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Sorbitintoleranz: Symptome, Diagnose und Therapie

Sorbitintoleranz Diagnose Therapie
Wie kommt es zur Sorbitintoleranz? Wie sehen die Symptome aus? Bildquelle: U. Eigner

Wer befürchtet, an einer Sorbitintoleranz zu leiden, sollte dies abklären lassen. Wie häufig ist die Sorbitintoleranz? Wie zeigen sich die Symptome? Wie wird die Diagnose Sorbitintoleranz gestellt? Und wie sieht die Therapie aus, wenn man Sorbit nicht verträgt? Darüber sprach MeinAllergiePortal mit Dr. Ulrike Eigner, Diplom-Ökotrophologin, Praxis für Ernährungsberatung und –therapie in Haßfurt/Sylbach.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. Ulrike Eigner, Diplom-Ökotrophologin

Frau Dr. Eigner, wie häufig ist die Sorbitintoleranz?

Es wird geschätzt, dass 8 bis 12 Prozent der Bevölkerung weltweit Sorbit nicht vertragen1). Hierbei muss berücksichtigt werden, dass diese Unverträglichkeit stark mengenabhängig ist. Da heute Sorbit und andere Zuckeraustauschstoffe, Inulin und Oligofruktose, die in der Regel von sorbitintoleranten Menschen auch nicht vertragen werden, heute in viel größeren Mengen verzehrt werden, als vor einigen Jahrzehnten, treten die Beschwerden jetzt viel häufiger auf. Das liegt daran, dass die Hersteller diese Zutaten in ihren Produkten häufiger einsetzen und die Konsumenten heutzutage auch häufiger zu Fertigprodukten greifen. Außerdem werden auch viel häufiger als früher Fruchtsäfte und Smothies konsumiert.

Aber auch Menschen, die zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung oder einer Essstörung stark untergewichtig sind, können aufgrund der Mangelernährung eine Sorbitintoleranz entwickeln.

Zu einer Unverträglichkeit von Fruktose kann es auch schlicht durch einen zu hohen Fruktosekonsum kommen, ist das bei Sorbit auch so?

Ja, ich würde es so beurteilen, dass die wichtigste Ursache für Sorbitintoleranz eine zu hohe orale Zufuhr an Sorbit und den erwähnten Stoffen ist.

Darüber hinaus kann der Sorbit-Malabsorption aber auch eine Grunderkrankung zugrunde liegen wie Zöliakie oder eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, zum Beispiel Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Auch eine akute Darmentzündung oder pathogene Keime, wie Yersinien oderLamblien etc. können die Ursache einer Sorbitunverträglichkeit sein. Ebenso kann eine übermäßige Pilzbesiedelung im Dünndarm, eine Dünndarmfehlbesiedelung (Small Intestinal Bacterial Overgrowth = SIBO) zu einer Unverträglichkeit von Sorbit führen, genau wie eine vorangegangene Antibiotikatherapie. Verschwinden die Beschwerden bei einer sorbitarmen Ernährung nicht, so sollte dringend nach diesen Grunderkrankungen geforscht und eine Diagnose gestellt werden.

Wie bemerkt man, dass man Sorbit nicht verträgt - welche Symptome sind typisch?

Kann Sorbit im Dünndarm nicht oder nicht ausreichend resorbiert werden, so kann es hier osmotisch wirken und Wasser anziehen. Dies kann Darmgeräusche, zum Beispiel ein „Gurgeln“, sowie Durchfall verursachen. Das nicht aufgenommene Sorbit wandert in den Dickdarm. Dort wird es von den Dickdarmbakterien verstoffwechselt. Es entstehen dabei Gärgase, Wasserstoff, Kohlendioxid, Methangas u.a., die Beschwerden verursachen können. Dann kann es zu Blähungen bzw. einem Blähbauch und abdominalen Schmerzen kommen, das heißt Bauchschmerzen oder Oberbauchbeschwerden. Patienten mit Sorbitintoleranz berichten aber auch häufig über Übelkeit, Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Koliken, Massenstühle oder auch Verstopfung.

Bei der Unverträglichkeit von Sorbit gibt es aber auch noch weniger bekannte Symptome.

Welche Symptome der Sorbitintoleranz sind weniger bekannt?

