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Vitamine & Nährstoffe bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten

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Karin Spiesz über Vitamine & Nährstoffe bei Nahrungsmittelallergien & Nahrungsmittelunverträglichkeiten!

Vitamine und Nährstoffe sind ein wichtiges Thema für Menschen mit Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Schließlich müssen sie ihren Speiseplan einschränken, und je nachdem, ob es sich um Zöliakie, Weizen Allergie, Fruktosemalabsorption, Laktoseintoleranz, Kuhmilch Allergie, Histaminintoleranz, ASS-Intoleranz etc. handelt, müssen bestimmte Nahrungsmittelgruppen ganz oder teilweise gemieden werden. Liegen mehrere Allergien oder Unverträglichkeiten vor, schränkt dies die Auswahl noch mehr ein. Viele Patienten fragen sich deshalb, wie sich die Versorgung mit Vitaminen und Nährstoffen sicherstellen lässt und darüber sprach MeinAllergiePortal mit Karin Spiesz, Diätologin aus Salzburg.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Karin Spiesz

Frau Spiesz, Welche Vitamine und Nährstoffe sind konkret gemeint, wenn von einem Vitamin- oder Nährstoffmangel die Rede ist?

Bei den Makronährstoffen ist zunächst an einen Eiweißmangel zu denken, wenn eine einseitige Ernährung längerfristig durchgeführt wird. Ein Vitaminmangel tritt im deutschsprachigem Raum unterschiedlich nach Alter, bestehenden Erkrankungen sowie geschlechterspezifisch vorwiegend bei Vitamin D, Folsäure und B-Vitaminen auf. Die Daten sind mit Vorsicht zu sehen, da eine Vitaminzufuhr,  aus Protokollen berechnet, nicht mit der im Körper aufgenommenen Menge gleichzusetzen ist. Bei gesunden Personen, welche eine abwechslungsreiche Ernährung beherzigen, ist mit keinen Mängeln zu rechnen.

Wie äußert sich ein Vitamin-D Mangel? 

Ein Vitamin D-Mangel beeinträchtigt die Knochenmineralisation. Das heißt, bei Erwachsenen können die folgenden Symptome auftreten:

  • Knochenschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • Frakturen

Ein schwerer und langanhaltender Vitamin D-Mangel kann zu Knochenerweichung und Verformung des Skeletts bis zur Osteoporose führen.

Wie äußert sich ein Mangel an Folsäure?

Allgemeine Anzeichen bei Folsäuremangel sind:

  • Appetitverlust
  • Wachstumshemmung
  • Haarausfall
  • Muskelschwäche
  • Infektanfälligkeit
  • Konzentrationsstörungen

Folsäure ist an Prozessen der Zellteilung beteiligt. Weitere Anzeichen sind ein verändertes Blutbild, das bedeutet, eine Reifungsstörung der roten Blutkörperchen. Ein Vitamin B12-Mangel, sowie eine Unterversorgung mit Eisen und / oder Vitamin C kann zu einer Unterversorgung der Folsäureaufnahme führen.

Wie äußert sich ein Mangel an B-Vitaminen?

Generell deuten folgende Zeichen auf einen Mangel an B-Vitaminen hin:

  • Neurologische Symptome
  • Empfindungsstörungen der Haut
  • körperliche Schwäche
  • Entzündungen der Mundschleimhaut
  • Mundwinkelrhagaden
  • Verdauungsstörungen
  • Anämie

Bei B12-Mangel kann eine entzündete, glatte, gerötete Zunge auftreten. Häufig liegen parallel mehrere Mängel von B-Vitaminen vor.

Wie merkt man denn überhaupt, dass man einen Vitaminmangel oder. Nährstoffmangel hat?

Ein Vitaminmangel bzw. Nährstoffmangel zeigt sich durch sehr unspezifische Symptome, denen auch viele andere Ursachen zugrunde liegen können, dazu gehören unter anderem:

  • Müdigkeit
  • Appetitmangel
  • Reizbarkeit
  • Konzentrationsschwäche
  • Schlaflosigkeit
  • Erhöhte Infektanfälligkeit
  • Haarausfall
  • Brüchige Nägel
  • Mundwinkeleinrisse

Deshalb sollte bei länger bestehenden Beschwerden unbedingt der Weg zum Arzt erfolgen, um dort die Ursachen abklären zu lassen und den Vitaminmangel oder Nährstoffmangel zu beheben.

