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Tattoo Allergie: Ursachen, Symptome, Risiken

Allergie Tattoos Tätowierungen
Wie kommt es zur Allergie auf Tätowierungen? Bildquelle: S. Schubert

Tattoos sind beliebt, aber durch die permanente Dekoration der Haut kann es zu einer Tattoo Allergie kommen. Was weiß man über die Ursachen von Kontaktallergien durch Tattoos? An welchen Symptomen erkennt man eine Allergie auf Tätowierungen? Welche Risiken bestehen und was kann man tun? Das besprach MeinAllergiePortal beim 18. Deutschen Allergiekongress 2023 mit Dr. rer. nat. Steffen Schubert, Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK), Institut an der Universitätsmedizin Göttingen.

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner: Dr. rer. nat. Steffen Schubert

Herr Dr. Schubert, welche Arten von Hautreaktionen gibt es bei Tattoos?

Zahlen aus den Tattoo-Kliniken in Kopenhagen, Amsterdam und Paris zeigen, dass eine Allergie bei 30 bis 50 Prozent der Behandelten mit persistierenden Tattooreaktion die Ursache für ihre Hautreaktionen sind. Diese Reaktionen bestanden bei allen Patient:innen seit mindestens 3 Monaten, ein kleiner Teil entwickelte auch systemische Reaktionen. Auch bakterielle Infektionen und nicht-allergische, entzündliche Reaktionen wie Fremdkörpergranulome oder Sarkoidose können die Ursache von Hautreaktionen gegenüber Tätowierungen sein. Bei 30 Prozent der von Reaktionen auf Tätowierungen Betroffenen in den Tattoo-Kliniken sind den Hautproblemen weitere Ursachen oder Symptome zuzuordnen, zum Beispiel neurologische Symptome, zu tief eingestochene Pigmente oder zu lange Tattoosessions.

Darüberhinaus gibt es auch allergische Kontaktekzeme auf Tattoos, die sich als generalisierte oder lokale Ekzemreaktionen darstellen („Hautausschlag“). Allerdings gehen die Betroffenen damit selten zum Arzt, sondern eher zu ihrem Tätowierer bzw. ihrer Tätowiererin, und in der Regel verschwinden diese Beschwerden spätestens nach ein paar Wochen auch wieder. Das Problem dabei ist, dass die Allergie-auslösende Substanz nicht identifiziert wurde und sich die Betroffenen immer wieder gegenüber diesem unbekannten Stoff exponieren könnten und in der Folge auch weitere allergische Kontaktekzeme entwickeln würden. Die Identifikation der Allergie-auslösenden Substanz ist die Grundlage zur Meidung des Allergens um schlussendlich symptomfrei bleiben zu können.

Ist bekannt, wie häufig es zu einer Tattoo-Allergie kommt?

Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten. Oft kann eine eindeutige Diagnose einer allergischen Reaktion auf Tattoos nicht gestellt werden. Einen Grund hierfür liefert beispielsweise der Epikutantest auf der Haut. Dieser muss nicht unbedingt dafür geeignet sein, die Allergenbildung in der Dermis, der Lederhaut, abzubilden. Zumindest nicht bei der routinemäßigen Ablesung dieser Tests. Es ist aber diese Lederhaut, in die man die Tätowierfarbe spritzt. Es gibt aber noch andere Gründe dafür, dass man nicht sicher sagen kann, wie viele Menschen eine Allergie auf Tätowierungen haben.

Was sind weitere Gründe dafür, dass man die Zahl der Tattoo Allergiker nicht kennt?

Insgesamt kann man aus folgenden Gründen die Anzahl der von Tattoo Allergien betroffenen Menschen nicht kennen:

  • Der Epikutantest eignet sich nicht zur Diagnose von Pigment-Allergien
  • Es gibt nur eine eingeschränkte Auswahl an Testzubereitungen, vor allem im Pigmentbereich
  • Nicht alle allergischen Reaktionen werden als solche erkannt
  • Es gibt Falschdeklarationen der Inhaltsstoffe durch manche Hersteller, wodurch eine gezielte Allergentestung beim Hautarzt nicht möglich ist.

