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Kortisonspritze bei Allergie: Es gibt Nebenwirkungen

Kortisonspritze Heuschnupfen Nebenwirkungen!
Dr. Maud-Bettina Hilka zum Thema: Kortisonspritze bei Heuschnupfen: Mögliche Nebenwirkungen!

Leiden Patienten unter schwerem Heuschnupfen mit stark ausgeprägter Heuschnupfen-Symptomatik, so greifen manche Ärzte zur Kortisonspritze. Im Zusammenhang mit Kortison kann es allerdings zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, weshalb der Einsatz jeweils sehr gut überlegt sein sollte. Ist ein schwerer Heuschnupfen so ein Fall, bei dem die Kortisonspritze tatsächlich zu empfehlen ist? Oder stehen die potenziellen Nebenwirkungen dem entgegen? Im MeinAllergiePortal-Erklärvideo „Kortisonspritze bei Heuschnupfen: Mögliche Nebenwirkungen!“ listet Dr. med. Maud-Bettina Hilka, HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden, die Nebenwirkungen der Kortisonspritze auf und erklärt, wie deren Verwendung zur Therapie einer Pollenallergie aus Sicht der Allergologen zu bewerten ist.

 

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Dr. med. Maud-Bettina Hilka 

 

Kortisonspritze bei Heuschnupfen: Die wichtigsten Fakten!

Kortisonspritzen gegen Heuschnupfen sind eine für Patienten und Ärzte bequeme Behandlungsmethode, die früher häufig angewandt wurde

Mit Kortison im Zusammenhang mit Kortisonspritzen sind in der Regel Glucocorticoide gemeint

Die Wirkung einer Kortisonspritze gegen Heuschnupfen tritt relativ schnell ein und hält eine ganze Weile an

Kortison Depotspritzen wirken sich massiv auf Kortisonstoffwechsel und Hormonhaushalt aus

Kortison-Nebenwirkungen können sich auch erst nach jahrelanger Beschwerdefreiheit unter Kortison-Spritzen zeigen

Zu den möglichen Nebenwirkungen bei systemischer Kortisongabe gehören unter anderem hoher Blutdruck, Muskelabbau und Gewichtszunahme

Da Kortison-Depotspritzen erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen, werden sie nicht mehr eingesetzt

 

Frau Dr. Hilka, was genau ist eine Kortisonspritze oder Kortison-Depotspritze gegen Allergien?

Die Verabreichung von so genannten Kortisonspritzen, genauer gesagt Depotsteroiden, ist eine für Patienten und Ärzte sehr bequeme Behandlungsmethode. Diese Kortison-Depotspritzen wurden früher in einer Dosierung von 40 oder 80 mg während der Pollensaison gegeben. In sehr vielen Fällen wurden die Patienten dadurch relativ beschwerdefrei oder die Beschwerden wurden deutlich gelindert. Es gibt immer noch Patienten mit Asthma bronchiale, die regelmäßig Gaben von Depotsteroiden in 4 bis 6-wöchigen Intervallen bekommen. Das bringt jedoch erhebliche Nebenwirkungen mit sich, und deshalb werden Kortisonspritzen gegen Heuschnupfen heutzutage nicht mehr eingesetzt.

Was ist Kortison überhaupt?

Mit „Kortison“ bezeichnet der Laie die Wirkstoffgruppe der Glukokortikoide, die zur Therapie entzündlicher Prozesse eingesetzt werden. Kortison wird aber auch vom Körper selbst, in der Nebennierenrinde, gebildet. Es ist ein Stresshormon und eine Vorstufe des Cortisols. Erst in der Leber wird Kortison in Cortisol umgewandelt. Cortisol wiederum beeinflusst eine Vielzahl von Prozessen in unserem Körper, zum Beispiel die Bereitstellung von Energie. Das Cortisol kann direkt an die Zellwand ansetzen und über einen sogenannten Rezeptor, der in der Zellwand verankert ist, reagieren. Cortisol findet man nicht in allen Zellen. Bekannt sind Leber-, Muskel-, Nervenzellen und spezielle Leukozyten unseres Immunsystems, die B- und T-Lymphozyten.

Ist auch Cortisol ein Hormon?

Ja, Cortisol ist das aktive Hormon. Wir unterscheiden grob die Mineralocorticoide und die Glucocorticoide. Wenn wir von Kortison sprechen, sind in der Regel Glucocorticoide gemeint. Diese werden erst durch einen Metabolisierung Prozess in der Leber aktiv.

Was passiert bei einer Kortison-Spritze gegen Heuschnupfen im Körper?

