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Können Probiotika bei Neurodermitis helfen?

Probiotika Neurodermitis
Können Probiotika bei Neurodermitis helfen? Bildquelle: canva pepifoto, leadenpork

Trockene und eingerissene Haut, gerötete, nässende Stellen und immer wieder dieser quälende Juckreiz: So leiden Neurodermitis-Patienten bei einem Krankheitsschub. Gerade im Winter müssen Betroffene wieder häufiger damit rechnen, da Kälte und Heizungsluft ihrer ohnehin trockenen und empfindlichen Haut noch mehr Feuchtigkeit entziehen. Dann kann schon ein Pullover aus Wolle oder ein kratzendes Etikett die Haut eines Patienten mit Atopischer Dermatitis, allgemeinhin Neurodermitis genannt, irritieren und einen Schub auslösen. Können Probiotika helfen?

Autor: Dr. med. Anna Eger

 

Probiotika bei Neurodermtis: Die wichtigsten Fakten!

Probiotika sind lebende Mikroorganismen wie Bakterien oder Hefen

Präbiotika sind die Nahrungsgrundlage der Probitoika und Postbiotika sind zumeist inaktivierte Probiotika

Neurodermitis-Patienten zeigen eine veränderte Zusammensetzung der Mikroorganismen auf der Haut und auch eine gestörte Balance der Darmflora. Es scheint also einen Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom und Neurodermitis zu geben

Studien zu Zusammenhängen zwischen der Einnahme von Probiotika-Mischungen und Neurodermitis bei Erwachsenen zeigten unterschiedliche Ergebnisse

Zu Probiotika zur Anwendung auf der Haut bedarf es weiterer Studien

Durch eine Ernährung, die Probiotika und Präbiotika in natürlichen Nahrungsmitteln enthält, sowie durch den Verzehr fermentierter Lebensmittel kann ein gesundes Darmmikrobiom gefördert werden

 

Therapieziel bei Neurodermitis: Krankheitsschübe reduzieren

Neurodermitis ist weit verbreitet. Bei Kindern und Jugendlichen gehört sie in Deutschland zu den häufigsten Erkrankungen, aber auch eine Reihe Erwachsener sind davon betroffen. Das Kratzen führt leider oft zu Hautverletzungen mit nachfolgenden Entzündungen und weiterem Kratzzwang. Die ständigen Verletzungen der Haut können zudem Narben hinterlassen. Um sich selbst oder seinen Kindern solches Leiden möglichst zu ersparen, ist eine kontinuierliche Behandlung der Symptome bei einem Haut- oder Kinderarzt notwendig.

Was sind Probiotika?

Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die in bestimmten Mengen für den Menschen einen gesundheitlichen Nutzen bieten können. Dabei kann es sich um Bakterien oder Hefen handeln. Die genauen Wirkungsmechanismen von Probiotika sind noch nicht genau bekannt, aber es gibt viele Hinweise darauf, dass sie die Verdauung verbessern, indem sie das Gleichgewicht der Darm- und Hautflora, auch als Darmmikrobiom oder Hautmikrobiom bezeichnet, unterstützen. Außerdem können sie das Immunsystem stärken und antientzündlich wirken.

Beispiele für Probiotika sind:

  • Laktobazillen
  • Bifidobakterien
  • Saccharomyces

Was sind Präbiotika?

Präbiotika sind im Unterschied zu Probiotika keine Mikroorganismen, sondern deren Nahrungsgrundlage. Eine Kombination aus beiden nennt man Synbiotika. Präbiotika sind theoretisch in der Lage, die Zusammensetzung der Darm- und Hautflora zu manipulieren und dabei das Wachstum „guter“ Mikroorganismen zu fördern und die Vermehrung „schlechter“ Mikroorganismen zu hemmen.

 Beispiele für Präbiotika sind:

  • Inulin
  • Frukto-Oligosaccharide
  • Galakto-Oligosaccharide
  • Beta-Glucan

Präbiotika kommen in verschiedenen Lebensmitteln vor, zum Beispiel in:

  • Chicorée
  • Zwiebeln
  • Knoblauch
  • Bananen
  • Hafer
  • Leinsamen

Was sind Postbiotika?

Einige Pflegeprodukte werben damit, Probiotika zu enthalten. In Wirklichkeit handelt es sich aber zumeist lediglich um inaktivierte Probiotika, die man Postbiotika nennt. Es gibt sie in Form von Fermenten, Filtraten und Lysaten. Sie können synthetisch mit hohen Temperaturen hergestellt werden. Auch Postbiotika können positive Effekte auf die Haut haben. Sie sind als Ergänzungsmittel, aber auch als Substanzen in Pflegepräparaten verfügbar.

