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Insekten im Essen: Wo sind sie drin und wann steigt das Allergierisiko?

Insekten Nahrungsmittel Risiko Allergien
Sind Insekten als Lebensmittel ein Risiko für Allergiker? Bildquelle: Canva stockphototrends, ollo

Insekten als Nahrungsmittel? Bei „Insekten“ und „Allergie“ denken die meisten an allergische Reaktionen nach einem Stich einer Biene oder Wespe, also einer Reaktion auf das Gift der Insekten. Weltweit jedoch verspeisen mehr und mehr Menschen regelmäßig ganz verschiedene Insekten. Dieser „Trend“ wird weiter zunehmen, meinen Experten, denn schließlich kann das Eiweiß aus Insekten wertvolle Nährstoffe bieten und die für die Zukunft befürchtete ansteigende Nahrungsmittelknappheit abmildern. Die Nahrungsmittelwirtschaft ist bereits dabei, ehemaliges „Ungeziefer“ als kulinarischen Genuss zu produzieren und zu bewerben. Wer jedoch gern geröstete Heuschrecken oder Seidenraupen probieren möchte, sollte wissen: Auch nach dem Verzehr von Insekten reagieren manche Menschen mit Hautausschlag, Husten und Kurzatmigkeit oder gar einem allergischen Schock (Anaphylaxie). Besteht ein neues Risiko bei Allergie durch Insekten, die als Nahrungsmittel dienen?

Autor: Dr. med. Susanne Meinrenken, Sabine Jossé

Welche Insekten sind in der EU als Nahrungsmittel zugelassen?

Seit dem 24.1.23 ist es amtlich: In der EU sind nun auch Hausgrillen (Acheta domesticus) als Zutat in Lebensmitteln zugelassen. Sie können in Pulverform, unter anderem in Backwaren, Süßigkeiten und Getränken, verarbeitet werden. Seit dem 26.1.2023 ist es zudem auch erlaubt, Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus) in Lebensmitteln zu verarbeiten. Damit erweitert sich die Novel-Food-Liste um zwei weitere Kandidaten aus dem Reich der Insekten, denn einige andere Insektenarten, wie der gelbe Mehlwurm, die Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor) und Wanderheuschrecken (Locusta migratoria) , sind bereits seit längerer Zeit zur Verarbeitung in Lebensmitteln zugelassen. Dabei war der Mehlwurm im Jahr 2021 das erste als Lebensmittel zugelassene Insekt in der EU. Viele weitere Anträge für die neuartigen Lebensmittel (Novel Food) werden noch bearbeit und weitere Zulassungsverfahren laufen. 

 

Insekten, die als Lebensmittel in der EU zugelassen sind
Mehlwurm
Wanderheuschrecke
Hausgrille
Buffalowurm
Larve des Getreideschimmelkäfers
Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg, 3.2.2023, https://www.vzhh.de/themen/lebensmittel-ernaehrung/ernaehrungstrends/insekten-essen

 

UV-behandeltes Pulver ganzer Larven des Mehlkäfers (Tenebrio molitor) darf jetzt in der EU in Verkehr gebracht werden*

Die Zulassung zum in Verkehr bringen dieses "neuartigen Lebensmittels" erhielt ausschließlich die Firma Nutri’Earth. Dies für die Dauer von fünf Jahren ab dem Datum des Inkrafttretens der Verordnung, also ab dem 10. Februar 2025.

Zugelassen ist der Einsatz des Pulvers aus den Larven ganzer Mehlkäfer für die Herstellung der folgenden Lebensmittel:

  • Brot und Brötchen
  • Kuchen
  • Erzeugnisse aus Teigwaren
  • Verarbeitete Kartoffelprodukte
  • Käse und Käseprodukte
  • Obst- und Gemüsekompotte

Wie wird das Pulver aus Mehlkäfern hergestellt?

In der EU-Durchführungsverordnung heißt es dazu: "Bei dem neuartigen Lebensmittel handelt es sich um mit ultraviolettem (UVB-)Licht behandeltes Pulver aus ganzen, thermisch behandelten und gemahlenen Larven von Tenebrio molitor (Mehlwurm). Der Begriff ‚Mehlwurm‘ bezieht sich auf die Larvenform von Tenebrio molitor, einer Insektenart, die zur Familie der Tenebrionidae (Schwarzoder Dunkelkäfer) gehört. Ein weiteres identifiziertes wissenschaftliches Synonym ist Tenebrio molitor Linnaeus. Vor der thermischen Trocknung ist eine Futterkarenz von mindestens 24 Stunden erforderlich, damit sich die Larven ihres Darminhalts entledigen können.

