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Neurodermitis oder Pilz: Welche Rolle spielt Malassezia?

Neurodermitis Hautpilze Rolle Malassezia
Neurodermitis & Hautpilze: Welche Rolle spielt Malassezia? Bildquelle: Canva solidcolours, Dennis Vesely

Bei Patienten mit Neurodermitis ist die Haut geschädigt; das macht sie anfälliger für Infektionen durch verschiedene Mikroorganismen, darunter auch Hautpilze. Eine Infektion mit Bakterien oder Pilzen verstärkt die ohnehin bestehende Entzündungsreaktion der Haut bei Neurodermitis, die auch atopisches Ekzem genannt wird. Die Beschwerden bei einer Hautpilzinfektion sind zunächst einmal den Symptomen bei Neurodermitis sehr ähnlich, für die Therapie ist es jedoch wichtig zu unterscheiden, ob Bakterien oder Pilze vorliegen. In diesem Beitrag geht es um die Infektion mit Hautpilzen bei Neurodermitis, genauer dem Pilz Malassezia. Insbesondere bei der speziellen Form der Neurodermitis namens Head-neck-Dermatitis, also Kopf-Hals-Dermatitis, ist die Haut vor allem im Gesicht, Haaransatz und Nacken zusätzlich mit dem Hautpilz Malassezia aus der Gruppe der Hefepilze infiziert.

Autor: Dr. med. Susanne Meinrenken

 

Neurodermitis oder Pilz: Die wichtigsten Fakten!

Grundsätzlich gehören Pilze zum Mikrobiom der Haut, aber es gibt verschiedene Hautpilzarten, die bei allen Menschen zu Beschwerden führen können

Bei durch Neurodermitis geschädigte Haut können Mikroorganismen bzw. Keime auf der Haut leichter tiefer eindringen als bei gesunder Haut

Bei Neurodermitis fndet man auf der Haut verschiedene Spezies des Hefepilzes Malassezia, es gibt also Zusammenhänge

Eine Malassezia-Infektion sieht man gehäuft bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Neurodermitis, bei denen vor allem Schultern, Nacken, Hals und Kopf betroffen sind

Ob diese Hautveränderungen allein die Folge der Neurodermitis sind oder zusätzlich der Hautpilz vorliegt, lässt sich anhand der Symptome nicht gut unterscheiden, dafür sind Laboruntersuchungen nötig

 

Welche Hautkrankheiten werden durch den Hautpilz Malassezia verursacht?

Es gibt verschiedene Hautpilzarten, die ganz allgemein auch bei Personen ohne Neurodermitis zu verschiedenen Pilzerkrankungen führen können. Malassezia furfur, eine Spezies der Malassezia-Pilze, kann zum Beispiel bei ansonsten gesunden Menschen zur Hautkrankheit Pityriasis versicolor führen, der Kleienpilzflechte. Auch die Hautkrankheiten sebborhoische Dermatitis und die Malassezia-Follikulitis werden durch Malassezia verschlimmert oder verursacht.

Neurodermitis und Hautpilz: Welche Pilz-Gattungen sind hauptsächlich nachweisbar?

Bei Neurodermitis lassen sich auf der Haut ebenfalls verschiedene Spezies des Hefepilzes Malassezia nachweisen; dieser Pilz spielt bei bestimmten Formen des Ekzems offenbar eine wichtige Rolle. Es sind zahlreiche verschiedene Spezies von Malassezia bekannt. Allerdings ist es technisch-biologisch nicht einfach, im Labor durch Anzucht der Erreger herauszufinden, welche Spezies von Malassezia bei Patienten mit atopischem Ekzem im Einzelnen vorliegen. In Studien sind zusätzlich zur Anzucht im Labor auch andere speziellere Nachweismethoden möglich, zum Beispiel die Identifikation des Erbguts. In manchen Fällen ist es von Vorteil, die genaue Spezies zu kennen, um ganz gezielt ein Medikament zur Therapie auswählen zu können.

Es gibt hier eine Parallele zum Bakterium Staphylococcus aureus, das bei neurodermitischer Haut vermehrt auftritt. Ein Unterschied besteht allerdings: Staphylococcus aureus kommt, anders als Malassezia, auf der gesunden Haut eigentlich nur sehr selten vor.

Welche Hautveränderungen sind typisch für eine Neurodermitis mit Hautpilzinfektion?

