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Mikrobiom: Wann ist eine Darmreinigung sinnvoll?

Darmreinigung Durchführung
Gestörtes Mikrobiom: Wann ist eine Darmsanierung sinnvoll? Bildquelle: M.B.Hilka

Wann spricht man von einem gestörten Mikrobiom? Welche Ursachen und Folgen hat das? Und wann kann eine Darmreinigung oder Darmsanierung sinnvoll sein? Für MeinAllergiePortal erklärt Dr. Maud-Bettina Hilka, HNO-Gemeinschaftspraxis Wiesbaden, wie man eine solche Darmkur durchführt!

 

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner:  Dr. med. Maud-Bettina Hilka

Frau Dr. Hilka, wann ist eine Darmreinigung sinnvoll?

Die Darmsanierung ist aus schulmedizinischer Sicht nicht unbedingt erforderlich. Wenn man sich ausgewogen und ballaststoffreich ernährt und keine Beschwerden hat, braucht man eigentlich keine Darmreinigung. Eine Darmsanierung kann aber dann sinnvoll sein, wenn Bauchprobleme wie etwa Völlegefühl, Blähungen oder dünner Stuhlgang bestehen. Nicht jedoch bei Durchfall. Auch bei Erkrankungen wie Allergien, bei anderen immunologischen Erkrankungen und auch bei rheumatoiden Erkrankungen kann eine Darmsanierung sinnvoll sein. Auch nach einer Behandlung mit Antibiotika kann es helfen, eine Darmsanierung durchzuführen, um das Mikrobiom des Darmes wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Was genau bedeutet „Mikrobiom des Darmes?

In unserem Darm leben um die 100 Billionen Bakterien, die gemeinsam das sogenannte Mikrobiom des Darms bilden. Im Volksmund sagt man auch „Darmflora“. Diese Darmbakterien zersetzen die Nahrung, sie wehren Krankheitserreger ab, sie produzieren Vitamine und sie sind nicht nur für die Verdauung wichtig, sondern auch für das Immunsystem. Man muss wissen, dass sich 80 Prozent der Immunzellen in der Darmschleimhaut befinden. Gerät das Mikrobiom des Darmes aus dem Gleichgewicht, so kann das Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben. Für die Psyche spielt der Darm ebenfalls eine sehr wichtige Rolle.

Wodurch wird das Mikrobiom des Darmes gestört?

Eine Ursache für ein gestörtes Darm-Mikrobiom können zum Beispiel Magen-Darm-Erkrankungen sein, wie Reizdarm, Reizmagen oder die Übersiedelung des Darms mit Pilzen. Aber auch Erkrankungen wie Akne, unreine Haut, depressive Verstimmung, Kopfschmerzen, sogar rheumatische Erkrankungen, die auch aus dem immunologischen Formenkreis kommen, können Ursache einer gestörten Darmflora sein.

Welche Symptome hat man bei einer Störung des Darmmikrobioms?

Die Störung der Darmflora wird grob als Dysbiose bezeichnet.

Mögliche Symptome bei einer Störung des Mikrobioms des Darmes sind zum Beispiel:

  • Magenschmerzen
  • Blähungen
  • Verstopfung
  • Durchfall

Dann kann eine Darmsanierung bzw. zunächst eine Darmreinigung sinnvoll sein.

 

 

Wie wird eine Darmreinigung durchgeführt?

Entschlacken, Entgiften, Abnehmen - einer Darmreinigung werden zahlreiche positive Effekte zugeschrieben. Aber ich möchte zunächst einmal mit dem großen Irrtum aufräumen, dass ein Darm gereinigt werden muss, denn ein gesunder Darm muss nicht gereinigt werden.

Warum muss ein gesunder Darm nicht gereinigt werden?

Wie gesagt ist der Darm von einer Vielzahl von Bakterien besiedelt und davon haben 1000e unterschiedliche Bakterien ganz, ganz wichtige Aufgabe haben. Man sollte sie also auf keinen Fall aus dem Darm entfernen. Gefährdet sind diese guten Darmbakterien aber durch den modernen nicht ganz gesunden Lebenswandel. Durch viele Fertiggerichte, durch viele Süßigkeiten, Alkohol, Weißmehl kommt das Mikrobiom unseres Darmes durcheinander. Es siedeln sich Bakterien an, die nicht mehr in der Lage sind, Kohlenhydrate optimal abzuspalten und aufzuschlüsseln. Es kommt zur Speicherung von Kohlenhydraten im Fettgewebe und man nimmt zu.

