Allergie auf Haselnuss bei Kindern: Gefährlich oder harmlos?
Zeigt der Allergietest beim Kind eine Sensibilisierung auf Haselnuss, löst dies bei den Eltern oft große Ängste aus. Nicht immer bedeutet eine Sensibilisierung auf Haselnuss jedoch, dass eine gefährliche Nahrungsmittelallergie vorliegt. Möglicherweise handelt es sich um eine pollenassoziierte Kreuzallergie, die nicht die gleichen Risiken birgt. Beim 15. Deutschen Allergiekongress 2018 (DAK), der Ende September in Dresden stattfand, stellte Dr. Birgit Ahrens, Paul-Ehrlich-Institut, Langen und Charité Universitätsmedizin Berlin vor, wann eine Allergie auf Haselnuss bei Kindern gefährlich und wann sie harmlos ist.
Autor: Sabine Jossé M. A.
Referent: Dr. Birgit Ahrens
Allergie auf Haselnuss – primär oder sekundär?
Bei einer Allergie auf Haselnüsse kann es sich um eine primäre oder auch um eine sekundäre Nahrungsmittelallergie handeln.
Primäre Nahrungsmittelallergien finden sich vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern in den ersten Lebensjahren. Die Sensibilisierung kann kutan oder gastrointestinal erfolgen, vor allem auf stabile Nahrungsmittelallergene (Glykoproteine). Oft zeigen primäre Nahrungsmittallergien eine schwere klinische Symptomatik, bis hin zur gefürchteten Anaphylaxie.
Im Gegensatz dazu treten sekundäre Nahrungsmittelallergien eher bei Kindern im Schulkindalter oder bei Jugendlichen in Erscheinung, die unter Heuschnupfen leiden. Dabei handelt es sich um pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien, die in Folge einer Sensibilisierung auf Aeroallergene entstehen. Die allergische Reaktion auf Nahrungsmittel ist dann eine Reaktion auf strukturverwandte, häufig instabile Allergene in pflanzlichen Nahrungsmitteln – man könnte das auch eine Verwechslung nennen. Bei diesen Kreuzreaktionen kann es zum oralen Allergiesyndrom kommen, das heißt zu eher milderen Symptomen.
Allergie auf Haselnuss – wann tritt sie auf?
Primäre Nahrungsmittelallergien können zu unterschiedlichen Zeiten erstmals auftreten. Dabei gibt es innerhalb der primären Nahrungsmittelallergien Allergene, auf die es typischerweise im früheren Lebensalter zu allergischen Reaktionen kommt. Die Allergie auf Kuhmilch, die Hühnerei-Allergie und die Erdnuss-Allergie gehören zu diesen frühen Allergien, die sich bereits in den ersten Lebensmonaten zeigen können. Meist etwas später, aber auch noch im Kleinkindalter, kann es zu Allergien auf Baumnüsse, Weizen oder Soja kommen. Während sich frühkindliche Allergien auf Milch und Ei und auch auf Weizen oder Soja meist bis zum Schulkindalter wieder verlieren, bleiben Allergien auf Erdnuss, Baumnüsse oder Fisch oft bestehen und können gefährlich werden.
Primäre Nahrungsmittelallergien – die Symptome
Bei den Symptomen der primären Nahrungsmittelallergie unterscheidet man Sofort-Reaktionen und Spät-Reaktionen.
Sofort-Reaktionen auf Nahrungsmittel können sich an der Haut, durch Rötungen, Flush, Pruritus, das heißt Juckreiz, Urtikaria oder Angioödeme äußern. An den Atemwegen kann es zu Husten, Obstruktion, Stridor, Heiserkeit oder Heuschnupfen kommen. Am Gastrointestinaltrakt können Nahrungsmittelallergien sich durch Übelkeit, Erbrechen und Durchfall bemerkbar machen. Auch das Herz-Kreislauf-System kann betroffen sein. Symptome wie Tachykardie, das heißt Herzrasen, Hypotonie – niedriger Blutdruck, Bradykardie, ein verlangsamter Herzschlag und im schlimmsten Falle, Herzstillstand sind möglich. Bei einem raschen Auftreten von schweren allergischen Reaktionen, die - in seltenen Fällen - lebensbedrohlich sein können, spricht man von einer Anaphylaxie.
