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Bauchschmerzen, Krämpfe, blutige Stühle beim Baby

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Bauchschmerzen, Krämpfe und blutige Stühle beim Baby, aber keine Allergie? Was ist das?; Bildquelle: Silke Kothe

Wenn bei Babys Bauchschmerzen, Krämpfe und blutige Stühle nach einer Milchmahlzeit auftreten, denkt man schnell an eine Kuhmilchallergie. Fällt dann der Allergietest negativ aus, ist man erst einmal ratlos. Die wenigsten Eltern wissen aber, dass, trotz des negativen Allertgietests, die Kuhmilch die Ursache für die Symptome sein könnte. MeinAllergiePortal sprach mit Dipl.-Oecotroph. Silke Kothe, Dermatologische Klinik der Elbe Kliniken Stade-Buxtehude, über eine Erkrankung, deren Diagnose nicht einfach ist.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Dipl.oec.troph. Silke Kothe

Frau Kothe, was kann die Ursache für Bauchschmerzen, Krämpfe und blutige Stühle beim Baby sein, wenn der Test auf eine Kuhmilch-Allergie negativ war?

Wenn ein Säugling nach einer Milchmahlzeit Bauchschmerzen, Krämpfe und blutige Stühle hat und man keine Allergie auf Kuhmilch feststellen kann, könnte dennoch eine Allergie dahinterstecken. Viele wissen nicht, dass es neben der echten Kuhmilchallergie auch eine nicht IgE-vermittelte Unverträglichkeit auf das Protein der Kuhmilch gibt. Wenn das Kind eine solche Allergie hat, kann man das mit dem üblichen Allergietest nicht feststellen.

Was ist der Unterschied zwischen einer IgE-vermittelten und einer nicht IgE-vermittelten Kuhmilchallergie?

Bei der IgE-vermittelten Kuhmilchallergie sind die speziellen Blutwerte auf die Kuhmilch positiv, sprich, es haben sich Antikörper als IgE-Nachweis gebildet. Bei der nicht IgE-vermittelten Kuhmilchallergie entsprechen die Werte einem „gesunden“ Menschen, sprich, es sind im Bluttest keine Auffälligkeiten zu bemerken, Symptome sind aber trotzdem da. Diese beziehen sich aber häufig auf den Magen-Darm-Trakt und sind manchmal auch zeitlich verzögert zur Nahrungsaufnahme.

Wie entsteht eine nicht IgE-vermittelte Kuhmilchallergie?

Die Pathogenese ist noch nicht vollständig geklärt ebenso wie die eindeutige Zuordnung, da es auch Mischformen aus IgE-vermittelten und nicht IgE-vermittelten Formen gibt. Die Mehrzahl der betroffenen Kinder hat eine atopische Familienanamnese und/oder eine atopische Dermatitis in früher Kindheit.

Gibt es auch noch andere nicht IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien?

Gemäß EAACI (Europäische Akademie für Allergologie und klinische Immunologie) gilt folgende Nomenklatur zur Abgrenzung bei immunologischem Mechanismus:

  • Zu den IgE-mediierten Immunreaktionen gehören die klassischen Sofortyp-Allergien wie die Kuhmilcheiweißallergie.
  • Zu den nicht IgE-mediierten Immunreaktionen gehören:
    • die Zöliakie als Autoimmunerkrankung
    • die nahrungsmittelprotein-induzierte Proktokolitis
    • die nahrungsmittelprotein-induzierte Enteropatie
    • das FPIES (Food protein-induces enterocolitis syndrome)

 

 

  • Zu den nicht allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeiten ohne immunologischen Mechanismus gehören:
  • die Reaktionen auf biogene Amine - umgangssprachlich „ Verdacht auf eine oral ausgelöste Histaminunverträglichkeit
  • die pseudoallergischen Nahrungsmittelunverträglichkeiten - gemäß EAACI-Nomenklatur als „nicht allergische Hypersensitivität“ bezeichnet,
  • die Enzymdekte wie Laktoseintoleranz und Galakosämie
  • die Fruktosemalabsorption

Alle diese Erkrankungen bedürfen professioneller, ernährungstherapeutischer Maßnahmen.

An welchen Symptomen erkennt man eine nicht-allergische Kuhmilch-Allergie, auch im Vergleich zur echten Allergie auf Kuhmilch und wie unterscheiden sie sich?

Bei einer echten Kuhmilchallergie kommt es beim Baby oft zu den folgenden Symptomen:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Bauchschmerzen
  • Hautausschläge
  • Juckreiz

Im Gegensatz zur IgE-vermittelten Kuhmilchallergie beschränken sich die Symptome der nicht IgE-vermittelten Kuhmilchallergie fast ausschließlich auf das Magen-Darm-System.

Bereits in den ersten Lebensmonaten, häufig auch vor Beginn der Beikost, kann es bei der nicht-allergischen Allergie auf Kuhmilch zu diesen Symptomen kommen:

  • Bauchschmerzen
  • Krämpfen
  • Blutigen Stühlen
  • Blut in der Windel

Ansonsten geht es den Kindern gut und sie gedeihen bzw. wachsen auch.

