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LTP-Allergie: Unverträglichkeit von Gemüse & Obst

LTP-Allergie Obst Gemüse Gewürze
LTP-Allergie: Allergie auf Obst, Gemüse, Gewürze?

Wenn man auf verschiedenes Obst, Gemüse, Gewürze und andere Nahrungsmittel allergisch reagiert könnte, eine LTP-Allergie die Ursache sein. Dabei handelt es sich um eine Allergie auf nichtspezifische Lipid-Transfer-Proteine (LTP), die in zahlreichen Nahrungsmitteln und Pollen vorkommen. Diese Proteine, sogenannte Panallergene, kommen aber nicht nur in ganz verschiedenen Obst- und Gemüsesorten sowiePollen vor, sondern auch in Gewürzen, Samen und Nüssen. Deshalb reagieren die Patienten auf so unterschiedliche Auslöser wie Pfirsich, Tomate, Nüsse oder auch Knoblauch. Nach dem Genuss leiden manche Betroffene an leichten Beschwerden wie Jucken und Kribbeln im Mundraum, dem Oralen Allergie-Syndrom. Bei Anderen kann es jedoch auch zu einem allergischen Schock kommen. Die Lipid-Transfer-Protein-Allergie ist vor allem in süd- und mitteleuropäischen Ländern verbreitet, im Norden Europas selten, aber dennoch anzutreffen.

Autor: Dr. med. Susanne Meinrenken

LTP-Allergie? Wie häufig sind Allergien auf Obst und Gemüse?

Eine Allergie gegen Obst oder Gemüse ist insgesamt nicht häufig. Allerdings unterscheidet sich die Ursache der allergischen Symptome auf diese Lebensmittel je nach geografischer Region: Reagiert eine Person aus Nordeuropa auf Obst oder Gemüse, steckt dahinter in der Regel eine pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie, die mit typischen leicht ausgeprägten Symptomen im Bereich des Mundraums einhergeht, das Orale Allergie-Syndrom (OAS). Auslöser hierfür sind neben Pollen typischerweise rohe Früchte oder rohes Gemüse.

In südeuropäischen Ländern hingegen wird zusätzlich zur pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie häufiger eine Lipid-Transfer-Protein-Allergie diagnostiziert. Dabei reagieren Betroffene zwar seltener auf Pollen, aber sowohl auf rohes als auch gekochtes Obst und Gemüse. Zudem leiden die Patienten mit einer LTP-Allergie in der Regel an ausgeprägteren Symptomen als beim OAS. In Italien und anderen mitteleuropäischen Ländern stellt die Allergie auf LTP den häufigsten Grund für eine primäre Nahrungsmittelallergie bei Erwachsenen dar und ist zudem Nummer 1 bei den Auslösern einer nahrungsmittelbedingten Anaphylaxie. In nordeuropäischen Ländern hingegen wird die LTP-Allergie selten diagnostiziert.

LTP-Allergie: Allergisch auf vieles, vom Pfirsich bis zum Spinat

Als Auslöser kommen bei LTP-Allergikern vor allem Vertreter aus der Gruppe der sogenannten Rosengewächse (Rosacea), mit den Untergruppen Prunoidea (Steinobst/-früchte) und Malonidea (Apfelartige und Kernobst) in Betracht. Die erste Gruppe umfasst vor allem Pfirsich, Nektarine, Aprikose, Pflaume und Kirsche, aber auch Kokos, Mango oder Pistazie und Mandel sind hier einzuordnen. Zur zweiten Gruppe gehören Apfel, Birne und Quitte. Auch die Familie der Schalenfrüchte zählt zu den häufigen Allergenen bei LTP-Allergie; hier sind Haselnuss, Walnuss und Erdnuss häufige Auslöser. Zusätzlich zu diesen Hauptvertretern kommt jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher Allergene aus Getreide, Wein, Tomate, Spinat, Mangold, Knoblauch, Kohl, Safran und anderen Gewürze neben anderen Pflanzen als Ursache für eine LTP-Allergie infrage.

