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Lungenfibrose: Ursachen, Symptome, Diagnose, Therapie

Lungenfibrose
Was genau ist eine Lungenfibrose? Bildquelle: M.Ackermann

Was genau ist eine Lungenfibrose? Welche Ursachen kennt man? Wie erfolgt die Diagnose und welche Therapien sind überhaupt möglich? Darüber sprach MeinAllergiePortal mit Univ.-Prof. Dr. med. Maximilian Ackermann, Oberarzt am Institut für Pathologie der Uniklinik Aachen RWTH.

 

Autor: Sabine Jossé M.A.

Interviewpartner:  Univ.-Prof. Dr. med. Maximilian Ackermann

Herr Professor Ackermann, wie häufig kommt es bei Menschen zu einer Lungenfibrose?

Die Lungenfibrose ist keine häufige Erkrankung, jährlich werden ungefähr 10.000 Neuerkrankungen registriert. Weltweit gibt es schätzungsweise 500.000 Patienten, die an einer Form der Lungenfibrose erkrankt sind.

Was für eine Erkrankung ist eine Lungenfibrose?

Eine Lungenfibrose ist eine Art “Blumenstrauß” unterschiedlicher Diagnosen, die auch einen ganz unterschiedlichen Verlauf haben können. Deshalb kommt der Diagnostik eine sehr große Bedeutung zu, denn es ist wichtig, den Subtyp dieser Lungenfibrose zu erkennen. Das interstitielle Schädigungsmuster der Lungenfibrose ist entscheidend für den Verlauf der Erkrankung.

Was sind die häufigsten Ursachen für eine Lungenfibrose?

Die klassische Form der Lungenfibrose, die am häufigsten auftritt, ist die idiopathische Lungenfibrose, bei der man die Ursache noch nicht so genau kennt. Man vermutet auch exogene Umwelteinflüsse als mögliche Ursache einer Lungenfibrose.

Wie kann es durch Umwelteinflüsse von außen zu einer Lungenfibrose kommen?

Stäube wie zum Beispiel Feinstaub, der Abrieb von Bremsen, Quarzfeinstaub, teilweise auch Asbest könnten die Ursache für bestimmte Formen der Lungenfibrose sein. Man geht davon aus, dass diese Substanzen bei der Lungenfibrose den Prozess der Vernarbung des Lungengewebes vorantreiben. Dabei kann man diesen Stäuben auch durch eine Berufsexposition ausgesetzt sein, und deshalb sollte bei der Diagnose Lungenfibrose eine Berufsanamnese eingeschlossen werden. So ist unter anderem bei der Exposition gegenüber Bremsstäuben bekannt, dass dadurch eine Lungenfibrose induziert werden kann. Stäuben kann man aber auch im häuslichen Umfeld ausgesetzt sein, etwa durch Bakterien, Pilze, Viren, aber auch Vogelfedern. Bei der sogenannten Taubenzüchterlunge entstehen durch das Einatmen von Federstaub Reize, die eine ständige Entzündung hervorrufen und so ebenfalls eine Lungenfibrose auslösen können. Man spricht dann von einer exogen allergischen Alveolitis (EAA).

Gibt es Erkrankungen, aus denen sich eine Lungenfibrose entwickeln kann?

Es gibt Autoimmunerkrankungen, bei denen die Lungenfibrose häufiger auftritt, und dazu gehört beispielsweise der systemische Lupus erythematodes, der vor allem bei Frauen sehr begünstigend für die Entwicklung einer Lungenfibrose wirkt. Aber auch eine Vorschädigung der Lunge über das Rauchen oder eine Vorschädigung der Lunge über Infektionserkrankungen wie zum Beispiel Covid19, können die Entstehung einer Lungenfibrose begünstigen. Es wird diskutiert, ob Long Covid über den Verlauf dieser chronischen Entzündung bei einer gewissen Anzahl von Patienten eine Lungenfibrose begünstigen könnte, aber das betrifft nicht die Mehrheit aller Patienten. Allerdings ist die Lungenfibrose eine vielschichtige Erkrankung: Es gibt über 100 bekannte Schädigungsmuster.

Welche unterschiedlichen Formen gibt es bei der Lungenfibrose?

