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Menschenallergie bei Hund & Katze: Kann das sein?

Allergie Hund und Katze auf Menschen
Können Hunde oder Katzen auf Menschen allergisch sein? Bildquelle: A.Neuber

Allergien gegen Pollen, Milben oder das Futter sind bei Tieren heutzutage gar nicht so selten. Aber gibt es bei Hunden und Katzen eine Allergie gegen Menschen? Und wenn ja, was tut man dagegen? Darüber sprach MeinAllergiePortal mit Dr. med. vet. Ariane Neuber, Tierarztpraxis Hund Katze Haut in Königswinter Eudenbach.

Autor: Sabine Jossé M.A. 

Interviewpartner: Dr. med. vet. Ariane Neuber

 

Menschenallergie bei Hund und Katze: Die wichtigsten Fakten!

Tiere können Allergien auf menschliche Proteine entwickeln

Ursächlich sind die Proteine in menschlichen Hautschuppen

Die Symptome zeigen sich an der Haut

Die Diagnose ist schwierig

Es gibt Maßnahmen, die helfen

Die Therapie erfordert eine Mitarbeit der Tierbesitzer

 

 

 

Frau Dr. Neuber, können Hunde und Katzen auf Menschen allergisch sein?

Es gibt klare Hinweise darauf, dass die Allergie auf menschliche Proteine bei Hunden und Katzen ein Thema ist. Genau wie Menschen auf Hunde oder Katzen allergisch reagieren können, kann es bei Hund und Katze zu Hypersensibilitäten, das heißt zu Überreaktionen auf menschliche Oberflächenproteine kommen.

Wie kommt man denn überhaupt auf den Verdacht, dass ein Hund oder eine Katze eine Allergie auf den Menschen haben könnte?

Bei der Allergiediagnostik geht man nach dem Ausschlussprinzip vor. Man beginnt mit dem Ausschluss einer Nahrungsmittelallergie bzw. Nahrungsmittelüberempfindlichkeit. In der Regel erfolgt dies über eine Ausschlussdiät. Erst wenn man hier nichts feststellen kann, erweitert man die Diagnostik in Richtung auf Umweltallergien. Gute diagnostische Möglichkeiten bestehen bei den Pollenallergien und der Milbenallergie. Lässt sich hier auch kein allergener Auslöser ermitteln, ziehen wir in Erwägung, dass Allergene des Menschen eine Rolle spielen könnten. Leider ist dies keine sehr präzise und befriedigende Diagnose, aber jeder, der sich mit Allergien befasst, kennt dieses Problem. Die Allergiediagnose ist ein Abarbeitungsprozess, bei dem man mit kriminalistischem Spürsinn vorgehen muss. Am Ende bleibt dann manchmal die Vermutung, dass das Tier an einer Allergie auf den Menschen leidet.

Wie häufig kommt es vor, dass Hunde oder Katzen allergisch auf Menschen reagieren?

Ich würde sagen von 100 allergischen Hunden und Katzen reagieren 2 bis 3 allergisch auf Menschen. Im übertragenen Sinne heißt dass, wenn wir davon ausgehen, dass ca. 15 Prozent unserer tierischen Population Allergiker sind, wären davon wiederum 1 bis 2 Prozent allergisch auf den Menschen, das entspricht 1 bis 2 Promille. Das ist sicher eine gewisse Größenordnung, wenn auch nicht die wichtigste im Bereich der Allergien bei Tieren.

Sind von der Allergie auf Menschen mehr Katzen oder mehr Hunde betroffen?

Das kann man nicht genau sagen. Bei der Katze ist es ein bisschen besser untersucht, aber genaue Zahlen haben wir nicht.

Sind bei Hunden oder Katzen bestimmte Rassen eher von einer Menschen Allergie betroffen?

Auch in Hinblick auf die jeweiligen Rassen gibt es noch keine Hinweise auf unterschiedliche Risiken, eine Allergie auf Menschen zu entwickeln. Es gibt aber durchaus bestimmte Hunderassen, die grundsätzlich eher zu Allergien neigen, zum Beispiel Labrador Retriever, Französische Bulldogge oder Deutsche Schäferhunde.

Welches Allergen des Menschen kann bei Katzen oder Hunden Allergien auslösen?