LTP-Allergie: Lipid-Transfer-Proteine in Nahrungsmitteln - gefährliche Schale, harmloses Fruchtfleisch?

Lipid-Transfer-Proteine sind im Gegensatz zu vielen anderen Allergenen resistent gegenüber Hitze, werden auch im Verdauungstrakt nicht zerstört und finden sich in einer Vielzahl von Pflanzen, also auch Nahrungsmitteln. Zudem bringen sie eine ausgeprägte Kreuzreaktivität mit sich: Patienten mit LTP-Allergie reagieren daher oft auf mehrere, botanisch völlig verschiedene Obst- oder Gemüsesorten sowie Getreide, Reis, Gewürze, Samen, Nüsse oder andere und Pollen. LTP sind in vielen Obstsorten vor allem in der Schale oder den Samen vorhanden, weniger im Fruchtfleisch. Dies lässt sich an einem sehr wichtigen Lipid-Transfer-Protein namens Pru p 3 darstellen: Pru p 3 kommt als Allergen im Pfirsich vor; sehr viele LTP-Allergiker reagieren auf dieses Allergen. Es findet sich vor allem im Flaum des Pfirsichs und in der Schale. Wenn also ein Pfirsich vor dem Verzehr mit Handschuhen gewaschen und dann sorgfältig mit einem scharfen Messer geschält wird, können manche Allergiker die Frucht gut vertragen. Aber Vorsicht: Schon ein stumpfes Messer kann beim Schälen Stückchen der Schale ins Fruchtfleisch drücken – und es entstehen dann doch Beschwerden beim Genuss.

Auch in der Haut der Mandel – kann in Spuren auch in Mandelmilch enthalten sein − oder in den Fruchtkernen von Tomate oder Melone finden sich deutlich höhere Konzentrationen von Pru p 3 als in anderen Bestandteilen der Frucht.

LTP-Allergie: Gibt es Marker für die Diagnostik?

Pru p 3 beinhaltet alle wichtigen „Merkmale“ der vielen verschiedenen Lipid-Transfer-Proteine, die das Immunsystem erkennt. Auch deshalb eignet es sich als wichtiger Marker für die Diagnostik einer LTP-Allergie, wenn diese per IgE-Test geprüft werden soll. Allerdings gibt es durchaus LTP-Allergiker, bei denen sich nur gegen andere Allergene entsprechende Werte im Blut nachweisen lassen. Und zu beachten ist: Selbst wenn bei einem Allergiker eine deutliche Sensibilisierung auf Pru p 3 besteht und er eine Lipid-Transfer-Protein-Allergie hat, kann er im Einzelfall dennoch Pfirsich vertragen und nur auf andere Nahrungsmittel allergisch reagieren. Zudem bedeuten hohe „Blutwerte“ für Pru p3 für einen bestimmten Allergiker nicht, dass dieser euch schwere Symptome entwickeln wird – und umgekehrt lässt sich das ebenfalls nicht rückschließen. All diese Besonderheiten machen auch die Behandlung der Lipid-Transfer-Allergie im Vergleich zu anderen Allergien schwierig.

LTP-Allergie: Symptome „Hautquaddeln“ und „Bauchschmerzen“

Während einige Betroffene vor allem Symptome an der Haut zeigen, wie juckende Nesselsucht oder Hautschwellungen, leiden andere zum Beispiel auch an ausgeprägten, möglicherweise kolikartigen Bauchschmerzen, heftigen Blähungen, Sodbrennen und Verdauungsbeschwerden. Auch ein allergischer Schock kann vorkommen.