Die Hauptform, die bei der Mehrheit der Betroffenen auftritt, ist die klassische IPF, die idiopathische Lungenfibrose. Das dieser Form der Lungenfibrose zugrundeliegende pathologische Schädigungsmuster wird als UIP bezeichnet, in Abgrenzung zu der NSIP, der nicht-spezifischen interstitiellen Pneumonitis. Die beiden Schädigungsmuster unterscheiden sich mikroskopisch sehr deutlich und dementsprechend unterscheiden sich auch die therapeutischen Wege, die man einschlagen muss. So entsteht bei der UIP sehr viel Narbengewebe und dieses Narbengewebe führt dazu, dass der fibrotische Prozess relativ schnell voranschreitet. Bei der NSIP ist das Geschehen sehr stark entzündungsdominiert, das heißt, man findet im Lungengewebe sehr viele Entzündungszellen, häufig T-Lymphozyten, die dazu führen, dass sich das Lungengewebe selbst angreift. Meist liegt bei der NSIP eine Autoimmunerkrankung zugrunde, wie etwa die Rheumatoide Arthritis oder ein Lupus erythematodes, und sehr oft sind Frauen betroffen.

Gibt es Risikofaktoren, die eine Lungenfibrose begünstigen?

Die Geographie kann eine Rolle spielen, denn Bewohner stark umweltverschmutzter Gegenden tragen ein höheres Risiko, eine Lungenfibrose zu entwickeln, als Menschen, die in unberührter Natur leben. Darüber hinaus können auch genetische Faktoren die Entwicklung einer Lungenfibrose begünstigen. Auch das Rauchen ist sicherlich ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung einer Lungenfibrose, denn im Rauch sind Stoffe enthalten, die das Geschehen beschleunigen. Hinzu kommen iatrogene Ursachen für eine Lungenfibrose, die zu Therapie-induzierten Formen der Lungenfibrose führen können. Ein möglicher Auslöser können Chemotherapeutika sein. Zum Beispiel ist Bleomycin ein Chemotherapeutikum, das als Nebenwirkung eine Lungenfibrose induzieren kann. Aber auch bei einer Strahlentherapie zur Behandlung eines Lungenkarzinoms oder eines Brustkrebses kann es im Randbereich der Strahlung zu einer Schädigung des mit erfassten Lungengewebes kommen. Diese Veränderungen treten allerdings erst später auf und werden dann chronisch. Hinzu kommen, wie gesagt, genetische Risikofaktoren insbesondere bei den kindlichen Formen der Lungenfibrose.

Gibt es einen genetischen Marker, der das Risiko für eine Lungenfibrose erhöht?

Es gibt genetische Voraussetzungen, sogenannte Prädispositionen, die dazu führen, dass Patienten eher an einer Lungenfibrose erkranken können. Dabei handelt es sich meist um genetische Mutationen im Bereich der Telomerasen. Telomerasen sind Enzyme, die die Heilung der DNA im Zuge des Teilungsprozesses unterstützen. Kommt es dabei zu einer Genschädigung, eine Mutation wie beispielsweise der TERT-Mutation, kommt es häufig auch zu einem assoziierten Auftreten einer Lungenfibrose. Gleiches gilt für eine verminderte Expression von Surfactants, die die Lungenalveolen auskleiden und den Atmungsprozess unterstützen. Allerdings ist diese genetische Komponente der Lungenfibrose noch nicht so gut untersucht, obwohl sie den erwachsenen Lungenfibrose-Patienten bekannt ist. An Lungenfibrose erkrankte Kinder, was nicht so häufig vorkommt, haben nahezu alle eine genetische Prädisposition, die dazu führt, dass das Lungengewebe sich schon im Kindesalter vernarbt, so dass als Ultima Ratio eine Lungentransplantation indiziert ist.

Was sind die ersten Anzeichen einer Lungenfibrose bei Kindern, wie wird die Diagnose gestellt?

Wenn ein junger Mensch neben Husten und Auswurf eine sehr schwere Atemnot hat, unter starker Müdigkeit leidet, und wenn man in der Lungenfunktion entsprechende Einschränkungen der Atemfunktion feststellt, sollte man unter anderem auch an eine Lungenfibrose denken. Man würde dann radiologische Untersuchungen durchführen und wenn sich dabei Veränderungen im Lungengewebe zeigen, würde man weitere Untersuchungen, auch genetische Tests, in einem Schwerpunktzentrum veranlassen.

Woran erkennt man eine Lungenfibrose bei Erwachsenen und wie erfolgt die Diagnose?

