Ständig Husten: Wann ist es ein Upper Airway Cough Syndrom?

Ständiger Husten kann lästig sein, ist anstrengend und man möchte ihn so schnell wie möglich loswerden. Allerdings ist Husten ein Symptom, das viele Formen und auch Ursachen haben kann. Deshalb gilt es zunächst, einige Fakten abzuklären, bevor die Behandlung beginnen kann. Für MeinAllergiePortal erklärt Dr. med. Maud-Bettina Hilka, Hals-Nasen-Ohren-Ärztin in der HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden, was bei ständigem Husten zu beachten ist und wann ein Upper Airway Cough Syndrom vorliegt.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Dr. med. Maud-Bettina Hilka, Hals-Nasen-Ohren-Ärztin in der HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden
Frau Dr. Hilka, wie lange dauert ein normaler Husten?
Ein normaler, akuter Husten dauert etwa 3 bis 4 Wochen. Dieser Husten ist dann ein Erkältungssymptom, das zum normalen Ablauf eines grippalen Infektes dazugehört und von selbst wieder ausheilt. Erst wenn Fieber auftritt, sollte man zum Arzt gehen.
Wann wird dann ein ständiger Husten chronisch?
Entsprechend der neuen Leitlinien ist ein Husten dann chronisch, wenn er nach 8 Wochen immer noch andauert. Erst dann wird man von einer sogenannten „Chronizität“ sprechen. Es gibt aber auch Patienten, bei denen symptomfreie Zeiten immer wieder mit Phasen des Hustens abwechseln, und auch dann wäre der Husten chronisch.
Welche Arten von Husten gibt es?
Es gibt viele Arten von Husten, die man klar unterscheiden kann. Wie gesagt, gibt es den akuten und den chronischen Husten, den man anhand seiner Dauer unterscheidet.
Weiter unterscheidet man drei Arten von Husten nach der Symptomatik wie folgt:
- Trockener Husten oder Reizhusten
- Produktiver Husten
- Bluthusten
Welche Ursachen kennt man für ständigen Husten, gibt es Risikofaktoren?
Zunächst gilt die Feststellung: Bei 18 Prozent der Patienten findet man die Ursache dafür, dass ihr Bronchialsystem überreagiert und zu ständigem Husten führt, nicht. Ansonsten gibt es sehr unterschiedliche Ursachen, die für den ständigen Husten verantwortlich zeichnen können. Der Risikofaktor Nr. 1 für einen ständigen Husten ist das Rauchen, denn dann besteht die Gefahr für COPD. Deshalb lautet die Empfehlung an Raucher mit ständigem Husten, unbedingt mit dem Rauchen aufzuhören. Es gibt aber auch Risikofaktoren am Arbeitsplatz.
Wie kann es durch den Arbeitsplatz zu ständigem Husten kommen?
Am Arbeitsplatz kann es durch Staub, Schadstoffe in der Raumluft oder durch Inhaltsstoffe der verarbeiteten Produkte, zu ständigem Husten kommen. Wenn feststeht, dass tatsächlich das berufliche Umfeld eine Gefährdung darstellt, muss der Betriebsmediziner eingeschaltet werden. Aber auch die Umwelt kann eine Rolle spielen.
Wann ist die Umwelt die Ursache für ständigen Husten?
Die Umwelt kann bei Umweltverschmutzung die Ursache für ständigen Husten sein. So kann es zum Beispiel im Sommer durch Ozon, einem Schleimhautgift, oder durch Stickstoff zu einem Hustenreiz kommen, der zu ständigem Husten führt. Hinzu kommen die Umweltallergene, die ebenfalls einen permanenten Husten auslösen können. Was aber oft vergessen wird: Auch Innenräume und damit der eigene Haushalt gehören zur Umwelt.
Was kann in der eigenen Wohnung zu ständigem Husten führen?