Bei welchen Nahrungsmittelallergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten besteht die Gefahr des Nährstoffmangels oder des Vitaminmangels?

Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob es sich um Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie z.B. Laktose-, Fruktose, Sorbit-, Histaminunverträglichkeit oder um immunologisch vermittelte Nahrungsmittelallergien handelt.

Wie stellt man bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten bzw. Nahrungsmittelintoleranzen die Versorgung mit Vitaminen und Nährstoffen sicher?

Bei den Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist die Dosis ausschlaggebend dafür, ob Beschwerden nach dem Genuss entstehen oder nicht. Mäßig verzehrte Mengen über den Tag verteilt stellen meist kein Problem dar, somit ist die Gefahr der Entstehung eines Nährstoff- oder Vitaminmangels gering. Voraussetzung hierfür ist, dass zu Beginn der Diagnose unbedingt eine versierte Ernährungsfachkraft aufgesucht wird, um unnötige Einschränkungen zu vermeiden. Nicht nur die Lebensmittelauswahl, sondern auch die Zusammensetzungen der Mahlzeiten und die Essabstände dazwischen sind nach einer anfänglichen Karenzphase von maximal zwei Wochen für die Planung einer individuellen Therapie mit Verbesserung der Lebensqualität unerlässlich.

Wie macht man das zum Beispiel bei der Laktoseintoleranz, wenn Milchprodukte gemieden werden sollen. Wie bekommt man dann genug Vitamine und Nährstoffe?

Bei der Laktoseunverträglichkeit gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder werden laktosefreie Milch- und Milchprodukte eingesetzt, welche ausreichend Eiweiß und Calcium enthalten oder es werden handelsübliche laktosehaltige Milch und Milchprodukte verzehrt und kurz davor ein Enzympräparat eingenommen, welches den Milchzucker spaltet. Hier ist noch zu erwähnen, dass alle Schnitt- und Hartkäsesorten von Natur aus laktosefrei sind. Viel Personen vertragen kleine Mengen an milchgesäuerten Produkten und diese tragen bei geringer Dosis verzehrt, deshalb dazu bei, die Laktaserestaktivität nicht gänzlich zu verlieren. Wenn eine ausgewogene, abwechslungsreiche Ernährung bei den genannten Unverträglichkeiten eingehalten wird, sind keine Mangelerscheinungen zu befürchten.

Gilt das auch für die Zöliakie, wie erfolgt dann die Versorgung mit Vitaminen und Nährstoffen?

Bei der Zöliakie, der Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten, ist das in der Tat anders. Bis die Diagnose feststeht hat der Betroffene meist eine längere Beschwerdedauer hinter sich. Dabei kommt es durch Immunreaktionen im Dünndarm zur Rückbildung der Darmzotten mit Malabsorptionsstörungen. Das heißt, dass nicht mehr alle Nährstoffe über die Dünndarmwand ins Blut aufgenommen werden können.

Mangelerscheinungen bei Diagnosestellung sind relativ häufig und betreffen insbesondere Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Eine strikte glutenfreie Ernährung führt innerhalb weniger Monate zur Behebung der genannten Defizite.

Wie erfolgt die Diagnose bei einem Vitamin- und Nährstoffmangel bzw. wie findet man heraus, welcher Vitamin- oder Nährstoffmangel vorliegt? 

Besteht ein Verdacht eines Nährstoff- oder Vitaminmangels wird der Arzt eine Laboruntersuchung veranlassen und diese muss entsprechend interpretiert werden. Ein einziger Wert, beispielsweise bei Folsäure oder Eisen, ist nicht aussagekräftig. Hier müssen weitere Marker im Blut untersucht werden.

Wie kommt man zu ausreichend Vitaminen und Nährstoffen, wenn man eine Nahrungsmittelallergie hat?

Bei primären Nahrungsmittelallergien können durch unsinnige, eigenmächtig durchgeführte Pauschaldiäten unterschiedliche Mangelzustände auftreten. Die echten Nahrungsmittelallergien treten bevorzugt im Kindesalter auf. Meist handelt es sich um eine Kuhmilchallergie, Weizenallergie, Hühnerei-Allergie, Baumnussallergie, Erdnussallergie, Sojaallergie, oder Fischallergie. Bei diesen Grundnahrungsmitteln müssen unbedingt geeignete, verträgliche Alternativen angeboten werden.