Es gibt verschiedene Sonderformen der Neurodermitis in bestimmten Körperregionen, die aber auch gleichzeitig auftreten können. Manche Patienten leiden vor allem an trockener, juckender Haut im Gesicht, insbesondere im Bereich der Augenlider und/oder Lippen, bei anderen zeigt sich die gerötete, trockene Haut vor allem in den Ellenbeugen und Kniekehlen oder an den Händen und Füßen.

Eine Infektion mit Malassezia findet sich gehäuft bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Neurodermitis, bei denen vor allem die Schultern, der Nacken beziehungsweise Hals und Kopf besonders betroffen sind. Diese Form der Neurodermitis wird als Head-neck-Dermatitis oder Kopf-Hals-Dermatitis bezeichnet. Die Symptome reichen von kleinen runden Flecken geröteter, trockener, schuppender, aufgerissener und juckender Haut bis zu großflächigen Rötungen mit sehr starkem Juckreiz an diesen Körperstellen. Auch die Augenlider und die Stirn können beteiligt sein.

Ob diese Hautveränderungen allein die Folge der Neurodermitis sind oder zusätzlich der Hautpilz vorliegt, lässt sich anhand der Symptome nicht gut unterscheiden. Dafür sind genauere Untersuchungen im Labor nötig.

Nicht bei allen Patienten mit einer Kopf-Hals-Dermatitis sind jedoch eine Neurodermitis und Malassezia-Infektion die Ursache. Andere Gründe sind eine Allergie gegen bestimmte Substanzen aus der Luft oder aus Kosmetika, eine seborrhoische Dermatitis oder die Rosazea, eine andere chronische Hautkrankheit.

Warum treten Malassezia-Pilze bei Neurodermitis im Bereich von Schultern, Nacken, Hals und Kopf auf?

Der Hefepilz Malassezia braucht ein bestimmtes Fett als Nahrung, das er nicht selbst herstellen kann. Der „Pilz“ kann sich deshalb ausschließlich auf der Haut vermehren, und zwar wahrscheinlich besonders gut in den Körperregionen mit vielen Talgdrüsen. Man kann Malassezia zwar auf der gesamten Haut nachweisen, aber eben besonders häufig in den talgdrüsenreichen Körperregionen. Dazu gehören das Gesicht, der Hals beziehungsweise Nacken, der obere Rücken und die obere Brust beziehungsweise das Dekolleté und die Kopfhaut. Daher wird Malassezia auch manchmal als „Kopfpilz“ bezeichnet. Da die Talgdrüsen beim Menschen meist während der Pubertät aktiver werden, tritt die Infektion mit dem Hefepilz Malassezia beim Hautekzem vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf.

Auch der Schweiß triggert eine Hautreaktion in Bezug auf Malassezia; daher sind auch Regionen betroffen, an denen man schwitzt.

Pilze auf der Haut: Ist das normal?

Zunächst ist wichtig zu wissen: Pilze gehören zum Mikrobiom der Haut und eine gesunde Haut ist immer auch von Pilzen besiedelt. Pilze sind also Teil der normalen Hautflora. Deshalb hat auch jeder Neurodermitiker Hautpilze, darunter auch Malassezia − genau wie jeder Mensch mit gesunder Haut. Allerdings bestehen hier Unterschiede: Eine gesunde Haut besitzt eine intakte Hautbarriere, das heißt die Hautzellen der verschiedenen Hautschichten sind sehr eng miteinander verbunden; sie stellen einen stabilen Schutz gegen Eindringlinge oder Schadstoffe von außen dar. Bakterien und Pilze bleiben also auf der Oberfläche der Haut und damit beim ansonsten gesunden Menschen harmlos.

Wie kann es bei Neurodermitis zur Pilzbesiedlung kommen?

Bei Neurodermitis ist die Haut geschädigt, die Schutzschicht sozusagen etwas brüchig. Die Folge ist, dass die Haut zum einen Feuchtigkeit vermehrt entweichen lässt und dadurch sehr trocken wird, und zum anderen dass Mikroorganismen beziehungsweise Keime auf der Haut leichter tiefer eindringen können als auf gesunder Haut. Deshalb vermehren sich bei Patienten mit Neurodermitis manche Bakterien, aber eben auch bestimmte Hautpilze sehr stark und verschlechtern die Ekzem-Beschwerden noch zusätzlich.

Außerdem hat Malassezia Einfluss auf verschiedene Faktoren und Zellen des Immunsystems; der Hautpilz verstärkt die Reaktion des Immunsystems, sodass die Pilzbesiedlung und die Neurodermitis sich gegenseitig verschlimmern.

Wie reagiert das Immunsystem der Neurodermitis-Patienten auf Malassezia?

