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Colitis ulcerosa beim Kind: Symptome, Diagnose Therapie

Colitis ulcerosa beim Kind
Was macht die chronisch entzündliche Darmerkrankung beim Kind aus? Bildquelle: J. de Laffolie

Die Colitis ulcerosa (CU) kann auch beim Kind oder Jugendlichen auftreten. Aber woran erkennt man eine Darmentzündung bei Kindern, wie sehen die Symptome aus und was sollten Eltern über Diagnose und Therapie wissen? Das erklärt Prof. Dr. med. Jan de Laffolie, Leiter der Kindergastroenterologie am Universitätsklinikum Gießen für MeinAllergiePortal im Interview.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Prof. Dr. med. Jan de Laffolie

 

Colitis ulcerosa beim Kind: Die wichtigsten Fakten!

Die Colitis ulcerosa beim Kind ist noch selten, die Häufigkeit steigt jedoch

Als Ursache für die steigenden Erkrankungszahlen vermutet man unter anderem die westliche Lebensweise und die damit einhergehende Ernährung

Bei Kindern ist die Lokalisation der Colitis ulcerosa ausgedehnter als bei Erwachsenen und es zeigt sich ein schwererer Verlauf

Auch unspezifische Symptome können auftreten

Hat der Kinderarzt den Verdacht, dass beim Kind eine Colitis ulcerosa besteht, wird er zur weiteren Diagnose zum Kinder-Gastroenterologen überweisen

Zur Therapie der Colitis ulcerosa bei Kindern stehen mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die entsprechend der Schwere der Erkrankung ausgewählt werden

 

Prof. de Laffolie, wie häufig ist Colitis ulcerosa bei Kindern?

Prinzipiell ist die Colitis ulcerosa bzw. sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen bei Kindern immer noch selten, sie nehmen aber in ihrer Häufigkeit zu. Dabei tritt die Colitis ulcerosa ähnlich häufig auf, wie zum Beispiel ein Typ 1 Diabetes. Die Erkrankung ist damit nicht so verbreitet wie beispielsweise Asthma oder Nahrungsmittelallergien.

Ab welchem Alter können Kinder Colitis ulcerosa entwickeln?

Eine Colitis ulcerosa kann jederzeit im Laufe des Lebens entstehen. Zwar gibt es sehr selten Fälle einer angeborenen Colitis ulcerosa, oft entwickeln die Patienten eine Colitis ulcerosa erst als Kinder oder junge Erwachsene. Ungefähr ein Viertel aller Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen bekommen ihre Diagnose in den ersten 2 Lebensjahrzehnten.

Sie sagten, dass die Anzahl der Patienten mit Colitis ulcerosa steigt, weiß man, warum?

Zur Ursache für die steigenden Zahlen bei Colitis ulcerosa gibt es Ideen. So vermutet man, dass die moderne Ernährungs- und Lebensweise ein Grund dafür sein könnte, dass es immer mehr Patienten mit Colitis ulcerosa gibt, auch unter den Kindern. Die “Western Diet” ist als Risikofaktor für entzündliche Darmerkrankungen bekannt, aber man geht man davon aus, dass auch andere Umweltfaktoren bei der Entstehung von Colitis ulcerosa eine Rolle spielen könnten.

Auch bei Allergien geht man davon aus, dass der “Western Livestyle” die Entwicklung von Allergien begünstigen könnte....

Ja, auch bei Allergien vermutet man, dass der moderne westliche Lebensstil einen negativen Einfluss hat, aber auf eine andere Art und Weise. Sowohl bei Allergien als auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen kommt es zu chronischen Entzündungen. Allerdings ist die Inflammation bei Allergien und bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nicht vergleichbar, aber tatsächlich nimmt die Häufung beider Erkrankungen zu.

Gibt es Risikofaktoren, die Colitis ulcerosa bei Kindern begünstigen?

Die Haupt-Risikofaktoren für Colitis ulcerosa beim Kind sind:

  1. wenn andere Familienmitglieder bereits von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen betroffen sind
  2. wenn es andere relevante Autoimmunerkrankungen gibt.

Bei Patienten, die zum Beispiel von einer Autoimmunhepatitis, einer sehr seltenen Erkrankung, betroffen sind, ist das Risiko für chronisch entzündliche Darmerkrankungen deutlich erhöht. Bei anderen Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie oder Hashimoto ist das Risiko hingegen lediglich leicht erhöht.

Wie sehen bei Kindern mit Colitis ulcerosa die Symptome aus? Gibt es Unterschiede zu Erwachsenen?

