Haselnuss Blüte, ein Problem für Haselpollenallergiker
Auch wenn die Temperaturen alles andere als frühlingshaft sind, die erste Haselnuss-Blüte beginnt oft schon im Winter. Heißt das, dass Pollenallergiker schon mit Heuschnupfen-Symptomen rechnen müssen? Oder ist es noch so kalt, dass die Frühblüher keinen Schaden anrichten können? Worauf muss man sich einstellen, wenn man eine Pollenallergie auf Hasel hat? MeinAllergiePortal sprach mit Dr. Patrick Gillessen, Hals-Nasen-Ohren-Arzt in München, über blühende Hasel-Sträucher im Winter und ob dies für Pollenallergiker ein Problem ist.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Dr. med. Patrick Gillessen
Herr Dr. Gillessen, schon im Januar sieht man in diesem Jahr die typischen Blütenkätzchen der Haselbäume, was heißt das für Pollenallergiker?
Die ersten allergischen Symptome beginnen. Das heißt, Niesreiz mit Blockierung der Nasenatmung, die Nase läuft und Augenjucken treten auf. Bei manchen Allergikern kann es bereits zu asthmatoiden Beschwerden kommen.
Hört der Hasel auch früher auf zu blühen, wenn er früher angefangen hat?
Durch die milden Winter ist die Pollenflugzeit deutlich verlängert, so dass beispielsweise bei den Haselnusspollen der Pollenflug bereits im Dezember bzw. Januar beginnt und dann auch schon manchen Pollenallergikern Probleme bereitet
Dies hängt allerdings auch deutlich von den Regionen in Deutschland ab. Im Westen und Süden startet der Pollenflug deutlich früher als dies im Norden bzw. Osten Deutschlands der Fall ist. Im Rhein-Main-Gebiet und im Saarland, zum Beispiel beginnt die Blühperiode am frühesten, gefolgt vom ebenso recht warmen Schwarzwald und von Bayern.
Bedeutet die frühe Haselblüte, dass auch alle anderen Frühblüher, wie z.B. die Erle, früher blühen werden?
Grundsätzlich trifft dies auch auf die Erlenblüten zu, da die Erlen, wie der Hasel, zu den Frühblühern gehören. Insgesamt hat die Erle jedoch eine längere Blühperiode als die Haselnuss. Für eine gewisse Zeit blühen Hasel und Erle also parallel.
Übrigens: Auch bei der Birke, die zu den sogenannten „Mittelblühern“ gehört, beginnt die Blüte in den letzten 20 bis 30 Jahren ca. zwei Wochen früher, als dies klassischerweise der Fall sein sollte. Eigentlich sollte die Birkenblüte erst im April beginnen, sie kann mittlerweile aber auch schon im März einsetzen, wenn dieser sehr warm ausfällt.
Diese früher einsetzende Blüte ist eine generelle Entwicklung, aber natürlich kommen noch die regionale Komponente und die aktuelle Wetterlage hinzu. Das heißt, in harten Wintern kann man dann auch eher wieder mit dem klassischen Blühschema rechnen.
Welche Pollen zählen denn überhaupt zu den Frühblühern?
Die wohl bedeutendsten frühblühenden Bäume respektive Sträucher für Allergiker sind die Erle und die Haselnuss. Weitere Frühblüher sind beispielsweise die Ulme, die Weide und diverse Kirschbäume. Manche Einteilungen zählen unter anderem auch die Birke zu den Frühblühern.
Ab wann und wie lange blühen die Frühblüher?
Die wichtigsten Vertreter wie die Haselnuss und die Erle blühen bereits ab Januar und haben Ihren Höhepunkt im Februar. Im März läßt der Pollenflug wieder nach.
Spielt auch die Temperatur beim Pollenflug von Hasel, Erle und Co. eine Rolle?
Ja, die Temperatur hat einen Einfluss auf den Pollenflug im Allgemeinen. Anhand bsp. der Pollenapp der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst kann man ersehen, dass – egal ob die Temperaturen 10 °C oder -5°C betragen – die Pollen fliegen. Der einzige Unterschied ist, dass es bei höheren Temperaturen meist auch windiger ist, so dass es bei Pollenallergikern auch häufiger zu Heuschnupfen-Symptomen kommt.
Was sind die typischen Symptome für Menschen, die unter einer Allergie gegen Frühblüher leiden?
