Ernährung bei EoE beim Kind: Welche Diäten gibt es? Unterschiede? Wann sind Medikamente besser?

Ernährung wird zum zentralen Thema, wenn bei einem Kind eine EoE festgestellt wird. Konkret geht es dabei um Eliminationsdiäten, von denen es zahlreiche gibt und die für den Laien schwer zu unterscheiden sind. Auch beim 3. Patienten- und Ärzte-Tag zur Eosinophilen Ösophagitis (EOE), der am Freitag, den 9. Mai 2025, im Uniklinikum Regensburg stattfindet, ist deshalb der Umgang mit den EoE-Diäten ein wichtiges Thema, auch im Hinblick auf Unterschiede und die Frage, wann Medikamente besser sind. Im Vorfeld der Veranstaltung sprach MeinAllergiePortal mit zwei der Initiatoren Prof. Dr. med. André Hörning, geschäftsführender Oberarzt und Leiter der Pädiatrischen Gastroenterologie, Hepatologie und Endoskopie an der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Erlangen und Prof. Dr. med. Jan de Laffolie, Leiter der Kindergastroenterologie am Universitätsklinikum Gießen.
Interviewpartner:
Prof. Dr. med. Jan de Laffolie, Leiter der Kindergastroenterologie am Universitätsklinikum Gießen
Autor: Sabine Jossé M.A.
Herr Prof. Hörning, Herr Prof. de Laffolie, zur Diagnose der EoE gibt es unterschiedliche Eliminationsdiäten. Was will man mit diesen Diäten erreichen?
Prof. De Laffolie: Prinzipiell ist die Ernährungstherapie ein gut geeignetes Instrument, sowohl zur Therapie als auch zur diagnostischen Einengung der Allergene. Diese Eliminationsdiäten gehen jedoch mit erheblichen Einschränkungen einher.
Die Vielzahl der Diäten löst bei vielen Betroffenen eine gewisse Verwirrung aus, was ist der Unterschied zwischen der 6-food, 4-food, 2-food- und seit neustem auch der 1-food Eliminationsdiät?
Prof. De Laffolie: Die Vielzahl der Diäten erklärt sich durch unterschiedliche Konzepte, bei denen es immer darum geht, das auslösende Allergen zu identifizieren damit es dauerhaft gemieden werden kann. Beginnen wir mit der 6-food-Eliminationsdiät, die auf der Idee basiert, die sechs häufigsten Auslöser für Nahrungsmittelallergien gleichzeitig aus dem Speiseplan zu streichen und nach der Remission der Symptome sowie der Histologie nach und nach wieder einzuführen. Dabei wird immer wieder endoskopisch kontrolliert, ob die histologische Remission auch nach Wiedereinführung der einzelnen Nahrungsmittel anhält. Eine Endoskopie erfolgt allerdings immer unter Sedierung, also mit einer kurzen Narkose, und diese invasiven Überprüfungen der Krankheitsaktivität will man bei Kindern so selten wie möglich durchführen. Hinzu kommt: Ohne die Unterstützung einer versierten Ernährungsfachkraft ist ein 6-Food-Eliminationsdiät allerdings kaum durchzuhalten, insbesondere dann, wenn kleine Kinder betroffen sind. Aufgrund dieser Schwierigkeiten entstand die Idee einer umgekehrten Vorgehensweise, bei der man zunächst die häufigsten Allergene weglässt, und das wären die 1-food, 2-food und 4-food-Eliminationsdiäten. Darüber hinaus gibt es die Elementardiät, eine Aminosäure-basierte Formularnahrung. Sie ist aber noch schwieriger durchzuführen als die 6-food-Eliminationsdiät.
Welche Allergene müssen denn von den Kindern bei einer EoE-Eliminationsdiät gemieden werden?
Prof. Hörning: In Europa sind für die EoE die folgenden Allergene relevant:
- Milch
- Weizen
- Hühnerei
- Soja
- Fisch/Krustentiere
- Nüsse
Die häufigsten Allergene sind Milch und Weizen. Fisch, Meeresfrüchte und Nüsse sind eher selten. In den USA kommt noch Rindfleisch hinzu.