Gibt es keine Studien zur Häufigkeit von Allergien auf Tätowierungen?

Es gibt zwar Studien, die diese Fragestellung untersuchten. Diese lieferten jedoch, aufgrund unterschiedlicher Ansätze im Studiendesign, abweichende Ergebnisse. Da jedes Tattoo ein tausendfaches Nadeltrauma produziert, sind allergisch bedingte Komplikationen von der normalen Wundheilung, die mehr oder weniger problematisch verläuft, manchmal schwer zu unterscheiden. Der IVDK hat auch eine Tattoo-Studie ins Leben gerufen, hier geht es aber vor allem um die Diagnose der Tattoo-Allergie und die Identifizierung von Hautsensibilisierenden Stoffen in Tattoofarben.

Unsere Patientendaten zeigen, dass 2.4 Prozent der Tätowierten mit einem Tattoo-Problem in die Kliniken kommen. Ungefähr ein Drittel dieser Betroffenen wird schlussendlich mit einer Tattoo-Allergie diagnostiziert. Wenn wir unsere tätowierten Patientinnen und Patienten fragen, ob sie in der Vergangenheit eine nicht-infektiöse, also entzündliche Hautreaktionen hatten, bejahen dies ungefähr 5 Prozent der Befragten. Aber unsere Daten werden in einer Population von dermatologischen Patientinnen und Patienten erhoben und sind nicht direkt auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar. Die Häufigkeit von entzündlichen oder allergischen Reaktionen ist hier eher geringer.

Wer hat denn häufiger Tattoos - Männer oder Frauen?

In unserer IVDK-Studie an einer Klinikspopulation von dermatologischen Patientinnen und Patienten, die in den Jahren 2020 bis 2022 durchgeführt wurde, hat sich gezeigt, dass, im Gegensatz zu früheren Zeiten, in so gut wie allen Altersgruppen die Frauen häufiger tätowiert sind als die Männer. Dabei handelt es sich in den Altergruppen > 40 Jahre auch häufig um Permanent Make-up. Auch wenn beim Permanent Make-up meist spezielle Farben zum Einsatz kommen, handelt es sich dennoch um eine Tätowierung.

Gibt es bei den Tattoo-Farben Unterschiede in Bezug auf das allergene Potenzial?

Rote Farbe und Rot-Nuancen, etwa ein rötliches Violett, sind am problematischsten, aber auch bei anderen Farbtönen treten Unverträglichkeitsreaktionen auf. Dadurch kann es zu sogenannten „Lichenoiden Reaktionen“ oder aber auch zu „Pseudolymphomen“ kommen. Oft sind diese Hauterscheinungen morphologisch, also vom Aussehen her, kaum voneinander zu unterscheiden.

Schwarz wird am häufigsten tätowiert, führt aber eigentlich nicht zu schweren allergischen Reaktionen. Fremdkörper-Granulome oder sarkoidale Granulome überwiegen hier.

An welchen Symptomen erkennt man eine Allergie auf das Tattoo?

Der Prototyp einer allergischen Reaktion auf Tattoofarben ist die sogenannte Reaktion „type plaque elevation“, auch „lichenoide Reaktion“ genannt. Diese ist klar auf die Fläche einer bestimmten Tätowierfarbe begrenzt. Am häufigsten sind das, wie bereits gesagt, Rot oder rötliche Nuancen. Pseudolymphome können auch auftreten, sowie weitere schwere Komplikationen wie Hyperkeratosen. Selten kommt es auch zu einer akuten Ulkusbildung (Pyoderma gangraenosum). Das kommt ebenso meist durch rote Farbe.

Kann man durch ein Tattoo auch einen Ausschlag bekommen?

Ja, darüber hinaus kann es zum klassischen allergischen Hautauschlag, also allergisch bedingten Ekzemreaktionen auf lösliche Bestandteile der Tätowierfarbe kommen. Dieser ist aber nicht unbedingt begrenzt auf die tätowierte Fläche, sondern geht meist über die Ränder hinaus, kann sogar die gesamte Körperhaut betreffen. Solche Symptome treten auch bei schwarzen Tattoos auf.

