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OP bei Nasenpolypen: Wann, bei wem, wie?

Operation Nasenpolypen
Alles zum Thema Nasenpolypen-OP! Bildquelle: B.Haxel

Bei Nasenpolypen lässt sich eine Operation in manchen Fällen nicht vermeiden. Bei welchen Patienten wird sie empfohlen, wann und wie sollte sie durchgeführt werden? MeinAllergiePortal sprach darüber mit Prof. Dr. med. Boris Haxel, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie am Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen.

Autor: Sabine Jossé M.A. 

Interviewpartner: Prof. Dr. med. Boris Haxel

Herr Prof. Haxel, wann wird bei Patienten mit Nasenpolypen eine Operation in Erwägung gezogen?

Zunächst zum Hintergrund: Bei Nasenpolypen handelt es sich um eine besondere Form der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, oder auch chronischen Rhinosinusitis, die sowohl mit als auch ohne Nasenpolypen auftreten kann, wobei die Patientengruppe mit Nasenpolypen die kleinere Gruppe darstellt.

Die Standardtherapie der Erkrankung, sowohl mit als auch ohne Nasenpolypen, besteht aus:

  1. Nasenpflege
  2. Anwendung von Kortisonspray als lokale Therapie
  3. In bestimmten Fällen und für eine begrenzte Zeit: Kortison-Tabletten

Wenn diese konservativen Maßnahmen nicht fruchten, ist in der Regel eine operative Therapie angezeigt.

Eine Nasenpolypen-OP bedeutet aber nicht nur die Entfernung der Nasenpolypen, sondern auch das Eröffnen der Nasennebenhöhlen und Weiten der Zugänge zu den Nasennebenhöhlen.

Wie häufig sind Nasenpolypen Operationen?

Genaue Zahlen stehen hier nicht zur Verfügung, aber man kann das durchaus eingrenzen. Etwa 10 Prozent der Bevölkerung sind von einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung betroffen, davon entwickeln etwa 20 Prozent die Form mit Nasenpolypen. Bei dieser Gruppe ergibt sich häufig die Notwendigkeit einer Operation. In Deutschland werden ungefähr hunderttausend Nasennebenhöhlen Operationen im Jahr durchgeführt. Davon sind schätzungsweise 20 bis 25 Prozent Eingriffe zur Entfernung von Nasenpolypen.

Spielt die Ursache der Nasenpolypen eine Rolle bei der OP-Entscheidung?

Die Ursachen der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung sind noch nicht vollständig erforscht, man spricht hier von einem multifaktoriellen Geschehen. Das heißt, es gibt unterschiedliche Einflussfaktoren. Dazu gehören zum Beispiel anatomische Gegebenheiten, und möglicherweise könnten auch Allergien einen Einfluss ausüben, auch wenn sie eine Entstehung von Nasenpolypen nicht auslösen. Es gibt bei den Nasenpolypen aber die häufige Konstellation, dass sie auch mit anderen Erkrankungen vergesellschaftet sind.

Welche Erkrankungen können zusammen mit den Nasenpolypen auftreten?

Hier ist insbesondere Asthma zu nennen, denn häufig zeigen Patienten mit Nasenpolypen auch eine Entzündung der unteren Atemwege. Diese typischen Entzündungen mit Ausbildung von spezifischen Entzündungsmarkern und Eosinophilen können sowohl in den oberen als auch in den unteren Atemwegen Probleme verursachen.

Weiter gibt es das Krankheitsbild des sogenannten Samter-Trias, bei dem zusätzlich zur chronischen Sinusitis mit Nasenpolypen und Asthma noch eine Analgetika-Intoleranz hinzukommt, also eine Überempfindlichkeit gegenüber nichtsteroidalen Antiphlogistika. Das bedeutet: Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac oder Ibuprofen können bei Patienten, die unter einer Samter-Trias leiden, zu einem Asthmaanfall führen. Paracetamol wird hingegen meist vertragen.

Wie wird eine Operation zur Entfernung der Nasenpolypen durchgeführt?