Ähnlich wie bei den Allergenen der Tiere, sind es beim Menschen die Proteine in den Hautschuppen, die die allergischen Reaktionen verursachen können. Die Haare des Menschen an sich, von denen wir vergleichsweise sowieso nicht so viele haben, spielen weniger eine Rolle. Es gibt also keine Menschenhaar Allergie, so wie es eine Tierhaar Allergie gibt. Auch die Proteine im Speichel des Menschen sind beim Menschen als Allergenquelle weniger relevant. Bei Tieren gelangen die Speichel Allergene durch das Lecken auf das Fell und bleiben dort haften. Deren Bruchstücke werden dann in der Luft suspendiert und gelangen so in die Umwelt.

Weiß man etwas über die unterschiedliche Allergenität von Menschen?

Dieses Thema ist meines Wissens nach nicht wirklich erforscht.

Wie sehen bei Hunden und Katzen die Symptome aus, wenn sie auf Menschen allergisch sind?

Eine Allergie auf Menschen ist, bezogen auf Hunde und Katzen, eine Umweltallergie. In der Regel manifestieren sich die Symptome der Umweltallergien bei den Tieren über die Haut, in Form von Juckreiz, Entzündungen der Haut und Ohren und wiederkehrenden Hautinfektionen.

 Auch bestehende Futtermittelallergien zeigen sich oft nur an der Haut und nicht am Magen-Darm-Trakt, manchmal aber auch in Kombination.

Können die Tiere auch einen Heuschnupfen oder Atemwegsprobleme oder Asthma entwickeln, wenn Sie auf menschliche Allergene allergisch reagieren?

Symptome wie die allergische Rhinitis oder die allergische Konjunktivitis mit einer laufenden Nase und tränenden Augen, findet man bei Hunden und Katzen ausgesprochen selten. Aber: Während es beim Hund kaum bekannt ist, dass eine Allergie auch Asthma auslösen kann, sieht dies bei der Katze anders aus. Ein gewisser Prozentsatz der Katzen kann, wie der Mensch auch, im Laufe der Allergiekarriere schwerwiegende Allergieprobleme an der Lunge entwickeln und Asthma bekommen.

Wie wird bei Katzen oder Hunden die Diagnose „Menschen Allergie“ gestellt?

Bei der Diagnostik einer Allergie auf Menschen bei Hund oder Katze stößt man auf große Schwierigkeiten. So ist es in der Praxis nicht möglich, eine Allergenvermeidung umzusetzen. Man kann nicht bestimmte oder alle Menschen aus dem Umfeld der Tiere entfernen, um zu sehen, ob die Symptome sich bessern und dann eine Provokationsprobe zu machen. Aber man kann theoretisch durch eine Desensibilisierung versuchen die Überreaktion wieder in normale Bahnen zu lenken. In der Praxis wird dies in Bezug auf Menschenallergene allerdings zurzeit nicht gemacht, da in der EU kein zugelassenes Präparat zur Verfügung steht. Im übrigen ist die Behandlung dieser Form der Allergie genau wie bei anderen Umweltallergien bei Tieren.

Umgekehrt wurde das früher ja fast schon reflexhaft praktiziert, Allergologen haben ihren Patienten bei Allergien pauschal stets empfohlen, ihre Haustiere abzuschaffen. Dies funktioniert aber bei Tieren nicht, denn wer gibt schon seinen Hund oder seine Katze über Wochen weg, um das Tier vor den eigenen Allergenen zu schützen, möglichst auch noch zu verschiedenen Menschen hintereinander? Das scheitert bereits an den emotionalen Gegebenheiten!

Gibt es bereits Extrakte zur Diagnose einer Allergie auf Menschenproteine bei Tieren?

Es gibt eine US-Firma, die Extrakte mit "Human Dander" - das sind menschlichen Hautschuppen - zur Diagnose einer Sensibilisierung von Hunden oder Katzen auf Menschenallergene herstellt. Allerdings dient dieses Extrakt nur zur Diagnose und nicht zur Therapie, der Hyposensibilisierung. Dieser Umstand ist es auch, der uns zurzeit aus tierärztlicher Sicht von einer Testung der Tiere auf menschliche Allergene abhält, denn wenn man keine Therapie anschließen kann, macht die Diagnostik nicht unbedingt Sinn. Zudem wissen wir, dass Intrakutantests keine 100prozentige Diagnose bieten, sondern immer nur ein Teil im Diagnose-Puzzle sind.

Hinzu kommen sanitätspolizeiliche Gründe. Bei einer Hyposensibilisierung von Hunden oder Katzen auf das menschliche Allergen, würden menschliche Hautschuppen in die Tiere eingebracht. Dadurch stellt sich die Problematik von Retroviren wie HIV, die da vom Menschen auf das Tier übertragen werden könnten.

Was kann man tun, wenn die eigene Katze oder der eigene Hund eine Menschen Allergie hat?