Wenn aufgrund einer Nahrungsmittelunverträglichkeit viel Gas im Dickdarm gebildet wird, dann kann dies gegen den Magen drücken. Dies kann Magenbeschwerden und sogar eine Gastritis auslösen. Oder das Gas drückt gegen das Herz oder die Lunge, was mögliche Beschwerden dieser Organe zur Folge hat. Auch ein Gallenrückfluss in den Magen kann durch eine vermehrte Gasbildung ausgelöst werden. Bei all diesen Beschwerden handelt es sich um ein rein mechanisches Problem, das jedoch von ärztlicher Seite oftmals nicht wahrgenommen wird.

Fühlen sich die Betroffenen im Bauch nicht wohl, so kann dies häufig zu depressiver Verstimmung oder Depressionen führen. Auch können Gewichtsverlust, Erschöpfungszustände, Schlafstörungen oder Unterzuckerungen bis hin zum Unterzuckerungsschock, das bedeutet, insbesondere bei Kindern, zu Bewusstlosigkeit, führen.

Auch wenn der Sorbitunverträglichkeit oftmals kein Krankheitswert beigemessen wird, sind die Auswirkungen einer unerkannten Sorbitintoleranz für die Betroffenen durchaus immens. Eine Diagnosestellung ist für die Betroffenen daher dringend erforderlich.

Wie wird die Diagnose Sorbitintoleranz gestellt?

Die Diagnose Sorbitunverträglichkeit kann in einer internistischen Praxis mittels Sorbit-Wasserstoffatemtest, dem sogenannten „H2-Atemtest“ diagnostiziert werden. Die Praxis muss hierfür über ein H2-Atemtestgerät, einen Gastrolizer, verfügen. Wichtig ist, dass Betroffene mit Verdacht auf eine Sorbitintoleranz nüchtern in die Praxis kommen. Dann wird mit dem H2-Atemtestgerät zunächst der Nüchternwert bestimmt. Anschließend trinkt der Patient zügig die Sorbitlösung. Bei Erwachsenen sollte mit 5 oder 10 g Sorbit, gelöst in 200 ml Wasser, getestet werden. Danach wird über einen Zeitraum von etwa zwei Stunden alle 15 bis 20 Minuten der Wasserstoffgehalt der Ausatemluft bestimmt.

Wichtig ist, parallel zu den Messungen auch ein Beschwerdeprotokoll zu führen, auch über den Messzeitraum hinaus. Der Grund: Es kann auch erst nach mehreren Stunden, bis zum zweiten Tag nach dem Test, zu Beschwerden kommen. Diese sollten beobachtet und dokumentiert werden.

Was muss im Verlauf des H2-Atemtests passieren, damit die Diagnose Sorbitintoleranz gestellt wird?

Bei sorbitintoleranten Personen kommt es im Verlauf des Tests zu einem Anstieg der H2-Konzentration. Ab einem Anstieg von 20 ppm gegenüber dem Nüchternwert wird von einer Sorbitunverträglichkeit ausgegangen. Auch auftretende Beschwerden sprechen für eine Sorbitunverträglichkeit.

Aber: Nicht bei allen Menschen, die von einer Sorbitunverträglichkeit betroffen sind, kommt es zu einem Wasserstoffanstieg. 2 bis 10 Prozent der Sorbitintoleranten sind sogenannte Non-Producer. Das sind Personen, deren Dickdarmbakterien kein H2-Gas synthetisieren, das heißt, produzieren. Bei den Non-Producern ist das Beschwerdeprotokoll die einzige Grundlage, eine Diagnose zu stellen.

Und: Idealerweise sollte dem Sorbit-H2-Atemtest ein Glukose-H2-Atemtest voraus gehen. Dieser sollte mindestens zwei Tage vor dem Sorbit-H2-Atemtest mit 50 g Glukose, gelöst in 300 ml Wasser durchgeführt werden. So ist es möglich, sicher zu stellen, dass keine Fehlbesiedelung des Dünndarms vorliegt, die fälschlicherweise als Sorbitunverträglichkeit diagnostiziert wird.

Da das Beschwerdeprotokoll das wichtigste Instrument für die Diagnosestellung ist, kann auch vom Patienten selbst von zuhause aus ein Sorbittest durchgeführt werden.

Wie führt man einen Test auf Sorbitintoleranz zuhause durch?

Auch zuhause sollte zuerst der Glukosetest durchgeführt werden. Dazu muss man 50 g Traubenzucker gelöst in 300 ml Wasser trinken und dann ein Beschwerdeprotokoll führen. Die Beschwerden kommen in der Regel recht rasch.

