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Wespennest: Wann kann es bleiben, wann entfernen?

Wespennester umsiedeln
Ein Wespennest muss man nicht zwingend entfernen! Bildquelle: P. Tauchert

Ein Wespennest in nächster Nähe? Vielen ist das nicht geheuer, auch dann, wenn sie keine Allergie auf Wespengift haben! Bemerkt wird ein solches Nest aber oft erst dann, wenn das Wespenvolk schon stattliche Ausmaße angenommen hat. Was tun, wenn man ein Wespennest im eigenen Garten findet? Ist das gefährlich oder sollte es bleiben, weil es nützlich ist? Wer kann Wespennester entfernen und umsiedeln? MeinAllergiePortal sprach mit Wespenberater Peter Tauchert aus Rodgau, der die Website Aktion Wespenschutz betreibt.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Peter Tauchert

Herr Tauchert, wann beginnen Wespen mit dem Bau ihres Wespennetzes?

Die Nestgründungsphase der Wespenkönigin beginnt im Frühjahr, je nach Temperatur und Witterung, von März bis Mai. Die Hornisse, als größte heimische Wespenart, beginnt als letzte die Nestgründungsphase.

nestgruendung an der dachrinne meinallergieportalWespennestgründung an der Dachrinne (Quelle: Peter Tauchert)

Woran erkennt man, dass die Wespenkönigin ein Nest baut?

Wenn man auf sein Umfeld achtet, kann man oft beobachten, dass man eine einzelne, etwas größere Wespe ca. alle 20 bis 30 Minuten immer wieder an der gleichen Stelle ein- und ausfliegt. Solch regelmäßiger Flugverkehr einer etwas größeren Wespe verrät eine Nestgründung. Man beobachtet dann die Versorgungsflüge einer Wespenkönigin zu ihrem Anfangsnest.

Wie nimmt ein Wespennest seinen Anfang, wie sieht das aus?

Jedes Wespennest beginnt mit einem „Wabenstiel“, das ist ein etwa nageldicker Zapfen. An ihn heftet die Königin die ersten Wabenzellen, in die noch während der Bauphase des Wespennestes das erste Ei gelegt wird. Nach und nach entstehen etwa 30 bis 40 solcher Wabenzellen, die ebenfalls mit je einem Ei bestiftet werden. Für die gute Larvenentwicklung werden warme Temperaturen benötigt. Hierzu baut die Königin eine kleine Kugel um die Waben, die sogenannte Nesthülle. In der Gründungsphase von Wespennestern kann man oft solche tischtennisballgroßen Nestkugeln entdecken. 

Zapfen-meinallergieportal.jpgWespennest: Aller Anfang ist ein nageldicker Zapfen (Quelle: Peter Tauchert)

Wo bauen Wespen ihre Wespennester?

Bei uns gibt es insgesamt 12 staatenbildende Wespenarten, und der Standort für die Nester ist je nach Wespenart unterschiedlich. Grundsätzlich gibt es bei den Wespen die Arten, die gerne in Höhlen ihre Nester bauen und diejenigen, die Ihre Nester lieber freihängend anlegen.

wespennest-im-rollladenkasten-meinallergieportal.jpgWespennest der gemeinen Wespe im Rollladenkasten (Quelle: Peter Tauchert)

Wie lange dauert die Bauzeit, wenn eine Wespe ein Nest baut?

Mit dem Nestbeginn spricht man von der „Solitären Phase“ eines Wespenstaates.

Solitär, weil die Königin völlig allein umherfliegt um den gegründeten Staat zu versorgen. Hier gilt es Wabenzellen zu bauen, Eier zu legen, Eier und Larven zu bebrüten, das Nest auszubauen, die Brut zu versorgen und vieles mehr, was die Königin allein, in einer wahren „Herkulesarbeit“ bewältigen muss.

Je nach Außentemperaturen dauert die solitäre Phase ca. 4 bis 6 Wochen, dann schlüpfen die ersten Arbeiterinnen.

Wie schnell wächst ein Wespennest?

Wie schnell ein Wespennest wächst, kommt auf die Wespenart an. Es gibt unter den 13 heimischen, staatenbildenden Wespenarten, sehr kurzlebige Arten, die in 100 Tagen, bis etwa Ende Juli, bereits wieder abgestorben sind. Das sind die Wespenarten, die graue, etwa handballgroße Nester, im Freien oder an überdachten Stellen bauen. So genannte „Freinister“.

Zwei Arten sind recht langlebig, bis etwa November. Das sind die Deutsche und die Gemeine Wespe.

Hier wächst das Nest über mehrere Monate auf Medizinballgröße und größer. Man spricht hier von den Dunkelhöhlennistern.

larven-und-puppen-meinallergieportal.jpgLarven und Puppen im Wespennest (Quelle: Peter Tauchert)

Wo bauen die Wespen ihre Nester, die gerne im Dunkeln leben?

