Skip to main content
- Anzeige -
- Anzeige -

Morbus Crohn – welche Medikamente helfen?

Morbus Crohn Medikamente
Was für Medikamente sind am besten geeignet für die Krankheit Morbus Crohn? Bildquelle: canva Alona Siniehina, DAPA Images

Die Therapie des Morbus Crohn gilt als kompliziert. Das liegt unter anderem daran, dass es unterschiedliche Verlaufsformen gibt, die auch eine unterschiedliche Behandlung erfordern. MeinAllergiePortal sprach im Rahmen des DGIM-Kongresses 2023 mit Prof. Dr. med. habil. Tanja Kühbacher, Chefärztin Innere Medizin an den medius Kliniken Nürtingen.

Autor: Prof. Dr. med. habil. Tanja Kühbacher

Frau Prof. Kühbacher, welche Arten von Morbus Crohn gibt es?

Die Verlaufsformen von Mobus Crohn können sehr unterschiedlich sein. Es gibt MC-Patienten, die nur einen milden Krankheitsverlauf haben und das gilt für über 50 Prozent der Patienten. Diese Patienten haben nur selten einen Schub, manchmal nur alle paar Jahre. Dahingegen zeigt sich bei der anderen Hälfte der von Morbus Crohn betroffenen Petienten ein chronischer Krankheitsverlauf, in manchen Fällen werden die Symptome im Laufe der Zeit sogar schlimmer.

Man teilt den möglichen Krankheitsverlauf bei Morbus Crohn in vier Gruppen ein:

  1. Morbus Crohn mit abnehmendem Schweregrad der Darmsymptome
  2. Morbus Crohn mit zunehmendem Schweregrad der Darmsymptome
  3. Kontinuierliche chronische Darmsymptome
  4. Chronische Rückfälle der Darmsymptomatik

Wie behandeln Sie Morbus Crohn Patienten mit einem milden Krankheitsverlauf?

Patienten mit leichten oder seltenen Morbus Crohn-Symptomen, das wäre die erste Gruppe, lassen sich gut mit Kortison behandeln. Kortison sollte bei Morbus Crohn aber immer nur kurzzeitig und auf keinen Fall über einen längeren Zeitraum hinweg gegeben werden, denn die Nebenwirkungen von systemischem Kortison sind zu gravierend. Patienten, die unter schweren Symptomen des Morbus Crohn leiden, das wären die Gruppen 2 bis 4, sind schwieriger zu behandeln.

Warum sind Morbus Crohn Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf schwieriger zu behandeln?

Bei der MC-Therapie schwerer Verläufe kommt es darauf an, dass möglichst früh mit guten und effektiven Medikamenten behandelt wird. Der Grund: Es gibt für die Morbus Crohn-Therapie ein frühes „window of opportunity“ in dem die Behandlung am besten anschlägt. Bei Morbus Crohn ist das der Zeitpunkt der ausgeprägtesten Entzündungsreaktion, weil dann noch ein Fortschreiten der Entzündung, sowie Komplikationen verhindert werden können. Es ist bei Morbus Crohn allerdings nicht leicht, diesen optimalen Therapiezeitpunkt zu „erwischen“, denn durch die oft unspezifischen Symptome wird die Diagnose Morbus Crohn nicht immer so schnell gestellt, wie das wünschenswert wäre. Hinzu kommt, dass Patienten mit Morbus Crohn oft auch eine längere Zeit nicht so erfolgreicher Therapieversuche durchlaufen. So verliert man oft wertvolle Zeit. Das bedeutet aber nicht, dass man einen lange bestehenden Morbus Crohn nicht mehr therapieren kann. Selbst dann, wenn der Morbus Crohn bislang nicht optimal behandelt wurde, ist es möglich, die Symptomatik mit der richtigen Therapie zu verbessern.

Zu welchen Komplikationen kann es bei Morbus Crohn kommen, wenn es eine schwerere Form ist?

Je länger der Morbus Crohn besteht, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit dass es zu Stenosen, das sind Verengungen des Darmes, kommt. Ebenso steigt dann das Risiko für Penetrationen wie Fisteln. Das Risiko für diese Komplikationen beläuft sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung auf <30 Prozent und steigt im Laufe der Jahre, nach 30 Jahren sind es 74 Prozent.

Wie kann man zum Zeitpunkt der Diagnose schon wissen, ob es sich um einen Morbus Crohn mit schwerem Verlauf handelt?

Es gibt beim Morbus Crohn gewisse klinische, genetische und labortechnische Anzeichen für das Risiko eines schweren Verlaufs. Das sind meist Patienten, die bei der Diagnosestellung noch jung sind, einen ausgedehnten Krankheitsbefall zeigen und bei denen bereits Komplikationen auftreten.