Bei Kindern mit Colitis ulcerosa ist die Lokalisation der Erkrankung ausgedehnter als bei den Erwachsenen. Auch zeigen sich bei Kindern schwerere Phänotypen, das heißt die Colitis ulcerosa hat auch einen schwereren Verlauf als bei den erwachsenen CU-Patienten.

Die spezifischen Leitsymptome der Colitis ulcerosa, blutige Durchfälle, sind die gleichen wie bei den Erwachsenen. Es gibt aber bei den jungen Colitis ulcerosa-Patienten auch andere Symptome.

Kinder mit Colitis ulcerosa können auch die folgenden unspezifischen Symptome entwickeln:

  • Leistungsknick
  • Gewichtsstillstand
  • Gedeihstörung

Auch kommen bei Kindern extraintestinale Manifestationen häufiger vor, das sind Formen der Erkrankung, die außerhalb des Darmes angesiedelt sind. Dazu gehören unter anderem Lebererkrankungen. Augen- oder Hauterkrankungen.

An welchen Arzt sollten sich die Eltern wenden, wenn sie fürchten, dass ihr Kind Colitis ulcerosa hat?

Der erste Ansprechpartner bei Verdacht auf Colitis ulcerosa beim Kind ist der Kinderarzt. Besteht durch den Kinderarzt der Verdacht weiter ist der Kindergastroenterologe der Arzt, der sich mit dieser chronisch entzündlichen Darmerkrankung am besten auskennt. Wichtige Adressen von spezialisierten Ärzten und kindergastroenterologischen Zentren findet man auf der Homepage der GPGE, der Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e. V., die in den deutschsprachigen europäischen Ländern die Kinder-Gastroenterologen vertritt.

Zur Diagnose, welche Untersuchungen führt welcher Arzt beim Kind durch, um Colitis ulcerosa zu diagnostizieren?

Wenn das Kind unspezifische Beschwerden hat, wie zum Beispiel Bauchschmerzen, die eher nicht für eine Colitis ulcerosa sprechen, wird der Kinderarzt die Anamnese erheben, das Kind klinisch untersuchen und Stuhluntersuchungen durchführen. Daraus lässt sich ableiten, ob ein Risiko für eine Colitis ulcerosa besteht, und wenn dies der Fall ist, wird der Pädiater das Kind an den Kinder-Gastroenterologen überweisen. Der Kinder-Gastroenterologe wiederholt üblicherweise die Blut- und Stuhl-Untersuchungen und wird dann beim Kind eine Endoskopie durchführen. Eine Endoskopie bedeutet, dass sowohl eine Darmspiegelung als auch eine Magenspiegelung durchgeführt wird, in der Regel gleichzeitig bei einem Termin mit Biopsieentnahmen und histologischer Untersuchung. Zusätzlich können noch radiologische Untersuchungen wie ein MRT des Dünndarmes durchgeführt werden. Dann kann die Diagnose Colitis ulcerosa anhand der Untersuchungsergebnisse gestellt werden.

Sind das die gleichen Untersuchungen wie bei der Diagnose von Colitis ulcerosa bei Erwachsenen?

Nein, denn bei Erwachsenen würde man die Magenspiegelung nicht zwingend durchführen und auch die MRT-Untersuchung des Dünndarms ist bei Kindern wichtiger als bei den Erwachsenen. Das liegt daran, dass die Zuordnung einer Colitis ulcerosa oder eines Morbus Crohn bei Kindern schwieriger sein kann.

Was ist denn bei Kindern der Unterschied zwischen Colitis ulcerosa und Morbus Crohn?

Sowohl die Ausdehnung der Erkrankung als auch der Charakter der Entzündung stellt sich bei der Colitis ulcerosa bei Kindern anders dar als beim Morbus Crohn. Bei der Colitis ulcerosa verläuft die Entzündung eher oberflächig mukosal auf der Darmschleimhaut und durchdringt sie nicht. Die Lokalisierung der Colitis ulcerosa betrifft eher den Abschnitt des Dickdarms vom Enddarm her. Dahingegen zeigt sich der Morbus Crohn beim Kind eher segmental an einzelnen Abschnitten des gesamten Magen-Darm-Traktes und transmural, das heißt, die Entzündung durchdringt die Darmwand.

Was bedeutet die Diagnose Colitis ulcerosa für ein Kind?

Die Diagnose Colitis ulcerosa beim Kind bedeutet eine große Umstellung für die gesamte Familie. Wie bei allen chronischen Erkrankungen im Kindesalter muss man sich mit der Krankheit zunächst einmal grundsätzlich auseinandersetzen und die Herausforderung akzeptieren. Dabei können kinder-gastroenterologische Teams unterstützen, die auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen bei Kindern spezialisiert sind.

Wie können spezialisierte Kinder- gastroenterologische Teams bei Colitis ulcerosa helfen?

