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Rheuma-Therapie: Kann die Ernährung helfen?

Rheuma-Therapie: Ernährung
Kann die Ernährung den Verlauf der Rheumatoiden Athritis verbessern? Bildquelle: G.Keyßer

Kann bei Rheuma die Ernährung Teil der Therapie sein? Das kommt darauf an! Insbesondere bei der rheumatoiden Arthritis kann die Ernährung dabei helfen, kardiovaskuläre Folgeerkrankungen zu verhindern. Aber auch auf die Symptome der chronisch entzündlichen Gelenkerkrankung selbst hat die Ernährung einen Einfluß. Wie genau kann die Ernährung dann helfen? Was soll man bei dieser Form von Rheuma also essen und was nicht? Darüber sprach MeinAllergiePortal im Rahmen des Deutschen Rheumatologiekongresses 2023 mit Prof. Dr. med. Gernot Keyßer, Leiter des Arbeitsbereichs Rheumatologie am Universitätsklinikum Halle (Saale (UKH) und Sprecher der Kommission Komplementäre Heilverfahren und Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V.

Autor: Sabine Jossé M.A. 

Interviewpartner:  Prof. Dr. med. Gernot Keyßer

Herr Prof. Keyßer, wann ist es bei Rheuma bzw. rheumatischen Erkrankungen möglich, die Behandlung durch die richtige Ernährung zu beeinflussen?

Es gibt Hinweise, dass bestimmte Ernährungsformen den Betroffenen helfen können. Das entspricht den Empfehlungen der Kommission für komplementäre Heilverfahren und Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie. Es gibt jedoch keine einzige rheumatische Erkrankung, die man ausschließlich mit alternativen Heilverfahren oder einer Ernährungsumstellung behandeln sollte. Die Frage ist also immer: Ist es in bestimmten Fällen möglich, diese Methoden unterstützend zur Behandlung heranzuziehen?

Kann bei rheumatologischen Erkrankungen auch die Homöopathie helfen?

Die Homöopathie wurde von der Kommission für komplementäre Heilverfahren und Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie für die Verwendung in der Rheumatologie nicht empfohlen.

Bei welchen Arten von Rheuma kann die Ernährung helfen und wofür?

Wahrscheinlich kann die richtige Ernährung bei den meisten Gelenkerkrankungen unterstützend wirken. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen. Jede Form einer chronischen Entzündung im Körper - und bei rheumatischen Erkrankungen kommt es zu Entzündungen - erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Insofern kann eine antientzündliche Ernährung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts vor Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall und weiteren Erkrankungen des Herzens schützen. Weiter gibt es für einzelne rheumatische Erkrankungen, insbesondere die rheumatoide Arthritis, einige wenige Hinweise aus klinischen Studien zur Wirkung der Ernährung auf die Erkrankungssymptome.

Wie kann eine entzündungshemmende Ernährung bei der rheumatoiden Arthritis die Symptome beeinflussen?

In den erwähnten Studien konnte man sehen, dass eine antientzündliche Ernährung die Symptome der rheumatoiden Arthritis wie Schmerzen und Schwellungen etwas lindern kann. Es gibt auch Studien, die durch eine Ernährungsumstellung einen etwas verringerten Schmerzmittelgebrauch belegen konnten. Allerdings sind Schmerzmittel in der Rheumatologie nur Begleitmedikamente, am Krankheitsverlauf ändern sie nichts. Die entscheidenden Medikamente bei der rheumatoiden Arthritis sind die sogenannten Basistherapeutika, die den Krankheitsprozess grundsätzlich beeinflussen und ihre Wirkung erst langsam entfalten. Deren Wirkung kann keine Ernährungsform ersetzen.

Wie sieht die richtige Ernährung bei Rheuma-Erkrankungen aus?

Die richtige Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen, und darüber hinaus auch bei allen anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen ist eine Ernährung, die Übergewicht vermeidet. Es ist mittlerweile unbestritten, dass das Risiko für entzündliche Erkrankungen durch die richtige Ernährung etwas gesenkt wird. Das betrifft die rheumatoide Arthritis, es gibt aber erste Daten, die das für die Arthritis bei Schuppenflechte nahelegen.

Was genau sollte man essen, wenn man die Rheuma-Therapie durch die richtige Ernährungsweise unterstützen will und was nicht?

Gut bei Rheuma ist eine Ernährung, die einen hohen Anteil an Pflanzen-basierter Kost sowie an mehrfach ungesättigten und einfach ungesättigten Fettsäuren. Diese Ernährung sollte wenig Fleisch enthalten, als Faustregel gilt, dass eine Fleischmahlzeit pro Woche ausreicht. Gesättigte Fettsäuren, wie Schmalz, Butter, also tierische Fette, sollte man ebenfalls stark reduzieren. Die Fettzufuhr sollte zum Beispiel durch Pflanzenöle ersetzt werden, die entweder einfach ungesättigte Fettsäuren enthalten wie Olivenöl, oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Auch auf stark gesalzene oder gesüßte Nahrungsmittel sollte verzichtet werden, insbesondere auf Softdrinks, die Glukose-Fruktose Sirup enthalten. Diese Kriterien erfüllt die mediterrane Kost oder Mittelmeer Kost. Aber auch die indische Küche ist weitgehend vegetarisch und damit bei rheumatoider Arthritis geeignet für eine entzündungshemmende Kost.

