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Allergenextrakte: Was ist das und was ist wichtig bei der Hyposensibilisierung?

Hyposensibilisierung mit Allergenextrakten
Was ist eine Hyposensibilisierung mit Allergenextrakten? Bildquelle: B.Hilka

Bei einer Hyposensibilisierung zur Allergiebehandlung stehen Allergenextrakte im Zentrum der Therapie. Sie sind ein wichtiger Faktor für den Therapieerfolg. Warum das so ist und was Qualität bei Allergenextrakten bedeutet erklärt Dr. med. Maud-Bettina Hilka, Hals-Nasen-Ohren-Ärztin in der HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden, für MeinAllergiePortal.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. med. Maud-Bettina Hilka, Hals-Nasen-Ohren-Ärztin in der HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden

Frau Dr. Hilka, was sind Allergenextrakte?

Mit „Allergenextrakt“ bezeichnet man aus natürlichem Material hergestellte Extrakte, die standardisierte Allergen-Mengen enthalten. Diese Allergenextrakte werden zur Diagnose von Allergien an der Haut und im Blut eingesetzt und ebenso zur Therapie durch die Hyposensibilisierung bzw. Allergen Immuntherapie (AIT).

Wie werden Allergenextrakte hergestellt?

Bei der klassischen Herstellung von Allergenextrakten werden die Allergene aus den natürlichen Materialen gewonnen.

Wie werden Allergenextrakte aus Pollen hergestellt?

Allergenextrakte aus Pollen werden aus Pflanzenpollen extrahiert. Dies erfolgt in der Regel durch das Einlegen der Pflanzenpollen in Alkohol. Aber: Nicht alle relevanten Bestandteile der Polle sind in Alkohol löslich und möglicherweise enthalten Pollen allergierelevante Substanzen, die durch den Extraktionsvorgang nicht erfasst werden. Dennoch erzielt man bei der Behandlung von Allergien gegen Polle mit der Hypersensibilisierung sehr gute Ergebnisse. 

Wie stellt man Allergenextrakte aus Milben her?

Zur Herstellung von Allergenextrakten aus Milben werden Milben zunächst kultiviert und dann geerntet. Dann werden die Milben aufgereinigt und zu einem Allergenextrakt verarbeitet. Auch hier ist nicht vollständig nachvollziehbar, was genau in einem Milbenextrakt enthalten ist. Aber auch hier ist die Behandlung mit einer Hypersensibilisierung gegen Milbe recht gut wirksam.

Wie stellt man Allergenextrakte aus Schimmelpilzen her? 

Es gibt eine Vielzahl von Schimmelpilz-Arten, aber Allergenextrakte zur Behandlung von Allergien gibt es nur für einige wenige Arten. Dabei liegt der Fokus in erster Linie auf dem Allergie-auslösenden Alternaria. Für Allergenextrakte aus Schimmelpilzen werden die Sporen und Mycelen in einem aufwendigen Verfahren aus dem Ausgangsmaterial herausgearbeitet. Die Reinheit von Allergenextrakten aus Schimmelpilzen kann allerdings nicht in vollem Umfang gewährleistet werden, denn nicht immer gelingt es, alle relevanten Allergene aus dem Protein zu extrahieren. Das zeigt sich auch anhand weniger gut wirksamer Allergen Immuntherapien auf Schimmelpilze. Aufgrund der aufwendigen Herstellung haben viele Firmen die Produktion von Schimmelpilz-Extrakten eingestellt. 

Wie stellt man Allergenextrakte aus Insektengiften her?

Allergenextrakte gegen Biene oder Wespe werden aus dem jeweiligen Gift gewonnen, indem man die Tierchen zu einem Stich provoziert. Dabei bleiben die Wespen, die unter Naturschutz stehen, unverletzt. Aus diesen Giften lässt sich ein sehr reines Allergenextrakt herstellen, das bei der Allergen Immuntherapie mit über 90 Prozent eine hervorragende Wirksamkeit zeigt.

Wie stellt man Allergenextrakte aus Tierhaaren her?

Auch die Gewinnung von Allergenextrakte aus Tierepithelien ist schwierig, denn die allergenen Proteine sitzen bei Hunden, Katzen, Pferden etc. unter anderem im Speichel, in den Haaren, sowie in den Talgdrüsen und Hautschuppen der Tiere. Die Reinheit der Extrakte ist nicht immer gegeben und dementsprechend sind die Ergebnisse von Hyposensibilisierungen gegen Tierepithelien auch weniger optimal. Zudem sind auch hier, abgesehen vom Katzenallergen, nicht für alle Allergene die entsprechenden Extrakte verfügbar.

Aber: Die Aufarbeitung der Allergenextrakte und damit die Qualität wird in Zukunft durch die molekular hergestellten Allergenextrakte sicher deutlich besser werden.

Was sind molekular hergestellte Allergenextrakte?

Molekulare Allergene werden durch gentechnische Maßnahmen wie die DNA-Technologie entwickelt. Dafür wird die genetische Information des Allergens in das Erbgut anderer Mikroorganismen, meist Bakterien und Hefen, eingebracht. Deren Genom enthält dann einen neuen “Baubauplan” zur Herstellung des fremden Proteins und übernimmt die Aufgabe, das Allergen zu klonen. Man bezeichnet diesen Vorgang auch als “rekombinant”. So ist es möglich, spezifische Allergen-relevante Proteine in großer Menge zu produzieren.

Welchen Vorteil haben molekular bzw. Rekombinant hergestellte Allergenextrakte?

Die molekular bzw. rekombinant hergestellten Extrakte haben den großen Vorteil, dass sie ein reineres Protein des jeweiligen Allergens enthalten, ohne Beimengungen jeglicher Art. Das bedeutet, es wird möglich, ein individuelles Allergenprofil des Patienten zu erstellen und ihn mit exakt dem Allergen zu desensibilisieren, gegen das er allergisch ist. Das erhöht die Wirksamkeit bei der Hyposensibilisierung enorm, denn dann kann es nicht mehr passieren, dass eine Hyposensibilisierung, zum Beispiel gegen Birke, nicht hilft, weil das Extrakt die Allergene, auf die der Patient allergisch ist, nicht in ausreichender Menge enthält. Ganz so weit sind wir aktuell noch nicht, aber mit Hilfe der molekularen Allergiediagnostik erstellen wir bei unseren Patienten jetzt bereits ein Allergenprofil, das auch die Allergen-Untergruppierungen enthält. Es liegt dann also schon ein individuelles Allergenprofil des Patienten vor.

Wie sicher sind Allergietests mit Allergenextrakten?

Wie gesagt, stellt sich bei allen Allergenextrakten grundsätzlich die Frage, inwiefern alle für den Patienten relevanten Allergene vorhanden sind. Nur dann kann eine exakte Diagnose bzw. Therapie erfolgen.

Frau Dr. Hilka, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

15. Mai 2025

Autor: S. Josse/B. Hilka, www.mein-allergie-portal.com

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