Die Wirkung einer Kortisonspritze gegen Heuschnupfen tritt relativ schnell ein und hält dann auch eine ganze Weile an. Das ist der Grund, warum viele Patienten diese Heuschnupfen-Behandlung sehr schätzen. Man muss jedoch immer beachten, dass die Kortikosteroide, wie die korrekte Bezeichnung lautet, auch immunmodulatorisch wirksam sind. Kortison setzt an bestimmten Leukozyten an und greift damit ganz aktiv ins Immunsystem ein. Das erklärt, warum die Kortisonspritze so schnell gegen Pollenallergien wirkt und warum die Wirkung so lange anhält. Das klingt wie eine wunderbar wirksame Behandlungsmethode, aber zur Therapie des Heuschnupfens stellt unter anderem die ARIA-Leitlinie zur allergischn Rhinitis zu Recht fest: "Depot-Kortikosteroide i. m. sind bei allergischer Rhinitis nicht indiziert." 1)

 

 

Bei welchen Allergien wurde die Kortisonspritze früher angewendet?

Die Kortisonspritze wurde, vor allen bei den Pollenallergien, im Frühjahr und im Sommer, eingesetzt. Man kann sie selbstverständlich auch bei anderen Allergien einsetzen. Jedoch fühlen sich viele Allergie Patienten in erster Linie durch die akuten und wirklich unangenehmen Beschwerden in der Pollensaison belastet. Dann kommt die Kortisonspritze wie gerufen. Tatsächlich gibt es Ärzte, die unter Asthma leidenden Patienten die Allergiespritze mit Kortison immer noch in einem Abstand von 4 bis 6 Wochen verabreichen.

Wie schnell wirkt eine Kortisonspritze bei Heuschnupfen?

Es kommt immer auf die Dosis an. Kortison wirkt meist in den nächsten Stunden und wird auch in der Notfallbehandlung genutzt. Außerdem dämpft Kortison auch die allergische Spätreaktion. In Form einer Kortisonspritze wird das Kortison in diesen Fällen jedoch nicht verabreicht, denn es gibt leider die erwähnten erheblichen Nebenwirkungen!

Welche Nebenwirkungen hat eine Kortisonspritze bei Allergien?

Man hat die Erfahrung gemacht, dass es durch die Heuschnupfen-Spritze mit Kortison zu einer signifikanten Störung des Kreislaufes aus Hypophyse und Nebennierenrinde kommt. Selbst bei einmaliger Gabe dieser Kortisonspritze, kann der Kortisol-Rhythmus aufgehoben werden. Das kann sogar bis zu sechs Wochen andauern. Damit ist die Kortisonspritze wirklich keine optimale Therapie.

Heißt das, die Kortison Depotspritzen stören den Kortisonstoffwechsel und bringen den Hormonhaushalt durcheinander?

Ja, die Kortison Depotspritzen wirken sich massiv auf Kortisonstoffwechsel und Hormonhaushalt aus. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht in manchen Fällen unumgänglich ist, einem Patienten Kortison in Form einer Spritze zu injizieren. Dann wird aber empfohlen, Kortison in kleinen Dosen zu geben. Kortison als Spritze sollte außerdem immer vor 10.00 Uhr morgens verabreicht werden, weil dann der Cortisolspiegel am höchsten ist. Das hat den Vorteil, dass man durch die Kortisongabe als Injektion den circadianen Rhythmus nicht verändert.

Wie bemerkt der Patient, dass sein Hormonhaushalt nach einer Kortison-Injektion in Mitleidenschaft gezogen wurde?

Der Patient merkt erstmal gar nichts. Es dauert sehr lange bis sich die Kortison-Nebenwirkungen zeigen. Unter Umständen kann man die Kortisonspritze jahrelang bekommen und hat zunächst gar keine Beschwerden. Aber irgendwann beginnen dann die Probleme.

Kortisonspritzen können folgende Symptome auslösen:

