Allergie gegen Hühnerei: Allergene, Meidung, Ersatz
Eine Allergie gegen Hühnerei betrifft meist Kleinkinder - im Erwachsenenalter ist die Hühnerei Allergie eher selten. Zwar kann sich die Hühnerei Allergie bei Kindern im Laufe der Zeit auch wieder verlieren. Solange sie besteht, sind jedoch schwere allergische Symptome und im schlimmsten Fall ein allergischer Schock möglich. Die wichtigste Maßnahme ist es deshalb, das Allergen zu meiden. MeinAllergiePortal sprach Dipl. Oecotroph. Stefanie Brunstering aus Horstmar darüber, wie man Hühnerei meiden bzw. ersetzen kann.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Dipl. Oecotroph. Stefanie Brunstering
Frau Brunstering, wo sitzen die Allergene beim Hühnerei, im Eiklar oder im Eigelb?
Die Allergene können sowohl im Eiklar als auch im Eigelb vorkommen. Häufig gibt es nur Sensibilisierungen gegen die Proteine im Eiklar. Es ist aber küchentechnisch schwierig, diese Trennung so exakt zu vollziehen. Deshalb wird der Verzicht auf das gesamte Hühnerei empfohlen.
Dennoch, welches sind die wichtigen Allergene im im Eiklar oder Eiweiß und welche im Eigelb oder Eidotter?
Ein sehr hitzestabiles und aggressives Einzelallergen ist das "Ovomucoid", das im Eiklar vorkommt. Es gibt also eine Eiklar Unverträglichkeit. Liegt eine Sensibilisierung gegen Ovomucoid vor, so besteht ein Risiko für Reaktionen gegen Hühnerei in allen Zubereitungsformen - roh und erhitzt!
Andere Einzelkomponenten wie das "Ovoalbumin", welches im Eiklar und Eigelb vorkommt und auch das "Ovotransferrin" oder "Ovolysozym" verlieren dagegen beim Erhitzen ihre Allergenität.
Man sollte aber immer im Einzelfall mit den Allergologen klären, ob Ei in bestimmten Formen gegeben werden kann!
Gibt es eine Allergie nur gegen Eigelb, eine Eigelb Unverträglichkeit?
Es gibt eine Unverträglichkeit gegen das Protein im Eigelb, das Livetin. Eine Allergie scheint eher im Erwachsenenalter aufzutreten. Allergien gegen Hühnereiweiß sind jedoch bei Erwachsenen generell sehr selten.
Was bedeutet es, eine Allergie gegen Ovomucoid zu haben?
Ovomucoid ist eine Eiweißfraktion im Eiklar und besitzt eine sehr hohe Allergenität. Im Unterschied zu anderen Eiweißfraktionen, zum Beispiel Lysozym, ist Ovomucoid hitzestabil. Das heißtes wird beim Erhitzen nicht zerstört und behält seine Allergenität.
Welche Symptome sind typisch für eine Ovomucoid Allergie?
Bei einer Allergie gegen Ovomucoid können gastrointestinale Symptome, wie Krämpfe oder Diarrhöen, auftreten. Aber auch Ekzeme treten auf.
Sind diese Allergene auch in anderen Vogeleiern vorhanden, oder kann man mit einer Hühnerei Allergie, z.B. Wachteleier, essen?
Der Verzehr von Eiern anderer Vögel kann zu Kreuzreaktionen führen und sollte mit dem Allergologen abgeklärt werden.
Hat man bei einer Eiallergie auch eine Allergie auf Geflügelfleisch?
Eine gleichzeitige Allergie auf Geflügelfleisch kommt sehr selten vor, dann handelt es sich um das Vogel-Ei-Syndrom.
Was genau bedeutet "Vogel-Ei-Syndrom"?
Dieses Allergiesyndrom wird durch das Einzelallergen "ɑlpha-Livetin" ausgelöst, welches nur im Eigelb vorkommt und Grundlage des "Vogel-Ei-Syndroms" ist. Beim Vogel-Ei-Syndrom können beim Verzehr von verschiedenen Vogeleiern und bei Geflügelfleisch allergische Symptome am Magen-Darm-Trakt oder an der Haut auftreten. Außerdem kann es beim Kontakt mit Vögeln zu asthmatischen Beschwerden kommen.
Zurück zur Hühnerei Allergie, diese gilt als eine bei Kindern häufig vorkommende Allergie. Heißt das, dass sie bei Erwachsenen nicht erstmals auftreten kann?
Die Hühnereiallergie beginnt in der Regel im frühen Lebensalter - meist unter 2 Jahren. 1 bis 2 Prozent der Säuglinge und Kleinkinder haben eine nachgewiesene Hühnereiallergie. Sehr selten können Hühnereiproteine auch beim Erwachsenen Reaktionen an der Haut oder im Magen-Darm-Trakt auslösen.
Woran erkennt man eine Hühnerei Allergie beim Kind, wie sehen die Symptome aus?
Eine Hühnereiallergie kann, wie andere Allergien auch, verschiedene Symptome auslösen: Neurodermitis, Urtikaria, Darmbeschwerden, Asthma und Anaphylaxie. An den Symptomen ist zunächst nicht erkennbar, ob und welche Allergie ursächlich ist. Das kann dann erst durch den Diagnoseweg mit Anamnese, Blut- und Hauttests, und im idealen Fall einer Provokationstestung herausgefunden werden.
Wie sieht die Behandlung der Hühnerei Allergie aus?
In der Regel wird das strikte Meiden von Hühnerei in jeder Form, das heißt pur, roh, gekocht, verarbeitet in Kuchen, Teigwaren, usw., empfohlen.
Was muss man als Ei Allergiker meiden?