Welche Aufgaben haben die Darmbakterien im Körper?

Die Aufgaben der Darmbakterien sind vielfältig. Sie dienen zum einen zur Aufspaltung der Kohlehydrate. Sie dienen dazu, Gerinnungsfaktoren herzustellen. Sie sollen ein gesundes Milieu erhalten. Der Darm ist auch für den Allergologen von Wichtigkeit, denn er dient zu 80 Prozent der Produktion von immunologischen Stoffen.

Wie wird die Darmreinigung durchgeführt?

Wir können bei der Darmreinigung chemische Produkte nehmen, wir können aber auch ganz natürliche, im Haushalt vorkommende, Nahrungsmittel einsetzen. Die klassische Darmreinigung dient zur kompletten Reinigung des Darmes, vor einem endoskopischen Eingriff. Das soll jetzt nicht unser Thema sein, sondern wir möchten gern die Darmreinigung als Teil der Darmsanierung betrachten.

Welche natürlichen Mittel gibt es zur Darmreinigung?

Ein natürliches Mittel zur Darmreinigung wären Flohsamen und Leinsamen. Diese Samen nimmt man in der Regel als geschrotete Körner zu sich. Sie werden mit Flüssigkeit eingenommen und sie dienen dazu, das Volumen im Darm zu vergrößern. Dadurch wird die Darmtätigkeit angeregt. Der Stuhlgang wird etwas weicher und kann somit besser durch den Darm abtransportiert werden. Die etwas brutaleren Mittel zur Darmreinigung wären zum Beispiel Rizinusöl, Bittersalz oder Glaubersalz. Diese dienen auch der Vermehrung des Darmvolumens und verhelfen zu einer relativ schnellen Reinigung des Darmes. Während Flohsamen und Leinsamen über einen längeren Zeitraum eingenommen werden sollten, findet bei Glaubersalz und Rizinusöl eine relativ schnelle Darmentleerung statt. Das sollte man mit äußerster Vorsicht durchführen und auch zuvor mit seinem Arzt besprechen. Durch die schnelle Darmreinigung kann es auch zu Kreislaufproblemen kommen.

 

 

Kann jeder eine Darmreinigung durchführen?

Ältere Menschen und schwangere Patientinnen sollten eine Darmreinigung durchaus nicht durchführen. Andere Möglichkeiten sind natürlich Dörrobst zu essen, wie Pflaumen, Sauerkraut und ähnliche Substanzen. Es gibt noch die Möglichkeit, es mit Heilerde zu versuchen, wobei die Heilerde eigentlich eher zur Behandlung von Sodbrennen eingesetzt wird. Aber auch Heilerde in Kombination mit den Flohsamen dient zur Vergrößerung des Darmvolumens und sorgt damit für eine zügige Darmentleerung.

Was darf man nicht essen, wenn man eine Darmreinigung durchführt?

Im Zuge einer Darmreinigung sollte man zunächst einmal auf Lebensmittel verzichten, die raffinierten Zucker und Süßstoffe enthalten.

Ebenso sollte man bei einer Darmsanierung auf Weißmehlprodukte und Fertigprodukte verzichten. Diese enthalten in der Regel sehr viele Zusatzstoffe.

Auch den Konsum von Fleisch, insbesondere von Wurstaufschnitt, sollte man reduzieren.

Auf den Alkohol sollte verzichtet werden, weil dieser die Leber belastet und somit den Entgiftungsprozess blockiert.

Außerdem wird empfohlen auf Kaffee zu verzichten. Wenn man ein so genannter Koffein-Junkie ist, dann sollte man sich vielleicht auf eine Tasse am Morgen beschränken.

Die Reduktion des Salzes sollte man ebenfalls beachten, es sollte auf ein Minimum reduziert werden.

Was sollte man essen, wenn man eine Darmreinigung durchführt, haben Sie Ernährungstipps?