Falls Beschwerden wie Bachsschmerzen auftauchen, liegt eine Fehlbesiedelung des Dünndarms vor. Dann sollte man sich unverzüglich zu einem versierten Internisten begeben. In der Regel ist es notwendig, den Test dort als Glukose-H2-Atemtest durchzuführen. Eine Fehlbesiedelung ist dringend mit Antibiotika zu behandeln. Gleichzeitig sollten Probiotika eingenommen werden, die Laktobazillen und Bifidus-Bakterien enthalten. Inulin und Oligofruktose sollte auf keinen Fall enthalten sein.

Nun zum Test auf Sorbitintoleranz:

Hierfür werden 5 bis 10 g Sorbit, zum Beispiel käuflich in Apotheken oder Drogeriemärkten, in 200 ml Wasser gelöst und nüchtern getrunken. Nun wird über mehrere Stunden ein Beschwerdeprotokoll geführt. Nach etwa zwei Stunden kann ein bekömmliches Frühstück verzehrt werden. Das Beschwerdeprotokoll gibt Aufschluss darüber, ob eine Sorbitunverträglichkeit vorliegt oder nicht. Treten die typischen oben beschriebenen Beschwerden auf, so kann von einer Sorbit-Malabsorption ausgegangen werden.

Wie sieht die Therapie bei einer Sorbitintoleranz aus?

Die Therapie der Sorbitintoleranz erfolgt ausschließlich über eine Ernährungsumstellung und gliedert sich in drei Phasen:

  1. die Karenzphase,
  2. die Testphase und schließlich
  3. die Dauerernährung.

Dabei ist es sehr hilfreich, sich die Unterstützung einer/s Ernährungstherapeutin/en zu holen.

Was kann man bei einer Sorbitintoleranz in der Karenzphase essen?

In der Karenzphase sollte alles gemieden werden, was Sorbit und weitere relevante Stoffe enthält. Folgende Lebensmittel sollten zunächst aus dem Speiseplan gestrichen werden:

Obstsorten mit natürlichem Sorbitgehalt, insbesondere:

  • Äpfel
  • Birnen
  • Aprikosen
  • Pfirsiche
  • Nektarinen
  • Pflaumen
  • Kirschen
  • Weintrauben

Auch aus sorbithaltigen Früchten zubereitete Lebensmittel, sollten gemieden werden. Dazu gehören:

  • Fruchtsäfte
  • Trockenfrüchte
  • Marmeladen
  • Fruchtaufstriche (zum Beispiel Apfel- und Birnenkraut) Apfelessig
  • aus Wein hergestellter Essig
  • sowie Honig

Meiden sollte man auch Brot, Backwaren und Gebäck, das Sorbit als Feuchthaltemittel enthält. Sorbit schützt diese Lebensmittel vor dem ‘Altbacken-Werden’ und ist in vielen Broten aus Backmischungen, Schaumwaffeln, Fertig-Biskuitböden etc. enthalten.

Auch auf Süßigkeiten, die Sorbit enthalten, wie zum Beispiel manche Pralinensorten, sollte man bei einer Sorbitunverträglichkeit verzichten.

Neben Sorbit sollte man bei einer Sorbitintoleranz aber auch andere Zuckeraustauschstoffe meiden.

Welche Zuckeraustauschstoffe sollte man bei einer Sorbitintoleranz meiden?

In der Karenzphase sollte man bei einer Sorbitunverträglichkeit neben Sorbit (E 420) auch Xylit (E 967), Mannit (E 421), Isomalt (E 953), Maltit (E 965), Laktit (E 966) und Erythrit (E 968) nicht verzehren. Diese Zusatzstoffe sind insbesondere in zuckerfreien Süßwaren und Kaugummis, Medikamenten in Saftform, wie zum Beispiel Hustensaft, Fieber- oder Antibiotikasäfte für Kinder, Zahnpasta und Zahnpflegeprodukten enthalten.

Auch können diese Zuckeraustauschstoffe in weiteren Produkten wie Light-Produkten, Essiggurken oder Würzmitteln enthalten sein. Weitere Stoffgruppen, die bei Sorbitintoleranz gemieden werden sollten, sind Inulin und Oligofruktose.

Was versteht man unter Inulin bzw. Oligofruktose und worauf müssen Menschen mit Sorbitunverträglichkeit in diesem Zusammenhang achten?