Diese klinischen Anzeichen sprechen für einen schweren Morbus Crohn Verlauf:

  • Diagnose im frühen Lebensalter
  • Notwendigkeit einer Kortisontherapie, bereits zum Zeitpunkt der Diagnose
  • Frühes Auftreten von Stenosen oder Fisteln
  • Erkrankung des Ileums
  • Rektale Erkrankung
  • Schwere Erkrankung des obere n Gastrointestinaltraktes
  • Perianale Erkrankung
  • Schwere endoskopische Läsionen
  • Rauchen

Diese genetischen Anzeichen und Labormarker sprechen für einen schweren Morbus Crohn Verlauf:

  • Genetische Faktoren, zum Beispiel eine NOD2-Mutation
  • Transkriptomfaktoren, zum Beispiel eine CD8+ T-Zell Signatur
  • Positive antimikrobielle Marker
  • Proteomische Faktoren, zum Beispiel CRP

In welchem Alter wird ein Morbus Crohn normalerweise diagnostiziert?

In der Regel stellt man einen Morbus Crohn bei jungen Menschen fest. Aber zunehmend sehen wir auch Morbus Crohn Erstdiagnosen bei Patienten in höherem Alter. Man kann auch noch mit 60 Jahren erstmals eine Morbus Crohn-Diagnose gestellt bekommen.

Was kann man mit einer effektiven Morbus Crohn Therapie erreichen?

Das Ziel der Morbus Crohn-Therapie geht über die bloße Bekämpfung der Morbus Crohn-Symptome hinaus. Zum einen soll die Morbus Crohn Symptomatik, die den Patienten das Leben schwer macht, kontrolliert werden. Das bedeutet wir wollen Symptome wie die Anzahl der täglichen Stühle, das Blut im Stuhl oder die Bauchschmerzen möglichst zum Verschwinden bringen. Bei der Morbus Crohn Therapie geht es aber in erster Linie darum, die Inflammation, die Entzündung, zu reduzieren und die gestörte Mukosaschleimhaut des gesamten Körpers zu beruhigen, denn das ist die Ursache der Systemerkrankung Morbus Crohn. Nur so lassen sich Komorbiditäten, das sind Begleiterkrankungen, des Morbus Crohn verhindern.

Zu welchen Begleiterkrankungen kann es bei Morbus Crohn kommen?

Mögliche Komorbiditäten bei Morbus Crohn können an allen Schleimhäuten des Körpers auftreten. So kann es zum Beispiel zu Arthritiden, das sind Entzündungen der Gelenke, kommen. Aber auch das Auge, die Bauchspeicheldrüse und andere Organe können bei Morbus Crohn in Mitleidenschaft gezogen werden.

Wie sieht eine gute Morbus Crohn Therapie aus?

Vor Beginn einer Morbus Crohn Therapie sollte zunächst der Status der Erkrankung definiert werden. Dazu wird man eine Endoskopie und einen Ultraschall des Darmes durchführen und den Status von Leukozyten und Thrombozyten messen. Wichtig ist auch, den Therapieerfolg im Laufe der Behandlung immer wieder zu überprüfen. Gegebenenfalls muss das Therapeutikum gewechselt werden. Wichtig ist dabei, dass auch der „Patient Reported Outcome“ in die Therapieentscheidung einfließt, also das, was die Patienten über den Behandlungserfolg berichten.

Welche Medikamente stehen zur Therapie eines schweren Morbus Crohn zur Verfügung?

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe moderner Medikamente zur Morbus Crohn Therapie. 

 

Diese Medikamente stehen zur Therapie von Morbus Crohn zur Verfügung
Wirkmechanismus Substanzklasse Substanz
Zytokin-Blockade Anti-IL-12p40 Ustekinumab*
  Anti-IL-23p19 Risankizumab
    Mirikizumab
    Brazikumab
    Guselkumab
Blockade des intrazellulären Signalwegs JAK-Inhibitor Tofacitinib*
    Filgotinib*
    Upadacitinib*
Zytokin-Targting Anti-TNF Infliximab*
    Adalimumab*
    Golimumab*
    Certolizumab pegol
Blockade des Lymphozytentransports Anti-α4β7 Vedolizumab*
  Anti-β7 Etrolizumab
  Anti-MADCAM1 Ontamalimab
  S1P Ozanimod*
* Bereits zur Therapie von Morbus Crohn zugelassen
Quelle: Prof. Dr. med. habil. Tanja Kühbacher

Die Auslieferung von Risakinzumab verzögert sich aktuell, weil der Autoinjektor noch nicht zur Verfügung steht, aber dies müsste bald der Fall sein.

Was kann man mit den neuen Morbus Crohn Medikamenten erreichen?

Zum einen kann man mit den neuen Substanzen vielen Patienten helfen, die einen schweren Morbus Crohn haben, der auf die bisherige Therapie nicht anspricht. Bei neu diagnostizierten Patienten können die neuen Therapien gegen Morbus Crohn in vielen Fällen verhindern, dass eine Operation nötig wird. Jede Substanz hat eine andere Wirkung und natürlich gibt es auch hier manchmal Nebenwirkungen. Deshalb ist es so wichtig, die individuelle Lebenssituation des Patienten zu berücksichtigen und die optimale Therapie für die richtigen Patienten auszuwählen.

Frau Prof. Kühbacher, herzlichen Dank für dieses Interview!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

31. Mai 2023

Autor: S.Jossé/T.Kühbacher, www.mein-allergie-portal.com

Artikel teilen

Lesen Sie auch

Weitere Beiträge