Sind beide Allergien gleich gefährlich?

Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Wenn bei der IgE-vermittelten Allergie auf Kuhmilch ein anaphylaktisches Risiko besteht, kann diese lebensbedrohlich sein, genauso wie wie beim chronischen FPIES, bei der die Kinder häufig mit einem sehr schlechten Allgemeinzustand in die Klinik eingeliefert werden, da sie einen chronischen, massiven Flüssigkeits- und Nährstoffverlust haben.

Auf welches Allergen reagieren Kinder mit einer nicht-allergischen Kuhmilchallergie?

Man weiß aktuell noch nicht, was die Unverträglichkeitsreaktionen bei der nicht IgE-vermittelten Kuhmilchallergie auslöst.

Weiß man, wie häufig eine nicht IgE-vermittelte Kuhmilchallergie bei Kindern vorkommt?

Es gibt keine verlässlichen Zahlen zur Prävalenz, also zur Häufigkeit der nicht-allergischen Kuhmilchallergie. In der EUROPREVAL-Studie, einer groß angelegten internationalen Studie, ist aufgefallen, dass in Deutschland keine Kinder mit nicht IgE-vermittelter Kuhmilchallergie ermittelt wurden. Dies scheint jedoch damit zusammenzuhängen, dass die Allergiezentren, die an der EUROPREVAL-Studie teilgenommen haben, auf IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien spezialisiert sind. Kinder mit einer nicht IgE-vermittelten Kuhmilchallergie werden eher von Gastroenterologen behandelt und diese haben an der EUROPREVAL-Studie in Deutschland nicht teilgenommen. In England sehen die Zahlen ganz anders aus und auch Kinder-Gastroenterologen in Deutschland berichten von häufigen Fällen nicht IgE-vermittelter Kuhmilchallergie.

Wie erfolgt die Diagnose einer nicht-allergisch bedingten Allergie auf Kuhmilch?

Die Diagnostik einer nicht-allergisch bedingten Allergie auf Kuhmilchallergie ist sehr schwierig. Oft erkennt man aber bereits an den Symptomen, dass es sich um eine nicht IgE-vermittelte Kuhmilchallergie handeln könnte. Man würde dann für einen kurzen Zeitraum eine diagnostische kuhmilchfreie Diät durchführen. Eine deutliche Besserung der Symptome wäre ein weiterer Hinweis auf die Erkrankung. Um ganz sicherzugehen, würde man eine Re-Exposition durchführen. Das bedeutet man würde dem Säugling nach einer Kuhmilch-freien Zeit wieder Kuhmilch geben. Wenn die Symptome daraufhin wiederkehren, wäre die Diagnose gesichert.

Erfolgt die Diagnose einer nicht-allergischen Milchallergie nur durch eine Milchkarenz oder gibt es auch einen Labortest?

Zunächst wird ein Allergietest im Blut veranlasst und eine strenge Karenzphase für Kuhmilch festgelegt. Danach wird unter Berücksichtigung der Ergebnisse und dem Erfolg der Diät das weitere Vorgehen entschieden.Im Moment ist neben den Bluttests auf eine IgE-vermittelte Allergie die Karenz die erste Wahl. Je nach Schwere der Symptome kann auch noch eine Endoskopie mit Biopsie erfolgen. Diese Entscheidung sollte ein versierter Kindergastroenterologe fällen.

Wie behandelt man die nicht IgE-vermittelte Kuhmilchallergie?

Wie bei der normalen, IgE-vermittelten Kuhmilchallergie, müssen die Kinder auf Kuhmilch verzichten. Eine Milchkarenz bis zum ersten Lebensjahr wäre die wichtigste Maßnahme.

Danach würde man nach einem speziellen System mit der Wiedereinführung der Kuhmilch in den Speiseplan des Kindes beginnen. Meist wird die Kuhmilch dann schon wieder vertragen, ansonsten würde man die kuhmilchfreie Diät noch einige Monate fortführen. Wenn dann die Milch nach Karenz wieder eingeführt wird, werden Sauermilchprodukte häufig besser vertragen. Man schleicht sich ein!

Kann die nicht allergisch bedingte Kuhmilchallergie auch von selbst wieder verschwinden?

Wie bei der „echten“ Kuhmilchallergie verschwinden auch bei der nicht allergischen Milchallergie die Symptome häufig bis zum Erreichen des ersten Lebensjahres.

Kann man einer nicht IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergie vorbeugen oder sie verhindern?

Nein, die Mehrzahl der betroffenen Kinder hat eine atopische Familienanamnese und/oder eine atopische Dermatitis in früher Kindheit. Die Eltern sollten die Beikost wie gewohnt und unter besonderer Beobachtung, gegebenenfalls mit Führen eines Symptomtagesbuches einführen und bei Auffälligkeiten einen allergologisch versierten Kinderarzt aufsuchen.

Frau Kothe, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

24. Oktober 2022

Autor: S. Jossé/S. Kothe, www.mein-allergie-portal.com

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