Zur Entfernung der Nasenpolypen ist die endoskopisch-endonasale Nasennebenhöhlen-Operation in Vollnarkose die etablierte Methode. Dabei wird eine Art starrer Lichtstab durch die natürlichen Öffnungen der Nase eingeführt um, wie gesagt, nicht nur die Polypen zu entfernen, sondern auch die Öffnung zur Kieferhöhle, zur Stirnhöhle oder zur Keilbahnhöhle zu weiten. Sowohl die entzündete Schleimhaut als auch die Polypen werden dabei entfernt. Eine Maximalvariante dieser endoskopischen Nasennebenhöhlenoperation mit weitem Eröffnen der Stirnhöhlen ist die Methode nach Draf, die nur in bestimmten Fällen zur Anwendung kommt.

 

 

Für welche Patienten eignet sich die Entfernung der Nasenpolypen nach der Draf-3- Methode?

Diese nach Wolfgang Draf, dem ehemaligen Chefarzt der HNO-Klinik in Fulda, benannte OP-Methode wird international auch Mediandrainage genannt. Die Idee ist, bei Patienten, die bereits mehrere Nasenpolypen Operationen hinter sich haben, etwas umfangreicher und nachhaltiger zu operieren, insbesondere zur Belüftung der Stirnhöhlen. Leider besteht bei Nasenpolypen das grundsätzliche Problem eines hohen Rezidivrisikos. Das heißt, trotz gut durchgeführter und ausgedehnter Operation kann es immer sein, dass die Polypen wiederkommen.

Wie wird die Mediandrainage zur Entfernung der Nasenpolypen durchgeführt?

Das Prinzip ist immer gleich. Bei diesen ausgedehnten Draf-3-Operationen schafft man eine gemeinsame Öffnung zu den Stirnhöhlen. Das heißt, man muss einen Teil der oberen Nasenscheidewand entfernen und einen Teil des Stirnhöhlenbodens. Auch der Zwischenknochen zwischen der rechten und linken Stirnhöhle wird entfernt, so dass ein großer Schacht nach oben entsteht.

Wie lange dauert eine endoskopisch-endonasale Nasennebenhöhlen-Operation zur Entfernung der Nasenpolypen bzw. eine Draf-3-OP??

Für die Dauer einer Nasenpolypen-OP kommt es auf das Ausmaß der Wucherungen an, sowie auf die anatomische Situation. Im Schnitt kann man bei einer Operation der Nasenpolypen von einer Stunde ausgehen, aber das kann auch schneller gehen. Es kann aber auch länger dauern, denn häufig muss man die Entfernung der Nasenpolypen auch mit der Begradigung der Nasenscheidewand oder der Verkleinerung der unteren Nasenmuscheln kombinieren.

Kann es bei der Entfernung der Nasenpolypen auch zu Komplikationen kommen?

Gerade bei Patienten, die schon mehrfach an den Nasenwucherungen operiert wurden, fehlen manchmal die sogenannten anatomischen Landmarken. Um das dadurch bestehende Komplikationsrisiko zu minimieren, setzt man bei der Operation jedoch Navigationsgeräte ein. Somit hat man die Möglichkeit, sich rückzuversichern, in welchem Abschnitt der Nebenhöhlen man sich gerade befindet. Das ist wichtig, denn im Bereich der Nasennebenhöhlen befinden sich anatomische Strukturen, bei denen ein gewisses Verletzungsrisiko besteht.

Wie kann es bei Nasenpolypen Operationen zu ungewollten Verletzungen kommen?

Zwischen Nasenhöhle und Augenhöhle besteht nur eine dünne knöcherne Wand. Auch die Begrenzung zum Gehirn, die Schädelbasis, kann relativ dünn sein, so dass es in Einzelfällen im Zuge der Operation zu Verletzungen kommen kann. Dann können Einblutungen oder der Ausfluss von Hirnwasser die Folge sein. Solch schwere Komplikationen treten aber nur bei unter 1 Prozent der Nasennebenhöhlen-OPs auf. Zudem lassen sich die meisten Komplikationen direkt intraoperativ beherrschen. Zum Beispiel kann man ein Loch in der Schädelbasis, das bei der Entfernung der Polypen entstehen kann, wenn diese dicht am Knochen sitzen und diesen schon etwas angegriffen haben, gleich wieder abdichten, so dass der Patient keine großen Auswirkungen zu befürchten hat. All diese Fragen werden vorab im Aufklärungsgespräch mit dem Patienten geklärt.

