Adrenalin-Autoinjektor? Wer darf ihn verabreichen?
Bei Anaphylaxie ist es jederzeit möglich, dass der Kontakt mit dem relevanten Allergen einen anaphylaktischen Schock auslöst. Ein anaphylaktischer Schock kann im schlimmsten Fall zum Tod führen. Die möglichst schnelle Gabe von Adrenalin kann für Anaphylaxie-Patienten in diesem Fall lebensrettend sein. Deshalb gibt es Adrenalin-Autoinjektoren, die vom Patienten selbst angewendet werden können. Sie sind Teil eines Notfall-Sets, das Anaphylaktiker stets mit sich führen sollten. Was aber, wenn der Patient selbst nicht mehr dazu in der Lage ist, den Adrenalin-Autoinjektor zu nutzen? Wer darf dann den Adrenalin-Autoinjektor anwenden? MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Zentrum für Rhinologie und Allergologie, Wiesbaden über die Frage: Wer darf Adrenalin-Autoinjektoren verabreichen, wer nicht?
Autor: Sabine Jossé M. A.
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Ludger Klimek
Herr Prof. Klimek, was genau ist ein Adrenalin Autoinjektor?
Ein Adrenalin Autoinjektor ist ein Soforthilfemedikament auf Basis von Adrenalin für Menschen, die einen anaphylaktischen Schock erleiden. Man muss sich den Autoinjektor wie eine Art „Fertigspritze“ vorstellen, die sich der Patient im Idealfall selbst verabreichen kann, wenn er Anaphylaxie Anzeichen an sich bemerkt.
An welchen Anzeichen erkennt man einen anaphylaktischen Schock?
Ein anaphylaktischer Schock kann sich an verschiedenen Organsystemen durch verschiedene Symptome zeigen:
- An der Haut z.B. durch Rötungen (Flush), Juckreiz, Kribbeln, Quaddeln (Urtikaria, Nesselsucht), Schwellungen, vor allem im Gesicht (Angioödem)
- Am Magen-Darm-System, z.B. durch Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
- An den Atemwegen z.B. durch: Atemnot, Husten, pfeifende Atmung oder Heiserkeit.
- Am Herz-Kreislauf-System, z.B. durch Herzrasen, Schwindel, Blutdruckabfall oder Bewusstlosigkeit
Sobald sich an zwei Organsystemen Symptome zeigen, kann ein anaphylaktischer Schock vorliegen, insbesondere dann, wenn der Betroffene Allergiker ist und man einen Allergenkontakt vermutet.
Wie genau benutzt man bei einem anaphylaktischen Schock einen Adrenalin Autoinjektor?
Der Vorgang an sich ist sehr einfach zu handhaben und wird in den Gebrauchsanweisungen der verschiedenen Produkte detailliert beschrieben. Man entfernt die Schutzkappe der Adrenalin Spritze, so dass die Injektionsnadel frei wird, stößt die Nadel in den Oberschenkelmuskel, betätigt den Auslösemechanismus und zählt bis 10, damit der Wirkstoff definitiv im Muskel ankommt. Notfalls ist dies auch durch die Hose hindurch möglich, damit man keine Zeit verliert. Danach zieht man den Adrenalin Autoinjektor wieder aus dem Muskel heraus.
Damit Patienten auch in der Aufregung eines akuten Anaphylaxie-Anfalls richtig mit der Situation umgehen lernen, gibt es als Teil der Therapie Anaphylaxie Schulungen. Dabei lernt und übt der Patient, wie er mit dem Adrenalin Autoinjektor umzugehen hat, nicht weil das so schwierig ist, sondern damit der Prozess im Notfall routiniert durchgeführt werden kann.
Unter welchen Umständen kann es nötig sein, dass Andere den Adrenalin Autoinjektor bei einem Patienten mit anaphylaktischem Schock anwenden müssen?
Wenn der Patient selbst nicht mehr in der Lage dazu ist, den Adrenalin-Autoinjektor anzuwenden, sollten die Umstehenden eingreifen.
Voraussetzung dafür ist, dass man das Notfallset mit dem Adrenalin-Autoinjektor beim Patienten vorfindet. Auch im Notfallkoffer öffentlicher Einrichtungen, wie Schulen, Kindergärten, Sportstätten etc. sollten standardmäßig Adrenalin-Autoinjektoren vorhanden sein, die dann verwendet werden können, ebenso in Arztpraxen und Apotheken.
Heißt das, man kann einen Adrenalin-Autoinjektor auch als Nicht-Mediziner und ohne eine Anaphylaxie Schulung bei einem Patienten mit Anaphylaxie anwenden?
Unbedingt sollte man bei einem Menschen, der gerade einen anaphylaktischen Schock erleidet, den Adrenalin-Autoinjektor einsetzen. Bei einem anaphylaktischen Schock kann es für den Patienten lebensrettend sein, möglichst schnell Adrenalin zu erhalten. Oftmals bleibt deshalb keine Zeit, auf den Notarzt zu warten.
Was passiert, wenn man den Adrenalin-Autoinjektor unnötig eingesetzt, kann man den Patienten dann gefährden?
Da eine Anaphylaxie sehr schnell ablaufen kann, ist schnelles Handeln erforderlich. Das Risiko von systemischen Nebenwirkungen beim Verabreichen eines Adrenalin-Autoinjektors ist gering und nahezu immer kleiner als das Risiko, durch die Anaphylaxie.
Herr Prof. Klimek, herzlichen Dank für dieses Interview!
Diese Adrenalin-Autoinjektoren bzw. Epipens sind Stand Januar 2022 verfügbar:
- Fastjekt
- Emerade
- Jext
- Anapen
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: S. Jossé/L. Klimek, www.mein-allergie-portal.com
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