Die „Dunkelhöhlenbewohner“, gründen ihre Nester völlig versteckt an dunklen Standorten. Hier wäre zum Beispiel ein Neststandort in der Erde, im Rollladenkasten, auf dem dunklen Dachboden oder in einem Mauerhohlraum zu nennen. Solche versteckte Neststandorte werden von der Deutschen und der Gemeinen Wespe bevorzugt. Diese beiden Wespenarten bilden große Völker mit bis zu 10.000 Individuen und entsprechend groß sind auch die Nester. Auch leben die beiden Arten bis in den Oktober hinein und besuchen uns ab etwa Mitte August an der Kaffeetafel, im Biergarten oder im Eiscaffee.

Wo bauen Wespen ihre freihängenden Nester?

Die frei hängenden, grauen Wespennester sind in der Regel an einem geschützten Ort angelegt. Dazu gehören zum Beispiel Gartenhütten, Geräteschuppen, Dachvorsprünge, Vogelkästen oder eine geschützte Stelle unter dem Dach. Hierbei handelt es sich um die Sächsische Wespe oder die Waldwespe. Graue Nestkugeln in Hecken und Sträuchern gehören zu der Mittleren Wespe.

Alle aufgezählten „Freinister“ bauen die typischen grauen, etwa handballgroßen Wespennester. Mit 150 bis 350 Individuen bleiben diese Nester relativ klein. Auch sind die Nester bereits im August bzw.  September schon wieder abgestorben. Die Arbeiterinnen dieser Völker kommen niemals an die Speisen des Menschen und sind somit nicht lästig. Im Gegenteil, solch ein Nest im Garten ist ein wahrer Insektenvernichter, den sich jeder Gartenbesitzer nur wünschen kann.

Kleine, graue Wespennester, die etwas so groß wie ein Handball sind, sollte man auf keinen Fall entfernen. Diese Wespenart interessiert sich weder für Grillgut noch für Pflaumenkuchen und hält den Garten frei von Schädlingen.

Weil aber ihre frei hängenden Nester vom Menschen schnell entdeckt werden, bekommen gerade solch harmlose Wespenarten die geballte Ladung an „Rache durch Unwissenheit“ ab, an der eigentlich die Deutsche- und die Gemeine Wespe mit ihrer Vorliebe für Süßes schuld sind. So ist gerade die Mittlere Wespe bereits sehr, sehr selten geworden.

wespennest-auf-dem-dachboden-meinallergieportal.jpgWespennest der Deutschen Wespe auf dem Dachboden (Quelle: Peter Tauchert)

Gibt es Möglichkeiten, den Wespennestbau zu verhindern?

Ja, man kann Wespennester verhindern, indem man Öffnungen an Außenwandverkleidungen, Lüftungsschlitzen oder Astlöcher verschließt. Für Lüftungsschlitze gibt es zum Beispiel spezielle Klammern zum Verschließen. Astlöcher kann man mit Zement verschließen und Hohlräume an Gebäuden kann man verfüllen. Zu- und Abluftöffnungen, sowie Schächte an Gebäuden, kann man mit Fliegengitter abdichten; Nischen von Fenstern lassen sich ebenfalls abdichten; Hohlräume im Steingarten und Mäuse- oder Maulwurfslöcher im Rasen, sollte man mit Erdreich zuschütten. Die Einfahröffnung an Rollladenkästen lassen sich durch das Anbringen einer Profilgummi-, Bürsten- oder Aluminiumleiste abdichten.

wespennest-im-gebüsch-meinallergieportal.jpgWespennest der Mittleren Wespe im Gebüsch (Quelle: Peter Tauchert)

Was macht man, wenn man das Wespennest bereits hat?

Wespennester stehen unter dem Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes § 39 und § 44. Das bedeutet, man kann ein Wespennest nicht einfach entfernen und vernichten. Es bleibt also nur, mit dem Wespennest zu leben, oder es umzusiedeln. Vor einer Umsiedlung sollte man abwägen, ob man nicht mit einfachen Sicherungsmaßnahmen ein Wespennest vor Ort belassen kann. Das funktioniert natürlich nur, wenn der Betroffene auch damit einverstanden ist.

wespennest_im_toilettenhäuschen_meinallergieportal.jpgWespennest der Sächsischen Wespe im Toilettenhäuschen (Quelle: Peter Tauchert)

Wie kann man mit Wespennestern leben, ohne sie zu entfernen?

Befindet sich das Wespennest im öffentlichen Raum, wären zum Beispiel Absperrmaßnahmen mit einem Flatterband mit der Aufschrift „Wespennest - bitte Abstand halten“ sinnvoll. Sehr wirksam bei Wespennestern sind auch Flugumlenkungen. Flugumlenkungen für Wespen kann man einrichten, indem man ein Bettlaken aufspannt, damit die Tiere aus einer anderen Flugrichtung zum Nest gelangen und nicht immer über den Balkon oder die Terrasse fliegen müssen. Man kann einem Wespennest auch einfach einen Schutzkorb umlegen, zum Beispiel einen Wäschekorb. Natürlich können Wespennester auch umgesiedelt werden.