Was macht die 6-food Eliminationsdiät so schwierig und was sind die Vorteile der anderen Diäten?
Prof. Hörning: Da bei der 6-food Eliminationsdiät auf die sechs gängigsten Nahrungsmittel verzichtet werden muss, ist das sehr frustrierend für die Kinder, aber auch für das gesamte Umfeld. Zudem besteht die Gefahr, dass es durch diese strenge Diät zu Mangelzuständen oder ernährungsbedingten Komplikationen kommt, die auch dauerhaft bestehenbleiben können. Wenn man hingegen mit einer 1-food, 2-food oder 4-food Elimination beginnt, ist die Belastung deutlich geringer. Andererseits hat die 6-food-Variante aus ärztlicher Sicht eine gewisse Berechtigung, denn damit findet man Schritt für Schritt, beginnend mit einem hohen Niveau der Elimination, sehr genau heraus, wann und durch welches Nahrungsmittel es wieder zu einem Rezidiv kommt. Es wird ja immer wieder endoskopiert und damit weiß man genau, welches Allergen der Übeltäter ist. Voraussetzung dafür ist allerdings die Adhärenz, also die Compliance, des Kindes oder vielmehr seiner Eltern. Aufgrund der großen Belastung ist diese Compliance aber oftmals gerade im Kindesalter nicht gegeben welches die korrekte Identifikation des Allergens erschweren kann. Die anderen Eleminationsdiäten sind deshalb deutlich akzeptabler und werden in vielen Zentren mittlerweile auch so durchgeführt. Oft beginnt man die Auslassdiät zum Beispiel mit Kuhmilch und Weizen, den häufigsten Auslösern der EoE. Generell wird bei der Auswahl der passenden Elimination aber auch die Situation der Kinder und ihrer Familien einbezogen, die Entscheidung für die optimale Lösung für den Patienten fällt gemeinschaftlich.
Wann setzt man welche Eliminationsdiät ein und wie lange?
Prof. Hörning: Es gibt keine klare Zuordnung, welcher Patient von welcher dieser Allergen adaptierten Ernährungsweisen profitiert. Durchgeführt werden die Eliminationsdiäten zwischen 8 und 12 Wochen. Der früheste Zeitpunkt, den Diäterfolg endoskopisch, histologisch und bioptisch zu prüfen, wäre nach 8 Wochen.
Wie hoch ist die Erfolgsquote der EoE-Diäten im Hinblick auf die Symptomkontrolle bzw. die Pathologie?
Prof. Hörning: Im Zuge des Beratungsgespräches zur Findung der passenden Diät wird auch besprochen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Kind in Remission kommt. Dazu gibt es mittlerweile gute Daten, auch aus randomisiert kontrollierten Studien mit hoher Evidenz.
Histologische und klinische Remissionsraten der Eliminationsdiäten bei EoE im Vergleich
Histologische und klinische Remissionsraten der Eliminationsdiäten bei EoE im Vergleich | ||
Histologisch | Klinisch | |
6-food Elimination | 60% - 65% | ca. 70% |
4-food Elimination | 60% | ca. 60% |
2-food Elimination | 40% | 40 - 50% |
1-food Elimination | 35% - 40% | ca. 40% |
Quelle: A. Hörning, www.mein-allergie-portal.com |
Die 1-food und die 2-food Eliminationsdiät zeigen sehr vergleichbare Ergebnisse, so dass damit bereits bei vielen Kindern eine Remission erreicht werden kann. Im Vergleich dazu bringt die sehr viel strengere 6-food Eliminationsdiät lediglich einen Vorteil von 20 Prozent, und genau dieser Vergleich sollte auch Thema beim Gespräch mit den Patienten sein.
Was passiert, wenn man mit der 1-Food begonnen hat und dann feststellt, dass dieses Allergen nicht der Auslöser der EoE ist?