Typische Symptome einer Spät-Reaktion auf Nahrungsmittel sind hingegen insbesondere eine Ekzemverschlechterung bei gleichzeitigem Vorliegen einer Atopischen Dermatitis bzw. Neurodermitis. Auch das Auftreten von Husten, Obstruktion, pfeifender Atmung, oder Durchfall kann verzögert beobachtet werden.
Allergie auf Haselnuss – nimmt die Prävalent zu?
Es gibt nur wenige Studien speziell zur Haselnuss. Jedoch zeigen beispielhaft Studien, die auf der Isle of Wight (UK) zu Nahrungsmittelallergien allgemein durchgeführt wurden, dass die Prävalenz von Allergien auf Baumnüsse und Erdnuss über die letzten dreißig Jahre zugenommen hat. Auch im klinischen Alltag macht man die Beobachtung, dass die Anzahl der Kinder, die eine Haselnussallergie entwickeln, in den letzten Jahren zunimmt. „Zunehmend sehen wir im klinischen Alltag bei Kindern Allergien gegen Haselnuss und auch gegen Cashew, Erdnuss, Pistazie und Walnuss“ betonte R. Ahrens.
Haselnuss – die Allergene
Die Haselnuss enthält eine Vielzahl von Komponenten, die allergische Reaktionen auslösen können. Besonders hervorzuheben sind die Speicherproteine 11s Albumin (Cor a 9), 7s Globulin (Cor a 11) und 2s Albumin (Cor a 14). Sie sind hitzestabil, so dass auch Aufstriche aus gerösteten Haselnüssen allergische Symptome auslösen können.
Hinzu kommen das Oleosin Cor a 12 und das Profilin Cor a 2. Als sogenannte „Pathogenesis-related Proteins“ werden die Bet v 1-Homologen PR-10 (Cor a 1), die den Allergenen der Birke ähneln, und PR-14 nsLTS (Cor a 8) bezeichnet.
Allergie auf Haselnuss – wie sicher ist die Diagnose?
Eine Sensibilisierung gegen Haselnuss wird meist im Hauttest festgestellt. Dies heißt jedoch nicht, dass es sich um eine primäre Haselnussallergie handelt. Auch bei der Messung des spezifischen IgE gegen Haselnuss im Blut stellt sich die Frage, wie aussagekräftig der Wert in Bezug auf die Frage ist, ob eine primäre Haselnussallergie vorliegt. „Letztendlich bringt erst eine kontrollierte orale Provokation mit Haselnuss die Antwort auf die Frage, ob eine Haselnussallergie vorliegt oder nicht“ erläuterte Dr. Birgit Ahrens.
Primäre oder sekundäre Haselnussallergie – gibt es einen Marker?
Um sich der Frage zu nähern, wie man auch ohne eine orale Provokation ermitteln könnte, ob es sich um eine primäre oder sekundäre Haselnussallergie handelt, wurde eine Studie an 143 Kindern vorgestellt. Die untersuchten Kinder wiesen ein erhöhtes spezifisches IgE auf Haselnuss im Blut auf und hatten sowohl Asthma als auch Neurodermitis. Anhand von Untersuchungen mit der molekularen Allergiediagnostik zeigte sich, dass ein hohes spezifisches IgE bei Cor a 14 eine prognostische Aussage zur Haselnussallergie ermöglicht. Bei den Kindern mit einem hohen Cor a 14-Wert von 48kU/l bestand eine 90prozentige Wahrscheinlichkeit, dass das Kind bei einer oralen Provokation systemisch auf Haselnuss reagiert. „Dieser Cut-off bzw. Schwellenwert kann bei der Entscheidung helfen, ob eine orale Provokation sinnvoll ist oder nicht. Doch im Zweifelsfall bleibt die orale Nahrungsmittelprovokation weiterhin der Goldstandard für die Diagnosesicherung“ so Dr. Ahrens.
Wichtiger Hinweis
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