Haut-Mikrobiom: Welche Creme oder Seife ist gut?

Das Haut-Mikrobiom rückt immer mehr in den Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen. Schließlich hat man erkannt, dass die Zusammensetzung der Hautbakterien bei vielen Erkrankungen, zum Beispiel Neurodermitis oder Schuppenflechte, eine wichtige Rolle spielt. Was sollte man also bei der Hautpflege beachten, welche Cremes oder Seifen sind gut für die Haut und welche nicht? Neue Forschungserkenntnisse zum Mikrobiom der Haut bringen Licht ins Dunkel und darüber sprach MeinAllergiePortal mit Prof. Dr. med. Cezmi A. Akdis, Universität Zürich und Schweizerisches Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF).
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Cezmi A. Akdis, Universität Zürich und Schweizerisches Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF)
Autor: Sabine Jossé M.A.
Herr Prof. Akdis, was ist wichtig für eine gute Hautpflege für das Haut-Mikrobiom?
Eine gute Hautpflege darf die Haut bzw. die Hautbarriere nicht schädigen und sollte ein Hautklima schaffen, das die guten Hautbakterien begünstigt. Allerdings konnten wir bei unseren Untersuchungen sehen, dass manche Hautpflegeprodukte und auch Produkte zur Hautreinigung der Haut schaden können. Insbesondere Produkte, die die Haut austrocknen, können sehr schädlich sein.
Was passiert, wenn die Haut durch Seifen oder Cremes zu trocken wird?
Wenn in Hautpflegemitteln wie Cremes oder Seifen chemische Substanzen enthalten sind, die die Haut austrocknen, wird sie „löchrig“. Das bedeutet, die Tight Junktions, das sind kleine Öffnungen zwischen den Hautzellen, die aber bei einer gut durchfeuchteten Haut geschlossen sind, werden durchlässig. Dann können schädliche Organismen die Hautbarriere durchdringen, und der Körper reagiert mit Entzündungen, auch des Unterhautgewebes. Diese Entzündungen können mit der Zeit den gesamten Körper erfassen und zahlreiche chronisch entzündliche Erkrankungen verursachen. Dazu gehören neben Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Psoriasis auch Allergien, Asthma, Rheuma und viele andere mehr. Hinzu kommt, dass zu viel Chemie auf der Haut die guten Hautbakterien zugunsten der schlechten Bakterien zurückdrängen kann. Leider dauert es dann oft sehr lange, bis diese Entwicklung gestoppt oder gar rückgängig gemacht werden kann. Und: Ähnliche Effekte können auch Antibiotika auf das Haut-Mikrobiom haben, auch sie können gute Hautbakterien für lange Zeit abtöten.
Worauf sollte man bei der Wahl der Seife achten, um die Haut nicht zu schädigen?
Man kann nicht aufhören, sich zu waschen oder Antibiotika einzunehmen, wenn dies erforderlich ist. Man kann aber eine sehr intensive Körperpflege auf ein verträglicheres Maß reduzieren und Antibiotika wirklich nur dann einsetzen, wenn dies unbedingt nötig ist. Bei der Auswahl der Seifen sollte man Produkte meiden, die scharfe Chemikalien wie Tenside enthalten, denn Tenside greifen die Zellmembran an und wirken antimikrobiell. Insbesondere den Inhaltsstoff Natriumlaurylsulfat, der die Haut bekanntermaßen reizt und austrocknet und der in vielen Hautreinigungsmitteln enthalten ist, sollte man meiden. Hilfreich können dabei Apps sein, wie zum Beispiel Yuka. Damit kann man Seifen, Cremes und Kosmetikartikel auf toxische Substanzen überprüfen. Unsere Daten haben gezeigt, dass hauptsächlich Natriumlaurylsulfat (SLS) oder Natriumdodecylsulfat (SDS) hochtoxische Substanzen sind. Ihre Toxizität zeigt sich daran, dass sie innerhalb weniger Minuten die Hautbarriere zerstören können. Auch das Hautmikrobiom können einige dieser toxischen Substanzen beschädigen. Aber auch auf den pH-Wert der Hautprodukte sollte man achten, denn dieser hat ebenfalls einen Einfluss auf das Haut-Mikrobiom.
Welchen pH-Wert sollten Hautpflegemittel haben, die gut für die Haut sind?
Der natürliche pH-Wert der Haut ist mit durchschnittlich 4,7 leicht sauer. Dabei wirkt die leichte Säure wie ein antimikrobielles Schutzschild gegen schädliche Pathogene. Gleichzeitig fördert dieser pH-Wert die guten Hautbakterien. Hautfreundliche Cremes und Seifen sollten deshalb ähnliche Werte haben, denn alle Produkte, die deutlich basischer oder saurer sind, verändern den natürlichen pH-Wert der Haut zu stark. Damit verändert sich auch die Zusammensetzung der Hautkeime, was dann wiederum Erkrankungen begünstigen kann.
Was kann man noch für eine gesunde Haut tun, was stärkt das Haut-Mikrobiom?
Grundsätzlich kann man sagen, dass auch der Kontakt mit der Natur dem Mikrobiom der Haut guttut. Frische Luft, Kontakt mit der Erde und mit Tieren kann dabei helfen, die Diversität des Haut-Mikrobioms und besonders die guten Bakterien zu erhalten. Dazu gehören Nutztiere wie Rinder und Schafe wie auf einem Bauernhof, aber auch Haustiere wie Hunde und Katzen.
Aber: Es muss noch sehr viel am Mikrobiom der Haut geforscht werden, um alle Mechanismen des Haut-Mikrobioms zu verstehen.
Prof. Akdis, vielen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/C. Akdis, www.mein-allergie-portal.com
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