Prof. De Laffolie: In diesem Fall gibt es zwei mögliche Vorgehensweisen. Man kann einen sogenannten Step-up-approach wählen und dann nacheinander die 2-food, 4-food und 6-food-Diät ausprobieren. Aber: Für jeden einzelnen diätetischen Versuch ist jedoch immer eine neue Testphase von 8 bis 12 Wochen zu veranschlagen. Das kann sich schnell auf insgesamt 6 bis 9 Monate unter Diät aufsummieren und so lange das verursachende Allergen nicht gefunden wird, kann das Kind womöglich weiter unter Symptomen leiden. Das passt nicht zu der Erwartungshaltung der Kinder und der Eltern, denn sie haben die Hoffnung, dass die Diät zu einer merklichen Besserung der Symptome führt. Man kann die Eliminationsdiäten deshalb nur zeitlich begrenzt durchführen.
Die zweite Möglichkeit, die in diesem Fall immer berücksichtigt werden sollte, ist deshalb immer der Einsatz der vorhandenen sehr wirksamen Medikamente. Dies ist gerade auch vor dem Hintergrund eine sinnvolle Lösung, dass es durch eine lang andauernde Diät, die den sehr wichtigen Faktor des familiären Essens stark beeinträchtigt, immer auch zu bleibenden Essstörungen kommen kann. Dazu zählt zum Beispiel die Anorexie, aber es kann auch zu sogenannten avoiding/restrictive feeding disorders (ARFID), einer generellen Ablehnung von bestimmten Nahrungsmitteln, kommen. Gerade bei kleinen Kindern besteht ein Risiko einer komplexen Störung sozialer Interaktion, weil sie unter Elimination ja für eine lange Zeit immer eine Sonderrolle bei allen Familienmahlzeiten, Festivitäten, im Kindergarten etc. einnehmen müssen.
Abgesehen davon gibt es auch Fälle, bei denen man von vornherein medikamentös und nicht über eine Elimination eingreifen würde. Wenn es bereits zu einer Strukturbildung oder zu einer starken Fibrose der Speiseröhre gekommen ist, braucht man aufgrund der fortgeschrittenen Entzündung ein schnelleres Ansprechen. Davon sind allerdings sehr selten Kinder, sondern eher Jugendliche betroffen.
Kann denn die EoE bei Kindern auch von selbst wieder verschwinden?
Prof. Hörning: Im ganz kleinen Kindesalter ist eine Toleranzbildung durch Elimination noch möglich. Das bedeutet, man eliminiert nach vorangegangener Identifikation des Allergens für ca. 6 Monate, provoziert dann, indem man das relevante Allergen wieder in den Speiseplan einführt und findet dann bei der Biopsie plötzlich keine erneute Entzündung mehr vor.
Gibt es eine Möglichkeit, die EoE beim Kind zu verhindern, zum Beispiel durch die Ernährung?
Prof. Hörning: In allen möglichen Entzündungsmodellen des Gastrointestinaltraktes ist das Stillen das Element der Prävention. Früher ging man davon aus, die Muttermilch bestünde lediglich aus Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett. Heute weiß man, dass die Muttermilch immunregulatorisch wirkende Substanzen enthält. Auch Mikrobiota werden über die Muttermilch transferiert und siedeln sich im Darm des Kindes an, wo sie ebenfalls immunregulatorische Phänomene erzeugen können. So können sie schon frühzeitig mit Immunzellen interagieren, die sich in der Darmschleimhaut befinden, zum Beispiel mit Dendritischen Zellen, und so die Entstehung entzündlicher Prozesse verhindern. Damit ist die Muttermilch einer der zentralen zu empfehlenden präventiven Mechanismen, die beim Kind Allergien und Entzündungen im Darm vorbeugen können.
Kann denn dann auch die frühe Gabe von Pro- oder Präbiotika eine EoE beim Kind verhindern?