Weitere Risiken bestehen im Hinblick auf die Vollnarkose, zum Beispiel bei älteren Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen oder bei Patienten, die Blutverdünner einnehmen. Diese Risiken haben aber nichts mit dem Eingriff an den Nasenpolypen zu tun und können mit entsprechenden Maßnahmen gut kontrolliert werden.

Wie lange muss man nach einer OP der Nasenpolypen im Krankenhaus bleiben?

Da eine Nasenpolypen-Operation meist mit einer ausgedehnteren Operation der Nasennebenhöhlen einhergeht, wirde diese Operation in der Regel nur stationär durchgeführt. Die Wundflächen sind nach dem Eingriff relativ groß, so dass ein gewisses Nachblutungsrisiko besteht. Aber nach etwa 2 bis 3 Tagen stationären Aufenthalts können die Patienten nach einer solchen OP schon wieder nach Hause entlassen werden, müssen sich dann aber noch regelmäßig zur Kontrolle und zur Nasenpflege (Absaugen etc.) ambulant vorstellen.

Ist eine freie Nasenatmung nach der Entfernung der Nasenpolypen wieder möglich?

Gut atmen können die Patienten häufig schon direkt nach der Operation, weil nicht mehr so häufig Tamponaden eingesetzt werden müssen. Heutzutage gibt es dafür eine Art “innere Tamponade”, die aus einem Material besteht, das sich mit der Zeit selbst auflöst. Diese inneren Tamponaden blockieren den Durchgang Richtung Nasennebenhöhlen lediglich minimal und verhindern die Blutungsneigung. Dadurch ist der untere Nasengang frei und die Patienten können normal atmen. Zu besonderen Beeinträchtigungen oder Schmerzen kommt es eher selten.

Wie lange dauert es, bis nach einer Nasenpolypen OP wieder alles verheilt ist?

Insgesamt muss man mit 7 bis 10 Tagen Rekonvaleszenz rechnen. Deshalb sollte man sich nach einem solchen Eingriff eine Pause gönnen, sowohl beruflich als auch im Hinblick auf körperliche Aktivitäten. In dieser Zeit ist es wichtig, die Wundflächen auch durch Nasenspülungen und Nasensalbe gut zu versorgen. Auch die lokale Behandlung mit einer Kortison-Emulsion oder einem Kortisonspray ist unbedingt nötig und sollte über mindestens drei Monate fortgeführt werden. Die Patienten müssen also nach der Nasenpolypen-OP aktiv mithelfen, damit der Operationseffekt optimal zur Geltung kommt und die Operationswunde ausheilt. Bis die Schleimhaut sich komplett erholt hat, dauert es bis zu drei Monaten, was der HNO-Arzt endoskopisch beurteilen kann. Die Patienten selbst empfinden eine deutliche Besserung der Symptome jedoch deutlich früher. Grundsätzlich sollten die Patienten wissen, dass die Nasenpolypen-Operation nur ein Teil der Therapie ist. Auch längerfristig muss das Kortison Nasenspray angewendet werden, vielleicht lebenslang, um die neu geschaffenen Zugänge zu den Nasennebenhöhlen auch zu nutzen.

Wie häufig kommt es nach der Entfernung der Nasenpolypen zur erneuten Bildung von Nasenpolypen?

Nasenpolypen können nach einer Operation wiederkommen. Dennoch empfiehlt sich bei Patienten mit Nasenpolypen, bei denen auch die Nasennebenhöhlen betroffen sind, eine Entfernung der Wucherungen, wenn die konservative Therapie nicht ausreichend wirkt. Im Anschluss an die Operation gelingt es dann bei der Mehrzahl der Betroffenen, den Status quo durch eine Therapie mit Kortison-Nasensprays zu erhalten. Schwieriger ist das bei Vorliegen einer Samter Trias, wenn die Nasenpolypen mit Asthma und einer Unverträglichkeit von Schmerzmitteln einhergehen. Das Risiko, dass die Polypen schneller wiederkommen, ist dann deutlich höher. Das muss bei der Patientenaufklärung berücksichtigt werden und deshalb ist es auch wichtig, in diesem Zusammenhang nach Begleiterkrankungen zu fragen.

Wie oft kann man eine operative Entfernung der Nasenpolypen durchführen?