Egal ob in den Baumaterialen, in Farbanstrichen oder in Möbeln, überall lauern die unterschiedlichsten Schadstoffe. Dies ist insbesondere in älteren Gebäuden der Fall, denn man kann meist nicht mehr nachvollziehen, was damals verbaut wurde. Schadstoffe sind aber auch in modernen Produkten enthalten. Ein Beispiel: Vielen ist nicht bewusst, dass es bei neu verlegten Bodenbelägen zu einem sogenannten „Ausdampfen“ kommen kann. Dass diese Dämpfe die Schleimhäute schädigen und einen chronischen Husten auslösen, zeigt sich oft nicht unmittelbar, sondern vielleicht erst nach einigen Monaten oder Jahren. Mittlerweile gibt es Umweltmediziner, die sich darauf spezialisiert haben, diese durch Umweltgifte hervorgerufenen Beschwerden zu identifizieren, aber das ist nach wie vor eine sehr komplexe Diagnostik. Es kann aber auch durch Medikamente zu andauerndem Husten kommen.
Wie kann es durch Medikamente zu andauerndem Husten kommen?
Bei Medikamenten wie Betablockern, ACE-Hemmern und Verhütungsmitteln wie der Pille kann Husten durchaus eine der Nebenwirkungen sein. Bei Frauen mit ständigem Husten stellt sich deshalb immer auch die Frage, ob sich hormonell, etwa durch die Wechseljahre, bzw. im Hinblick auf die Kontrazeption etwas verändert hat. Natürlich kann ein ständiger Husten auch die Folge einer Erkrankung sein.
Bei welchen Erkrankungen kann es zum ständigen Husten kommen?
Im HNO-Bereich sind, wie gesagt, häufig Allergien und Asthma die Ursache für chronischen Husten. Dazu gehören Pollenallergien, Tierhaarallergien und Allergien auf Milbe oder Schimmelpilze. Schimmelpilze wirken allerdings nicht nur allergen, sondern auch toxisch. Auch diese Giftigkeit kann die Schleimhaut schädigen und einen chronischen Husten auslösen.
Bei Rauchern ist die COPD eine häufige Ursache.
Auch die Tuberkulose oder Parasiten können chronischen Husten auslösen, beides sieht man hierzulande durch die Globalisierung wieder häufiger.
Ein weiterer Grund für andauernden Husten kann ein Blutstau der Lunge sein, hervorgerufen durch Herzinsuffizienz, denn dann wird das Blut nicht adäquat transportiert.
Ebenso kann ein Rückfluss von Magensäure, ein Reflux, Husten auslösen.
Ebenfalls nicht vergessen sollte man die Fremdkörper-Aspiration, die insbesondere im Kleinkindalter durchaus nicht selten ist.
Auch den Keuchhusten haben wir in den letzten Jahren immer wieder gesehen, auch bei Erwachsenen. Eine Reinfektion mit Keuchhusten ist jederzeit möglich, auch wenn man bereits Keuchhusten hatte und auch dann, wenn man geimpft ist.
Eine weitere, aber seltene Ursache für chronischem Husten ist die Mukoviszidose, die in der Regel in sehr jungen Jahren auftritt. Der dabei auftretende extrem zähe Schleim kann zu Schäden im Bereich der Lunge und der Bauchspeicheldrüse führen.
Die Ursache für ständigen Husten kann aber auch in der Nase liegen, dann spricht man von einem Upper Airway Cough Syndrom.
Was ist ein Upper Airway Cough Syndrom?
Als Upper Airway Cough Syndrom, früher auch „Postnasal Drip Syndrom“ oder „Sinubronchiales Syndrom“ genannt, bezeichnet man einen Husten, dessen Ursache im Nasennebenhöhlen-Bereich liegt. Ursächlich sind dann nicht die unteren, sondern die oberen Atemwege. Durch eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung mit oder ohne Nasenpolypen bildet sich Schleim, der ständig im Nasen-Rachen-Raum herunterläuft und den Hustenreiz triggert. Die Patienten beschreiben das als sehr unangenehm. Zusätzlich kommt es dabei zur Auslösung eines Hustenreizes durch den Nervus trigeminus, den Trigeminusnerv oder Gesichtsnerv.
Wie kann der Trigeminusnerv einen Hustenreiz auslösen?
Der Gesichtsnerv verläuft mit einigen Fasern an der Rachenhinterwand entlang, sodass der Schleim aus den Nasennebenhöhlen auch den Nerv reizt und Husten provoziert. Das bedeutet aber nicht, dass ein schleimiger Husten eine Trigeminusneuralgie auslöst.