Die Haut von Patienten mit Neurodermitis kann nicht so gut vor Eindringlingen von außen schützen, weil die Hautbarriere beeinträchtigt ist. Dadurch können Malassezia-Pilze oder deren Bestandteile beziehungsweise allergieauslösenden Substanzen tief in die Haut eindringen und so in Kontakt mit dem Immunsystem kommen. Offenbar reagiert das Immunsystem von Neurodermitis-Patienten besonders empfindlich auf Malassezia: Die Immunzellen erkennen den Pilz häufiger als bei Gesunden als „fremd“ und produzieren bestimmte Botenstoffe und auch spezifische Antikörper gegen diesen Keim, sogenanntes spezifisches Immunglobulin E (IgE). Gegen Malassezia gerichtetes spezifisches IgE lässt sich bei Patienten mit Neurodermitis und insbesondere bei einer Head-neck-Dermatitis gehäuft nachweisen. Solche spezifischen IgE-Antikörper weisen auf eine allergische Reaktion des Immunsystems hin und lassen sich bei Personen ohne Neurodermitis nur selten nachweisen.

Warum aktiviert Malassezia das Immunsystem?

Man weiß auch, dass bestimmte Malassezia-Spezies außerdem Allergene produzieren können. Das sind Eiweiß-Verbindungen, die das Immunsystem unter anderem auch über bestimmte Immunzellen namens „dendritische Zellen“ in der Haut stimulieren können. Das Immunsystem reagiert also auf diese Allergene und wird aktiver: Auch dadurch wird die Entzündung der Haut gefördert und so entsteht beim atopischen Ekzem eine Art „Entzündungs-Kreislauf“. Mit welchen Mechanismen das Immunsystem bei Neurodermitis ganz genau auf die Infektion mit Malassezia reagiert, ist jedoch bisher im Einzelnen noch nicht vollständig erforscht.

Gibt es Risikofaktoren dafür, dass eine Pilz-Infektion bei Neurodermitis auftritt?

Fest steht, dass beim atopischen Ekzem die Haut sehr trocken ist und dass sich das Immunsystem dieser Haut von dem der Haut gesunder Menschen unterscheidet. Außerdem ist das Immunsystem der neurodermitischen Haut wahrscheinlich weniger gut dazu in der Lage, Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze abzuwehren. Der Patient selbst kann diese Mechanismen aber nicht beeinflussen. Neurodermitiker können jedoch dafür sorgen, dass ihre Haut weniger trocken ist: Mit einer guten Basispflege mit einer rückfettenden Bodylotion lässt sich das Risiko verringern, dass Bakterien oder Pilze aus der normalen Hautflora überhaupt in die tiefen Hautschichten eindringen und die Haut infizieren können.

Head-neck-Dermatitis: Die tägliche Hautpflege ist wichtig

Bei Neurodermitis ist es stets sehr wichtig, die Haut täglich mit einer wirksamen Basispflege gegen Trockenheit einzucremen. Eine gut gepflegte Haut ist weniger anfällig für Keime, also auch Pilze. Die Haut sollte zudem nur mit einer sehr milden Seife gereinigt werden. Da Malassezia auch auf der Kopfhaut siedelt und dort zum Beispiel zu Schuppen führt, ist es ratsam, auch die Haare regelmäßig mit einem milden Shampoo zu reinigen oder möglicherweise auch ein Schuppenshampoo zu nutzen.

Nach dem Waschen sollte man die Haut sorgfältig abtrocknen, ohne zu reiben. Man kann die betroffenen Hautstellen am besten mit einem weichen Handtuch trockentupfen. Weiche Kleidung, zum Beispiel der Kragen eines Hemdes oder T-Shirts am Nacken, sind zudem wichtig. Raue Nähte oder Etiketten direkt auf der Haut reizen die Haut zusätzlich durch mechanische Reibung und sollten daher entfernt werden.

Head-neck-Dermatitis und Neurodermitis: Welche Hautcreme hilft?

Kommt es trotz der regelmäßigen Basispflege zu einem Entzündungsschub, hilft eine Kortisoncreme, die genau an den juckenden Stellen für ein paar Tage aufgetragen wird. Diese Therapie wirkt klassisch gegen die chronische Entzündung bei Neurodermitis, bessert das Hautbild aber auch bei zusätzlicher Malassezia-Infektion. Bei sehr schwerer Neurodermitis stehen zusätzlich noch wirkungsvollere Medikamente als Creme oder auch Tablette zur Verfügung.

