  • Tee (schwerz und grün)
  • Kakao
  • Rotwein

Was essen beim Schmerz Reizdarm?

Beim Schmerz Reizdarm sollten die Patienten FODMAP arme Lebensmittel essen. Nicht essen sollte man beim Schmerz Reizdarm FODMAP-reiche Lebensmittel.

Was essen beim Reizdarm mit Blähungen?

Auch beim Beim Bläh Reizdarm sollten die Patienten FODMAP-arme Lebensmittel essen und FODMAP-reiche Lebensmittel meiden.

Mikrobiom und Reizdarm: Wie stärkt man die „guten Darmbakterien“

Einige Nahrungsmittel sind besonders geeignet, um die „guten Bakterien“ des Darms zu stärken. Dazu zählen:

  • Kurkumin
  • Heidelbeeren
  • Kokosöl
  • Quinoa
  • Apfelessig
  • Koriander
  • Haferflocken
  • Leinöl
  • Knochenbrühe

FODMAP-arme Ernährung beim Reizdarm

Hilfreich für Reizdarm Patienten ist die Orientierung an der FODMAP-armen Ernährung, eine Kostform die speziell für Reizdarm Patienten entwickelt wurde und in Behandlungsleitlinien empfohlen wird. Die sogenannten FODMAPs stehen für „Fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole“. Durch die Fermentation kann verstärkt Wasser in den Dickdarm einströmen und es können sich vermehrt Gase bilden. Dies kann Durchfall, Bauchschmerz oder Blähungen begünstigen. Spricht man also von einer Low-FODMAP-Ernährung, meint man damit eine Diät die sich an den FODMAP-Tabellen orientiert. Eine FODMAP Diät setzt voraus, dass man sich mit den Grundlagen vertraut macht. Entweder durch ein fundiertes Sachbuch oder durch eine medizinische Ernährungsberatung.

Probiotika können beim Reizdarm helfen. Eine Auswahl trifft der Arzt individuell. Da Probiotika auch Nebenwirkungen haben wird von einem nicht ärztlich besprochenen Gebrauch abgeraten.

Helfen fermentierte Lebensmittel beim Reizdarm?

Seit man nachweisen konnte, dass fermentierte Lebensmittel das Mikrobiom des Darmes auf natürliche Weise stärken können, sind „Fermento-Foods“ ein Trend. Neueste Studien zeigen, dass der regelmäßige Verzehr von Joghurt, Kombucha, Buttermilch, Sauerkraut, Kimchi etc. nicht nur Darmflora und Abwehrkräfte stärkt, sondern auch vor Übergewicht schützt. Fermentierte Lebensmittel sind reich an Vitalstoffen und wertvollen Milchsäurebakterien, die das Mikrobiom verbessern. Und sie beinhalten viele Ballaststoffe, die für ein langes Sättigungsgefühl sorgen und den Appetit zügeln. Je nach Reizdarm-Typ, sollte man deshalb darauf achten, fermentierte Lebensmittel regelmäßig in den Speiseplan einzubauen.

Hilft Cannabis gegen den Reizdarm?

Zunehmend wird von Cannabis-Anbietern im Zusammenhang mit dem Reizdarm-Syndrom auch die Therapie mit Cannabis diskutiert. Das in Pflanzen vorkommende System „Cannabis“ ist auch beim Menschen und bei Säugetieren vorhanden. Viele Funktionen des Darms, zum Beispiel die Geschwindigkeit des Darmtransports, regelt das Cannabis-System. Wird es aktiviert, verlangsamt sich der Darmtransport, wird es blockiert, beschleunigt er sich. Geregelt wird auch die Schmerzwahrnehmung. Dies könnte in Zukunft bei der Therapie von Reizdarm-Patienten genutzt werden, im Moment gibt es hierfür aber keinerlei Beleg, so dass von Therapieversuchen von Seiten der Medizin strikt abgeraten wird.

Welche Medikamente helfen beim Reizdarm-Syndrom?

Das Reizdarm-Syndrom kann nach Ernährungsumstellung, Stressreduktion und entspannenden Maßnahmen auch medikamentös behandelt werden. Wie genau die medikamentöse Therapie aussieht, richtet sich nach dem Subtyp der Erkrankung.

Medikamente beim Durchfall Reizdarm

Bei dem Durchfallsubtyp kommt beispielsweise Loperamid, aber auch andere Präparate, zum Einsatz.