Wann sollte ein Wespennest besser umgesiedelt werden?

Es gibt verschiedene Gründe dafür, ein Wespennest umzusiedeln.

Umsiedeln sollte man Wespennester, wenn:

  • Sich ein Neststandort im unmittelbaren Lebensbereich des Menschen befindet, so dass man nicht ausweichen kann, zum Beispiel unter dem Balkontisch oder im Schuhschrank an der Sitzecke
  • Wenn ein Wespengiftallergiker am Nestort der Wespen lebt und die durch einen Allergiepass nachgewiesen werden kann
  • Wenn Kinder im Vorschulalter an das Nest gelangen können und oben genannte Sicherungsmaßnahmen nicht funktionieren

Wie siedelt man ein Wespennest um?

Eine Umsiedlungsaktion ist zeitaufwändig und benötigt die richtige Ausrüstung, einen Umsiedlungskasten und natürlich Sachkenntnis. Diese Sachkenntnis kann man sich an so genannten Wespenberater- und Umsiedler Seminaren aneignen. Nicht zuletzt benötigt man für die Umsiedlung eines Wespen- oder Hornissenvolkes auch noch eine Umsiedlungsgenehmigung. Von daher kann ich keine pauschalen oder einfachen Tipps für eine Umsiedlung nennen.

Und wann ist eine Umsiedlung des Wespennestes nicht mehr möglich?

Grundsätzlich gilt: Je früher man ein Wespennest umsiedelt, umso besser! Ist das Wespenvolk erst auf mehrere Tausend Tiere angewachsen, funktioniert eine Umsiedlung nicht mehr. Auch wenn sich das Nest im Gebälk eines Fachwerkhauses befindet, wird es schwierig. Wegen eines Wespennestes kann man nicht das ganze Fachwerk aufklopfen, das wäre unverhältnismäßig.

Man sollte eine Wespennestumsiedlung also auf keinen Fall selbst in Angriff nehmen?

Auf keinen Fall! Da helfen auch keine Videos zum Thema „Wespennester selbst entfernen“ auf Youtube. Wie bereits erwähnt, benötigt man neben Sachkenntnis auch die entsprechende Ausrüstung, zu der natürlich auch ein Stichschutzanzug gehört. Man ist gerade in der Anfangsphase einer Umsiedlung automatisch dem Verteidigungsverhalten eines Wespenvolkes ausgesetzt. Also ist das Stichrisiko wohl recht naheliegend. Wenn man schon den Aufwand betreibt und umsiedelt, so möchte man natürlich auch das Überleben des Wespenvolkes gewährleisten. So sollte man solch eine Tätigkeit jemandem überlassen, der Erfahrung und Fachwissen hat.

Meist kennen die Umweltbehörden jemanden, der seriös als Wespenberater und Umsiedler tätig ist.

Können auch Kammerjäger Wespennester umsiedeln?

Es gibt seriöse Schädlingsbekämpfungsfirmen, die auch Wespennester umsiedeln. Allerdings sind der Zeitaufwand und das Umsiedlungsequipment so aufwendig, dass man das fast gar nicht bezahlen kann. Man sollte sich deshalb, wenn man ein Unternehmen mit der Umsiedlung eines Wespennests beauftragt, genau erkundigen, wie das vor sich geht, was mit dem Nest passiert und welche Kosten entstehen.

Leider werden auch Umsiedlungspraktiken angewandt, bei denen ein Wespennest einfach in eine Plastiktüte gesteckt und in einen Baum gehängt wird. Ich würde dies als „giftfreie“ Vernichtung bezeichnen, denn in einer Plastiktüte kann kein Nest überleben. Das Wespennest vermodert in der Plastiktüte und das ist für den gesamten Wespenstaat ein qualvoller Tod.

Auch hat schon leichtsinniges Abfackeln eines Wespennestes zu einem Brand geführt, der später als fahrlässige Brandstiftung hohe Geld- oder gar Haftstrafen zufolge hatte.

Wie lange bleiben Wespen in ihrem Wespennest bzw. wie lange bleibt ein Wespennest aktiv, kann man nicht einfach abwarten?

Jedes Wespennest, welches im Frühjahr gegründet wurde, stirbt nach dem Sommer komplett ab. Es gibt Wespennester, die bereits im Juli abgestorben sind. Andere Wespenarten sterben bis September und nur zwei Arten überleben bis Anfang November. Sofern sich ein Wespennest nicht im unmittelbaren Lebensbereich befindet und ein Abstand von 3 bis 4 Metern eingehalten werden kann, kann man mit solch einem Wespennest leben und abwarten, bis es auf natürliche Weise abgestorben ist. Ein altes Wespennest wird übrigens niemals mehr besiedelt und ist somit eine einmalige Sache.

Herr Tauchert, herzlichen Dank für dieses Interview!

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

11. April 2023

Autor: S. Jossé/P. Tauchert, www.mein-allergie-portal.com

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