Urtikaria: Wann kann es durch Nahrungsmittel zu Quaddeln kommen?
Viele denken an Bauchbeschwerden, wenn von einer Nahrungsmittelunverträglichkeit die Rede ist. Durch Nahrungsmittel kann es jedoch auch zu Symptomen wie Quaddeln an der Haut kommen. Man spricht dann von Urtikaria, Nesselsucht oder Nesselfieber. Welche Nahrungsmittel können eine Urtikaria triggern? Wann kann es zu Urtikaria kommen? Welche anderen Urtikaria-Auslöser gibt es? Und wie findet man den Übeltäter? MeinAllergiePortal sprach mit Luzie Kremer, Praxis für Ernährungstherapie Aachen, über die Urtikaria und wann es durch Nahrungsmittel zu Quaddeln kommen kann.
Autor: Sabine Jossé M. A.
Interviewpartner: Luzie Kremer
Frau Kremer, bei welchen Formen der Urtikaria können Nahrungsmittel bzw. kann die Ernährung eine Rolle spielen?
Eine akute Urtikaria bzw. ein akuter Nesselausschlag in Form von Quaddeln kann als allergische Reaktion auf ganz unterschiedliche Nahrungsmittelallergene in der Ernährung entstehen. Sie tritt bei nahrungsmittelallergischen Kindern zumeist akut, das heißt innerhalb weniger Minuten nach dem Verzehr, auf.
Durch welche Nahrungsmittel kann es zu Urtikaria kommen?
Einige der häufigsten Nahrungsmittelallergene im Kindesalter, die allergischen Quaddeln an der Haut verursachen können, sind Kuhmilch, Hühnerei, Erdnüsse oder Baumnüsse. Aber auch glutenhaltiges Getreide, vor allem der Weizen, Soja und Fisch können zu einer Urtikaria bzw. Nesselsucht führen.
Eine durch Farbstoffe, Duftstoffe oder Konservierungsstoffe in Nahrungsmitteln ausgelöste Urtikaria kann bei Erwachsenen durchaus vorkommen. Im Kindesalter tritt sie aber äußerst selten auf.
Was passiert bei einer durch die Ernährung ausgelösten Urtikaria im Körper?
Wenn das entsprechende Nahrungsmittel vom Betroffenen verzehrt wird, identifiziert das Immunsystem eigentlich harmlose Eiweißbestandteile, das heißt Proteine des Allergens als Eindringling. Dann wird über die Mastzellen die Histaminausschüttung aktiviert. Dadurch kommt es zu den typischen Quaddeln an der Haut und häufig auch zu einem ausgeprägten Juckreiz.
Kommt es bei einer durch Nahrungsmittel getriggerten Urtikaria nur über die Nahrung zu Quaddeln an der Haut?
Tatsächlich kann es bei IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergien sogar bei direktem Hautkontakt unmittelbar zu Hautrötungen und/oder Quaddelbildungen kommen. Eine solche allergische Reaktion an der Haut wird Kontakturtikaria genannt und sie kommt mittlerweile recht häufig vor. Interessanterweise gibt es Patienten, die das Nahrungsmittallergen problemlos verzehren können. Bei Kontakt des Allergens mit der Haut kommt es aber zu einer Kontakturtikaria.
Aber: Nicht immer ist die Ernährung Auslöser einer Urtikaria.
Kommt es auch bei FPIES, dem „Food Protein-Induced Enterocolitis Syndrome“ zu Quaddeln an der Haut?
Bei der Erkrankung FPIES tritt die Urtikaria so gut wie nie auf. Es gibt aber eine, wenn auch sehr, sehr seltene Ausnahme: Dann besteht sowohl eine IgE-vermittelte Allergie auf Nahrungsmittel als auch FPIES.
Typische Symptome bei FPIES, ca. zwei bis vier Stunden nach Allergenaufnahme, sind:
- Lethargie
- Mehrfaches Erbrechen
- Durchfälle
Was, außer der Ernährung bzw. Nahrungsmitteln, kann eine Urtikaria auslösen?