Beispiele für Postbiotika sind:

  • Lactobacillus Ferment Lysate
  • Bifido Ferment Lysate
  • Streptococcus Thermophilus Ferment
  • Lactococcus Ferment Lysate

Welche Rolle spielt das Hautmikrobiom bei Neurodermitis?

Jeder Mensch wird auf seiner Haut von einer Vielzahl von Mikroorganismen bevölkert. Dabei handelt es sich um Bakterien, wie zum Beispiel Cutibacterium, Corynebacterium, Staphylococcus-Arten, Pilze, insbesondere Malassezia-Arten und Viren. Sogar Parasiten, wie Milben, gehören dazu. Das Mikrobiom bei Säuglingen wird interessanterweise hauptsächlich durch den Entbindungsmodus geprägt, im Laufe des Lebens verändert es sich durch verschiedene Faktoren. Dieses sogenannte Hautmikrobiom ist für eine gesunde Hautbarriere sehr wichtig. Studien haben ergeben, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom der Haut und der Entstehung von Hautkrankheiten, wie der Neurodermitis, gibt. Bei Neurodermitis ist die Anzahl der hautfreundlichen Bifidobakterien und Laktobazillen stark verringert und krankmachende Staphylococcus aureus können sich ausbreiten.

Welche Darmbakterien fehlen bei Neurodermitis?

Bei Patienten mit Neurodermitis besteht nicht nur eine veränderte Zusammensetzung der Mikroorganismen auf der Haut. Es wurde auch eine gestörte Balance der Darmflora bei Patienten mit atopischer Dermatitis festgestellt. Dabei geht es auch hier besonders um einen Mangel an Bifidobakterien und Laktobazillen. Stattdessen zeigen sich andere Bakterienstämme, zum Beispiel von Faecalibacterium prausnitzii, besonders stark vertreten. Diese gestörte Darmflora könnte ebenfalls ein möglicher Faktor bei der Entstehung und dem Verlauf der Neurodermitis sein.

Welche Probiotika könnten bei Neurodermitis helfen?

Probiotika als Nahrungsergänzungsmittel bei Hauterkrankungen wurden in Studien vor allem im Hinblick auf ihre Wirkung bei Neurodermitis getestet. Dabei zeigten die folgenden Probiotika einen positiven Einfluss auf Neurodermitis:

  • Bifidobacterium lactis
  • Lactobacillus paracasei
  • Lactobacillus fermentum
  • Lactobacillus rhamnosus
  • Bifidobacterium breve
  • Bifibacterium longum

Man muss allerdings anmerken, dass die Studienergebnisse trotz vielversprechender Erkenntnisse nicht immer einheitlich waren und weitere Forschungen notwendig sind, um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen.

Welche Erfahrungen hat man mit Probiotika bei Erwachsenen gemacht?

Es wurden in vielen Studien Zusammenhänge zwischen der Einnahme von Lactobacillus-Mischungen und Neurodermitis bei Erwachsenen untersucht, wobei sich teilweise eine deutliche Verbesserung der atopischen Dermatitis nachweisen ließ, andere Studienergebnisse jedoch keine signifikante Besserung zeigten.

Studien zur Anwendung von Probiotika in topischer Anwendung, also auf der Haut, sind noch relativ neu. Zudem sind noch keine ausreichenden abschließenden Erkenntnisse zu deren Auswirkungen auf den Hautzustand vorhanden. Da zwar ein großes Potential von Probiotika in Hautpflegeprodukten vorhanden zu sein scheint, aber die klinische Evidenzlage noch nicht ausreichend ist, müssen zunächst weitere Studien in diese Richtung durchgeführt werden.

Welche Erfahrungen hat man mit Probiotika bei Kindern mit Neurodermitis gemacht?

Probiotika sind eine bei Kindern nach aktuellem Wissensstand meist unbedenklich einsetzbare Therapieoption, aber nicht in jedem Fall erfolgversprechend. Eine Studie aus dem Jahr 2018 zeigte zum Beispiel, dass die Einnahme von Probiotika-Mischungen den Verlauf der Neurodermitis bei Kindern zwischen 4 und 17 Jahren positiv beeinflussen und den Bedarf an topischen Steroiden reduzieren kann. Eine andere Studie von 2020 zeigte ebenfalls einen Nutzen bestimmter probiotischer Präparate in Bezug auf die Symptomstärke der Neurodermitis bei Kindern. Aber auch hier gibt es noch weiteren Forschungsbedarf für klare einheitliche Empfehlungen.