Vitamin D im Mehlkäver-Pulver

Da das Tenebrio molitor-Pulver UV behandelt wird, erhöht dies den Vitamin-D3-Gehalt. In der Verordnung wird zwar darauf hingewiesen, dass das neuartige Lebensmittel keine wesentliche Vitamin-D3-Quelle darstellt. Wenn aber Lebensmittel, die mit dem Nutri’Earth-Produkt hergesetllt wurden, dadurch einen signifikanten Vitamin D-Gehalt aufweisen,  können, der als signifikant eingestuft wird, erachtet es die EU-Kommission für angemessen, die Verbraucher über diese Tatsache zu informieren. Dazu heißt es in der Verordnung: "Wird das neuartige Lebensmittel einem Enderzeugnis mit einem Vitamin-D-Gehalt hinzugefügt, der gemäß Anhang XIII Teil A Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 als signifikant erachtet wird, so wird der Bezeichnung der Hinweis ‚enthält durch UV-Behandlung erzeugtes Vitamin D‘ beigefügt und der Vitamin-D-Gehalt in der Nährwertdeklaration angegeben."

Wie muss das Mehlkäfer-Pulver aus Tenebrio molitor deklariert werden?

Zur Kennzeichnung des Mehlkäfer-Pulvers von Nutri’Earth gibt es in der EU-Durchführungsverordnung die folgende Kennnzeichnungsvorschrift: "Die Bezeichnung des neuartigen Lebensmittels, die in der Kennzeichnung des jeweiligen Lebensmittels anzugeben ist, lautet „UV-behandeltes Larvenpulver von Tenebrio molitor (Mehlwurm)“.

Allergenkennzeichnung beim Mehlkäfer-Pulver aus Tenebrio molitor

In der EU-Durchführungsverordnung heißt es "Die Kennzeichnung der Lebensmittel, die UV-behandeltes Pulver ganzer Larven von Tenebrio molitor (Mehlwurm) enthalten, muss mit dem Hinweis versehen sein, dass diese Zutat bei Verbrauchern mit bekannten Allergien gegen Krebstiere und ihre Erzeugnisse sowie gegen Hausstaubmilben allergische Reaktionen hervorrufen kann. Dieser Hinweis muss in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste oder, falls keine Zutatenliste vorgesehen ist, in unmittelbarer Nähe der Bezeichnung des Lebensmittels angebracht werden.

Allergie auf Insekten als Nahrungsmittel? Gar nicht so selten ….

Insekten können am Arbeitsplatz, etwa im Labor oder bei Insektenzüchtern, allergische Symptome verursachen; das ist bereits länger bekannt. Die allergieauslösenden Eiweiße, die Allergene, werden dabei meist eingeatmet oder über die Haut aufgenommen. Allergische Reaktionen durch den Verzehr von Insekten wurden bisher noch nicht häufig untersucht. Allergien sind aber offenbar nicht so selten: Einer Studie zufolge litten 7,6 Prozent aller Insektenkonsumenten in Laos an allergischen Symptomen. Auch schwere oder gar tödliche allergische Reaktionen nach einer Insektenmahlzeit kommen vor; von allen Personen mit einer solchen dokumentierten Reaktion in China hatten 18 Prozent zuvor Insekten verspeist.

Schätzungen zufolge konsumieren weltweit rund 2 Milliarden Menschen etwa 2000 verschiedene Insektenspezies, größtenteils in Asien, zum Beispiel China, Lateinamerika und Afrika. In den westlichen Ländern gehören Insekten bei den meisten Konsumenten bisher noch nicht zu einer üblichen Mahlzeit, aber das ändert sich bereits seit einigen Jahren. Zudem nehmen viele Menschen versehentlich, durch Verunreinigungen, immer wieder einmal Insektenbestandteile zu sich; das können bis zu 500 g im Jahr sein, meinen Experten.

Insekteneiweiß als Nahrungsmittel: Viele Insekten können Allergien auslösen

Nicht alle essbaren Insekten können eine Allergie auslösen. Am häufigsten werden solche allergischen Beschwerden durch den Verzehr von Mehlwürmern, verschiedene Schaben/Kakerlaken, Larven wie der Seidenraupe, Grashüpfern, Heuschrecken, Zikaden und Bienen beschrieben. Zu beachten ist auch: Das als Farbstoff vielen Nahrungsmitteln zugesetzte E120, Karmin, wird aus dem Insekt Dactylopius coccus var. Costa gewonnen und kann ebenfalls allergische Reaktionen auslösen. Karmin gehört neben der Seidenraupe sogar zu den Insekten-Allergenen, die am häufigsten zu einer Allergie führen.