Eine Grenze für die mögliche Anzahl von Operationen der Nasenpolypen gibt es nicht. In der Vergangenheit gab es Samter Trias-Patienten, bei denen die Nasenpolypen alle 2 Jahre entfernt werden mussten, weil sie immer wieder nachgewachsen sind. Bis zu 20 Operationen waren damals keine Seltenheit, weil andere Methoden nicht zur Verfügung standen. Allerdings wird mit jedem Eingriff die nachfolgende Operation schwieriger, weil die anatomischen Landmarken zunehmend verlorengehen und damit das Risiko für Komplikationen steigt.

Auch Kinder können Nasenpolypen entwickeln, nach welchen Kriterien wird hier die OP-Entscheidung gefällt?

Zum Thema Polypen bei Kindern muss man zunächst ein großes Missverständnis ausräumen. Das, was im Volksmund bei Kindern als Polypen bezeichnet wird, ist etwas ganz anderes als die Nasenpolypen der Erwachsenen. Dabei handelt es sich um die sogenannten Adenoide, die Nasenrachen-Mandeln. Diese Nasenrachen-Mandeln sind bei Kindern zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr sehr häufig vergrößert, da es sich um lymphatisches Gewebe, also Abwehrgewebe, handelt. Das Gewebe kann auch wuchern, was daran liegt, dass sich die Kinder in dieser Wachstumsphase mit zahlreichen Umwelteinflüssen und Erregern auseinandersetzen und dass dadurch eine immunologische Prägung des Individuums stattfindet. Neben den Nasenrachen-Mandeln gibt es aber auch die Rachenmandeln, die hinten im Rachen zu sehen sind, wenn man mit geöffnetem Mund in den Spiegel schaut. Auch diese Rachenmandeln werden bei Kindern häufig operiert, wenn sie entzündet oder vergrößert sind, haben aber auch nichts mit den Nasenpolypen bei der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung zu tun.

Woran erkennt man Adenoide bzw. vergrößerte Nasenrachen-Mandeln beim Kind?

Dass die Nasenrache-Mandeln bei Kindern zu groß werden, macht sich oft durch eine Blockade der Belüftung des Ohrs bemerkbar. Dabei kann auch eine Ansammlung von Flüssigkeit hinter dem Trommelfell auftreten, ein sogenannter Paukenerguss. Dies kann zu einer Hörminderung führen und die Sprachentwicklung des Kindes kann sich verzögern. Diese kindlichen Polypen haben aber, wie gesagt, mit den Nasenpolypen, wie sie üblicherweise beim Erwachsenen auftreten, nichts zu tun. Zudem sind die Nasenpolypen beim Erwachsenen Wucherungen der Nasenschleimhaut, sie bestehen also aus einer anderen Gewebeart. Nasenpolypen, wie man sie bei Erwachsenen kennt, treten meist im späteren Erwachsenenalter, ab etwa 30 Jahren auf, bei Kindern findet man sie extrem selten.

Welche weiteren Optionen gibt es, wenn die Nasenpolypen-OP nicht geholfen hat?

Wenn die Nasenpolypen kurz nach einer Operation trotz ausreichender Nasenpflege und Therapie mit Kortisonspray wieder auftreten und die Lebensqualität bzw. das Riechvermögen dadurch stark eingeschränkt ist, hat man die Möglichkeit den Patienten mit sogenannten Biologika eine neue Therapieoption anzubieten. In der Regel führt diese Antikörper Therapie, die als Zusatztherapie zu einer lokalen Kortisontherapie zugelassen ist, dazu, dass die Nasenpolypen deutlich kleiner werden oder sogar komplett verschwinden und damit können die Symptome - vor allem eingeschränkte Nasenatmung und Riechverlust - wieder komplett gebessert und kontrolliert werden. Allerdings ist die Biologika Therapie bei Nasenpolypen eine langfristige Therapie. Man geht davon aus, dass der Patient das Biologikum lebenslang einnehmen muss, um die Symptome zu kontrollieren, ähnlich wie beim Asthma und bei der Neurodermitis, wo die gleichen Medikamente eingesetzt werden. Setzt man die Therapie ab, kommen die Polypen in der Regel wieder. Es handelt sich also nicht um einen krankheitsmodifizierenden, sondern nur einen krankheitskontrollierenden Effekt.

Herr Prof. Haxel, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

22. März 2024

Autor: S.Jossé/B.Haxel, www.mein-allergie-portal.com

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