Welche Erfahrungen hat man mit Probiotika zur Vorbeugung von Neurodermitis bei Babys gemacht?

In Bezug auf die Vorbeugung der Entstehung von Neurodermitis bei Babys, haben die meisten Studienergebnisse keinen einheitlichen vorbeugenden Effekt zeigen können. Wenngleich eine Studie mit 800 Säuglingen eine positive Wirkung durch präbiotische Mischungen auf die Verhinderung einer atopischen Dermatitis ergab, gibt es sowohl für die Gabe von Probiotika an Schwangere und Stillende, als auch für den Joghurtverzehr von Babys und andere mit Präbiotika angereicherte Säuglingsnahrung keine überzeugenden einheitlichen präventiven Effekte. Alle Studien unterscheiden sich zum Teil erheblich in Bezug auf das verwendete Präparat, seine Dosis, Einnahmedauer, Zeitpunkt der Gabe und auch in Bezug auf die untersuchten Studienteilnehmer.

 

 

Können Probiotika dem Baby auch schaden?

Was zunehmend neben der Wirksamkeit von Probiotika vor allem bei Neugeborenen diskutiert wird, ist die Sicherheit und Verträglichkeit der Präparate. Es könnte durch Probiotika, zum Beispiel insbesondere bei jungen Säuglingen, zu Infektionen oder Antibiotika-Resistenzen kommen. Diese Überlegungen müssen zukünftig weiter in Forschungen einbezogen werden.

Abgesehen von Probiotika, welche Ernährung ist generell gut für den Darm?

Allgemein kann festgehalten werden, dass es sich lohnt, wenn möglich, mittels Ernährung das Gleichgewicht des Darmmikrobioms zu unterstützen. Dies kann durch eine Ernährung mit mehr Probiotika und Präbiotika enthaltenden Nahrungsmitteln, sowie fermentierten Lebensmitteln erreicht werden. Abgesehen davon ist eine ausgewogene abwechslungsreiche Ernährung mit Ballaststoffen für die Darmgesundheit förderlich. Stattdessen sollte man den Verzehr von Zucker und gesättigten Fettsäuren, sowie Fertigprodukten reduzieren.

Was enthält Probiotika oder Milchsäurebakterien?

Eine der bekanntesten Quellen für Probiotika ist Joghurt. Es gibt Joghurtsorten, die aktive lebende Kulturen enthalten. In Sauerkraut befinden sich natürliche Milchsäurebakterien, die durch Fermentation von Kohl entstehen. Kefir ist ein fermentiertes Milchgetränk, in dem eine Vielzahl probiotischer Bakterienstämme enthalten sind.

 

Quellen:

  • Altmeyers, P., Bacharach-Buhles, M: Hautflora, normale; in Altmeyers Enzyklopädie; zuletzt aktualisiert 04.03.2021; https://www.altmeyers.org/de/dermatologie/hautflora-normale-1673 (Abruf 06.08.2023)
  • S3-Leitlinie „Atopische Dermatitis“ (AWMF-Registernr. 013-027) (2023) verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-027 ; Stand 16/06/2023
    Herdman-Grant, D.: Eine faszinierende Reise durch das Hautmikrobiom; Skincare Inspirations, 02.09.2022
  • Meyer, C.U., Klopp, J., Knoll, R.L. et al. Beeinflussung des Mikrobioms durch Probiotika in der pädiatrischen Praxis. Monatsschr Kinderheilkd 167, 389–395 (2019). https://doi.org/10.1007/s00112-019-0690-8; (Abruf 06.10.2023)
  • S3-Leitlinie Allergieprävention – Stand 11. November 2022; AWMF-Registernr. 061-016; https://register.awmf.org/assets/guidelines/061-016l_S3_Allergiepraevention_2022-11.pdf
  • Navarr-ópez et al.: Effect of Oral Administration of a Mixture of Probiotic Strains on SCORAD Index and Use of Topical Steroids in Yound Patients With Moderate Atopic Dermatitis – A Randomized Clinical Trical. In: JAMA Dermatol. 2018;154(1):37-43. doi:10.1001/jamadermatol.2017.3647 Published online November 8, 2017
    Tan-Lim CSC, Esteban-Ipac NAR, Mantaring JBV, 3rd, et al. Comparative effectiveness of probiotic strains for the treatment of pediatric atopic dermatitis: A systematic review and network metaanalysis. Pediatr Allergy Immunol. 2020

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

17. Oktober 2023

Autor: S. Jossé/ A.Eger, www.mein-allergie-portal.com

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