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Nase läuft, Augen tränen! Schnupfen oder Heuschnupfen?

Schnupfen Heuschnupfen
Wann ist eine luafende Nase eine Allergie?, Bildquelle: N. Mülleneisen

Wenn die klassischen Frühblüher Hasel, Erle und Eibe unterwegs sind, merkt Norbert Mülleneisen das sofort. Der Facharzt für Lungenheilkunde in Leverkusen ist stolzer Besitzer einer eigenen Pollenfalle und beobachtet das Pollenaufkommen genau. Mit MeinAllergiePortal sprach er über allergene und nicht allergene Pollen und darüber, wie man unterscheidet, ob es ein Schnupfen oder ein Heuschnupfen ist, wenn die Nase läuft und die Augen tränen.

Autor: Sabine Jossé M.A. 

Interviewpartner: Norbert Mülleneisen

Herr Mülleneisen, wann finden Sie üblicherweise die ersten Frühblüher in Ihrer Pollenfalle?

Im Februar sind oft schon die Pollen von Hasel, Erle und Eibe unterwegs. Haselpollen machen sich aber oft schon seit Dezember bemerkbar. Sobald es dann deutlich wärmer wird fliegen die Haselpollen verstärkt. Auch die Erle und die Eibe können dann ihre Pollen auf den Weg schicken.

Gibt es aus Ihrer Sicht Veränderungen bei den Pollenflugzeiten?

Die Pollensaison beginnt immer früher und hält auch immer länger an, ein Zeichen der Klimaerwärmung. Allerdings gab es auch in der Vergangenheit schon immer einmal Jahre, in denen der Haselpollenflug bereits im Dezember begann. Für den Februar ist es normal, dass die Pollen von Hasel, Erle und Eibe vermehrt fliegen. Beim Hasel kommt es dann sogar zu einer zweiten Blühphase.

Wie wirkt sich der Pollenflug auf Pollenallergiker aus, zeigt von der ersten Polle an bereits die volle Bandbreite der Symptome?

Bei den Pollenallergikern zeigen sich die Allergiesymptome langsam. Meist beginnt es mit einem Juckreiz an der Nase, die Nase kribbelt und kitzelt. Später kommt es dann zum Juckreiz an den Augen.

Parallel dazu kommen zu dieser Zeit allerdings auch die normalen Schnupfen-Patienten in meine Praxis. Bei uns im Rheinland ist im Februar oder März klassischerweise Karnevalszeit. In dieser Zeit kommt man sich näher und es werden viele “Bützchen” verteilt. Dabei werden eben auch reichlich Viren übertragen. Dann stellt sich regelmäßig die Frage: Handelt es sich um eine Erkältung oder um eine Pollenallergie?

Was ist der Unterschied zwischen einer normalen Erkältung und einem Heuschnupfen?

Der Juckreiz macht den Unterschied, denn daran kann man den Heuschnupfen erkennen! Leiden die Patienten unter einem Schnupfen, ohne dass die Nase juckt, handelt es sich um eine normale Erkältung. Kommt der Juckreiz an Nase oder Augen hinzu, ist eine Pollenallergie die Ursache.

Wenn sich der allergische Schnupfen zuerst durch das Jucken der Nase zeigt, wie geht es weiter?

Der Symptomverlauf bei einem allergischen Schnupfen sieht wie folgt aus: Die Nase geht zu und juckt, man muss sich räuspern und husten und es kommt zu Juckreiz an den Augen. Gegebenenfalls kann es auch zu asthmatischen Atembeschwerden bzw. Luftnot kommen.

Verstärken sich die Pollenallergie Symptome mit dem zunehmenden Pollenflug?

Es gibt hier einen groben Zusammenhang. Allerdings wissen wir auch, dass manchmal zwar viele Pollen in der Luft sind, die Allergiepatienten aber trotzdem wenig Beschwerden haben.

Wie kommt es, dass Allergiepatienten keine Symptome haben, obwohl der Pollenflug stark ist?

Das liegt daran, dass die Pollen nicht immer Allergene enthalten, wenn sie losfliegen. Man muss sich die Pollen vorstellen wie die Weintrauben an einer Rebe. So wie die Weintrauben von der Rebe fallen, fliegen auch die Pollen los. Kurz vorher gelangt das Allergen durch die Anthere, das ist der Staubbeutel, der Pollen produziert, in die Polle.

Sind die Witterungsbedingungen feucht und windig, quellen die Pollen auf. Dann kann es sein, dass sie früher losfliegen, bevor das Allergen hineingelangt. Dementsprechend gibt es Bäume, die zwar große Mengen an Pollen produzieren, in den Pollen ist aber kein Allergen enthalten. Ohne Allergen führen die Pollen bei Allergikern auch nicht zu Heuschnupfensymptomen. Man kann aber nicht erkennen, ob die Pollen Allergene enthalten oder nicht. In den Pollenfallen sieht man lediglich die Pollen und zählt sie. So erhält man eine Aussage über die Pollenkonzentration.

