Die Nase: Funktion, Aufbau, Erkrankungen

Wozu man eine Nase braucht, glaubt vielleicht jeder zu wissen. Allerdings ist nicht immer bekannt, wie weitreichend die Funktionen der Nase sind, wie sie aufgebaut ist und was passieren kann, wenn sie „nicht funktioniert“ oder sich bestimmte Erkrankungen einstellen. Im Gespräch mit MeinAllergiePortal erklärt Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Zentrum für Rhinologie und Allergologie, Wiesbaden und Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (AeDA) wie wichtig die Nase ist.
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Zentrum für Rhinologie und Allergologie, Wiesbaden und Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (AeDA)
Autor: Sabine Jossé M.A.
Herr Prof. Klimek, was ist eigentlich die Funktion bzw. die Aufgabe der Nase?
Die primäre Aufgabe der Nase besteht darin, die Atemluft für die unteren Atemwege passend aufzubereiten. Die Nase dient damit also als Klimaanlage, Luftbefeuchter und Filter. Abhängig von der individuellen Körpergröße bewältigt eine normale Nase somit tagtäglich die Aufgabe, 10.000 bis 15.000 Liter Luft auf Körpertemperatur zu bringen und mit 80 bis 90 Prozent Luftfeuchtigkeit anzureichern. Bei Belastung wird das leicht mehr.
Wie beeinflusst die Außentemperatur die Funktion der Nase?
Eine gesunde Nase „funktioniert“ unter sehr unterschiedlichen Temperaturbedingungen. Eine Bandbreite zwischen -40 °C und +50 °C ist möglich und auch eine sehr geringe relative Luftfeuchtigkeit wird von der Nase ausgeglichen. All dies bewältigt die Nase mit Hilfe einer Passagestrecke von nur ca. 7 bis 8 cm. Dies entspricht einer Fläche an Nasenschleimhaut von nur 150 cm2 und ist sehr wenig, zum Beispiel im Vergleich zur Oberfläche der Lunge.
Wie funktioniert die Nase als Klimaanlage?
In der Nasenschleimhaut befinden sich Venengeflechte, die mehr als ein Drittel der gesamten Nasenschleimhaut ausmachen, und dazu dienen, die benötigte Klimatisierung der Luft bzgl. Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt zu erreichen. So wird die Durchblutung zum Beispiel im Liegen oder bei Abfall der Lufttemperatur hochreguliert, dann wird mehr Blut benötigt. Bei hohen Außentemperaturen hingegen, wird die Atemluft entsprechend heruntergekühlt. Die Klimatisierungsfunktion der Nase ist sicher die wichtigste Funktion der gesunden Nase. Eine Nase ist gesund, wenn sie in der Lage ist, Feuchtigkeit und Temperatur auszugleichen, ihre Filterfunktion auszuüben und dies bei einer ungehinderten Nasenluftpassage.
Wie misst man die Klimatisierungsfunktion der Nase?
In Studien wird die Klimatisierungsfunktion der Nase anhand der Differenz der Feuchtigkeit und der Temperatur im Naseneingang bzw. im Nasen-Rachenraum gemessen. In ihrer Klimatisierungsfunktion muss die Nase in der Regel Feuchtigkeit abgeben. Die eingeatmete Luft ist meist trockener als benötigt. Die Voraussetzung dafür, dass die Nase dieser Aufgabe gerecht werden kann, ist eine ungehinderte Nasenluftpassage.
Wie funktioniert die Nase als Luftbefeuchter?
Die Nase befeuchtet die eingeatmete Luft mit Hilfe eines Flimmerepithels und mit Hilfe von Drüsenzellen, die in der Schleimhaut liegen, unter anderem die Becherzellen. Diese Zellen bilden ein Sekret, das auf die Oberfläche der Epithelzellen aufgebracht wird. Die Sekretschicht ist sehr dünnflüssig und liegt normalerweise auf der Nasenschleimhaut so auf, dass sie die Flimmerhärchen gerade so bedeckt bzw. knapp darüber hinausgeht. Aus dieser Schicht wird Feuchtigkeit in den Atemstrom abgegeben, sie dient aber gleichzeitig auch als Filter und erfüllt eine Reinigungsfunktion.
Wie reinigt die Nase die Atemluft?
Zur Reinigung der Atemluft befindet sich auf dieser Schicht eine weitere sehr dünne Gelschicht, die ebenfalls gerade so in die Oberfläche der Flimmerhärchen hineinragt. Durch die Bewegung der Flimmerhärchen wird die Gelschicht ständig in Richtung Nasen-Rachenraum verschoben. Sämtliche Partikel, bleiben an dieser Gelschicht haften und werden durch die Bewegung der Flimmerhärchen in Richtung Rachen abtransportiert. Die Schlagfrequenz der Flimmerhärchen liegt bei ca. 10 Herz, was einem Transportweg von ca. 2 cm pro Minute entspricht. All diese Faktoren zusammen bedingen eine relativ konstant temperierte und befeuchtete transnasal erzeugte Aufsättigung der Luft für die Lunge. Etwa 700 ml Flüssigkeit täglich fallen für diesen Prozess an, das entspricht ungefähr 20 bis 25 Prozent des täglichen Flüssigkeitsverbrauchs, eine für dieses kleine Organ ganz erhebliche Menge. Es gibt in der Nase aber auch spezielle Bereiche, die sogenannten Hot Spots.