Bei Erwachsenen führt man genetische Untersuchungen immer noch recht selten durch, so dass die Diagnose hier oft sehr spät gestellt wird. Ein Grund dafür ist, dass die Anzahl der Lungenfibrose-Patienten mit ca. 10.000 pro Jahr im Vergleich zu den Erkrankungszahlen bei Asthma und COPD relativ niedrig ist. Das hat die Konsequenz, dass die Erkrankung in der Wahrnehmung vieler Ärzte nicht so hoch angesiedelt ist. Die Schwierigkeit besteht also darin, dass Lungenfibrose-Patienten zunächst einmal als solche erkannt werden müssen. Man kann deshalb von einer hohen Dunkelziffer ausgehen und es gibt Patienten, die die Diagnose einer Lungenfibrose nie bekommen haben. Möglicherweise versterben sie daran, aber unerkannt. Es wäre deshalb sehr wichtig, dass der behandelnde Arzt bei unspezifischen Symptomen wie Husten, Auswurf, Atemnot, Abgeschlagenheit und Müdigkeit an eine Lungenfibrose denkt und an einen Pneumologen überweist, damit die entsprechenden Untersuchungen durchgeführt werden können.

Wie wird die Diagnose Lungenfibrose gestellt?

Eine Lungenfibrose ist schwer zu diagnostizieren. Voraussetzung sind zunächst einmal intensive pneumologische Untersuchungen wie eine Spirometrie, ein Lungenfunktionstest oder eine Ganzkörperplethysmographie. Ergänzend dazu erfolgt eine radiologische Untersuchung, wobei es allerdings nicht so viele Radiologen gibt, die routinemäßig Lungenfibrosen diagnostizieren. Der Radiologe wird dann eine hochauflösende Thorax-CT (HR-CT) durchführen, ein bildgebendes Verfahren, das sehr dünne Schichten aufweist. Die Aufnahmen müssen akribisch beurteilt werden, um das Schädigungsmuster einer Lungenfibrose korrekt einordnen zu können. Die Einordnung erfolgt entsprechend bestimmter Kategorien, aufgrund derer beurteilt wird, ob es sich bei dem Lungenemphysem zum Beispiel eher um ein UIP-Muster oder um ein NSIP-Muster handelt. Die definitive Diagnose einer Lungenfibrose wird allerdings vom Pathologen gestellt, wobei ebenfalls eine Einordnung des Schädigungsmusters erfolgt. Dafür wird im Rahmen der Bronchoskopie eine Kryobiopsie durchgeführt. Dabei entnimmt man kleine Kryobiopsien, die dann im Rahmen einer pathologischen Diagnostik untersucht werden.

Lungenfibrose

Kolorierte Rasterelektronenmikroskopie-Aufnahme der Lungenfibrose! Bildquelle: M. Ackermann

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei Lungenfibrose?

Die Therapie der Lungenfibrose richtet sich nach dem individuellen Schädigungsmuster und wird in den Schwerpunktzentren interdisziplinär in sogenannten ILD-Board Meetings besprochen. Diese finden wöchentlich statt, und dienen dazu, die individuelle therapeutische Strategie für jeden Patienten festzulegen. Dabei beraten sich ein Radiologe, ein Pneumologe, ein Rheumatologe und ein Pathologe, um die bestmögliche Therapie für den Patienten zu finden und schnell umzusetzen. Außerhalb der spezialisierten Zentren gibt es diese interdisziplinäre Zusammenarbeit aber nicht in gleichem Maße. Der behandelnde Arzt sollte deshalb solche Patienten möglichst schnell zu einem Pneumologen überweisen, der wiederum an spezialisierte Zentren überweisen kann.

Wie sieht die Therapie einer Lungenfibrose mit UIP-Muster aus?

Besteht ein klassisches UIP-Muster würde man dies mit den beiden zugelassenen Medikamenten Nintedanib, einem Arzneimittel aus der Klasse der sogenannten Tyrosinkinaseinhibitoren und Pirfenidon, einem Immunsuppressivum, behandeln. Beides sind Multikinasinhibitoren, die unterschiedlich angreifen und den Verlauf der Fibrose auch unterschiedlich beeinflussen. Wenn der Progress weitergeht und der Patient in einem transplantationsfähigen Zustand ist, wäre der nächste Schritt eine Lungentransplantation. Dafür gibt es gewisse Ausschlusskriterien wie etwa Altersgrenzen oder neoplastische Vorerkrankungen wie ein Karzinom.

Wie sieht die Therapie eines Lungenfibrose mit NSIP-Muster aus?