An eine Lipid-Transfer-Protein-Allergie sollte man denken, wenn Patienten auf mehrere Nahrungsmittel aus ganz unterschiedlichen Pflanzengruppen reagieren, oder auf solche, die völlig untypisch für einen Allergie-Auslöser sind, wie etwa gekochte Tomaten oder Tomatenmark. Zu beachten ist, dass die Symptome auch erst etwas später nach Verzehr der Mahlzeit auftreten können. Häufig zeigen Betroffene mit LTP-Allergie zudem nur oder vor allem dann Beschwerden, wenn sie ein entsprechendes Nahrungsmittel in Zusammenhang mit einem Verstärkungsfaktor, einem sogenannten Augmentationsfaktor, verzehren. Zu diesen zählen Schmerzmittel wie Ibuprofen aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika, Alkohol, Infekte, körperliche Belastung oder längere Fastenzeiten. Wer also immer dann nach dem Joggen Hautschwellungen und Bauchschmerzen bekommt, wenn er kurz zuvor einen kleinen Snack mit Gurke, Tomate, Pfirsich oder Apfel gegessen hat, könnte möglicherweise an einer LTP-Allergie leiden.

LTP-Allergie: Beratung und Therapie

Berichtet ein Patient über allergische Reaktionen auf viele verschiedene Nahrungsmittel und vor allem auch gekochtes Gemüse, eventuell auch verstärkt nach körperlicher Belastung, ist also an eine LTP-Allergie zu denken, auch wenn diese wie gesagt hierzulande selten ist. Der Arzt kann dann per Bluttest oder Prick-Test nachweisen, ob eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber diesen Proteinen besteht. Liegt tatsächlich eine Lipid-Transfer-Protein-Allergie vor, so steht natürlich im Vordergrund, Beschwerden oder gar einen allergischen Schock zukünftig zu vermeiden. Die Diät selbst ist streng, wenn ein LTP-Allergiker auf alle Nahrungsmittel verzichten muss, gegen die er sensibilisiert ist: In manchen Fällen bleibt dann nur eine Handvoll Lebensmittel übrig. Auch Braten oder Backen hilft bei der Zubereitung nicht, denn Lipid-Transfer-Proteine sind, wie bereits erwähnt, gegenüber Hitze resistent; auch der Verdauungsprozess kann ihnen nichts anhaben. Der Rat einer spezialisierten Ernährungsfachkraft ist deshalb unverzichtbar.

Sehr wichtig ist es zudem herauszufinden, ob und welche Verstärkungsfaktoren für den einzelnen Patienten wichtig sind: Treten die Beschwerden verstärkt in Zusammenhang mit Infekten, der Einnahme von Schmerzmitteln, Alkohol oder Sport auf? Hier lässt sich ansetzen – diese Faktoren müssen Betroffene dann vermeiden, wenn sie gerade eines der „problematischen“ Nahrungsmittel verzehrt haben, beziehungsweise in solchen Situationen darauf verzichten.

 

Quellen:

  1. Asero R, Piantanida M, Pravettoni V. Allergy to LTP: to eat or not to eat sensitizing foods? A follow-up study. Eur Ann Allergy Clin Immunol 2018; 50 (4): 156−162
  2. Asero R, Piantanida M, Pinter E, Pravettoni V. The clinical relevance of lipid transfer protein. Clin Exp Allergy 2018; 48: 6−12
  3. Gernert S, Lange L. LTP-Allergene und ihre Bedeutung für die tägliche Praxis. Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis 2021; 2: 6−12
  4. Rizzi A, Chini R, Inchingolo R et al. Nickel allergy in lipid transfer protein sensitized patients: Prevalence and clinical features. Int J Immunopathology and Pharmacology 2020; 34: 1–9
  5. Skypala IJ, Cecchi L, Shamji MH, et al. Lipid Transfer Protein allergy in the United Kingdom: Charakterization and comparison with a matched Italian cohort. Allergy 2019; 74(7): 1340−1351

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

09. August 2021

Autor: Dr. med. Susanne Meinrenken, www.mein-allergie-portal.com

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