Wofür dienen die Hot Spots in der Nase?
Die Hot Spots in der Nase können besonders gut auf veränderte Bedingungen reagieren. Die Hot-Spots befinden sich in den unteren, mittleren und oberen Nasenmuscheln und den Septummuscheln, einem Polster auf der Nasenschleimhaut das in den meisten Fällen am Nasenseptum lokalisiert ist. In diesen Schleimhautarealen finden überwiegend entzündliche und allergische Reaktionen statt und somit auch die Antwort auf die nasalen Provokationstests.
Der Befüllungszustand der nasalen Areale ist zyklisch, das heißt er wechselt von rechts nach links und wieder zurück. Der Zyklus vollzieht sich normalerweise in 3 bis 5 Stunden, kann aber auch nur 1 Stunde oder bis zu 12 Stunden dauern. In diesem Zeitraum findet ein kontinuierlicher Wechsel zwischen beiden Nasenseiten statt. Im Mittel ist der Gesamtfluss durch die Nase gleichbleibend, man nimmt aber an, dass der Sinn dieses Nasenzyklus darin besteht, dass dadurch eine Erholungsphase für die jeweils geschlossene Nasenseite ermöglicht wird.
Was passiert, wenn die Nase ausfällt?
Ein Ausfall der Nase ist zum einen mit Beschwerden verbunden und kann zum anderen an den unmittelbar abhängigen Organen wie der Luftröhre, dem Kehlkopf und den Bronchien zu entzündlichen Veränderungen führen, was das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit empfindlich stören kann. Ist das Riechvermögen beeinträchtigt, leidet in der Regel auch das Geschmacksempfinden und damit auch die Lebensqualität.
Wie genau funktioniert das Riechen?
Das Riechepithel macht einen kleinen Bereich am Nasendach aus, ist aber mit einem direkten Zugang zum Gehirn ausgestattet. Eine solch direkte Anbindung an das Gehirn ist für keine andere Körperfunktion vorhanden, ein Hinweis auf die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung des Riechvermögens. Tatsächlich übertragen wird der Riecheindruck von olfaktorischen Rezeptorzellen, welche die in der Atemluft enthaltenen Riechstoffmoleküle aufnehmen. Der Duftstoff muss dafür in direkten Kontakt mit dem entsprechenden Riechstoffmolekül aus der Atemluft kommen. Die Fähigkeit, hunderttausende Gerüche und Geruchsstoffkombinationen zu unterscheiden, wird dadurch erreicht, dass die verschiedenen olfaktorischen Rezeptorzellen, die für jeweils ein Riechstoffmolekül spezifisch sind, jeweils unterschiedliche Hormone im Gehirn aktivieren. Das dadurch entstehende Aktivitätsmuster wird vom Gehirn mit einem bestimmten Geruch verbunden.
Was weiß man über die Rolle des Riechvermögens bzw. des Geruchsinns?
Viele, auch internationale, Studien haben gezeigt, dass der Geruchssinn von Frauen besser entwickelt ist als der der Männer. Auch junge Menschen verfügen über ein besseres Riechvermögen als alte Menschen, das Riechvermögen nimmt mit dem Alter dramatisch ab. Das hat nicht unerhebliche Folgen, denn ein Teil der Fehlernährungen, wie man sie bei älteren Menschen findet, sind auch durch den Verlust des Riechvermögens bedingt. Aber auch zwischen Rauchern und Nichtrauchern gibt es erwartungsgemäß Unterschiede. Nichtraucher riechen besser als Raucher, dies haben Studien gezeigt, und der Geruchssinn wird um so schlechter, je länger das Rauchen andauert. Hört man dann auf zu rauchen, lässt sich zumindest ein Teil dieses Verlustes wieder ausgleichen, da sich die olfaktorischen Rezeptorzellen als einzige Nervenzellen des erwachsenen Menschen teilen und regenerieren können. Aber: Die Nase beeinflusst uns über die Riechfunktion in einem Maße, wie uns dies wahrscheinlich nicht immer bewusst ist.
Inwiefern kann das Riechvermögen einen unbewussten Einfluss haben?
Wir wissen, dass es auch beim Menschen Pheromone, also Botenstoffe gibt, nicht nur im Tierreich. Es gibt seriöse Untersuchungen, die zeigen, dass die Partnerwahl zumindest zum Teil auch vom Körpergeruch abhängt und dass hier eine unbewusste Steuerung stattfindet. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Boris Stuck, Klinikum Mannheim, hat untersucht, welche Einflüsse Düfte dann auf uns ausüben, wenn wir eigentlich glauben, nicht beeinflussbar zu sein, nämlich im Schlaf. Das Ergebnis: Nicht nur tagsüber beeinflussen uns Gerüche in erheblichem Maße, sondern auch im Schlaf, sie beeinträchtigen sogar unser Traumverhalten. So führen Wohlgerüche, wie zum Beispiel Rosenduft zu angenehmen Traumerlebnissen. Interessanterweise verfügt nicht allein die Nase über einen Geruchssinn. Auch Spermien sind mit Duftstoffrezeptoren ausgestattet, die mit denen der Nase identisch sind, und finden auf diesem Wege die Eizelle.