Ein Beispiel: Besteht bei einem Kind eine Kuhmilchallergie reicht es nicht, einfach eine Lebensmittelgruppe wie zum Beispiel alle Milch- und Milchprodukte ohne adäquaten Ersatz zu streichen. Das birgt im Kindesalter die Gefahr eines Eiweiß- und oder Calciummangels. Darunter leiden der in der Wachstumsphase wichtige Knochenaufbau, die Zähne, die Reizübertragung im Nervensystem sowie die Blutgerinnung.

Aber: Auch Erwachsene Nahrungsmittelallergiker, die eine pollenassoziierten Kreuzallergie haben, und oftmals unbegründet zu viele Obst- und Gemüsesorten aus ihrer Ernährung streichen, können Defizite entwickeln, z.B. bei Vitamin C, Folsäure, Kalium und Magnesium.

Welche Arten von Vitaminmangel bzw. Nährstoffmangel sind typisch für jeweils Nahrungsmittelallergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten?

Jede Lebensmittelgruppe der Ernährungspyramide hat ihre Berechtigung und liefert wichtige Inhaltsstoffe. Demnach würde ich eine Einteilung nicht nach dem Krankheitsbild „Allergie oder Intoleranz“ vornehmen, sondern eher nach vermiedenen Lebensmittelgruppen und daraus resultierenden "kritischen Nährstoffen".

Die Frage lautet dann also: Was tut man gegen Vitaminmangel bzw. Nährstoffmangel bei, beispielsweise, Kuhmilchallergie und Laktoseintoleranz?

Genau, werden längerfristig Milch- und Milchprodukte weggelassen und nicht in entsprechender Menge durch geeignete Alternativen ersetzt, können sich Mängel an Calcium, Vitamin D, B2 sowie Fluor und Jod einstellen. Dann ist in erster Linie eine versierte Ernährungstherapeutin mit allergologischer Ausbildung zu konsultieren, damit eben geeignete Ersatzmöglichkeiten individuell empfohlen werden und Mängel dadurch gar nicht entstehen.

Und wie kann man bei einer Allergie auf Obst und Gemüse einem Vitaminmangel bzw. Nährstoffmangel vorbeugen?

Werden Obst und Gemüse aus der täglichen Ernährung verbannt, ist die Gefahr groß, Defizite an Vitamin A, C, Folsäure, Magnesium, Kalium und Ballaststoffen zu erleiden. Im Prinzip kann jede einseitige Ernährung zu diversen Mangelzuständen führen.

Wie sollte man bei einer Obst- oder Gemüseallergie vorgehen, um keinen Nährstoffmangel zu riskieren?

Zunächst ist zu sagen, dass eine allergische Reaktion auf Obst oder Gemüse nie alle Sorten betrifft.

Das bedeutet, dass in der individuellen Ernährungsberatung immer ausreichend geeignete Sorten aus der Obst- oder Gemüsegruppe gefunden werden, die ohne Probleme verzehrt werden können. Teilweise wird Obst oder Gemüse in verschiedenen Verarbeitungsformen, roh oder erhitzt, in Kombination mit, zum Beispiel Joghurt, vertragen. Hier ist wichtig aufzuklären und die Verzehrmenge von den verträglichen Sorten zu erhöhen.

Und wie wirkt man bei Zöliakie einem Mangel an Vitaminen und Nährstoffen entgegen?

Bei der Erstdiagnose Zöliakie sind häufig Mängel von Eisen, Calcium, Magnesium, Jod, Vitamin B12, Vitamin D und Folsäure zu beobachten. Manchmal merken Patienten, dass sie sich müde und abgeschlagen fühlen. Diese Symptome führen sie zum Hausarzt und über das Symptom, zum Beispiel eines Eisenmangels, könnte als Ursache eine Zöliakie diagnostiziert werden.

Wie ernährt man sich am besten glutenfrei und gesund?

Bei der Zöliakie ist eine strikte, dauerhafte glutenfreie Ernährung einzuhalten. Dann regenerieren sich die Darmzotten und die Nährstoffe können wieder aufgenommen bzw.resorbiert werden. Bei einem eklatanten Eisenmangel wird der Arzt entscheiden, ob vorübergehend eine medikamentöse Eisengabe nötig ist.

Was muss man bei multiplen Allergien bzw. Unverträglichkeiten im Hinblick auf die Versorgung mit Vitaminen und Nährstoffen beachten?