Reaktionen im Tattoobereich muss man jedenfalls von Infektionen und nicht-infektiösen granulomatösen Reaktionen, das heißt Fremdkörperreaktionen und sarkoidalen Reaktionen, abgrenzen. Dies ist oft schwierig, da die einzelnen Muster histologisch auch in einer Biopsie überlappend vorkommen. Als Faustregel kann man sagen, dass Infektionen eitern und Fieber auslösen, allergische Reaktionen sind vor allem durch ausgeprägten Juckreiz charakterisiert.

In wenigen Fällen wurden auch Kontakturtikaria in der Literatur beschrieben. Diese kann zum Beispiel durch die Latexhandschuhe des Tätowierers oder der Tätowiererin ausgelöst werden. Eine erhöhte Sonnenempfindlichkeit im Tattoo-Bereich könnte auch eine schwache allergische Reaktion darstellen.

Wann nach der Tätowierung kommt es zur Allergiesymptomen?

Allergiesymptome treten entweder innerhalb der ersten 3 Tage nach der Tätowierung auf. Das gilt beispielsweise bei bereits bestehender Nickel-Sensibilisierung, wenn das Metall in ausreichender Menge in der Tätowierfarbe enthalten ist und die Auslöseschwelle der betroffenen Person überschritten ist. Aber auch Wochen, Monate oder Jahre nach dem Stechen des Tattoos kann es zu einer Tätowierungsallergie kommen. Das liegt daran, dass zum Beispiel Pigment-Allergene erst in der Haut gebildet werden müssen und auch die Immunreaktion kann unterschiedlich lang dauern. Im Durchschnitt tritt eine schwere allergische Reaktion auf (rote) Pigmente nach etwa einem Jahr auf.

Kommt es in der Regel schon beim ersten Tattoo zu einer allergischen Reaktion, oder kann man auch allergisch reagieren, obwohl man bereits Tätowierungen hat?

Man kann sich durch das erste Tattoo sensibilisieren, aber auch durch jedes weitere. Es kommt auf die Inhaltsstoffe an. Man kann sich auch durch Inhaltsstoffe anderer möglicher Allergenquellen, wie Makeup, Piercing oder Leder sensibilisieren und reagiert dann erst auf das neue Tattoo, dessen Farbe die gleichen Allergene enthält. Eine Tätowierung, die man gut vertragen hat, schützt später in keinem Fall davor, dass man allergisch reagiert. Oder umgekehrt: Durch mehrmaliges Tätowieren kann man sich nicht immunisieren.

Zur Wundheilung nach Tattoo: Wie unterscheidet sich eine allergische Reaktion auf eine Tätowierung von der „normalen“ Wundheilung?

Der normale Wundheilungsprozess dauert in der Regel 2 bis 4 Wochen. Wenn es währenddessen oder danach zu Ausschlägen oder „Erhebungen“ des Tattoo-Areales kommt, kann eine allergische Reaktion vorliegen. Es kann aber auch immer zu den bereits erwähnten nicht allergischen Hautreaktionen kommen.

Gibt es, abgesehen von der Tätowierfarbe und den Latexhandschuhen des Tätowierers, noch andere Allergenquellen bei Tattoos?

Viele Stoffe, welche in Verdacht stehen, relevante Allergene zu sein, sind direkt in Tätowierfarben enthalten. Aber auch andere Materialien, die während des Tattoo-Vorgangs eingesetzt werden, können allergische Reaktionen auslösen, zum Beispiel Duftstoffe in Aftercare Kosmetik oder Klebstoffe in Übertragungsmaterialen. Ich empfehle allen, die Tätowiererungen durchführen, immer ihre Kundinnen und Kunden nach bekannten Kontaktallergien zu fragen, um bei der Anwendung der verschiedenen Materialen darauf achten zu können, dass die jeweiligen Kontaktallergene nicht enthalten sind.

Woraus bestehen Tattofarben?

Moderne Tätowierfarben bestehen aus unlöslichen und löslichen Bestandteilen.

