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Chronisches Handekzem: Sind Raucher stärker gefährdet?

Handekzem Rauchen
Chronisches Handekzem: Sind Raucher stärker gefährdet? Bildquelle: S.Molin

Das Rauchen gehört zu den Faktoren, die man als Triggerfaktoren für Handekzeme in Verdacht hat. In einer Münchner Studie hat man deshalb an einer Gruppe von Patienten mit chronischem Handekzem untersucht, inwieweit es Zusammenhänge zwischen Hautbeschwerden und Tabakkonsum geben könnte. MeinAllergiePortal sprach mit Studienleiterin PD Dr. Sonja Molin, Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum der Universität München (LMU), über die Ergebnisse ihrer Untersuchungen.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: PD Dr. Sonja Molin

Frau Privatdozentin Molin, Sie haben festgestellt, dass Raucher überproportional häufig an einer Kombination aus allergischem und irritativem Handekzemen leiden. Wie erklärt sich diese Kombination?

Die äußerste Hautschicht hat eine natürliche Schutzfunktion. Z.B. hilft sie der Haut, sich vor übermäßigem Wasserverlust zu schützen. Sie schützt jedoch auch vor dem Eindringen von Keimen und allergieauslösenden Substanzen. Man weiß, dass Rauchen oder auch der Nikotinkontakt mit der Haut die Barrierefunktion der Haut an der Hand herabsetzen. Kommt noch häufiges Händewaschen  hinzu oder ist die Haut grundsätzlich empfindlich, ist die Barrierefunktion der Haut bereits eingeschränkt. Durch Rauchen und Nikotinkontakt wird die Hautbarriere noch durchlässiger, Allergene dringen leichter in die Haut ein und das begünstigt dieses spezielle allergische und gleichzeitig irritative Handekzem.

Bedeutet das, dass bei Rauchern die Hände unterschiedlich betroffen sind, je nachdem, ob sie die Zigarette mit der rechten oder der linken Hand halten?

Das kann man so nicht sagen. Wahrscheinlich liegt dies daran, dass man z.B. beim Händewaschen, oder beim Umgang mit Desinfektionsmitteln, immer beide Hände gleichermaßen belastet. Beides belastet die Hautschutzbarriere. Wenn dann das Nikotin hinzukommt, kann sich ein Handekzem noch leichter entwickeln.

Man hat hierzu Versuche an Mäusen durchgeführt, indem man sie Zigarettenrauch ausgesetzt hat oder Nikotin auf das Fell aufgetragen hat. Dabei hat man beobachtet, dass der Wasserverlust durch die Hautbarriere hindurch deutlich angestiegen ist. Zusammen mit der normalen Hautbelastung durch das Händewaschen kann die Hautbarriere bereits gestört werden, so dass die allergenen Substanzen leichter durchdringen können.

Weiß man etwas darüber, welchen Einfluss die Nikotin-Dosis hat?

Bisher weiß man das noch nicht. Deshalb würden wir diese Fragestellung gerne bei künftigen Studien untersuchen. Dazu gehört auch die Frage, ob auch Nikotinpflaster, die man zur „Nikotin-Entwöhnung“ einsetzt, einen schädlichen Effekt auf die Hautbarriere haben.

Auch die Sensibilisierungsrate auf Nickel war unter den Rauchern mit chronischem Handekzem in Ihrer Untersuchung deutlich erhöht. Hatten Sie dies erwartet?

Da hierzu bereits einige Untersuchungen angestellt wurden, hatte ich mit diesem Ergebnis gerechnet. Nickel ist ein sehr potentes Kontaktallergen und Nickel ist in Tabak enthalten. Deshalb war zu erwarten, dass die Sensibilisierungsraten auf Nickel bei Rauchern mit Handekzemen erhöht sein würden. Auch hier erfolgt die Sensibilisierung über die Haut.

Kann man sagen, bei wie vielen Patienten mit Handekzem eine Sensibilisierung auf Nickel vorlag?

In unserer Untersuchung hatten 19,8 Prozent der Raucher auch eine Sensibilisierung auf Nickel.

Auch der Anteil von Patienten mit palmarer Hyperhidrose, d.h. Schweißhänden, war in Ihrer Untersuchung unter den Rauchern mit chronischem Handekzem deutlich erhöht. Kann man sagen, welche Erkrankung zuerst da war?

Leider kann man aktuell noch nicht sagen, was hier „Henne“ und was „Ei“ ist. Beide Phänomene haben aber mit der Hautbarriere zu tun. Man weiß, dass starkes Schwitzen an den Händen die Barrierefunktion der Haut an den Händen herabsetzt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Grund in einer Hyperhidrose an den Händen oder im Tragen von Gummihandschuhen liegt. Das Schwitzen stört die Barrierefunktion der Haut und es kommt leichter zur Entstehung von Ekzemen.

Gleichzeitig ist bekannt, dass das Nikotin selbst auch zu einer abnormen Schweißantwort führen kann. Der Hauptbotenstoff bei Schwitzen ist das Acetylcholin. Dieser Botenstoff bindet an Rezeptoren, an die auch das Nikotin binden kann. Dadurch wird allerdings eine abnorme Antwort ausgelöst, die zu vermehrtem Schwitzen führt. Dies wiederum kann zu einer gestörten Barrierefunktion und zum Eindringen von Kontaktallergenen führen und letztendlich zur Entstehung von Ekzemen. Auch Sekundärinfektionen mit z.B. Eiterkeimen können auftreten. Und: Rauchen begünstigt grundsätzlich eine Entzündung der Haut, ganz unabhängig von der Entstehung von Ekzemen!

In Ihrer Studie konnten Sie keine Unterschiede zwischen aktiven und ehemaligen Rauchern feststellen. Bedeutet das, dass eine durch das Rauchen verursachte Neigung zu Ekzemen lebenslang bestehen bleibt, unabhängig von der Anzahl der „rauchfreien“ Jahre?

Genau kann man das noch nicht sagen, aber es scheint durchaus einen längerfristigen Zusammenhang zu geben. Im klinischen Alltag der Hautklinik machen wir jedenfalls häufig die Erfahrung, dass ein Handekzem sich nicht sofort zurückbildet, nur weil der Patient aufhört zu rauchen. Möglicherweise benötigt die Haut einfach eine  gewisse Zeit, um sich zu erholen. Von einer lebenslangen Belastung würde ich aber nicht ausgehen.

Ist die Hautbarriere wieder funktionsfähig, wenn das Ekzem sich zurückgebildet hat?

Wenn das Ekzem nicht mehr da ist, funktioniert auch die Hautbarriere wieder. Eine Ausnahme sind Menschen mit einer atopischen Prädisposition. Diese Menschen neigen vererbungsbedingt dazu, mit Haut oder Schleimhäuten überempfindlich auf verschiedene Stoffe zu reagieren. Bei diesen Patienten ist die Hautbarriere dauerhaft beeinträchtigt und oft besteht eine Anlage zur Entwicklung von Neurodermitis.

Wird es eine Folgestudie geben? Falls ja, zu welchen Fragestellungen?

Wir werden auf jeden Fall die Fragestellung „Rauchen und Kontaktsensibilisierung“ genauer untersuchen. Geplant sind sowohl retrospektive als auch prospektive Auswertungen.

Frau Privatdozentin Molin, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

10. Februar 2015

Autor: Sabine Jossé, www.mein-allergie-portal.com

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