  • Erhöhte Blutzuckerwerte: Diese entstehen sowohl durch eine vermehrte Bildung und Bereitstellung von Glucose, also von Blutzucker, als auch durch eine Insulinresistenz. Dann sprechen wir von Diabetes mellitus.
  • Hoher Blutdruck: Der Blutdruck muss regelmäßig überwacht werden, da Kortison durch die sogenannte Mineralokortikoide Wirkung vermehrt Natrium und Wasser im Körper zurückhält, was wiederum zu einem erhöhten Blutdruck führt.
  • Muskelabbau: Ein ganz bekanntes Phänomen bei Kortisoninjektionen ist der Verlust an Muskelmasse, sowie Muskelschwäche.
  • Osteoporose: Gerade bei Frauen sollte man auch bei niedrigen Kortison-Dosen an ein mögliches Osteoporose-Risiko denken. Osteoporose kann zu einem erhöhten Frakturrisiko, gerade an Wirbelkörpern und Hüfte, führen. Das heisst, bei einer länger andauernden Kortison-Therapie muss eine Knochendichtemessung erfolgen. Auch eine Knochennekrose kann durch systemisches Kortison verursacht werden. Dann kommt es durch eine verminderte Durchblutung des Knochens zum Absterben von Knochengewebe.
  • Gewichtszunahme: Auch eine Zunahme von Gewicht kann durch die Kortisonspritze verursacht werden. Viele Patienten berichten, dass sie durch das Kortison ein vermehrtes Hungergefühl verspüren und unter regelrechten Heißhungerattacken leiden.
  • Störungen des Unterhaut-Fettgewebes: Durch das Verabreichen von Kortison per Spritze kommt es zu einer Umverteilung des Unterhaut-Fettgewebes. Ein ganz bekanntes Phänomen ist das sogenannte „Vollmondgesicht“, ein rundes, aufgedunsenes Gesicht, sowie ein breiter Nacken, welcher auch als Stiernacken bezeichnet wird. Andererseits kann es an der Einstichstelle der Spritze zu einem Abbau des Fettgewebes kommen. Dann hat man unschöne Dellen auf der Haut.
  • Steroid-Haut: Die sogenannte Steroid-Haut tritt nach mehrjähriger Kortisontherapie auf. Die Haut ist dann ganz dünn und knittrig, wie Pergament, und leicht verletzbar. Die Patienten haben deshalb oft am ganzen Körper blaue Flecken. Blaue Flecken sind also nicht nur ein Anzeichen für eine Gerinnungsstörung oder die Einnahme eines gerinnungshemmenden Medikamentes. Auch Menschen, sowohl Erwachsene als auch Kinder, die über einen langen Zeitraum Kortison einnehmen müssen oder Kortison gespritzt bekommen, haben oft zahlreiche blaue Flecken. Das zeigt sich häufig bei Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis. In diesen Fällen ist die Behandlung mit Kortison eine Therapie der ersten Wahl. Es ist aber wichtig, dass man sich dieser Nebenwirkungen bewusst ist.

Wichtig für die Patienten ist: Es kann es auch dann zu all diesen Nebenwirkungen kommen, wenn man die Pollenallergie-Kortisonspritze nur einmal im Jahr bekommt!

Kann man denn auch auf Kortison allergisch sein?

Ja, das gibt es tatsächlich. Es gibt eine Kortison-Allergie.

Wie äußert sich eine allergische Reaktion auf Kortison?

Gibt man einem Patienten längerfristig Kortison, zum Beispiel bei einer Hauterkrankung, einem Ekzem und das Ekzem breitet sich unter Verabreichung von Kortison aus und wird schlimmer, dann muss man hier ganz klar an eine Kortison-Allergie denken, die aber auch selten ist. Manchmal liegt dies aber nicht am Kortison, sondern an der Trägersubstanz, an die das Kortison gebunden ist und auf die der Patient allergisch reagiert. Zwar ist die Gefahr der allergischen Reaktion bei den tropischen Medikamenten nicht so stark gegeben. Trotzdem muss man prüfen, ob nicht einer der Zusatzstoffe den Befund verschlechtert.

Zurück zum Heuschnupfen: Was ist besser als eine Kortisonspritze und warum?

Alles ist besser als die Kortisonspritze!!!

Allergologen und HNO-Ärzte setzen Kortison zwar auch zur Behandlung der allergischen Grunderkrankung ein. In erster Linie ist es jedoch das Ziel, den Patienten mit einer Hyposensibilisierung, Desensibilisierung oder spezifischen Immuntherapie zu behandeln, die man gerne in der allergiefreien Zeit durchführt. Diese wird sehr gut vertragen und über einen Zeitraum von 3 Jahren praktiziert. Dadurch kann in der Regel auf ein Steroid, also Kortison, verzichten werden.

Es gibt aber auch Patienten, die so schwere allergische Beschwerden haben, dass man gezwungen ist, dem Patienten Steroide zu verordnen.

Bei Allergien wird Kortison deshalb wie folgt eingesetzt:

  • in sehr geringer Dosierung
  • niemals als Depotspritze
  • nicht länger als 2 bis 3 Wochen

Heuschnupfen behandeln wir gemäß den Leitlinien wie folgt:

  • Wir fangen mit dem Nasenspray an. Das Nasenspray darf Kortison enthalten.
  • Dann behandeln wir mit systematischen Antiallergika, welche heute auch sehr gut wirksam sind und keinerlei Nebenwirkungen haben.
  • Wenn es Sinn macht eine spezifische Immuntherapie durchzuführen, beginnen wir diese in der allergiefreien Zeit.

Frau Dr. Hilka, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

 

Quelle:

Ludger Klimek et. al, ARIA-Leitlinie 2019: Behandlung der allergischen Rhinitis im deutschen Gesundheitssystem, Allergo J Int 2019; 28: 255–76, https://www.wehrmann-derma.de/uploads/n2LnlZiz/ARIA-Leitlinie2019BehandlungderAllergischenRhinitis.pdf

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

12. Juni 2023

Autor: S. Jossé/ M.B. Hilka, mein-allergie-portal.com

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