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Schützen Zöliakie-Kontrolluntersuchungen vor Langzeitfolgen?

Zöliakie Kontrolluntersuchungen Langzeitfolgen
Zöliakie: Schützen Kontrolluntersuchungen vor Langzeitfolgen? Bildquelle: S. Baas

Muss man bei Zöliakie regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchführen lassen, auch wenn man keine Beschwerden hat? Welche Langzeitfolgen kann es haben, wenn die Zöliakie nicht ausreichend behandelt ist und man das zu spät bemerkt? MeinAllergiePortal sprach darüber mit Dr. med. Stephanie Baas, medizinische Beraterin der Deutschen Zöliakie Gesellschaft e.V. (DZG) in Stuttgart.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Dr. med. Stephanie Baas

Frau Dr. Baas, sollte man bei Zöliakie regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchführen lassen, auch wenn man keine Symptome hat?

Wer von Zöliakie betroffen ist, sollte auch bei Beschwerdefreiheit regelmäßige Kontrolluntersuchungen der Blutwerte durchführen lassen. Dafür sind einmal jährliche Untersuchungen beim Facharzt ratsam.  Das gibt eine gute Rückmeldung, ob man die Diät gut unsetzt und ob es nicht zu regelmäßigeren Fehlern kommt.

Warum sollte man bei Zöliakie auch bei Symptomfreiheit die Blutwerte regelmäßig überprüfen?

Wenn doch häufiger Diätfehler vorkommen, werden die Entzündungsreaktionen an der Schleimhaut immer wieder aktiviert. Es folgt dann letztlich ein Schleimhautumbau mit Verkürzung der Zotten. Das muss man nicht immer sofort merken, dass dieser Prozess wieder in Gang gekommen ist. Aber eine lange unentdeckt schlecht therapierte Zöliakie kann Folgeerkrankungen und Spätschäden zur Folge haben.

Wodurch könnte es denn bei Zöliakie zu Spätschäden kommen?

Wenn die Nährstoffe nicht mehr ausreichend aufgenommen werden, kann es zum Beispiel zu einer Unterversorgung mit Eisen, Zink, Folsäure, Calcium und Vitamin D kommen. Das könnte dann im Weiteren eine Minderung der Knochendichte oder eine Blutarmut auslösen. Besonders bei von Zöliakie betroffenen Kindern und Jugendlichen sind regelmäßige Untersuchungen notwendig, um durch Diätfehler und Nährstoffmangel bedingte Entwicklungsstörungen auszuschließen.

Was kann man tun, wenn es durch Fehler bei der glutenfreien Ernährung bereits zur Entzündung der Dünndarmschleimhaut gekommen ist?

Die einzige Therapie ist bislang der dauerhafte Verzicht auf Gluten, das Klebereiweiß, das sich in Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel verbirgt. Bei Betroffenen, die strikt auf Lebensmittel mit dem Klebereiweiß verzichten, regeneriert sich die Dünndarmschleimhaut im Laufe der Zeit wieder. Sollten Beschwerden vorhanden sein, nehmen diese dann ebenfalls wieder ab.

Wie wird eine Kontrolluntersuchung auf Zöliakie durchgeführt?

Die Kontrollen werden überwiegend durch die Bluttests auf Transglutaminase-IgA-Antikörper durchgeführt. Wenn die Betroffenen beschwerdefrei sind und die Antikörper in der Norm liegen, geht man davon aus, dass die glutenfreie Ernährung gut durchgeführt wird. Magenspiegelungen sind bei gutem Befinden und unauffälligen Antikörpern nicht sinnvoll.

Bei einem positiven, also auffälligen Ergebnis kann man zusätzlich eine Dünndarmbiopsie machen, um die Schleimhaut zu beurteilen. Auf jeden Fall sollten die Betroffenen zur Ernährungsfachkraft gehen, um die Diät nochmal genau unter die Lupe zu nehmen.

Im Rahmen regelmäßiger Kontrolluntersuchungen genügt in der Regel ein einziger Antikörpertest auf die Transglutaminase-IgA-Antikörper. Natürlich sollten die Betroffenen immer auch untersucht werden und das Gewicht sollte kontrolliert werden. Bei Kindern und Jugendlichen sollten Grüße und Pubertätsstatus erhoben werden.

Wann ist die Transglutaminase IgA-Antikörper-Konzentration im normalen Bereich und wann zu hoch?

Das ist nicht einfach zu sagen. Es gibt viele Firmen, die Transglutaminase-Tests herstellen. Die Normbereiche dazu sind sehr unterschiedlich. Am häufigsten kommen die Normwerte unter 7 oder unter 20 vor. Aber man benötigt immer die Angabe vom Labor, welche Werte für dieses Labor normal sind. Sonst kann man das nicht klar beurteilen.

Gibt es, abgesehen von den Transglutaminase IgA-Antikörpern, weitere Laborwerte bzw. Blutwerte, auf die bei Zöliakie kontrolliert werden sollte?