Ganz wichtig ist es, viel zu trinken, am besten zwei bis drei Liter am Tag. Von Ernährungsspezialisten werden Gemüsesorten mit Bitterstoffen empfohlen.

Gemüse, das Bitterstoffe enthält, ist zum Beispiel:

  • Chicorée
  • Brokkoli
  • Rosenkohl
  • Artischocken
  • Estragon

Diese Bitterstoffe dienen der Anregung der Darmtätigkeit.

Weiter sollte man bei einer Darmreinigung bevorzugt Fisch und Sojaprodukte zu sich nehmen.

Auch frisch gepresste Säfte sollte man trinken, aber keine Limonaden. Diese enthalten zum einen Vitamine und regen zum anderen auch die Darmtätigkeit an. Allerdings sollte man eher Gemüsesäfte zu sich nehmen und nicht Obstsäfte. Ansonsten nimmt man durch den Fruchtzuckergehalt wieder zu viel Zucker zu sich.

Anstelle von Kaffee sollte man Tee trinken. Da natürlich nicht unbedingt den schwarzen Tee, sondern Kräutertees wie Fenchel oder Kümmel.

Benötigt man zusätzlich Vitamine und Mineralien, wenn man eine Darmreinigung durchführt?

Es gibt natürlich etliche Nahrungsergänzungsstoffe mit denen man supplementieren könnte. Ich denke aber, dass man mit der natürlichen Ernährung besser zurechtkommt, als wenn man zusätzlich Nahrungsergänzungmittel nimmt.

Was kann man zusätzlich tun, um eine Darmreinigung zu unterstützen?

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, mit denen man die Wirkung einer Darmreinigung unterstützen kann. Bewegung hilft, um dem Darm auf die Sprünge zu helfen. Das kann Laufen sein, das kann Joggen sein, das kann Schwimmen sein.

Es wird in der Literatur beschrieben, dass leichte Bauchmassagen zum einen das Wohlgefühl verbessern und zum anderen auch die Verdauung anregen.

In der Naturheilkunde haben Leberwickel ihren Einsatz gefunden. Feucht-warme Leberwickel dienen dazu, die Verdauung zu aktivieren.

Anders sieht es aber bei der Darmsanierung aus und darauf werde ich gleich noch zu sprechen kommen.

Nach welchen Kriterien entscheiden man mit welchen Mitteln die Darmreinigung durchgeführt werden sollte?

Um zu entscheiden, welches Mittel zur Darmreinigung das Richtige ist, muss man zunächst entscheiden, was man mit der Darmreinigung eigentlich bewirken möchte.

Zum Abnehmen ist die Darmreinigung nicht das geeignete Mittel, denn oft nimmt man zu, weil die Ernährung nicht optimal ist. Das heißt, bevor man den Darm reinigt, um abzunehmen, muss man zunächst die Ernährung umstellen. Eine Ernährungsumstellung sollte generell, auch bei der Darmreinigung, im Rahmen einer Fastenkur erfolgen. Eine Darmreinigung wiederum, sollte im Rahmen einer Darmsanierung durchgeführt werden.

Was bedeutet Darmsanierung im Zusammenhang mit einer Darmreinigung?

Eine Darmsanierung ist das eigentliche Ziel aller Maßnahmen. Ziel ist es, ein gesundes Darmmikrobiom aufzubauen. Mit der Darmreinigung bereitet man die Darmsanierung vor.

Wie lange dauert eine Darmreinigung und wie lange die Darmsanierung?

Die Darmreinigung, im Rahmen der Darmsanierung, kann und sollte über einen längeren Zeitraum erfolgen. Es sollte ein sanftes Vorgehen bevorzugt werden, bevor man irgendwelche relativ zügig wirksamen Abführmittel, sei es chemischer Art oder osmotische Lösungen, zu sich nimmt. Die mit den osmotischen Lösungen verbundene Darmreinigung sollte man wirklich nur vor einem endoskopischen Eingriff einsetzen, sprich einer Darmspiegelung. Ansonsten sollte der Zeitraum länger gewählt werden. Es sollte viel dazu getrunken werden, um das Volumen im Darm zu vergrößern. Man spricht von unterschiedlichen Zeiträumen, teilweise von einer Woche, manchmal sogar vier Wochen. Bei einer gründlichen Darmsanierung, die aufgrund von einer langwierigen Antibiotika-Gabe erforderlich ist, kann man sogar über Monate eine Darmreinigung mit Flohsamen oder Leinsamen durchführen, um dann mit den geeigneten Nahrungsmitteln die Darmflora, das Darmmikrobiom, wieder aufzubauen.