Medikamente beim Verstopfungs Reizdarm

Bei dem Obstipationssubtyp kommen zunächst die üblichen Abführmittel zum Einsatz. Führen diese nicht zu der gewünschten Symptomlinderung, können neuere Medikamente wie Linaclotid eine Alternative sein.

Medikamente beim schmerzhaften Reizdarm

Bei Patienten bei denen Schmerzen im Bauch im Vordergrund stehen, müssen oft verschiedene medikamentösen Ansätze ausprobiert werden. Neben den Phytopharmaka und Probiotika kommen hier vor allem Spasmolytika oder auch niedrig dosierte Antidepressiva zu Einsatz.

Medikamente beim Blähbauch Reizdarm

Der Blähungstyp ist der am schwierigsten zu therapierende. Vorrangig ist hier die Ernährungsumstellung, therapeutisch lönnen auch Phytotherapeutika und Probiotika eingesetzt werden.

 

Reizdarm: Helfen pflanzliche Medikamente?

Bestimmte Heilpflanzen können bei der Therapie des Reizdarms sehr sinnvoll eingesetzt werden und dies kann zu einer Verbesserung der Symptome führen. Zur Behandlung dieser Reizdarm Symptome stehen verschiedene Phytotherapeutika zur Verfügung.

Die aktuellen S3-Leitlinie empfiehlt zur Therapie des Reizdarm-Syndroms unter anderem: 

  • Iberis Amara (bittere Schleifenblume)
  • Iberis Amara Kombination
  • Pfefferminzöl
  • Berberin

Hilft Stuhltransfer - Stuhltransplantation beim Reizdarm?

Der Stuhltransfer ist bei Reizdarm aktuell kein empfohlenes oder etabliertes Verfahren. In Klinischen Studien werden teilweise sehr vielversprechende Symptomverbesserungen erzielt, vor allem wenn der Transfer endoskopisch erfolgt. Der Reizdarm Stuhltransfer ist in klinischen Studien beim Reizdarm enttäuschend, Symptome scheinen sich bei dieser Anwendung sogar zu verschlechtern.

 

 

Welcher Arzt ist der richtige beim Reizdarm?

Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, der Diagnostik und Therapie veranlasst. Ergänzend hilfreich ist ein Gastroenterologe. Ansprechpartner können jedoch auch Allergologen, Ernährungsmediziner und Ärzte für innere Medizin sein. Stehen Ernährungsfragen im Vordergrund ist der Gang zum Ernährungsmediziner die richtige Wahl, bei Verdacht auf allergische Erkrankungen ist ein Allergologe die richtige Wahl.

Ist ein Reizdarm heilbar?

Laut Leitlinie ist der Reizdarm bei einigen Patienten spontan rückläufig, kann jedoch auch chronisch verlaufen. Häufig ist es dabei ausschlaggebend für die Prognose, wie lange die Erkrankung bereits besteht. So haben Patienten mit einer längeren Krankengeschichte eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass das Reizdarm-Syndrom von selbst wieder verschwindet. Gerade der Stress im Alltag spielt eine große Rolle. Patienten, die unter andauerndem Stress stehen, tragen ein höheres Risiko für das Andauern der Reizdarm-Symptome. Wichtig ist es Überdiagnostik zu vermeiden und sich auf die hilfreichen Maßnahmen, so wie diese in der Behandlungsleitlinie genannt werden, zu fokussieren.

Selbsthilfegruppen, Seiten, Bücher für Reizdarm Patienten:

Dt. Reizdarmselbsthilfe e.V.

https://reizdarmselbsthilfe.de/startseite

MAGDA-Informationsforum

https://www.magendarm-forum.de

Reizdarm Selbsthilfe

https://reizdarmselbsthilfe.org/

Buchtipps

Martin Storr, Das Reizdarm-Programm: Beschwerdefrei mit ganzheitlicher Therapie, (GU Ratgeber Gesundheit) Taschenbuch – 5. August 2019

Martin Storr, Der Ernährungsratgeber zur FODMAP-Diät, Die etwas andere Diät bei Reizdarm, Weizenunverträglichkeit und anderen Verdauungsstörungen, Taschenbuch. Softcover 2015

Martin Storr, Constanze Storr, Fermentieren macht gesund - Die antientzündliche Heilkraft fermentierter Lebensmittel

 

Quellen:

P. Layer et. al., Update S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM), Juni 2021 – AWMF-Registriernummer: 021/016,

https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2022/01/ZfG_Leitlinie-LL-Reizdarmsyndrom_03.01.22.pdf

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

25. November 2023

Autor: Prof. Dr. med. Martin Storr, www.mein-allergie-portal.com

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