Allergische Reaktion nach Zahnbehandlung
Allergien bei der Behandlung in Zahnarztpraxen nehmen zu. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der Patienten, die nach zahnärztlichen Behandlungen allergische Reaktionen zeigten, signifikant erhöht. Dies hängt unter anderem auch damit zusammen, dass durch die ästhetischen Ansprüche an Zahn-Füllungen, Inlays, Implantate, Kronen und auch kieferorthopädische Geräte wie zum Beispiel Zahnspangen stetig Neuentwicklungen in die Praxis einfließen.
Warum kommt es nach Zahnbehandlungen zunehmend zu allergischen Reaktionen?
Bei der Zahnmedizin und der Dental-Industrie kam es in den vergangenen Jahren zu einer rasanten Entwicklung. Fast täglich drängen neue Firmen mit heute inzwischen fast unüberschaubarer Vielfalt an Materialien auf den stetig wachsenden Gesundheitsmarkt. Oft fehlen die notwendigen wissenschaftlichen Studien, die bei Verwendung dieser Substanzen eine Unbedenklichkeit attestieren. Dementsprechend höher ist die Gefahr, dass diese Materialien Allergien auslösen können.
Welche Auslöser für allergische Reaktionen gibt es bei der Zahnbehandlung?
Im Bereich der Zahnheilkunde ist die Palette möglicher Auslöser recht vielfältig.
Potentielle Auslöser allergischer Reaktionen nach einer Zahnbehandlung sind unter anderem:
- Kunststoffe, zum Beispiel Polymethylmethacrylate, Hydrochinone, Benzylperoxid
- Implantate, mit Chrom, Molybdän, Aluminium, Titan
- Anästhetika, das sind Betäubungsmittel, u.a. durch enthaltene Natriumdisulfide
- Metalle, wie Nickel, Kobalt, Palladium, Quecksilber
- Metall-Legierungen mit zum Beispiel Eisen, Gold, Molybdän, Wolfram, Zinn, Indium, Gallium, Rhodium etc.
- Füllungsmaterialien aus Amalgam, Zement, Kunststoff, Keramik
- Knochenersatz
- Latex
- Desinfektionsmittel
- Medikamente, insbesondere Antibiotika wie Penicillin
- Weitere Stoffe, wie Guttapercha
Metalle und Acrylate stellen dabei die wichtigsten Auslöser von Typ-IV-Allergien dar. Typ-I-Allergien werden nur sehr selten durch Metalle, dafür aber durch Acrylate und Naturstoffe ausgelöst.
Titan und Zirkonium sind in der Regel sehr gut verträgliche Materialien und extrem selten für Allergien verantwortlich.
Diese Liste repräsentiert allerdings nur einen Teil möglicher Belastungskomponenten und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wie äußern sich diese allergischen Reaktionen nach der Zahnbehandlung?
Die Symptomatik allergischer Reaktionen nach Zahnbehandlungen reicht von Entzündungen der Mundschleimhaut über Ausschläge an der Haut, bis hin zu möglichen asthmatischen Komplikationen, sowie einer verzögerten oder massiv gestörten Wundheilung. Auch werden Schwellungen und Entzündungen auf der Zunge und den Lippen beobachtet, die mit einem brennenden Gefühl, sowie einer Störung der Geschmacksempfindung auftreten können. Auch Allgemeinsymptome wie Unruhe, Kopfschmerzen oder Übelkeit können Zeichen einer allergischen Reaktion sein. Letztendlich kann eine Allergie sogar zu einem anaphylaktischen Schock führen, das wäre die schwerste, potentiell tödliche Folge einer Allergie.
Wie lange dauert es bis eine allergische Reaktion nach einem Zahnarztbesuch auftritt und wieder nachlässt?
Von den vier verschiedenen Allergietypen spielen die Allergie Typ I (Sofort-Typ) und die Allergie Typ IV (verzögerter Typ) in der Zahnarztpraxis eine Rolle. Allergien vom Sofort-Typ treten, wie der Name schon sagt, sofort nach dem Allergenkontakt aus. Das kann wenige Sekunden bis Minuten oder wenige Stunden bedeuten. Je nach Ausprägung der allergischen Reaktion und einer eventuellen Behandlung kann die Reaktion ebenso schnell wieder abklingen. Allergien vom verzögerten Typ hingegen entwickeln sich langsamer, meist innerhalb von 48 Stunden und können über Tage bis Wochen andauern. Die Dauer der allergischen Reaktion hängt auch davon ab, ob der Kontakt zum Allergen weiterhin besteht oder unterbrochen wird.
Was sind „normale“ Beschwerden nach Zahnbehandlungen?
Nach einer Zahnbehandlung, insbesondere nach chirurgischen Eingriffen, können sich eine Reihe von Symptomen zeigen, die der Laie womöglich als Allergie deuten könnte, die aber absolut nichts mit dieser Thematik zu tun haben.