Wie baut man bei der Darmsanierung das Darmmikrobiom wieder auf?

Die Darmflora wird mit sogenannten probiotischen Lebensmitteln oder Probiotika aufgebaut. Dies dient dem Aufbau der Darmmykosa mit darmfreundlichen Bakterien. Dazu gibt es auf dem Markt unterschiedliche Präparate zu kaufen. Diese Präparate werden nicht zu den Mahlzeiten genommen, sondern im Abstand zu den Mahlzeiten.

Abgesehen davon gibt es die Möglichkeit einer langfristigen Darmsanierung, die sicherlich für das Gelingen der Behandlung sehr viel besser ist. Diese erfolgt mit Flohsamen und Heilerde in speziellen Shakes gemischt. Diese Shakes trinkt man am Anfang zweimal bis dreimal täglich. Prinzip ist aber immer, dass man nach der Reinigung des Darmes den Darm, die Darmschleimhaut, mit positiv wirkenden Bakterien wieder aufbaut.

Was bedeutet Probiotika?

Probiotika heißt eigentlich „für das Leben“. Es gibt zahlreiche probiotische Substanzen, die die Bakterien des Darmes wieder zu einem gesunden Darmmikrobiom regenerieren. Das sind in erster Linie die Laktobazillen und Bifidobakterien. Das Problem besteht darin, dem Darm diese guten Bakterien so zuzuführen, dass er auch wirklich wieder seine normale Funktion erhält. Die Bakterien überleben die Säure des Magens in der Regel nicht und selbst die besten Laktobazillen erreichen nur zu 10 Prozent den Darm.

Welche probiotischen Lebensmittel kann man für die Darmsanierung einsetzen?

Es gibt eine ganze Menge Lebensmittel, die durch die Fermentierung, die im Darm lebenden Bakterien anregen. Bekannt sind Joghurt und Apfelessig.

Den Joghurts werden oft Milchsäurebakterien zugesetzt. Jedoch dürfen die Firmen nicht mehr damit werben, dass diese Joghurts die Immunabwehr stärken. Deswegen ist es umstritten, ob diese Joghurts wirklich den Nutzen erfüllen.

Kimchi ist fermentierter Kohl, der mit Chili angereichert ist. Es gibt Kombucha als Getränk. Es gibt einige Käsesorten, die die Milchsäurebakterienbildung im Darm anregen. Auch Eingelegte Gurken haben diese Eigenschaft. Die Gurken sollten aber nicht in Essig eingelegt sein, sondern in einer Salzlake.

Wie erfolgreich ist so eine Darmsanierung?

Ich denke, dass bei einem gesunden Darm, eine Darmsanierung eigentlich gar nicht erforderlich ist. Entscheidend ist, dass man dem Darm durch eine gesunde Ernährung möglichst wenige Probleme bereitet. Wichtig ist eine sinnvolle Ernährung. Dabei sollte man auf Weißmehle weitgehend verzichten und Vollkornmehl bevorzugen. Man sollte eher zu Fisch greifen also zu Fleisch und wenig Wurst zu sich nehmen, eher Käseprodukte. Man sollte weniger Alkohol trinken und möglichst keine Fertigprodukte essen. Besser ist es für den Darm, selbst zu Kochen. Dann tut man den Darm eigentlich schon Gutes so dass eine Darmsanierung erst gar nicht erforderlich ist.

Sicherlich muss man über eine Darmsanierung nach einer langen Antibiotikagabe nachdenken. Sinnvoll ist es dann aber, geeignete Medikamente bereits zusammen mit dem Antibiotikum einzunehmen. Dann kommt es gar nicht erst zu einer Dysbalance bzw. zu einer Dysbiose im Darm.

Frau Dr.Hilka, herzlichen Dank für dieses Interview!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

26. Oktober 2022

Autor: M.Hilka/S.Jossé, www.mein-allergie-portal.com

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