In Studien wurde auch untersucht, welche speziellen Wirkstoffe gegen den Malassezia-Pilz eine zusätzliche Besserung bringen. Ganz allgemein stehen verschiedene Wirkstoffe, vor allem aus der Gruppe der sogenannten Azole, als Creme oder als Tablette zur Verfügung, die gezielt gegen verschiedene Arten von Pilzen wirken. Diese Wirkstoffe bekämpfen auch eine Infektion mit Malassezia; allerdings ist die Malassezia-Besiedlung in Kombination mit einer Neurodermitis nicht so leicht zu behandeln wie eine alleinige Pilzinfektion bei ansonsten gesunder Haut. Forschungsstudien zur Frage der am besten geeigneten Therapie ergaben teilweise unterschiedliche Ergebnisse.

Neurodermitis und Hautpilz: Antientzündliche und antimykotische Therapie

Grundsätzlich gilt: Die Veränderungen der Haut bei Neurodermitis begünstigen die Pilzinfektion und Malassezia selbst facht sozusagen die überaktive Reaktion des Immunsystems im Rahmen der Neurodermitis noch weiter an. Insofern kann man sagen, dass in diesem Fall die Therapie der einen Krankheit oft auch zusätzlich gegen die andere hilft. Ziel der Therapie ist es also, eine für den einzelnen Patienten geeignete Kombination aus antientzündlicher Therapie und antimykotischer (pilzabtötender) Therapie zu finden. Ist die Hautentzündung gelindert, zum Beispiel durch Kortisoncreme, und die Vermehrung von Malassezia durch eine Creme mit zum Beispiel dem Wirkstoff Itraconazol gehemmt, dann bessern sich bei vielen Patienten die Symptome. Nur in schweren Fällen werden Medikamente gegen den Pilz Malassezia auch als Tablette oder Spritze angewendet, um die Infektion zu bekämpfen. Da dies aber mit starken Nebenwirkungen einhergehen kann, ist Vorsicht geboten.

Es ist nicht genau bekannt, welche Komponente der Therapie wichtiger ist – die Bekämpfung der Entzündung wegen der Neurodermitis oder das Abtöten des Hautpilzes. Studien haben hier unklare Ergebnisse erbracht. Allerdings haben manche Antimykotika zusätzlich auch eine entzündungshemmende Wirkung bei Neurodermitis.

Ganz allgemein ist aber in jedem Fall eine regelmäßige sorgfältige tägliche Basispflege der Haut bei Neurodermitis entscheidend.

Head-neck-Dermatitis: Ist immer Malassezia bei Neurodermitis die Ursache?

Wenn man an rötlichen, entzündeten, leicht schuppenden und juckenden Hautstellen im Bereich von Gesicht, Haaransatz, Nacken oder Schultern leidet, können verschiedene Krankheiten die Ursache sein. Zum einen können andere Hautkrankheiten als Neurodermitis oder eine Pilzinfektion die Hautentzündung im Bereich von Kopf und Hals auslösen, zum Beispiel eine sogenannte seborrhoische Dermatitis, eventuell auch kombiniert mit Malassezia-Infektion. Aber solche Hautveränderungen können manchmal auch auftreten, wenn zum Beispiel die Therapie mit Kortison bei einem Patienten mit Neurodermitis nicht richtig durchgeführt wird. Studien zufolge können die Symptome einer Head-neck-Dermatitis offenbar auch als Nebenwirkung der speziellen Therapie einer schweren Neurodermitis mit Dupilumab auftreten. In solchen Fällen wiederum hilft jedoch ein übliches Pilz-Medikament gegen Malassezia-Infektionen.

Also: Wenn man die beschriebenen Hautveränderungen bemerkt, ist es wichtig, diese vom Hautarzt sehr sorgfältig untersuchen zu lassen, damit die richtige Diagnose gestellt werden kann.

 

Literatur:

Glatz M et al. The Role of Fungi in Atopic Dermatitis. Immunology and Allergy Clinics of North America 2017; 37(1): 63−74. DOI: https://doi.org/10.1016/j.iac.2016.08.012

Saunders CW et al. Malassezia Fungi Are Specialized to Live on Skin and Associated with Dandruff, Eczema, and Other Skin Diseases. PLoS 2012; 8(6): e1002701. DOI: https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1002701

Saunte DML et al. Malassezia-Associated Skin Diseases, the Use of Diagnostics and Treatment. Frontiers in Cellular and Infection Microbiology 2020; 10(112). DOI: https://doi.org/10.3389/fcimb.2020.00112

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

 

18. Oktober 2023

Autor: Dr. med. Susanne Meinrenken, www.mein-allergie-portal.com

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