Pollenallergiker können also trotz starkem Pollenflug auch schwache oder gar keine Symptome haben und umgekehrt?

Genau, und dies erklärt das folgende Phänomen: Häufig haben Patienten zu Beginn der Saison nur geringe Heuschnupfen-Beschwerden, obwohl die Pollen bereits verstärkt fliegen. Zum Ende der Saison, wenn die Pollenkonzentration bereits stark reduziert ist, klagen Patienten aber häufig über starke Beschwerden, obwohl in den Pollenfallen dann nur noch wenige Pollen zu finden sind. Das liegt daran, dass die Pollen zu Beginn der Saison oft nur wenig Allergen enthalten, während sie zum Ende der Saison sehr viel Allergene haben. Hinzu kommt, dass gegen Ende der Saison auch häufig Pollenbruchstücke in der Luft sind, die auch allergische Reaktionen hervorrufen können. In den Pollenfallen findet man dann aber bereits keine intakten Pollen mehr und Pollenbruchstücke lassen sich keiner verursachenden Quelle zuordnen, weil sie als Hasel- oder Erlenpollen nicht mehr erkennbar sind.

Das heißt also: Zu Beginn der Pollensaison hat man zwar höhere Pollenkonzentrationen, aber die Patienten haben geringere Beschwerden. Gegen Ende der Pollensaison haben die Patienten dann jedoch stärkere Beschwerden, obwohl der Pollenflug stark zurückgegangen ist.

Was empfehlen Sie Pollenallergikern, die schon früh unter allergischem Schnupfen leiden?

Als erstes empfehle ich den Patienten immer ein Mometasonfuroat-haltiges Nasenspray, das in der Apotheke rezeptfrei erhältlich ist. Damit bekommt man 80 Prozent der Heuschnupfenbeschwerden in den Griff.

Was kann man gegen Heuschnupfen tun, wenn Antiallergisches Nasenspray nicht ausreicht?

Wenn das nicht reicht, sollten antiallergische Augentropfen hinzukommen. Hier empfehle ich Präparate, die in Einzeldosen erhältlich sind und jederzeit nach Bedarf eingesetzt werden können. Dahingegen sind Präparate in Fläschchen nach dem Anbrechen nur sechs Wochen verwendbar. Hilft auch das nicht, sind gegebenenfalls Antihistaminika anzuwenden. Präparate auf Basis von Cetirizin oder Loratadin sind sehr gut untersucht und auch für Schwangere geeignet. Handelt es sich um sehr schwere Heuschnupfen-Symptome, ist ein systemisches Cortison-Medikament zu erwägen. Dies ist hier aber nicht frei verkäuflich und muss vom Arzt verordnet werden.

Wann sind Heuschnupfen-Symptome sehr schwer?

Heuschnupfen-Symptome sind sehr schwer, wenn sie die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Wenn man zum Beispiel nicht mehr vor die Türe geht, weil die Pollen sofort Beschwerden machen. Auch wenn man nachts nicht schlafen kann, weil die Augen jucken, die Nase zu ist oder man Luftnot bekommt und wenn man keinen Sport mehr treiben kann, spricht man von schweren Symptomen einer Pollenallergie.

Empfehlen Sie bei Heuschnupfen die Anwendung dieser Medikamente bei Auftreten der Symptome oder bereits im Vorfeld?

In einer niederländischen Studie hat man untersucht, ob es besser ist, das Mometason-Nasenspray in der Pollensaison regelmäßig oder nur bei Bedarf anzuwenden. Dabei konnte man sehen, dass das Nasenspray bei Bedarf genommen genauso wirkungsvoll ist, wie bei der regelmäßigen Anwendung. Bei einer Bedarfsmedikation sind die Patienten jedoch einer geringeren Substanzbelastung ausgesetzt und es ist außerdem noch preiswerter.

Welchen Patienten empfehlen Sie die Hyposensibilisierung bzw. die Desensibilisierung gegen Pollen?

Die Hyposensibilisierung empfehle ich immer dann, wenn die Beschwerden von Jahr zu Jahr zunehmen oder trotz Medikamenteneinnahme so schwer sind, dass sie den Patienten stark belasten.

Wenn der Pollenflug der frühblühenden Bäume vorbei ist, welche Pollen fliegen als nächstes?

Die nächste “schlimme Polle” nach Hasel, Erle und Eibe ist die Birke. Dann kommt die Weide und im weiteren Verlauf kommen Platane, Eiche und Buche hinzu. Später starten die Gräser ihren Pollenflug und auch die Brennnessel, die bei uns in der Region Nordrhein-Westphalen sehr ausgeprägt auftritt. Als nächstes treten die Schimmelpilzsporen in Erscheinung und als letztes die Kräuter, Beifuß und Ambrosia.

Herr Mülleneisen, herzlichen Dank für dieses Gespräch! 

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

19. Oktober 2022

Autor: S. Jossé/ N. Mülleneisen, www.mein-allergie-portal.com

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