Wie ich bereits erwähnt habe, kommt es zu Niesreiz mit Blockierung der Nasenatmung, einer laufenden Nase und Augenjucken bis hin zu Asthma bronchiale.
Frühblüher Allergie – auf welche Kreuzallergien sollte man achten?
Zunächst haben Allergiker glücklicherweise nicht alle eine Kreuzallergie. Für diejenigen Frühblüher-Allergiker, die Kreuzallergien entwickeln, kommt es beim Genuss diverser Nahrungsmittel zu meist lokalen Symptomen wie Schwellungen der Zunge und der Mundschleimhaut. Hier sind vor allem Obstsorten wie beispielsweise Steinobst oder auch diverse Nusssorten zu nennen. In seltenen Fällen kann es auch zu einer erheblichen Atemnot mit Erstickungsgefahr kommen. Wichtig zu erwähnen ist, dass Kreuzallergien die häufigste Form der Nahrungsmittelallergie darstellen.
Wie kann man eine Allergie auf Frühblüher feststellen?
Am besten durch einen sogenannten Prick-Test, der auf der Haut durchgeführt wird. Zur weiteren Einordnung führe ich in meiner Praxis einen Rast-Test durch, um eine Klassifizierung in leicht-, mittel- und schwergradig vorzunehmen.
Was können Pollenallergiker tun, wenn Hasel „ihr Allergen“ ist? Welche Medikamente helfen gegen die Erlen-, Hasel-, und Birkenallergie?
Bei Auftreten von Beschwerden ist die Allergenkarenz die erste Maßnahme. Dies ist allerdings im normalen Alltag oft nicht möglich, weshalb die Einnahme von Medikamenten empfehlenswert ist. Am besten man verwendet zuallererst lokal wirksame Medikamente wie cortisonhaltige Nasensprays und antihistaminhaltige Augentropfen. Wenn diese nicht ausreichend helfen, empfehle ich zusätzlich ein Antihistaminika in Tablettenform. Die meisten dieser antiallergischen Medikamente sind in Apotheken frei verkäuflich. Diese Heuschnupfen-Therapie unterbindet allerdings lediglich die Symptome der Allergie. Wenn diese Behandlung nicht ausreicht, ist der Besuch bei einem Allergologen zu empfehlen. Dort können dann gegebenenfalls andere, stärkere Medikamente verordnet werden und ggf. auch eine Asthma Behandlung eingeleitet werden.
Wenn die Medikamente nicht mehr reichen, ist dann die SIT angeraten?
Die SIT ist eine sehr gute Behandlungsmöglichkeit Allergien besser in den Griff zu bekommen. Vor allem kann durch die Therapie die Entzündungsreaktion durch das Allergen reduziert werden, wodurch sich ein positiver Effekt auf die Gesundheit und die Beschwerden herbeiführen lässt. Bei rechtzeitigem Beginn mit der SIT im Kindes- und Jugendalter kann evtl. die Entwicklung eines Asthma bronchiale verhindert werden. Die Einleitung der Therapie hängt von den Ergebnissen der Allergietests ab. Die Zeitspanne, in der der Patient unter der Allergie leidet, und die Stärke der Beschwerden runden das Bild ab.
Gibt es alternative Behandlungsmethoden bei einer Frühblüher Allergie?
Ja, es gibt zahlreiche alternative Behandlungsmöglichkeiten, die sich wie beispielsweise die Bioresonanz oder die Homöopathie wissenschaftlich als nicht wirksam gezeigt haben. Von daher rate ich von diesen Behandlungsmethoden ab. Bei diversen Phytotherapeutika ist ein unterstützender Effekt in der „klassischen“ Therapie der Allergie beschrieben.
Welche Folgeerkrankungen können auftreten, wenn die Symptome nicht behandelt werden?
Da es sich bei der Allergie um eine chronische Erkrankung handelt, sind Folgeerkrankungen wie beispielsweise das Asthma bronchiale möglich. Man kann davon ausgehen, dass ca. 30 Prozent der Allergiker im Laufe ihres Lebens ein Asthma bronchiale entwickeln. Diese Entwicklung ist unabhängig vom Schweregrad der Allergie. Des weiteren kann es auch zu einer permanenten Nasenatmungsbehinderung kommen, die leider oft zu einem Missbrauch von abschwellendem Nasenspray führt.
Herr Dr. Gillessen, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/P. Gillessen, www.mein-allergie-portal.com
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