Unlösliche Bestandteile von Tattoo-Farben:

  • organische oder anorganische Pigmente Bindemittel, häufig Methacrylate , Acrylate, Kolophonium oder Schellack

Lösliche Bestandteile von Tattoo-Farben:

  • Alkoholische Lösungsmittel, Propylenglykol
  • Additive wie Konservierungsmittel, zum Beispiel Isothiazolinone

Vor allem das Benzisothiazolinon, ein Konservierungsmittel, dass in Europa keine Zulassung für Kosmetika hat, wird von Tattoofarben-Herstellern in Tattoo-Farben eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein industrielles Biozid.

Aber auch (metallische) Verunreinigungen in der Tattoofarbe können Allergien auslösen, wie zum Beispiel:

  • Nickel
  • Kobalt
  • Chrom
  • Rohstoffe der Pigment- und Bindemittelproduktion

Dabei weiß man, dass diese Stoffe eingesetzt werden und dass sie eine gewisse allergologische Potenz haben. Untersucht oder bestätigt wurde der Einfluss eher selten. Diese Substanzen sind in der löslichen Phase der Tätowierfarbe zu finden.

Allergene können aber auch in der, oft durch den Tätowierer oder die Tätowiererin empfohlenen, „Wundheilungs-Creme“ („Aftercare“) enthalten sein. Empfohlen werden alle möglichen Produkte, da hat sicher jeder seine Präferenzen. Auch über Wechselwirkungen zwischen Pigmenten und Cremes wurde schon berichtet.

Wie kommt es zu metallischen Verunreinigungen in Tattoo-Farben?

Zu Verunreinigungen durch Metalle kommt es bei Tattoo-Farben deshalb, weil die Hersteller vom Welt-Pigmentmarkt abhängig sind. Pigmente in medizinischer Qualität, speziell für den Tätowiermarkt, werden nicht angeboten. Tätowiermittelhersteller kaufen deshalb Pigmente für industrielle Anwendungen, genau wie Autobauer für ihre Autolacke oder Druckerfarbenhersteller für ihre Druckerfarben. Metallische Verunreinigungen spielen für diese Anwendungen keine Rolle, und deshalb findet man sie auch in Tattoofarben.

Kann die Tattoo-Folie, mit der frisch gestochene Tattoos bedeckt werden, Grund für eine allergische Reaktion sein?

Es kommen nicht nur Folien zum Einsatz, auch Wundauflagen aus dem medizinischen Bereich werden eingesetzt („second skin“). Hier kann es theoretisch in einzelnen Fällen auch zu allergischen Reaktionen kommen, im Tattoobereich gibt es aber bisher keinen gesicherten Fall. Ich persönlich bin aber kein Fan von der Folie, da damit das Abfließen der überschüssigen Farbe nur durch den Körper möglich ist. Am Ende verbleiben nur etwa 10 bis 30 Prozent der tätowierten Menge in der Lederhaut. Der Rest wird durch den Körper, unter Beteiligung der Organe und des Lymphsystems, ausgeschieden.

Gibt es auch allergenarme Möglichkeiten der Tätowierung?

Eine schwarze Tätowierfarbe mit dem Pigment „Carbon Black“ als Hauptbestandteil, hergestellt von einem verantwortungsbewussten Hersteller ist wohl eher Allergen-arm. Im Vergleich dazu besteht bei billiger Tattootinte aus Asien mit schlechter Produktion eher ein hohes Risiko für Tattoo-Allergien. Aber auch professionelle Tattoofarben, die beispielsweise Azo-Pigmente enthalten, bergen ein gewisses Allergierisiko.

Gibt es bei der Qualität der Tattofarben Unterschiede zwischen den Ländern?

Europäische Produkte sind im Allgemeinen asiatischen oder auch amerikanischen Produkten vorzuziehen. Das sind allerdings nur Tendenzen aufgrund von Meldungen an die FDA oder die EU (RAPEX). Ich möchte an dieser Stelle keine diskriminierenden Äußerungen tätigen. Es gibt sicher überall Ausnahmen, positiv wie negativ und in Folge der neuen EU Tattoo REACH-Verordnung kann sich das Bild in den nächsten Jahren auch ändern. Der Tätowiermarkt ist einfach extrem undurchsichtig und hat wenig Erfahrung mit behördlicher Regulation. Pigmente, für die keine Risikobewertung vorliegt, können legal eingesetzt werden. Auch sind diese Pigmente oft eigentlich für andere Industrien hergestellt worden. Dazu gehören die Autoindustrie, der Bootsbau, die Druckerindustrie, die Textilindustrie und die Plastikhersteller. Aber alle Hersteller haben mit Verunreinigungen zu kämpfen. Der Grund: Es gibt aktuell keine Pigmente zu kaufen, welche speziell für den Tätowiermarkt zur Anwendung an menschlicher Haut hergestellt werden.

