Ernährung bei Neurodermitis: Sind Nahrungsmittel Trigger?
Viele Neurodermitiker haben den Eindruck, dass sich die Neurodermitis-Symptome durch bestimmte Nahrungsmittel verschlimmern. Wie lässt sich ermitteln, ob dieser Eindruck berechtigt ist? Welche Nahrungsmittel können Erwachsene bei Neurodermitis triggern sein? Wie ernährt man sich bei Neurodermitis richtig? MeinAllergiePortal sprach mit Dr. med. Matthias Riedl, Diabetologe, Ernährungsmediziner, Internist und ärztlicher Leiter – Geschäftsführer am medicum Hamburg.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Dr. med. Matthias Riedl
Herr Dr. Riedl, was sind bei Erwachsenen mit Neurodermitis die häufigsten Triggerfaktoren für Schübe und welche Rolle spielt die Ernährung?
Am häufigsten sind psychische Faktoren oder externe Einwirkungen wie Chemikalien oder hautschädigende Faktoren die Auslöser einer Neurodermitis. Vielfach kann eine Ursache auch nicht eruiert werden. Der Nachweis von Beschwerden durch bestimmte Nahrungsmittel erfordert eine genaue Befragung, Selbstbeobachtung und Testung.
Zu den wichtigsten Provokationsfaktoren bei Neurodermitis zählen:
- Psychische Faktoren
- Pollen
- Hausstaub
- Lebensmittel und Lebensmittelzusatzstoffe
- Temperaturschwankungen
- Starkes Schwitzen
- Tierhaare
Wenn die Ernährung der Auslöser ist, welche Nahrungsmittel sind häufige Auslöser für Neurodermitis-Schübe?
Eine allgemeingültige Ernährungstherapie bei atopischer Dermatitis gibt es nicht, da jeder Betroffene unterschiedlich reagiert. Generell gilt: Eine ausgewogene Ernährung und eine allgemein gesunde Lebensweise sollten in jedem Fall angestrebt werden. Nahrungsmittel sollten nur gemieden werden, wenn eine Unverträglichkeit besteht.
Häufig nicht vertragene Lebensmittel bei Neurodermitis |
Weizen |
Kuhmilch und Kuhmilchprodukte |
Geflügel, Schweinefleisch, Fisch und Eier |
Möhren, Paprika, Sellerie, Tomaten und Soja |
Zitrusfrüchte |
Nüsse, Erdnüsse |
Alkohol, Kaffee und schwarzer Tee |
© Dr. med. Matthias Riedl, medicum Hamburg |
Sie erwähnten auch Zusatzstoffe als Auslöser von Neurodermitis-Schüben …
Ja, deswegen ist es wichtig, Fertigprodukte zu meiden, weil sie allergieauslösende Inhaltsstoffe wie z.B. Lebensmittelfarbstoffe, Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker enthalten können. Die Mahlzeiten sollten aus frischen Zutaten hergestellt und möglichst nach saisonalem Angebot von Gemüse und Obst ausgewählt werden.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie einen Erwachsenen mit Neurodermitis ernährungstherapeutisch behandeln?
Da bei gegebener Veranlagung manche Lebensmittel als Trigger wirken, können bei einem Teil der Patienten die Hauterscheinungen durch eine Elimination bestimmter Lebensmittel positiv beeinflusst werden.
Die Austestung erfolgt in Form einer Auslassdiät, bei der potentielle Lebensmittel unter Beobachtung konsequent weggelassen werden. Diese sollte aber nur in Absprache und unter Aufsicht von Ernährungsfachkräften durchgeführt werden.
Bessert sich unter der Eliminationsdiät der Hautzustand, so erfolgt ein Kostaufbau, bei dem im Abstand von 4 bis 6 Tagen jeweils ein Lebensmittel eingeführt wird. Durch entsprechende Kontrollen des Hautbefundes lassen sich so die Lebensmittel erkennen, die eine Überempfindlichkeitsreaktion auslösen.
Gibt es weitere Empfehlungen in Bezug auf die Ernährung bei Neurodermitis, die Sie Ihren Patienten geben?
Es gibt eien Reihe von Faktoren, die Patienten mit einer atopischen Dermatitis beachten sollten.
1. Einseitige Ernährung
Durch das Meiden von Lebensmitteln, die (möglichweise) nicht vertragen werden, kann es zu einer einseitigen Ernährung kommen, die den Körper nicht mehr mit allen nötigen Vitaminen und Mineralsoffen versorgt.
2. Calcium
Wenn Kuhmilch und Kuhmilchprodukte nicht vertragen werden, muss der tägliche Bedarf an Calcium durch calciumreiche Mineralwässer (>300 mg/L), grünes Gemüse, Mandeln und frische Kräuter gedeckt werden.
3. Omega-3-Fettsäuren
Eine erhöhte Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, weil die Freisetzung entzündungsfördernder Mediatoren aus Arachidonsäure vermindert wird. Meist gut vertragene Omega-3-Fettsäure-Lieferanten sind z.B. Rapsöl, Leinöl und Leinsamen. Fettreicher Fisch (Lachs, Makrele und Hering) und Walnüsse nur nach individueller Verträglichkeit.
4. Probiotische Lebensmittel
Probiotische Lebensmittel haben einen positiven Einfluss auf die Funktion der Darmschleimhaut und können den klinischen Verlauf der Neurodermitis positiv beeinflussen.
Herr Dr. Riedl, herzlichen Dank für dieses Interview!
Quelle:
Heinrich Kasper, Walter Burghardt, Ernährungsmedizin und Diätetik, Elsevier, 11. Auflage
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: Sabine Jossé, www.mein-allergie-portal.com
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