Kinder, die an CED leiden, sollten in einer spezialisierten Ambulanz multidisziplinär betreut werden. In diesen Teams gibt es Spezialisten für alle Aspekte der chronischen Darmerkrankungen, zum Beispiel Ernährungsmediziner, Ernährungsfachkräfte, Psychologen und Kinder-Chirurgen, falls eine Darm-OP nötig werden sollte. Diese multidisziplinären Teams unterstützen nicht nur das Kind, sondern die ganze Familie bei der Krankheits-Akzeptanz. Darüber hinaus unterstützt auch die DCCV, die Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung e. V. die Familien, eine wichtige Patienten-Vereinigung für chronisch entzündliche Darmerkrankungen.

Welche Therapien gibt es gegen Colitis ulcerosa bei Kindern?

Zur Behandlung von Colitis ulcerosa gibt es verschiedene Therapiestufen, wobei bei Kindern häufig eine höhere Stufe gewählt werden muss, gerade bei kleineren Kindern oder starker entzündlicher Aktivität. Auf der ersten Coltitis ulcerosa Therapiestufe werden die Kinder mit dem Wirkstoff Mesalazin, bzw. 5-Aminosalicylsäure behandelt. Dieser Wirkstoff gehört zur Gruppe der Aminosalicylate. Bei starker Aktivität oder unzureichendem Ansprechen benötigen die Kinder häufig eine Therapie mit Kortikosteroiden. Darüber hinaus kann man Immunmodulatoren einsetzen, wie zum Beispiel Azathioprin. Weiter stehen zur Behandlung von Kindern mit Colitis ulcerosa auch Biologika Verfügung.

Welche Biologika können bei Kindern mit Colitis ulcerosa helfen?

Für Kinder mit Colitis ulcerosa gibt es aktuell zum Beispiel die Biologika Infliximab und Adalimumab. Es gibt weitere Therapien gegen Colitis ulcerosa, wie Vedolizumab oder Ustekinumab, die aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht für Kinder zugelassen sind. In den auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen bei Kindern spezialisierten Teams kennt man sich mit dem aktuellen Stand der Zulassung bei Colitis ulcerosa-Medikamenten sehr gut aus und kann auch gut einschätzen, welche Kinder von welchen Therapien profitieren könnten. Aber: Schwerkranke Kinder mit Colitis ulcerosa können auch stärkere Therapien benötigen.

Welche Therapien helfen Kindern mit schwerer Colitis ulcerosa?

Sind Kinder von Colitis ulcerosa schwer betroffen, hat auch systemisches Kortison seinen Platz bei der Therapie, ebenso wie Immunsuppressiva, wie zum Beispiel Cyclosporin A oder Tacrolimus. Diese Behandlung ist allerdings nicht für eine dauerhafte Anwendung geeignet. In manchen Fällen kann auch eine Kolektomie nötig werden, eine Operation am Darm, bei der man den Dickdarm entfernen muss, um diese entzündliche Erkrankung erfolgreich behandeln zu können. Grundsätzlich versucht man jedoch, bei der Colitis ulcerosa eine frühe Kolektomie zu vermeiden. Zudem gibt es neuere Colitis ulcerosa-Medikamente, die in der Erwachsenen-Medizin eingesetzt werden, die wir nach entsprechender Abwägung in manchen Fällen auch ohne die entsprechende Zulassung, off-label, bei Kindern einsetzen, um das therapeutische Spektrum zu erweitern.

Welchen Verlauf nimmt die Colitis ulcerosa bei Kindern und besteht die Chance, dass sich die Erkrankung wieder verliert?

Bei der Colitis ulcerosa ist alles möglich, das heißt die Erkrankung kann sich bessern, aber auch schlimmer werden. Manche Patienten erleben, dass die Aktivität ihrer Colitis ulcerosa stark schwankt. Andere Patienten kommen nach einer initialen starken Phase in eine Remissionsphase, also in eine Phase ohne Colitis ulcerosa-Symptome. Andere wiederum haben vereinzelte Phasen von entzündlicher Aktivität, die sich mit Ruhephasen abwechseln.

Gibt es Ansätze zur Prävention von Colitis ulcerosa?

Es gibt Empfehlungen zur gesunden Kinderernährung und zu einem gesunden Lebensstil für Kinder. Diese Empfehlungen gelten im weitesten Sinne als Prävention. Eine Impfung gegen Colitis ulcerosa oder Medikamente, die man vorbeugend einnehmen könnte, gibt es allerdings nicht.

Herr Prof. De Laffolie, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

14. August 2023

Autor: S.Jossé/J.de Laffolie, www.mein-allergie-portal.com

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