Allergie auf Hülsenfrüchte: Liegt es an der Gräserallergie?
Wenn es nach dem Genuss von Hülsenfrüchten wie Erbsen, Bohnen, Linsen und Co. zu allergischen Reaktionen kommt, könnte dies viele Gründe haben. Eine mögliche Ursache könnte eine Pollenallergie, speziell eine Allergie auf Gräserpollen sein. MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. med. Karl Hörmann, Chief Medical Consultant International Patient Office CMC IPO, Consultant ENT, Plastic Surgery, Allergology, Sleep Medicine, Former Head & Chair Dept. of ORLHNS, University Medical Centre Mannheim über das Thema: Allergie auf Hülsenfrüchte: Liegt es an der Gräserpollenallergie?
Autor: Sabine Jossé M. A.
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Karl Hörmann
Herr Prof. Hörmann, wie häufig kommt es bei Gräserpollenallergikern zu einer Allergie auf Hülsenfrüchte?
Die häufigsten Kreuzreaktionen im Rahmen von Inhalationsallergenen kommen bei Birkenpollen–Allergikern vor. Ca. 50 bis 90 Prozent der Birkenpollenallergiker weisen eine pollenassoziierte Nahrungsmittel–Allergie auf Bet v 1 auf. Das Bet v 1 ist das Majorallergen bzw. Hauptallergen der Birke und gehört zur PR-10-Proteinfamilie. Bet v 1 ist eine häufige Ursache für Pollen-assoziierte Nahrungsmittelallergien. Diese stehen in engem Zusammenhang mit dem oralen Allergiesyndrom auf Haselnüsse, Äpfel, Kirschen, anderes Kernobst, Sellerie und Karotte, sowie Erdnuss und Sojabohnen, die zu den Hülsenfrüchten gehören.
Die Pflanzenprofiline der meisten Pollenarten und Nahrungsmittel–Allergene werden als Nebenallergene bzw. Minorallergene bezeichnet. Sie zeigen selbst unter entfernten Arten eine große Kreuzreaktivität zu sämtlichen Pollen und vielen pflanzlichen Nahrungsmitteln.
Botanische Verwandtschaft bei Hülsenfrüchten
Wenn Menschen an einer Allergie auf Gräserpollen leiden und auch auf Hülsenfrüchte allergisch reagieren, handelt es sich also um eine Kreuzallergie?
Durchaus, z.B. leiden Personen, die allergisch auf Hülsenfrüchte wie Erdnüsse oder Soja reagieren, oft auch an einer Allergie gegen Ruchgras oder Knäuelgras, also unter einer Gräserpollenallergie. Der Grund für die Kreuzallergie ist, dass sich die allergieauslösenden Proteine in ihrer Struktur sehr ähneln können. Das veranlasst den Körper zu gleichen Reaktionen, ganz egal, ob er mit einem für ihn relevanten Allergen oder nur mit einem Protein konfrontiert wird, das diesem Allergen ähnlich ist.
Wer an einer Hülsenfrüchtallergie leidet, kann auch zeitgleich von einer Kreuzallergie betroffen sein. Von einer Kreuzallergie spricht man, wenn Betroffene die gleichen Symptome gegen ein Nahrungsmittel oder Ähnliches entwickeln, gegen das eigentlich gar keine Allergie besteht.
Bei Gräserpollenallergikern treten aufgrund der in den Pflanzen vorkommenden Proteinfamilien häufig Kreuzallergien z.B. auf Getreide, Erbsen, Soja, Erdnuss, Kartoffel, Mangold, Melone, Orange und Tomate auf.
Auf welche Hülsenfrüchte kann man generell allergisch reagieren?
Die Hülsenfrucht–Allergie ist zwar weit verbreitet, die allergischen Reaktionen hierauf sind jedoch sehr unterschiedlich. Hier ist zwischen einer primären und einer sekundären Allergie, der Kreuzallergie, zu unterscheiden.