Wie misst man das Riechvermögen?
Um das Riechvermögen zu messen, gibt es zum einen psychophysische Verfahren, wie die in Deutschland entwickelten Sniffing Sticks. Olfaktorisch induzierte Potentiale, das heißt durch die Riechwahrnehmung ausgelöste Reaktionen, lassen sich auch objektiv messen. Mit entsprechenden Geräten wird ein kontinuierlicher Luftstrom in die Nase gebracht und damit ein Riechstoff appliziert. Auch über bildgebende Verfahren, mit Hilfe eines funktionellen MRT lassen sich das Riechvermögen bzw. die im Test aktivierten Spots messen.
Was passiert, wenn die Nase den Geruchssinn verliert?
Riechstörungen sind nicht so selten, wie man dies vermuten würde. Fast 20 Prozent der Bevölkerung leiden unter einem eingeschränkten oder nicht vorhandenen Riechvermögen, in höherem Alter ist dies deutlich weiterverbreitet. Die Ursachen für Riechstörungen finden sich häufig im Bereich der Nase selbst. Bei Patienten mit einer chronischen Sinusitis leiden fast zwei Drittel der Betroffenen unter einer Einschränkung des Riechvermögens. Auch auf Grund von Verletzungen und bei neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson kann es zu Einschränkungen oder zum Verlust des Riechvermögens kommen. Da es bei Parkinson zu einer Degeneration des Riechkolbens kommt, wird sogar diskutiert, Riechuntersuchungen als Frühindikator für die Erkrankung einzusetzen. Die Beschwerden, die bei riechgestörten Patienten entstehen, sind erheblich und wirken sich stark auf die Lebensqualität der Betroffenen aus. Auswirkungen gibt es auf Grund des Geschmackverlustes auch beim Essverhalten, allerdings anders, als man dies erwarten würde, denn die überwiegende Anzahl der Patienten mit Riechstörungen nimmt an Gewicht zu.
Wie hängen Riechvermögen und Geschmack zusammen?
Ohne Nase kein Genuss! Der Geschmack geht hauptsächlich über die Nase und was wir schmecken, hängt zu 80 Prozent vom Riechvermögen ab. Lediglich die vier Grundgeschmacksrichtungen sind im Bereich Zunge und Rachen angesiedelt.
Was passiert, wenn die Nase krank wird, zum Beispiel bei einer Erkältung?
Vom Phänomen der der sogenannten "Erkältung" wissen wir, dass es sie in dieser Form eigentlich gar nicht gibt. Man weiß heute, dass es sich bei einer Erkältung um eine Viruserkrankung, eine virale Rhinitis handelt. Studien haben nachgewiesen, dass eine Abkühlung der Extremitäten dazu führt, dass es in der Nasenschleimhaut zu einer Aktivierung der Klimatisierungsfunktion kommt, was durchaus der zu leistenden Abwehrfunktion entspricht. Hält dieser Zustand jedoch über einen längeren Zeitraum, das heißt länger als 5 bis 7 Tage an, kann es zu einer Verdickung des Sekretes und zu einer erhöhten Anfälligkeit für virale Infekte kommen. Grund hierfür ist wahrscheinlich die damit einhergehende herabgesetzte immunologische Abwehr.
Was passiert, wenn die Nase "verstopft" ist?
Letztlich sind die Klimatisierungsfunktion der Nase und auch das Riechvermögen abhängig von einer ungehinderten Nasenluftpassage. Diese ist nicht gewährleistetet, wenn etwa die Nasenmuscheln durch Polypen oder Nasenpolypen im Sinne einer CRwNP verengt sind oder wenn andere anatomisch strukturelle Einflüsse vorliegen, wie zum Beispiel eine schief stehende Nasenscheidewand. Bei diesen Veränderungen, die hauptsächlich den Naseneingang betreffen, kann eine Operation der Nasenpolypen Eingriffe Abhilfe schaffen.
Die Nase spielt also eine große Rolle für die Gesundheit?
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Erkrankungen der Nase oft verharmlost und auch gesundheitspolitisch nicht den eigentlich angemessenen Stellenwert haben. Damit wird unterschätzt, dass mit diesen Erkrankungen oft Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit und auch Folgeerkrankungen verbunden sind, die sich sogar volkswirtschaftlich negativ, in Form von Fehlzeiten und den damit einhergehenden Produktivitätsverlust, auswirken können.
Herr Prof. Klimek, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S.Jossé/ L.Klimek, www.mein-allergie-portal.com
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