Ideal wäre, wie gesagt, die Allergenvermeidung, aber das würde bedeuten, dass Hund oder Katze ihr Herrchen oder Frauchen verlieren. Selbst dann wäre aber nicht garantiert, dass beim neuen Besitzer nicht die gleichen Symptome auftreten. In der Umwelt des Tieres kann man aber eine ganze Reihe von Maßnahmen ergreifen, um die Allergenbelastung des Tieres durch Menschenallergene zu reduzieren. Eine unbeliebte, aber sicher wichtige Maßnahme ist es, Hund oder Katze nicht mehr ins Schlafzimmer zu lassen und schon gar nicht ins Bett, denn dort ist die Konzentration unserer Hautschuppen besonders hoch.

Wenn die Besitzer unter trockener Haut leiden, ist anzuraten, feuchtigkeitsspendende Lotionen zu benutzen. Das reduziert die Desquamation, also die Abschuppung der Haut und damit die Menge der allergenen Proteine, mit denen das Tier konfrontiert wird.

Weiter ist eine zentrale Staubsaugeranlage zu empfehlen, so dass die allergenen Partikel beim Staubsaugen nicht nur vorne eingesaugt und hinten wieder ausgestoßen werden. Alternativ wäre zumindest ein Staubsauger für Allergiker mit HEPA-Filter angeraten.

Im Falle einer allergischen Katze wäre es auch eine Überlegung, das Tier in einem anderen Stil zu halten, etwa als Freigängerkatze, die sich nicht ausschließlich im Haus aufhält. Das Tier würde so mit den Menschenallergenen weniger stark in Berührung kommen. Bei Hunden funktioniert eine solche Strategie aber nicht so leicht, eine Zwingerhaltung ist für die meisten Tierhalter inakzeptabel. Aber vielleicht kann der prozentuale Aufenthalt im Freien erhöht werden.

Und wenn all diese Karenzmaßnahmen nicht helfen?

Dann bleibt nur die symptomatische Therapie. Dabei geht es darum, die Allergie beim Tier zu kontrollieren. Dafür gibt es lokal wirkende Medikamente zum Auftragen auf die Haut und systemische Therapien, die die Tiere einnehmen müssen oder die gespritzt werden. Für die Tierbesitzer ist es wichtig zu wissen, dass die Behandlung einer Allergie kein einfaches Konzept ist, bei dem es ausreicht, dem Tier einmal täglich eine Tablette zu verabreichen oder einmal im Monat eine Spritze geben zu lassen. Und: Allergien sind nicht heilbar, sondern benötigen lebenslange Therapie.

Was ist wichtig bei der Behandlung von allergischen Hunden und Katzen?

Oft sind Allergietherapien multimodale Therapien, das heißt Therapien, die aus mehreren Modulen bestehen. Das bedeutet, sie können sowohl systemische als auch lokale Behandlungsmaßnahmen beinhalten. Oft müssen diese Maßnahmen auch dem ungleichmäßigen Rhythmus der Allergie angepasst werden. Die Behandlung einer Allergie erfordert deshalb eine sehr intensive Mitarbeit der Tierbesitzer, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Oft dauert es eine gewisse Zeit, bis der richtige Therapiemix gefunden ist. Wichtig ist es, dass Tierbesitzer und Tierarzt/in dabei als Team zusammenarbeiten. Oft ist es auch sinnvoll einen speziellen Tierdermatologen/in hinzuzuziehen. Auf der Webseite des The European College of veterinary Dermatology (ECVD) “Find a Specialist‘ findet man Adressen.https://ecvd.org/find-specialist/

Was sollten die Besitzer von Tieren mit Allergien wissen?

Besitzer von allergischen Hunden oder Katzen müssen einen gewissen Lernprozess durchlaufen. Sie müssen lernen einzuschätzen, welche Medikation wann und in welcher Dosis die richtige ist. Sobald die Symptome sich verbessern, glauben Viele, sie könnten die Behandlung abbrechen, aber dann kommt der Rückfall so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Tierbesitzer muss verstehen, dass eine Allergie eine chronische Erkrankung ist, die nie wieder weggeht. Deshalb ist es beim Erstgespräch mit dem Tierbesitzer so wesentlich, dass sehr klar wird, um welche Art von Erkrankung es sich bei einer Allergie handelt und welche finanziellen Aufwendungen damit verbunden sind. Aus tierärztlicher Sicht ist der Tierbesitzer ein „Sekundärpatient“, der vom Zeitpunkt der Diagnose an genau wissen muss, was bei einer Allergie passiert und wie er sein Tier betreuen muss, damit es symptomfrei leben kann. Ist dies geklärt, fällt die Umsetzung der Therapiepläne wesentlich leichter. Ich erlebe es in der Praxis aber leider relativ häufig, dass Tierbesitzer jahrelang „umherirren“ ohne dass ihnen erklärt wurde, was das Wesen einer Allergie ist und was das für ihr Tier bedeutet.