Die Reaktionen auf Bohnen, Erbsen, Linsen oder Lupinen fallen meist nicht so schlimm aus, wie die auf Erdnuss oder Soja. Dies hängt immer mit der vorherrschenden Proteinfamilie zusammen, bzw. damit, ob diese zur Klasse der „hitzestabilen“ oder „hitzeinstabilen“ Proteine gehört. Bohnen und Erbsen werden eher gekocht, so dass die allergenspezifischen Proteine denaturieren, das heißt umwandeln lassen und dadurch weniger allergen werden. Daher entsteht hier mehrheitlich auch nur ein orales Allergiesyndrom. Erdnüsse und Soja hingegen weisen nicht hitzelabile Proteine, aus der Gruppe der Speicherproteine und der nsLTPs, auf, so dass hier tendenziell häufiger schwerere allergische Reaktionen eintreten.
Wann handelt es sich bei einer Allergie auf Hülsenfrüchte um eine „primäre Allergie“, wann um eine „Kreuzallergie“ bzw. „sekundäre Allergie“ bezeichnet?
Immunglobulin-E(IgE)-vermittelte Nahrungsmittelallergien lassen sich in primäre und sekundäre Nahrungsmittelallergien einteilen. Die primäre Allergie entsteht auf stabile Nahrungsmittelallergene (Glykoproteine, zum Beispiel nsLTP und Speicherproteine), die sich nicht im Magen–Darm–Trakt denaturieren lassen und immunogen bleiben, das heißt, eine Immunantwort auslösen können. Die Sensibilisierung entsteht bei den primären Nahrungsmittelallergien auf gastrointestinalem Wege und kann eine Anaphylaxie hervorrufen.
Eine sekundäre Nahrungsmittelallergie ist die Folge einer Sensibilisierung auf ein Aeroallergen, zum Beispiel bei einer Gräserpollenallergie oder einer Baumpollenallergie und wird deshalb, wie bereits erwähnt, auch Kreuzallergie genannt. Patienten mit einer Kreuzallergie zeigen in der Regel eine abgeschwächte allergische Reaktion auf strukturverwandte, häufig instabile Allergene in pflanzlichen Lebensmitteln. Die Proteine lassen sich im Magenmilieu denaturieren durch Proteasen, weshalb sie nur im Mund immunogen bleiben und das sogenannte Orale Allergiesyndrom (OAS) hervorrufen. Die ist zum Beispiel bei den Bet v-1 Homologen und Profilinen der Fall. Hier ist zu erwähnen, dass sich diese Art von Proteinen auch durch Kochen, Backen oder eventuell eine andere Art der Weiterverarbeitung bereits vor dem Verzehr denaturieren lassen und dann auch nicht mehr enoral immunogen sind, das heißt, dass sie dann in der Mundhöhle keine Immunantwort mehr auslösen können.
Gibt es Risikofaktoren, die eine Allergie auf Hülsenfrüchte begünstigen?
Hier gelten natürlich die allgemein angenommenen Risikofaktoren für die Entwicklung von Allergien. Die Ursache dafür, warum bestimmte Stoffe bei dem einen Menschen eine allergische Reaktion auslösen, während andere es nicht tun, bleibt noch ungeklärt.
Allerdings kann das Risiko eine Allergie zu entwickeln, durch verschiede Faktoren beeinflusst werden. Dazu gehören zum Beispiel:
- Die genetische Prädisposition
- Eine bereits vorliegende allergische Rhinitis.
- Eine übermäßige Hygiene in der Kindheit.
- Rauchen der Mutter in der Schwangerschaft.
- Eine Luftverschmutzung mit hoher Feinstaubbelastung.
- Das Nicht – Stillen – hier scheinen insbesondere die ersten 4 Monate wichtig zu sein.
- Ein „westlicher Lebensstil“ mit Farb – und Konservierungsstoffen in den Lebensmitteln.
- Der Konsum von Verdickungsmitteln.
- Ein hoher Fettanteil der Speisen.
- Ein stressreicher Lebensstil.
Ferner geht man davon aus, dass es vor allem bei den in der Stadt wachsenden Pflanzen aufgrund des zunehmenden Stresses - das heißt der Luftschadstoffe, der Asphaltversiegelung und dem dadurch hervorgerufenen Nährstoffmangel - zur Ausbildung von aggressiveren Pollen kommt.
Herr Prof. Hörmann, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: Sabine Jossé, MeinAllergiePortal, www.mein-allergie-portal.com Josse
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