Man hat den Eindruck, zur Ernährung bei Rheuma gibt es nur wenige Studien....

Diese Ernährungsstudien sind schwer durchzuführen. Man kann sie nicht doppelblind organisieren, da die Betroffenen immer wissen, was sie essen. Außerdem handelt es sich bei Studien zur Ernährung bei Rheuma oft um kleine Studien, weil sie sehr aufwendig sind. Die Aussagen dieser Studien weisen aber zumindest in die Richtung, dass eine gesunde Ernährung auch den Verlauf der Erkrankung günstig und unterstützend beeinflussen kann, auch wenn niemand ernstlich empfehlen würde, eine entzündlich-rheumatische Erkrankung ausschließlich mit Ernährungsumstellung zu behandeln. Das primäre Behandlungsziel ist es, die Erkrankungsaktivität in den Griff zu bekommen - möglichst bis zum vollständigen Verschwinden aller Symptome. Dazu benötigt man eine moderne medikamentöse Therapie. Hier ist die Ernährungsberatung ein Teil eines Gesamtkonzeptes.

Kann auch Ayurveda bei der Therapie von Rheuma helfen?

Für die rheumatoide Arthritis gibt es zu Ayurveda keine Erkenntnisse, die eine Empfehlung zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis erlauben würden, dazu reicht die Beweislage nicht aus. Aber wir kennen den Satz “Absence of evidence is not evidence of absence”. Das bedeutet: Wenn zu einer bestimmten Fragestellung keine klinischen Studien vorliegen, heißt das nicht, dass damit die Fragestellung negativ beantwortet ist. Vielmehr lautet die Aussage in diesem Fall: Zur Wirkung von Ayurveda auf die rheumatoide Arthritis liegen aktuell keine Daten vor. Daten gibt es aber zur Arthrose und hier zeigte sich eine positive Wirkung. Insofern könnte man unter bestimmten Umständen einen ayurvedischen Therapieansatz mit in das Gesamtkonzept der Rheuma-Therapie einbetten.

Was weiß man über den Einfluss von Ayurveda auf Arthrose?

Es gibt klinische Studien, die zeigen, dass die Betroffenen bei Arthrosen davon profitieren, wenn ayurvedische Medizin angewendet wird. Die Behandlung muss aber durch qualifizierte ayurvedische Fachkräfte erfolgen, was eine jahrelange Ausbildung voraussetzt. Ist diese Qualifikation vorhanden, können man mit Ayurvedischer Medizin auch degenerative Gelenkerkrankungen wie Arthrose mitbehandelt werden, wie diese Studien gezeigt haben. Die Betonung liegt aber auf “Mitbehandlung”, denn auch hier ist eine alleinige Therapie nicht zielführend. Eingebettet in ein Gesamtkonzept, kann Ayurveda bei der Arthrose-Therapie aber durchaus zur Anwendung kommen, was in manchen rheumatologisch qualifizierten Kliniken bereits praktiziert wird.

An wen sollten sich Patienten wenden, die sich für diese Therapien interessieren?

Viele Rheumatologinnen und Rheumatologen haben mittlerweile auch Erfahrung in der Ernährungsmedizin, so dass diese zunächst die Ansprechpartner wären. Empfehlenswert ist auch die Seite der Deutschen Rheuma Liga, die viele Ernährungstipps gibt.

Grundsätzlich sollte man sich im Hinblick auf die Rheuma-Therapie von jeglichem Lagerdenken verabschieden und allen Therapieoptionen gegenüber offenbleiben, ganz gleich ob Naturheilverfahren oder Schulmedizin. Man sollte sich aus beiden Welten das Beste heraussuchen und dabei stets sicherstellen, dass die Evidenz gegeben ist und die behaupteten Erkenntnisse gut gesichert sind.

Herr Prof. Keyßer, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Quelle:

Gernot Keyßer, Andreas Michalsen, Monika Reuß-Borst, Inna Frohne, Mandy Gläß, Alexander Pfeil, Olaf Schultz, Olga Seifert, Oliver Sander, Empfehlungen der Kommission Komplementäre Heilverfahren und Ernährung zu ayurvedischer Medizin, Homöopathie, Ernährung und mediterraner Kost, Z Rheumatol 2023 · 82:517–531, https://doi.org/10.1007/s00393-023-01356-z, Angenommen: 16. März 2023, Online publiziert: 22. Mai 2023

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

17. November 2023

Autor: S.Jossé/G.Keyßer,www.mein-allergie-portal.com

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