Inulin besteht aus Ketten von 10 bis 60-Fruktose-Bausteinen und Oligofruktose aus Ketten von bis zu 9 Fruktose-Bausteinen. Inulin ist natürlicherweise in Schwarzwurzel oder Topinambur, sowie Zwiebelgemüse wie Zwiebeln, Lauch oder Knoblauch enthalten. Inulin und Oligofruktose wird jedoch auch häufig präbiotischen Joghurts, manchen fettreduzierten Käsesorten, sowie Käsezubereitungen zugesetzt. Auch wird Inulin mitunter Backwaren, z.B. Croissants, oder Wurstwaren beigefügt, um den Ballaststoffanteil zu erhöhen.

Und: Auch Hülsenfrüchte und Kohlgemüse können aufgrund ihres Gehalts an unverdaulichen Kohlenhydraten, wie Raffinose, Stachyose und Verbascose, zu Blähungen und Durchfall führen und sollten deshalb in der Karenzphase ebenfalls gemieden werden. Es gibt aber die Möglichkeit, die Darmflora in der Karenzphase mit Probiotika zu unterstützen.

Wie unterstützt man bei Sorbitintoleranz die Darmflora mit Probiotika?

In Probiotika sind die Laktobazillen und Bifidusbakterien enthalten, die die Darmflora modellieren. Deshalb empfehle ich meinen Patienten, die von einer Sorbit-Unverträglichkeit betroffen sind, in der Karenzphase mit der Einnahme von Probiotika zu beginnen . Da ein Teil der Menschen bei einem H2-Atemtest mit Sorbit zwar mit einem H2-Gas-Anstieg reagiert, jedoch keinerlei Beschwerden zeigt, können wir davon ausgehen, dass diese Personen zwar Sorbit nicht vollständig resorbieren können, ihre Darmbakterien jedoch relativ wenig störende Gase bilden. Laktobazillen und Bifidusbakterien sind hierfür bekannt. Bei Personen, bei denen Beschwerden auftreten, liegt möglicherweise eine ungünstigere Dickdarmflora mit einem höheren Anteil an Escherica coli- und Bacteroides-Stämmen vor. Führen sich diese Personen über Probiotika Laktobazillen und Bifidusbakterien zu, so kommt es oftmals zu einer geringeren Gärgasbildung im Dickdarm. Dies ist mittel- und langfristig ein Weg, um eine Sorbitintoleranz deutlich zu lindern oder sogar zum Verschwinden zu bringen. Wichtig ist aber: Bei den Probiotika sollte dringend darauf geachtet werden, dass sie kein Inulin oder Oligofruktose enthalten.

Die Karenzphase sollte höchstens zwei bis vier Wochen lang durchgeführt werden. Sobald die Beschwerden verschwinden, kann mit der nächsten Phase begonnen werden.

Wie sieht die zweite Phase bei der Ernährungsumstellung bei Patienten mit Sorbitintoleranz aus?

In der zweiten Phase, der Testphase, wird die individuelle Verträglichkeit ausgetestet. Hierbei werden nach und nach die in der Karenzphase ausgeschlossenen Lebensmittel schrittweise wieder eingeführt. Es empfiehlt sich, jeden Tag oder jeden zweiten Tag nur ein neues Lebensmittel in einer kleinen Menge, zum Beispiel ein Viertel Apfel, einzuführen, um zu testen, ob dieses Lebensmittel beschwerdefrei vertragen wird. Der Speiseplan wird nach und nach gelockert. Der Verzehr mancher Lebensmittel wie Birnen oder Lauch ist gegebenenfalls in kleineren Mengen möglich, andere Lebensmittel, möglicherweise Honig, Nektarinen, Weintrauben etc., können beschwerdefrei vertragen werden.

Die Testphase geht fließend in die Dauerernährung über. Entsprechend der individuellen Verträglichkeit sollte eine vollwertige Ernährung umgesetzt werden. Verschwinden die Beschwerden nicht oder nicht vollständig und liegen auch keine Diätfehler vor, muss nach weiteren Ursachen gesucht werden.

Frau Dr. Eigner, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Literaturhinweise:

1) Raithel, M., Weidenhiller, M., Hagel, A.F.-K., Hetterich, U., Neurath, M.F., Konturek, P.C.: The Malabsorption of Commonly Occurring Mono and Disaccharides. Dtsch Arztebl Int. 110, 775–782 (2013). doi:10.3238/arztebl.2013.0775

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

26. Mai 2020

Autor: S. Jossé/U. Eigner, www.mein-allergie-portal.com

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