Gibt es Risikofaktoren, die die Gefahr erhöhen, durch Tätowierungen Allergien zu entwickeln?

Bereits bestehende chronische (Autoimmun-)Erkrankungen wie Sarkoidose oder Psoriasis könnten durch das Tattoo getriggert bzw. aktiviert werden, das sogenannte „Köbner-Phänomen“.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte auf Tattoos verzichtet werden, da sich ein erheblicher Teil der Tätowierfarbe im Körper verteilt. Zum Beispiel lagert sich Tattoofarbe in den Lymphknoten ab.

Bereits bestehende Allergien, etwa auf Metalle, Textilfarbstoffe, Binde- und Konservierungsmittel etc. sollten auf jeden Fall vor dem Tätowieren angesprochen werden. Farben mit Eisenoxid-Pigmenten, die oft für Permanent Make-up eingesetzt werden, enthielten in der Vergangenheit mehr Nickel als andere. Solche Farben lösten zum Teil schwere Reaktionen aus, werden aber auch oft von Nickel-Allergikern vertragen.

Mit welchen Tests wird die Diagnose einer Allergie auf Tätowierungen gestellt? 

Zur Diagnose einer Pigment-Allergie stehen keine kommerziell erhältlichen Testsubstanzen zur Verfügung. Die Diagnose wird bisher meistens histologisch gestellt. Aber auch klassische Allergietests wie der Epikutantest von verwendeten Tätowierfarben trugen in der Vergangenheit zur Diagnose bei. Dabei sollte ein Abriss Epikutantest mit der tatsächlich verwendeten Tätowierfarbe bevorzugt werden, denn die Penetration dieser Pigmente ist schlecht. Ansonsten könnte es zu falsch-negativen Testergebnissen kommen. Wichtig hierbei ist auch, dass Dermatologen die langwierige Haptenisierung der Pigmente beachten und den Test auch nach 8 bis 10 Tagen ablesen.

Gibt es einen Tattoo Allergietest mit dem man Tattoo Allergie vorab ausschließen kann?

Nein, von prophetischen Testungen raten wir generell ab. Selbst bei negativem Test im Vorfeld einer Tätowierung kann man später durch die Tätowierfarbe sensibilisiert werden. Oder man reagiert auf einen Inhaltsstoff der Farbe, der im Epikutantest nicht enthalten war, zum Beispiel auf Pigmente.

Gibt es neue Tattoofarben, die weniger häufig Allergien auslösen?

Es gibt tatsächlich neue Entwicklungen auf dem Pigmentmarkt, allerdings eher unerfreuliche. Durch die neue EU REACH-Verordnung wurden zwei Pigmente, das Pigment Grün 7 und das Pigment Blau 15, verboten. Da es sich dabei um für das Tätowieren essentielle Pigmente handelte, die schwer zu ersetzen sind, wurde diese Entscheidung in der Tattooo-Community sehr kontrovers diskutiert. Das Pigment Grün 7 wird häufig durch Pigment Grün 36 ersetzt, das chemisch ganz ähnlich aufgebaut ist, aber eine zusätzliche Belastung mit Brom mit sich bringt. Das Pigment Blau 15 hingegen ist extrem schwer zu ersetzen. Bei einigen Herstellern wird es durch das Pigment Blau 61 ersetzt, das vorher noch nicht als Tätowierpigment eingesetzt wurde. Ein Baustein von Pigment Blau 61 ist Anilin, von dem man weiß, dass es im Sensibilisierungsfall häufig zu Kreuzreaktionen mit PPD kommen kann. Auch das Pigment Gelb 155, welches neuerdings beim Tätowieren eingesetzt wird, kann PPD freisetzen oder damit verunreinigt sein. Wir raten davon ab, Tätowierfarben mit diesen Pigmenten bei PPD- oder PTD- Allergikern anzuwenden. Durch diese neuen Tattoofarben dürfte sich also das Risiko für Tätowierte, Allergien zu entwickeln, eher erhöhen.