Wie kommt es zu diesem Mangel an Informationen?

Nicht jeder Tierarzt kennt sich mit Allergien aus. Im Veterinärbereich entsprechen die Dermatologen den Allergologen der Humanmedizin, es gibt also spezialisierte Tierärzte. Deshalb würde ich jedem Tierbesitzer, der schon länger Probleme bei seinem Tier beobachtet, ohne dass diese unter Kontrolle gebracht werden können, raten, sich von einem Spezialisten beraten zu lassen. Die Beratung erfolgt dann in Absprache mit den Haustierärzten.

Wie sieht die Therapie bei Hunden und Katzen aus, wenn sie eine Allergie gegen Menschen haben?

Zu den lokalen Maßnahmen bei der Allergiebehandlung von Hund und Katze gehören die medizinischen Shampoos. Hier geht es darum, für die Wiederherstellung einer intakten Hautbarriere zu sorgen und ein gesundes Mikroklima auf der Haut herzustellen. Tiere mit Allergien haben sehr häufig Sekundärinfektionen mit Bakterien (Staphylokokken) oder mit Hefespilzen (Malassezien). Dies sind beides Organismen, die normalerweise auf der Haut wohnen, es sind quasi analog zu den freundlichen Darmbakterien die freundlichen Hautbakterien. Aber bei Problemen der Haut vermehren sie sich übermäßig, und stellen dann ein Problem dar. Hier gilt es, auch diese Sekundärerkrankungen der Allergie mit in das Therapiekonzept einzubeziehen.

Dann gibt es die Stoffgruppe der Kortikoide. Das bedeutet eine Behandlung des Tieres mit systemisch und/oder lokal wirkenden Kortisonpräparaten.

Bewährt haben sich auch Produkte aus der Stoffgruppe der Calcineurin-Inhibitoren wie zum Beispiel Cyclosporin A. Diese Medikamente können systemisch gegeben werden. Außerdem gibt es auch lokale Calcineurin-Inhibitoren wie Tacrolimus (allerdings ist dies nicht für Tiere zugelassen). Diese Wirkstoffe werden auch zur Behandlung von Allergien beim Menschen eingesetzt, nachdem sie zuvor am Tier erprobt wurden.

Zur symptomatischen Behandlung von Allergien bei Tieren gibt es eine sehr vielversprechende neue Entwicklung aus der Wirkstoffgruppe der Januskinase-Inhibitoren, das Oclacitinib. Oclacitinib stoppt die Entzündungen der Haut und insbesondere den Juckreiz, das Kardinalsymptom der Allergien beim Tier. Darüber hinaus wirkt Oclacitinib sehr rasch und zeigt nicht die typischen Nebenwirkungen der Kortikoide.

Seit ein paar Jahren gibt es ein Biologikum, Lokivetmab. Dabei handelt es sich um einen Antikörper, der IL-31, einen Botenstoff im Juckreizkreislauf, sozusagen aus dem Blut herausfiltert. Dabei kommt es bei der überwiegenden Mehrzahl der behandelten Patienten zu einer sehr guten, und oft über mehrere Wochen anhaltenden Reduktion des Juckreizes.

Kann man Hunde oder Katzen auch mit Allergie Medikamenten für Menschen behandeln? 

Die Wirkungen an Tier und Mensch sind weitgehend ähnlich, aber keinesfalls sollte man die Tiere, ohne tierärztlichen Rat mit Medikamenten für den Menschen behandeln. Es gibt immer wieder Wirkstoffe, die beim Menschen gut wirksam sind, aber beim Tier keine Wirkung zeigen, sehr schlecht verträglich sind oder gar schaden können.

Welche Medikamente für Menschen können Tieren schaden?

Ein Beispiel hierfür sind die Antihistaminika, die man beim Tier nur eingeschränkt einsetzen kann. Teilweise, weil sie tatsächlich nicht gut vertragen werden, teilweise, weil die Behandlung weniger erfolgversprechend ist. Das liegt daran, dass Histamin im Zusammenhang mit Allergien beim Tier nicht die gleiche Rolle spielt, wie beim Menschen.

Frau Dr. Neuber, herzlichen Dank für das Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

02. März 2023

Autor: S.Jossé/A.Neuber, www.mein-allergie-portal.com

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