Prof. De Laffolie: Zwar gibt es zahlreiche Studien zu den verschiedensten Probiotika und zu den unterschiedlichsten präventiven Modellen, die oft methodisch nicht besonders gut sind. Es gibt aber keine Evidenzlage, die zeigt, dass man mit Probiotika eine EoE verhindern oder das Risiko relevant reduzieren kann. Ich kann deshalb die Eltern nur davor warnen, allzu große Hoffnungen in die Wirksamkeit von Probiotika zu setzen. Als man entdeckte, dass die Pathogenese über die Mikrobiota auch bei Allergien eine große Rolle spielt, hat dies zwar hohe Erwartungen ausgelöst. Die probiotischen Therapien oder Präventionsansätze erfüllen bisher diese Erwartungen allerdings nicht. Einem Kind präventiv Probiotika zu geben, nach dem Motto, man weiß nicht, ob es etwas nutzt, aber es kann ja nichts schaden, ist auch keine Lösung. Wenn ein Kind dauerhaft Tabletten oder Säfte einnehmen muss, hinterlässt das stets ein Krankheitsgefühl und stört auch die Interaktion zwischen Eltern und Kind. Sinnvoller ist es, das Mikrobiom eines Kindes durch gesunde Ernährung zu stärken.
In letzter Zeit hört man vermehrt von EoE-Fällen, die durch eine orale Immuntherapie gegen Pollenallergien ausgelöst wurden. Ist das tatsächlich ein Risikofaktor?
Prof. De Laffolie: Die sublinguale Immuntherapie oder orale Immuntherapie ist eine bei Kindern gern eingesetzte Form der Hyposensibilisierung, bei der die Allergene in relativ hohen Dosen oral, über den Mund, zugeführt werden. Dabei wird die Schleimhaut der Speiseröhre verhältnismäßig großen Mengen dieser Allergene ausgesetzt. Deshalb stellt sich in der Tat die Frage, ob das nicht dazu führen könnte, dass die EoE-Häufigkeit steigt, bzw. dass eine bereits angelegte EoE getriggert wird oder früher ausbricht. Erste Hinweise dafür gibt es, denn in unserer Praxis sehen wir bereits Patienten, bei denen die EoE Beschwerden nach einer solchen Therapie erstmals auftraten. Hinzu kommt, dass Schluckbeschwerden als häufige Nebenwirkung der oralen Immuntherapie gelten, so dass sich die Frage stellt, wann es dabei zu einem Übergang zu einer eosinophilen Speiseröhrenentzündung kommen könnte, die vielleicht zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht chronisch ist. Wir führen aktuell dazu epidemiologische Studien durch und hoffen, diese Fragen bald beantworten zu können.
Wofür steht der Patienten- und Ärzte-Tag zur Eosinophilen Ösophagitis und worauf dürfen sich die Teilnehmer in Regensburg freuen? Wie wird das Thema Ernährung bei EoE beim Kind aufgegriffen?
Prof. De Laffolie, Prof. Hörning: Als Pädiater haben wir gesehen, es gibt bei der EoE ein großes Bedürfnis nach Austausch zwischen Betroffenen, Eltern, Ärzten, Ernährungsfachkräften und Patientenvertreter und dafür braucht es eine Plattform. Deshalb haben wir den Patienten- und Ärzte-Tag zur Eosinophilen Ösophagitis (EoE) ins Leben gerufen, der sich großer Beliebtheit erfreut und der dieses Jahr am 9. Mai in Regensburg bereits zum dritten Mal stattfindet. Wir können allen nur empfehlen sich dort anzumelden, denn wir haben ein sehr interessantes Programm zusammengestellt. Das Format ist interaktiv, sodass die Eltern all ihre Fragen stellen können, insbesondere zur Ernährung. Das kommt ganz hervorragend an, das wissen wir durch das Feedback auf die letzten Veranstaltungen. Aufgrund der begeisterten Rückmeldungen haben wir das Programm in diesem Jahr erweitert, so dass auch die Themen der erwachsenen EoE-Patienten abgedeckt werden.
Herr Prof. Hörning, Herr Prof. de Laffolie, vielen Dank für dieses Gespräch!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S.Jossé/J.Laffolie/A.Hörning, www.mein-allergie-portal.com
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