Welche Symptome hat man beim Upper Airway Cough Syndrom?
Das typische Symptom beim Upper Airway Cough Syndrom ist die ständige, zähflüssige Sekretion im Rachenbereich in Verbindung mit produktivem Husten. Dabei kann auch eine Behinderung der Nasenatmung vorliegen, das muss aber nicht sein. Selten klagen die Patienten auch über Schmerzen im Bereich der Nasennebenhöhlen oder im Kopfbereich. Bei der Ausprägung der Symptome spielt auch das Alter des Patienten eine Rolle, denn dann werden die Sekrete generell zähflüssiger.
Warum werden im Alter die Sekrete des Menschen zähflüssiger?
Bei älteren Patienten kommt es nicht nur generell zu einer zäheren Sekretion im Nasen-Rachen-Raum, sondern generell aller Schleimhäute. Das liegt daran, dass im Alter eine sogenannte Atrophie der Becherzellen einsetzt. Das bedeutet, die Becherzellen verkleinern sich oder gehen verloren und produzieren weniger Schleim. Die Flüssigkeitszufuhr zu erhöhen hilft hier nicht, denn das Trinkverhalten hat keinen Einfluss auf die Becherzellen. Deswegen muss man das Alter des Patienten bei der Diagnose und Therapie mitberücksichtigen.
Wie stellt der Arzt die Diagnose für die Ursache von andauerndem Husten?
Der wichtigste Teil der Diagnose ist, dass der Arzt mit den Patienten spricht, denn dann bekommt er bereits sehr viele Hinweise auf die Diagnose.
Folgende Fragen sollte der Arzt stellen, wenn ein Patient über ständigen Husten klagt:
- Wann kommt es zum Husten?
- Welche Art Husten ist es?
- Wie genau sieht der Husten aus?
- Wie sieht das berufliche Umfeld aus?
- Welche Hobbies werden ausgeübt?
- Alter und Geschlecht
- Wie sieht der Lebensstil aus?
- Gibt es neue Einrichtungsgegenstände in der Wohnung?
- Gibt es Allergenquellen, zum Beispiel, Zimmerpflanzen?
- Wie sieht das soziale Umfeld aus?
- Welche Erkrankungen bestehen bereits?
- Welche Medikamente werden eingenommen?
Wenn die Anamnese gründlich durchgeführt wird, sind viele der viel zu oft durchgeführten weiteren Untersuchungen meist nicht nötig und man kann dem Patienten schneller helfen. Es gibt aber auch Tests, die zu einer Diagnose zwingend dazugehören, wie zum Beispiel Allergietests und eine Lungenfunktionsprüfung.
Welche Therapien helfen gegen ständigen Husten, ist er heilbar?
Chronischer Husten ist immer dann heilbar, wenn man die Ursache des Hustens findet. Behandelt man dies Ursache, verschwindet auch der Husten. Das heißt zum Beispiel: Wenn eine Herzinsuffizienz besteht, die adäquat behandelt wird, verschwindet der Husten. Ebenso verschwindet das Upper Airway Cough Syndrom, wenn die Entzündung der Nasennebenhöhlen behandelt wird und ausheilt. Deswegen ist es wichtig, dass der Arzt die Symptome des Hustens nicht therapiert, bevor die Ursache ermittelt wurde, zumindest bei den 81 Prozent der Patienten, bei denen dies ermittelt werden kann.
Wie wird denn das Upper-airway-cough-Syndrom behandelt?
Bei Patienten mit Nasenpolypen und Upper Airway Cough Syndrom würde man zunächst operieren. Tritt die Entzündung dann aber nach kurzer Zeit wieder auf, würde man ein Biologikum verordnen, das sehr vielen Patienten helfen kann.
Gibt es Hausmittel, die bei langanhaltendem Husten helfen?
Es gibt einige pflanzliche Mittel, die man bei chronischem Husten anwenden kann. Dazu gehören Präparate mit Efeu, Fenchel, Thymian, Pfefferminze und Salbei. Beim Reizhusten können zuckerhaltige Hustenbonbons oder Honig dabei helfen, die Hustenrezeptoren zu blockieren.
Frau Dr. Hilka, herzlichen Dank für dieses Gespräch!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/M.- B. Hilka, www.mein-allergie-portal.com
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