Nicht allergisch bedingte Symptome nach Zahnbehandlungen sind zu Beispiel, um nur einige Erscheinungsbilder zu nennen:
- Schwellungen im Bereich der Wange, der Lippen, am Mundboden
- Schluckbeschwerden
- Schleimhaut- und Zahnfleischrötungen
- Nahtdehiszenzen, das Wiederaufklaffen bereits vernähter Wundränder
- Hämatome, Blutergüsse
- Lidödeme, Schwellungen der Augenlider, die durch den Ausritt von Flüssigkeit ins Gewebe verursacht wurden
- Kieferklemmen
- Kurzzeitige Kreislaufprobleme
- Mundwinkelrhagaden, das ist eine Veränderung der Mundwinkel, die durch Einrisse und oberflächliche Gewebedefekte charakterisiert sind und mit Krustenbildung einhergehen können
- Nasenbluten nach Sinus-Lift, das ist ein Kieferhöhlenaufbau
- Parästhesien, also unangenehme, manchmal schmerzhafte Körperempfindung mit Kribbeln und temporärem Taubheitsgefühl
- Bisswunden auf Lippen und Zunge, die sich der Patient noch während der Anästhesiewirkung selbst zufügt, da die Schmerzsensation ausgeschaltet ist
- Aphten oder Stomatitis aphtosa, so nennt man eine blasenförmige Entzündung der Mundschleimhaut, deren weiß-graue Mitte von einem geröteten Hof umgeben wird
- Herpes, Virusinfektion an Lippen, Zunge, Wangen, Rachen, Mundbodenschleimhaut und Zahnfleisch
Wer ist besonders gefährdet, nach Zahnbehandlungen allergische Reaktionen zu zeigen?
Besonders gefährdet sind all jene Personen, die bereits durch entsprechende allergische Vorerkrankungen in der Familie belastet sind, und die Störungen des Immunsystems aufweisen. Eine allergische Reaktion setzt in der Regel voraus, dass eine Sensibilisierung des Patienten bereits erfolgte. Eine Sensibilisierung entsteht jedoch nur durch wiederkehrende Kontakte mit dem Allergen. Eine allergische Reaktion auf Dentalwerkstoffe setzt daher voraus, dass im privaten oder beruflichen Umfeld des Patienten eine Sensibilisierung stattgefunden hat, die dann erst durch die allergische Reaktion anlässlich der Zahnbehandlung deutlich wird.
Worauf müssen Patienten achten, bevor sie eine Zahnbehandlung beginnen, die möglicherweise allergische Reaktionen auslösen könnte?
Mit absoluter Sicherheit ausschließen kann man allergische Reaktionen nach Zahnbehandlungen nicht. Aber: Die Patienten sollten bei einer anstehenden zahnärztlichen Behandlung auf dem Anamnesebogen der Praxis möglichst präzise Hinweise erteilen. Dies gilt zum Beispiel für eine bestehende allergische familiäre Vorerkrankungen oder für Komplikationen während einer früheren Behandlung. Insbesondere sind Störungen des Immunsystems unbedingt anzugeben. Der Zahnarzt kann bei Verdacht auf Materialunverträglichkeiten eine Austestung der zur Verwendung kommenden Substanzen durch bekannte Testverfahren veranlassen und so erkennen, ob eine Sensibilisierung vorliegt. Dafür stehen eine Reihe von Testverfahren zur Verfügung.
Mit diesen Tests kann man eine Allergie im zahnmedizinischen Bereich feststellen:
- Blutuntersuchung
- RAST/CAP-Test
- Lymphozytentransformationstest (Typ-IV-Reaktion)
- Basophilen-Degranulationstest (Typ-I-Reaktion)
- Hauttests
- Epikutantest
- Intrakutantest
- Reibetest
- Scratchtest
- Patchtest
- · Provokationstests
Weiterhin sollten durch die Einschaltung mitbehandelnder Ärzte aus anderen Disziplinen Informationen eingeholt werden, die Hinweise auf mögliche Allergien liefern können.
Quellen:
- Baehr, V., Huesker, K.: Nachweis von Zahnersatzmaterial-Unverträglichkeiten; 17.10.2018; www.ztm-aktuell.de/technik/werkstoffe/story/nachweis-von-zahnersatzmaterial-unvertraeglichkeiten__6808.html (Abruf 20.02.2024)
- Lymphozytentransformationstest (LTT) – Zahnersatzmaterialien können Allergien verursachen; IMD Labor Berlin; www.imd-berlin.de/spezielle-kompetenzen/zahnmedizin/allergien-und-unvertraeglichkeiten (Abruf 20.02.2024)
- Reichl, F.-X.: Dental-Toxikologie - Information für Zahnärzte und zahntechnisches Personal; 2024; www.dentaltox.com/information-fuer-zahnaerzte-und-zahntechnisches-personal/ (Abruf 20.02.2024)
- Opti-Dent Zahnlexikon 2015: Metallallergie, Kunststoffallergie, Allergietest, Zahnmedizin; www.zahn-lexikon.com/index.php/m/1510-metallallergie (Abruf 20.02.2024)
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: Dr. med. Anna Eger, www.mein-allergie-portal.com
Lesen Sie auch
-
Allergie auf Zahnmaterialien: Diagnose & Maßnahmen
-
Kontaktekzeme: Wo verstecken sich die Allergene?
-
Allergische Reaktionen bei Operationen und Zahnbehandlungen
Weitere Beiträge
News - Allergie und Zahnbehandlung
- Zahnersatz-Allergie: Sind Goldfüllungen die Alternative?
- Allergische Reaktion nach Zahnbehandlung
- Allergie auf Bisphenol A in Zahnmaterialien
- Allergie auf Zahnmaterial, Zahnersatz: Was ist das?
- Magen-Darm-Probleme durch Zahnbehandlungen?
- Allergisch auf Zahnersatz: Füllung, Krone, Prothese
- Allergie auf Zahnmaterialien: Diagnose & Maßnahmen
- Allergie auf Zahnmaterial: Häufigkeit & Symptome