Bei Zöliakiebetroffenen, die unter Knochenschmerzen leiden, empfiehlt sich eine Blutuntersuchung auf Vitamin D und Calcium sowie eventuell eine Knochendichtemessung. Viele haben aber zum Beispiel immer wieder Probleme mit dem Eisenstoffwechsel. Dann ist die Untersuchung von Ferritin, dem Eisenspeicherwert, sinnvoll. Auch die Untersuchung des Schilddrüsenwertes TSH ist bei Erwachsenen immer wieder zu überlegen, da Fehlfunktionen ja auch nicht selten sind.

Prüft man bei Zöliakie auch Entzündungswerte oder Leberwerte?

Entzündungswerte sind bei Zöliakie eigentlich nie auffällig, daher macht das keinen Sinn. Die Leberwerte sind allerdings oft gerade anfänglich erhöht. Es sollte dann kontrolliert werden, ob sie sich unter der glutenfreien Ernährung normalisieren. Wäre das nicht der Fall, muss man dem weiter nachgehen. Es könnte zum Beispiel eine Autoimmunerkrankung der Leber bestehen.

Gibt es etwas auf das man vor einer Blutentnahme zur Zöliakiekontrolle achten muss?

Nein, man muss weder nüchtern sein noch sonstige Voraussetzungen dafür beachten. 

Darf man im Vorfeld des Zöliakie Bluttests Gluten essen?

Unter einer Kontrolluntersuchung verstehe ich, dass man eine Zöliakie festgestellt hat und dann die Behandlung, das Ansprechen auf die glutenfreie Ernährung beurteilen möchte. Dafür würde man nun nicht wieder Gluten zu sich nehmen. Ist die Diagnose nicht eindeutig klar, würde es vielleicht Sinn machen, sich nochmals glutenhaltig zu ernähren, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu bekommen.

Gibt es bei der Zöliakie-Kontrolle bezüglich der Blutwerte Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen?

Im Großen und Ganzen gibt es bei der Zöliakie-Kontrolle bezüglich der Blutwerte keine Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen.

Was könnte bei besehender Zöliakie der Grund für Knochenschmerzen sein?

Wurde die Zöliakie über längere Zeit hinweg nicht behandelt, kann es zu Osteoporose kommen. Grund dafür kann der Nährstoffmangel sein, der durch die nicht so aufnahmefähige Dünndarmschleimhaut entstanden ist. Dies sollte rechtzeitig abgeklärt werden. Haben Betroffene weitere ungeklärte Beschwerden, sind zusätzliche Tests nötig. Dies muss je nach Situation individuell entschieden werden. Die DZG hält für Betroffene und behandelnde Ärzte ein Merkblatt bereit, welches über empfohlene Untersuchungen Auskunft gibt.

Kann man trotz normaler Werte bei den Transglutaminase IgA-Antikörpern Symptome einer Zöliakie haben?

Ja, das kann sein, wenn zum Beispiel nur selten Diätfehler gemacht werden oder nur sehr kleine Mengen an Gluten aufgenommen werden. Die Antikörper werden zunächst an der Schleimhaut gebildet. Erst wenn diese in großen Mengen produziert werden, sieht man sie im Blut. Diese kleinen Diätfehler können aber Beschwerden auslösen, ohne dass man dies tatsächlich im Blut sehen kann. Daher wäre, wenn anhaltend Beschwerden da sind, für die man keine sonstige Erklärung hat, eine Biopsie in Erwägung zu ziehen.

Wer ist im Fall einer Zöliakie der Spezialist? Welcher Arzt führt die Kontrolluntersuchung bei Zöliakie durch?

Das ist tatsächlich nicht so leicht zu beantworten, vor allem bei den Erwachsenen haben wir da große Schwierigkeiten. Bei Kindern erfolgt die Betreuung häufig über die Kindergastroenterologen, vor allem wenn Probleme auftreten. Bei Erwachsenen sehen sich die Gastroenterologen mehr für die Spiegelungen und Biopsien zuständig, die Blutwerte müssen dann meist von den Hausärzten bestimmt werden. Die sind natürlich oft etwas schlechter zum Krankheitsbild informiert, denn sie haben ja auch oft nur einen Patienten mit Zöliakie in der Betreuung. Das stellt alle zusammen oft vor große Probleme.

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Verlaufskontrollen, wenn man eine diagnostizierte Zöliakie hat?

Da es sich ja um Werte handelt, die auch in der Zöliakie-Leitlinie empfohlen werden, können sich die Ärzte bei Rückfragen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen darauf berufen. Man sollte sich auch vor Augen führen, dass man tatsächlich nur sehr wenige Werte benötigt, die auch keine sehr hohen Kosten verursachen – wenn man sich an die Empfehlungen hält. Und die Patienten sollten dann ja auch gesünder sein und damit auch weniger Kosten verursachen. Daher sollte es das gemeinsame Ziel sein, die Betroffenen bestmöglich in der Ernährung und Behandlung ihrer Zöliakie zu unterstützen.

Frau Dr. Baas, herzlichen Dank für dieses Interview!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

06. Dezember 2022

Autor: S. Jossé/S. Baas, www.mein-allergie-portal.com

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