Nasenpolypen – können Biologika helfen?
Unter Nasenpolypen, auch als Polyposis nasi bezeichnet, leiden viele Patienten. Es handelt sich dabei um eine Form der chronischen Rhinosinusitis, das heißt der chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen. Die klassischen Therapien mit Medikamenten helfen oftmals nicht zufriedenstellend. Das kann zu erheblichen Einschränkungen im Alltag der Patienten führen. Mit den neuen Biologika ergeben sich neue Möglichkeiten für eine erfolgreiche Behandlung. MeinAllergiePortal sprach mit Dr. med. Konstantin van Ackeren, Oberarzt an der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie der Ruhr-Universität Bochum am St. Elisabeth-Hospital Bochum, darüber, wem Biologika helfen können.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Dr. med. Konstantin van Ackeren
Herr Dr. van Ackeren, warum werden viele Patienten mit Nasenpolypen nicht beschwerdefrei?
Die chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen ist eine komplexe Erkrankung. Grundsätzlich müssen bei der chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen zwei Arten unterschieden werden: eine Form ohne Polypen, auf englisch als Chronic Rhinosinusitis without (sine) Nasal Polyps (CRSsNP) bezeichnet, sowie eine Form der chronischen Rhinosinusitis mit Polypen, auf englisch Chronic Rhinosinusitis with Nasal Polyps (CRSwNP). Insbesondere die chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen kann eine therapeutische Herausforderung darstellen.
Wie werden Nasenpolypen klassischerweise behandelt?
Die konservative Therapie umfasst zunächst Nasenspülungen sowie die lokale Anwendung von kortisonhaltigem Nasenspray und gegebenenfalls eine systemische Kortisontherapie in Tablettenform. Tritt auch durch diese Maßnahmen keine Besserung ein, empfiehlt sich die Durchführung einer Operation. Sollten auch nach mehrfachen Operationen wieder Nasenpolypen mit den typischen Symptomen auftreten, kann die Anwendung von sogenannten Biologika bei Nasenpolypen erwogen werden.
Was versteht man unter „Biologika“ und wie können sie bei Nasenpolypen helfen?
Biologika sind sogenannte monoklonale Antikörper. Diese Antikörper greifen in die Signalwege der Typ-2-Entzündung ein. Dabei handelt es sich um eine Form der Entzündung, die vor allem bei der Rhinosinusitis mit Nasenpolypen eine Schlüsselrolle spielt. Wichtige Botenstoffe in diesem Entzündungsprozess, die Zytokine, können durch die Biologika gehemmt werden, so dass die Immunantwort somit „gebremst“ wird. Zu diesen Zytokinen gehören z. B. die Interleukine IL-4, IL-5 und IL-13. Solche Biologika werden bereits für die Behandlungen anderer Erkrankungen wie z. B. schwerem Asthma bronchiale, verschrieben.
Welche Vorteile bieten Biologika bei der Therapie einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung mit Nasenpolypen?
Die immunologischen Prozesse, die einer chronischen Rhinosinusitis mit Nasenpolypen zugrunde liegen, werden zunehmend erkannt und die Biologika setzen genau da an. Deshalb bieten die Biologika die Möglichkeit, gezielt in den individuell unterschiedlichen Entzündungsstoffwechsel einzugreifen und diesen zu blockieren. Dies ermöglicht erstmalig eine personalisierte Therapie. So richtet sich beispielsweise eines der Biologika gegen IgE und ein anderes gegen IL-4 und IL-13. Voraussetzung ist natürlich das individuelle Entzündungsmilieu des Patienten zu kennen. Das heißt, man benötigt einen sogenannten Biomarker, der einen Anhaltspunkt dafür liefert, welches Biologikum für welchen Patienten mit Nasenpolypen am besten geeignet ist. Allerdings ist die Bestimmung von Biomarkern noch nicht zur Gänze im klinischen Alltag angekommen. Die Bestimmung dieser Biomarker beim individuellen Patienten muss teilweise noch etabliert werden.
Für welche Patienten mit Nasenpolypen sind Biologika geeignet?
Die sorgfältige Indikationsstellung ist ein Grundpfeiler der Therapie mit Biologika. Wenn es bei den Patienten trotz optimaler Therapie zu wiederkehrenden Nasenpolypen kommt, sollten sie nach den klinischen Symptomen und deren Dauer inklusive der Lebensqualität gefragt werden. In der Anamnese sollte die bisherige Anwendung von Kortisonpräparaten, weitere Erkrankungen wie z.B. Asthma bronchiale, die Art und Anzahl der vorherigen Nasennebenhöhlen-Operationen und eine mögliche Schmerzmittel-Unverträglichkeit erhoben werden. Die bisherige Bildgebung sollte gesichtet werden und eine Nasenendoskopie durchgeführt werden. Eines der Biologika ist z. B. als Zusatz-Therapie bei Patienten über 18 Jahren angezeigt, deren ausgeprägte Rhinosinusitis mit Kortisonpräparaten sowie mehrfachen Nasennebenhöhlenoperationen nicht verbessert werden kann.
Welche Biologika sind zur Therapie von Nasenpolypen empfehlenswert?
Es gibt eine Reihe von Biologika, die laut der aktuellen Studienlage zu einer relevanten Symptombesserung bei Patienten mit Nasenpolypen zu führen. Hierbei ist jedoch wieder darauf hinzuweisen, dass die jeweiligen Patienten sorgfältig ausgesucht werden sollten. Auch laufen aktuell noch Zulassungsstudien weiterer Biologika bei Nasenpolypen.
Wie beurteilen Sie die Wirksamkeit der Biologika bei Nasenpolypen generell?
Hierbei ist die Unterscheidung hinsichtlich der verschiedenen Ansatzpunkte der Biologika und der jeweiligen Studienergebnisse zu beachten. So konnte z. B. eines der Biologika in mehreren Studien eine signifikante Minderung der Nasenpolypen sowohl in der Endoskopie sowie auch im CT bewirken. Für ein anderes Präparat konnte eine weitere Studie einen Rückgang der Nasenpolypen um 33 Prozent nachweisen. Zur Evaluation des Therapieerfolgs kann der Vergleich standardisierter Fragebögen hinsichtlich der Lebensqualität und dem Auftreten von Symptomen sowie der Vergleich von CT- bzw. Endoskopiebefunden vor und nach Therapiebeginn herangezogen werden.
Was kann man tun, wenn die Biologika-Therapie bei den Patienten mit Nasenpolypen nicht zur Symptomfreiheit führt?
Bisher sind Biologika nur als weiterer Baustein in der Therapie bei Patienten mit ausgeprägter chronischer Nasennebenhöhlenentzündung mit Nasenpolypen zugelassen. Hierzu erwarten wir die Ergebnisse bisher noch laufender Studien mit Spannung. Somit können diese neuen Medikamente noch nicht als Ersatz für die Standardtherapie gesehen werden und kommen bisher nur für ausgewählte Patienten in Frage. Bei ausbleibender Besserung kann ein erneuter operativer Eingriff oder gegebenenfalls eine Therapieanpassung anhand des immunologischen Profils erwogen werden.
Herr Dr. van Ackeren, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/ K. van Ackeren, www.mein-allergie-portal.com
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