Hinzu kommt noch, dass die Herstellerangaben bei Pigmenten in der Vergangenheit nicht immer verlässlich waren. Es bleibt abzuwarten ob das in Zukunft weiterhin so ist.

Wie lässt sich eine Allergie durch Tattoos behandeln?

Es sollte unbedingt darauf verzichtet werden, ein Tattoo bei dem es zu einer allergischen Reaktion gekommen ist, durch Laser zu entfernen. Vor allem durch Q-switched Nanosecond Laser sollte man solche Tattoos nicht entfernen lassen, da bei diesem Prozess oft eine hohe Dosis weiterer Allergene freigesetzt wird. Dadurch würde die Allergie verstärkt werden und eventuell bestehende, bisher unauffällige Tattoos könnten ebenso anfangen, Symptome zu produzieren. Ablative Laser zeigten vielversprechende Ergebnisse, können aber auch (generalisierte) Ekzeme Auslösen.

Bei der klassischen allergischen Reaktion, wie einer Ekzemreaktion („Hautausschlag“) auf lösliche Bestandteile, kann man es mit einer Kortikoid-Therapie probieren. Eventuell kann man das Problem quasi „aussitzen“ bis die Allergene ausgeschieden wurden. Langfristig sollte man aber das Allergen per Epikutantest identifizieren um es auch fortan in anderen Expositionsquellen meiden und symptomfrei bleiben zu können.

Bei schweren Reaktionen auf unlösliche, farbgebende Bestandteile, wie lichenoiden Reaktionen oder Hyperkeratosen, kommt man um die operative Entfernung der Tätowierung eigentlich nicht herum. Es gibt Einzelberichte über erfolgreiche off-Label Therapien mit beispielsweise Medikamenten, die bei chronischer Gicht angewendet werden. Aber hier fehlen klinische Studien zur Überprüfung der Wirksamkeit. Bei tiefen Ulcera, Geschwüren, die zu tief fürs Herausschneiden sind, bleibt nur die langwierige Behandlung mit Immunsuppressiva.

Was passiert, wenn man eine Tattoo-Allergie nicht behandelt?

Wenn man eine persistierende Tattoo-Allergie (lichenoide Reaktion) nicht richtig behandelt, kann sich eine Hyperkeratose oder eine Nekrose entwickeln. Aber: Es kann durchaus zwei Jahre dauern, bis solche Reaktionen nekrotisch werden. Spätestens dann sollte man eine spezialisierte Klinik aufsuchen.

Welcher Arzt hilft bei Allergie auf Tattoos?

Bei einer Tätowier-Allergie sollte man auf jeden Fall einen Dermatologen oder Allergologen konsultieren und nicht nur den Tätowierer oder die Tätowiererin. Diese sind aber für 75 Prozent der Betroffenen Anlaufstelle Nr. 1 bei Komplikationen. Leider haben wir in Deutschland keine spezialisierte Tattoo-Klinik wie in Kopenhagen, Amsterdam, Paris oder New York. Deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung, der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe (DKG) und der Universität Münster die IVDK Tattoo Studie 2.0 ins Leben gerufen. Ziel ist es, den Betroffenen eine bessere Behandlung und Diagnose zu ermöglichen und außerdem Pigmente zu identifizieren, die Tattoo-Allergien auslösen. Alle dermatologischen Zentren des IVDK-Klinikverbundes können an dieser Studie teilnehmen. Unter www.ivdk.org kann man sich hierzu informieren. Wenn Betroffene teilnehmen wollen, können sie sich gern direkt oder über ihren Dermatologen an mich wenden. Ärzte, die sich auf die sachgerechte Entfernung von Tattoos spezialiseirt haben, findet man hier!

Vielen Dank, Herr Dr. Schubert, für dieses Gespräch! 

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

12. Oktober 2023

Autor: S.Jossé/S.Schubert, www.mein-allergie-portal.com

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