Die NSIP per se gilt bei Pneumologen als eine gut behandelbare eher rheumatologische Erkrankung, die man deshalb in Zusammenarbeit mit dem Rheumatologen therapiert. Besteht eine Lungenfibrose mit NSIP-Muster ist deshalb die Vorstellung bei einem Rheumatologen obligat. Dieser würde untersuchen, ob eine rheumatologische Erkrankung wie die rheumatoide Arthritis oder der systemische Lupus erythematodes ausgeschlossen werden kann. Im Anschluss würde man versuchen, diesen Entzündungsprozess über Immuntherapeutika zu modellieren. Dazu stehen Glukokortikoide oder Medikamente aus dem rheumatologischen Formenkreis zur Verfügung. Findet eine Progression statt und die Erkrankung schreitet voran, kann es zu einem Übergang von einer zellulären NSIP zu einer fibrosierenden NSIP kommen. Dann kann ein Vernarbungsprozess beginnen, der letzten Endes den gleichen letalen Verlauf nimmt wie eine IPF-Fibrose.

Wann kommt es zu einer Lungentransplantation?

Eine Transplantation der Lunge kann beim Progress der Fibrose das Leben um fünf bis zehn Jahre verlängern. Es gibt aber Einzelfälle, bei denen die Patienten durch die Lungentransplantation bis zu 15 Jahre gewinnen konnten. Allerdings hat eine Lungentransplantation durch die Immunsuppressiva, die dann dauerhaft eingenommen werden müssen, um den Abstoßungsprozess zu verhindern, erhebliche Nebenwirkungen. Trotz Immunsuppresiva kann es zu Abstoßungsreaktionen kommen, die die Lebenserwartung verkürzen.

Bedeutet das, dass bei der Lungenfibrose die therapeutischen Möglichkeiten sehr begrenzt sind?

Die therapeutischen Möglichkeiten bei der Lungenfibrose sind noch nicht zufriedenstellend. Das liegt auch daran, dass die Aufmerksamkeit für das Thema noch nicht ausreichend vorhanden ist, obwohl der Verlauf und die Lebenserwartung der Erkrankung mit einer Tumorerkrankung vergleichbar sind. Diagnostik und Therapie sind bei der Lungenfibrose aber noch nicht auf dem Stand einer personalisierten Medizin, wie zum Beispiel für Tumorpatienten. Bei Tumorerkrankungen gibt es eine multimodale Diagnostik und häufig auch molekularpathologische Untersuchungen, die den genetischen Fingerabdruck des Tumors erfassen, bis hin zu möglichen Genmutationen. Das bedeutet, dass man sehr präzise und personalisiert behandeln kann. Bei der Therapie der Lungenfibrose ist man noch nicht so weit, so dass weitere Forschungsanstrengungen nötig sind, um die Diagnostik breiter und fokussierter zu gestalten, sowohl aus radiologischer als auch aus pathologischer Sicht.

Eine Lungenfibrose ist also letztendlich tödlich?

Eine Lungenfibrose ist eine sehr schwerwiegende Erkrankung, die momentan schlecht therapierbar ist und die letzten Endes letal sein kann, ähnlich wie Krebserkrankungen. Das bedeutet, die Lebenserwartung kann sehr limitiert sein - bei einer klassischen idiopathischen Lungenfibrose (IPF) beträgt die Überlebenswahrscheinlichkeit über fünf Jahre ohne entsprechende Therapeutika teilweise unter 20 Prozent. Das ist ein deutlich dramatischerer Verlauf als zum Beispiel beim Darmkrebs oder Lungenkarzinom. Wenn die chronische Fibrosierung einmal begonnen hat, wird sie voranschreiten. Es gibt bis dato keinen kurativen Ansatz, was bedeutet, dass man eine Lungenfibrose nicht heilen kann.

Gibt es denn Bestrebungen, die Diagnostik und Therapie der Lungenfibrose zu verbessern?

Leider geht die Entwicklung in die andere Richtung, denn es gibt immer weniger Referenzzentren, wie hier an der Uniklinik Aachen, die sich auf die Diagnostik von interstitiellen Lungenerkrankungen spezialisiert haben. Es bräuchte viel mehr Zentren, bei dem zu Diagnostik und Therapie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit stattfindet, so wie das bei den Tumorboards in der Krebstherapie der Fall ist.

Herr Prof. Ackermann, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

01. Juli 2024

Autor: S. Jossé/M. Ackermann, www.mein-allergie-portal.com

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