Wenn mehrere Nahrungsmittelallergien bzw. Unverträglichkeiten zusammentreffen, sollte unbedingt eine persönliche, individuelle Ernährungsberatung erfolgen. Nach gründlicher Diagnostik und wenn die therapeutische Diät als Dauerkostform feststeht, sollte die Nährstoffversorgung durch eine allergologisch ausgebildete Ernährungsexpertin oder einen Experten mittels Ernährungsprotokollberechnung überprüft werden.

Welche Kombinationen von Nahrungsmittelallergien bzw. -unverträglichkeiten kommen häufig vor?

Häufige Kombinationen von Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind Laktoseintoleranz und Fruktosemalabsorption, Fruktosemalabsorption und Sorbitunverträglichkeit, sowie beide Kombinationen mit einer zusätzlichen Histaminintoleranz.

Wenn der Mangel an Vitaminen und Nährstoffen feststeht, wie lässt er sich beheben? Reicht eine Nahrungsumstellung oder benötigt man spezielle Präparate?

Sollten ein oder mehrere Versorgungslücken festgestellt werden, versucht man diese meist durch gezielte Ernährungsumstellung mit natürlichen Nahrungsmitteln zu beheben. Vitamin- und Mineralstoffpräparate allein können nicht die Vielfalt und das Zusammenspiel natürlicher Nahrungsmittel liefern. Der Zeitraum zum Ausgleich eines Defizits beträgt mehrere Wochen bis Monate. In einigen Fällen, wenn der Arzt einen massiven Mangel festgestellt hat, kann auch eine vorübergehende Supplementierung einzelner Nährstoffe notwendig sein. Diese sollte aber auf keinen Fall in Eigenregie erfolgen.

Kann man eine Unverträglichkeit oder Allergie auf Vitamine und Nährstoffe haben, zum Beispiel auf Vitamin A, B 12, B9 (Folsäure), C (Ascorbinsäure), E, K und Magnesium. 

Eine generelle Allergie/Unverträglichkeitsreaktion gegenüber diesen Inhaltsstoffen ist nicht zu erwarten. Selbst bei einer Unverträglichkeit gegenüber Acetylsalicylsäure (ASS, Salicylat-Unverträglichkeit) wird empfohlen, Obst und Gemüse in üblicher Menge zu verzehren. Vitamin C in natürlicher Form aus Lebensmitteln stellt kein Problem dar.

Was kann man tun, um das Entstehen eines Vitaminmangels oder Nährstoffmangels vorzubeugen?

Zum Vermeiden von diversen Versorgungslücken im Hinblick auf Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, sekundäre Pflanzenstoffe, der Sammelbegriff lautet "Mikronährstoffe", ist eine abwechslungsreiche Ernährung unerlässlich. Weiterhin wird die Lebensqualität durch eine gemischte Kost mit wenigen Verboten und geeigneten Alternativen positiv beeinflusst.

Wann sind Vitamin- und Mineralstoffpräparate sinnvoll und wann nicht? Muss man Apothekenpräparte kaufen oder sind Präparate aus der Drogerie ausreichend?

Vitamin- und Mineralstoffpräparate werden, sowohl als Nahrungsergänzungsmittel als auch als Arzneimittel, nur vom Arzt verordnet. Nahrungsergänzungsmittel sind in der Apotheke, den Drogeriemärkten, im Reformhaus oder im Lebensmitteleinzelhandel erhältlich. Sie sollen, wie der Name sagt, als Ergänzungsmittel eingesetzt werden. Sie sollten nicht dazu dienen, das schlechte Gewissen zu beruhigen, weil man sich einseitig ernährt.

Was ist der Unterschied zwischen Vitamin- und Mineralstoffpräparaten, die der Arzt verordnet und frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln?

Nahrungsergänzungsmittel sind niedriger dosiert als Arzneimittel, es gibt jedoch große Qualitätsunterschiede. Der Vorteil beim Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln in der Apotheke liegt vor allem darin, dass der Konsument eine fachkompetente Beratung und Informationen über die Bioverfügbarkeit erhält. Das heißt wie viel von einem Präparat der Körper tatsächlich aufnehmen kann. Mikronährstoffe sollten meiner Meinung nach nicht als Einzelpräparat in Eigenregie eingenommen werden. Der Grund: Es gibt Wechselwirkungen und teilweise können auch Überdosierungen auftreten.

Frau Spiesz, herzlichen Dank für dieses Interview! 

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

20. April 2022

Autor: S. Jossé/K. Spiesz, www.mein-allergie-portal.com

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