Allergie auf Insekten als Nahrungsmittel: Die Symptome reichen von Juckreiz bis zum allergischen Schock

Insekten als Nahrung bzw. als Allergen können ähnlich wie bei anderen Nahrungsmittelallergien ganz verschiedene Beschwerden verursachen: Juckreiz, Hautauschlag mit Schwellung auch beispielsweise der Augenlider oder Lippen, zudem Husten und Kurzatmigkeit oder auch Übelkeit und Bauchschmerzen. Wie oben erwähnt, sind schwere lebensgefährliche Verläufe mit Kreislaufschock möglich.

Einige Betroffene haben ein bestimmtes Insekt bereits häufiger ohne Probleme verzehrt, dann aber treten plötzlich allergische Symptome auf; das kennt man von anderen Nahrungsmittelallergien. Auch ein allergischer Schock (Anaphylaxie) kann auftreten, obwohl der Betroffene zuvor nie nach dem Verzehr dieses Insekts allergische Beschwerden gezeigt hatte. In vielen Fällen jedoch ist die Allergie bereits bekannt.

Allergie auf Insekten als Nahrungsmittel und Kreuzreaktionen: Häufige Reaktionen auf Krustentiere oder Hausstaubmilben!

Durch zahlreiche Untersuchungen sind inzwischen viele einzelne Eiweißstoffe identifiziert, die allergische Reaktionen auslösen können, wenn ein entsprechend empfindlicher Betroffener bestimmte Insekten verspeist. Viele dieser Eiweißstoffe sind zum einen in mehreren Insekten vorhanden, zum anderen gibt es Ähnlichkeiten mit Substanzen in Krustentieren, z.B. Schrimps, oder auch Hausstaubmilben. Das bedeutet: Viele Menschen, die gegen solche Meerestiere oder auch Hausstaubmilben allergisch sind, werden wahrscheinlich auch nach dem Verzehr von Insekten allergische Beschwerden zeigen. Solche sogenannten Kreuzreaktionen sind beispielsweise oft im Falle von Mehlwürmern, Heuschrecken, Grashüpfern, manchen Raupen und Schaben beschrieben worden.

Allergie durch Insekten als Nahrungsmittel: Lassen sich die Allergene durch die Zubereitung zerstören?

Wer einer Allergie beispielsweise gegen Hühnereiweiß hat, der weiß: Manche Allergiker vertragen gebackenes Hühnerei trotzdem gut, denn Hitze kann die allergenen Eiweiße zerstören. Dies gilt für die Eiweißstoffe in Insekten jedoch offenbar nicht: Egal ob frittiert, gebraten, gebacken oder geröstet – die auslösenden Eiweiße bleiben bei Insekten gefährlich. Auch unsere Magensäure hat hier bei der Verdauung der Tierchen keinen Einfluss. Daher fordern Experten genauer zu erforschen, ob es doch bestimmte Zubereitungsformen von Insekten gibt, die das Risiko einer Allergie vermindern. Für die Zukunft stellen manche Experten sich außerdem beispielsweise vor, Insekten zu züchten, die gar keine Allergene enthalten, also als Nahrungsmittel sicher sind.

Wer den Verdacht hat, nach dem Verzehr von Grashüpfern und Co. allergisch zu reagieren, kann sich beim Facharzt untersuchen lassen. Es gibt inzwischen mehrere Testkits für die Diagnostik einer Insektenallergie – auch wenn diese nicht, wie bisher meist üblich – auf einem Insektenstich beruht.

Quellen:

de Gier S, Verhoeckx K. Insect (food) allergy and allergens. Mol Immunology 2018; 100: 82−106

Yeong KY, Park JW. Insect Allergens on the Dining Table. Curr Protein Pept Sci 2020; 21(2): 159-169

* DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2025/89 DER KOMMISSION vom 20. Januar 2025 zur Genehmigung des Inverkehrbringens von UV-behandeltem Pulver ganzer Larven von Tenebrio molitor (Mehlwurm) als neuartiges Lebensmittel und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202500089

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

06. Februar 2025

Autor: Dr. med. Susanne Meinrenken, www.mein-allergie-portal.com

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