Weitaus häufiger als durch eine Nahrungsmittelallergie wird eine akute Urtikaria im Kindesalter im Rahmen banaler Infekte ausgelöst, man spricht dann von einer sogenannten infektassoziierten Urtikaria oder Infekt-Urtikaria.
Auch bei chronischen Urtikariaformen mit über sechs Wochen bestehenden Nesselausschlägen spielen IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien kaum eine Rolle. Selten können derart langanhaltende Nesselausschläge bei Erwachsenen aber im Rahmen einer Hypersensitivität gegenüber Aroma-, Konservierungs-, Farb- oder anderen Zusatzstoffen in den Lebensmitteln auftreten. Bei Patienten mit chronischer Urtikaria können diese Lebensmittel dann Schübe auslösen. In diesen Fällen ist es oft sehr schwierig, den Auslöser zu finden, während bei der IgE-vermittelten Allergie Bluttestungen und Hauttestungen sowie anschließende orale Provokationstestungen in der Regel schnell zu einer Klärung führen.
Wie könnte bei einer durch Nahrungsmittel ausgelösten Urtikaria eine entsprechende Diät aussehen?
Bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelallergie sollte nach gründlicher Anamnese bei einem allergologisch erfahrenen Arzt ein Blut- und/oder Hauttest zur Abklärung IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien durchgeführt werden. Bei positivem Testergebnis sollte ergänzend eine orale Provokationstestung erwogen werden, um den Zusammenhang eindeutig zu belegen. Dann muss das Nahrungsmittel für eine bestimmte Zeit, zum Beispiel für ein Jahr, bei der Ernährung streng gemieden werden. Je nach Verlauf und nach erneuter Allergietestung kann anschließend wiederum eine orale Provokationstestung erwogen werden, um auf diese Weise zu klären, ob möglicherweise mittlerweile eine Toleranz eingetreten ist.
Im Erwachsenenalter und bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit bei chronischer Urtikaria gestaltet sich die Suche nach dem Auslöser oft viel schwieriger.
Wie sollte die Ernährung im Erwachsenenalter bei chronischer Urtikaria aussehen?
Für die Erwachsenen mit Nesselsucht bedarf es in jedem Falle der Auswertung eines Ernährungsprotokolls durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft. Daran sollte sich eine diagnostische Eliminationsdiät anschließen. Diese sollte arm an künstlichen Lebensmittelzusatzstoffen sowie natürlich vorkommenden Stoffen wie beispielsweise biogenen Aminen sein.
Tritt darunter keine Besserung der Symptome auf, kann eine noch strengere, so genannte oligoallergene Kost durchgeführt werden. Wenn auch darunter keine Besserung der Urtikaria-Symptomatik auftritt, können Unverträglichkeiten gegenüber Nahrungsmitteln und Nahrungsmittelinhaltsstoffen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Ernährung kann dann normal weitergeführt werden und der Fokus muss vielmehr auf andere potentielle Auslöser gelegt werden. Verschiedene physikalische Auslöser, zum Beispiel Kälte, Wärme, Druck, aber auch chronische Infekte, Autoimmunkrankheiten oder Medikamente können ebenfalls eine Urtikaria auslösen.
Gibt es bei der Urtikaria Risikofaktoren wie zum Beispiel Alter, Geschlecht etc.?
Da die Urtikaria eine häufige Erkrankung ist, wird angenommen, dass jeder vierte Mensch einmal im Leben an einer Nesselsucht leidet. Im Erwachsenenalter erkranken Frauen doppelt so häufig wie Männer. Im Kindesalter spielt das Geschlecht hingegen keine Rolle. Physischer und psychischer Stress, chronische Entzündungen, Tabakkonsum, Medikamenteneinnahme, Asthma bronchiale und familiäre Atopie können das Risiko einer Urtikaria erhöhen.
Frau Kremer, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/ L. Kremer, www.mein-allergie-portal.com
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