Bei Fertigprodukten ist die Zutatenliste bei jedem Kauf auf entsprechende Angaben zu prüfen: Eiweißpulver, Volleipulver, Eiklar, Eigelb, Ovo-, Lysozym, Simplesse.
Der Begriff Eiweiß oder Protein unter den "Nährstoffangaben" eines Produktes bezieht sich auf das Eiweiß aller Zutaten. Das ist nicht unbedingt ein Hinweis auf Hühnereigehalt. Es sollte immer die Zutatenliste geprüft werden, denn auch Allergikerhinweise sind nicht unbedingt hilfreich. Aktuell gibt es dafür keine klaren Regelungen. Wie damit umzugehen ist sollte man auch in der individuellen Ernährungsberatung klären.
Lose Waren, wie Backwaren oder Eis von der Eisdiele sind seit 2014 ebenfalls gesetzlich zur Kennzeichnung verpflichtet. Aber: Selbst auf Nachfrage erhält man nicht immer eine korrekte Antwort: Eisdielenbesitzer vergessen schon mal selbst, dass sie für Fruchteis Eiklar verwenden.
Darf man denn dann bei einer Hühnerei Allergie Lebensmittel essen, bei denen „Eiweiß“ und „Protein“ auf der Zutatenliste steht?
Ja. Wichtig ist es, in der Zutatenliste zu schauen, ob es sich bei der Eiweiß- oder Proteinquelle um Hühnereier handelt.
Was sollte man beim Kochen beachten, wenn man eine Allergie auf Hühnerei hat?
Die Herstellung von eifreien Produkten im eigenen Haushalt bietet Sicherheit. Allerdings gilt es einige Regeln zu beachten:
- Beim Kochen für Ei Allergiker sollten nicht zeitgleich Eierspeisen für andere Mitglieder des Hashaltes zubereitet werden. Der Grund: Schnell sind Rührlöffel oder Töpfe vertauscht und dann kann es zu einer Kontamination kommen!
- Verspeist ein Kind ein Rührei, sollte es nicht aus dem gleichen Glas wie der Allergiker trinken!
- Nach dem Verarbeiten von Eiern immer sorgfältig die Hände waschen!
Ist eine detaillierte Diagnostik mit Einzelkomponenten und/oder eine Provokationstestung auf verbackenes bzw. gegartes Ei erfolgt, können die Empfehlungen auch individuell anders ausfallen – aber nur dann!
Wodurch ersetzt man das Hühnerei im Speiseplan?
Als Ersatz für Hühnerei gibt es viele Alternativen. Zum Backen von Muffins, flachen Kuchen oder Pfannkuchen kann ein Ei durch 2 EL Kartoffelstärke oder Sojamehl mit 2 bis 3 EL Wasser ersetzt werden. Viele Teige sind auch traditionell ohne Ei herstellbar: Hefeteig, Strudelteig, Mürbeteig. Zur Lockerung von Hackfleisch kann Quark oder eine rohe Kartoffel verwendet werden.
Gibt es noch weitere Gefahrenquellen für Hühnerei Allergier?
In Impfstoffen können auch Hühnereiallergene in sehr geringer Dosierung vorkommen und das Allergen Lysozym ist gelegentlich Bestandteil von Hals-Lutschtabletten. Auch in Ei-Shampoo kann Hühnerei-Eiweiß zugesetzt sein.
Manche für Kinder typische Allergien können sich auch wieder verlieren. Gilt das auch für die Hühnerei Allergie?
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kleinkind eine Toleranz gegen Hühnerei entwickelt ist sehr hoch: Etwa 70 Prozent aller Hühnereiallergiker reagieren im Schulalter beim Verzehr von Eiern nicht mehr mit Symptomen. Daher ist es sinnvoll, dass bei einer dauerhaften Auslassdiät die Allergie alle 1 bis 2 Jahre wieder überprüft wird: Haut-, Blut- und Provokationstestungen.
Gibt es Umstände, die die Zurückbildung der Hühnerei Allergie fördern oder hemmen?
Nach heutigem Kenntnisstand wird die Karenz – Hühnerei ganz vermeiden – für 1 bis 2 Jahre empfohlen. Das führt häufig zu einer Toleranzentwicklung. Die Überprüfung sollte aber nur unter ärztlicher Begleitung erfolgen!
Besteht eine Toleranz gegen verbackenes Ei, so fördert der regelmäßige Verzehr eventuell auch die Toleranzentwicklung gegen rohes Ei. Dazu gibt es aber noch wenige Studiendaten. Das sollte immer im Einzelfall von Ärzten und Ernährungsfachkräften für Allergologie beurteilt werden.
Besteht bei der Hühnerei Allergie die Gefahr für weitere Allergien?
Viele Kinder reagieren nur auf ein bis zwei Lebensmittel allergisch. Nur wenige Kinder sind von vielen Allergien betroffen. Insbesondere Säuglinge mit einer schweren Neurodermitis entwickeln häufiger auf mehrere Nahrungsmittel eine Allergie. Die Sensibilisierung auf Hühnerei kann darauf hinweisen, dass im weiteren Leben weitere atopische Erkrankungen wie beispielsweise Asthma bronchiale auftreten.
Besteht bei Menschen mit einer Hühnerei Allergie die Gefahr einer Mangelernährung?
Sofern andere tierische Lebensmittel wie Milch und Käse, Fleisch oder Wurst verzehrt werden können, besteht keine Gefahr für eine Mangelernährung. Gibt es noch weitere Einschränkungen im Speiseplan, so sollte die individuelle Nährstoffversorgung in regelmäßigen Abständen mit einer allergologisch versierten Ernährungsfachkraft geprüft werden. Verzeichnisse findet man unter anderem unter www.ak-dida.de oder www.daab.de!
Frau Brunstering, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/S. Brunstering, www.mein-allergie-portal.com
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