Pfannkuchen-Syndrom: Anaphylaxie durch Milben im Essen?
Kommt es nach dem Essen zu Allergiesymptomen oder gar einer Anaphylaxie, vermutet man in der Regel, dass ein Nahrungsmittel die Ursache ist. Weniger bekannt ist, dass es auch durch Milben in der Nahrung zu einer Anaphylaxie kommen kann. Man spricht dann vom Pfannkuchen-Syndrom oder einer oralen Milbenanaphylaxie. Für MeinAllergeiPortal erklärt Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann, Leiter der interdisziplinären allergologisch-pneumologischen Ambulanz im Institut für Allergieforschung der Charité, Berlin und Vorstand der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst in Berlin, die Zusammenhänge.
Autor: Sabine Jossé
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann
Herr Prof. Bergmann, was genau ist ein „Pfannkuchen-Syndrom“ bzw. eine orale Milbenanaphylaxie?
Das Pfannkuchen-Syndrom bzw. die orale Milbenanaphylaxie ist eine seltene Erkrankung. Man kennt sie eher in tropischen und subtropischen Ländern, aber sie kann auch hier auftreten. Deshalb sollte man an das Pfannkuchen-Syndrom denken, wenn anaphylaktische Symptome nach dem Essen auftreten und alle anderen in Frage kommenden Erkrankungen ausgeschlossen wurden.
Was ist die Ursache des Pfannkuchen-Syndroms bzw. der oralen Milbenanaphylaxie?
Ursache des Pfannkuchen-Syndroms bzw. der oralen Milbenanaphylaxie ist in den meisten Fällen die Allergie auf eine Vorratsmilbe, Acarus siro. Diese Mehlmilbe kann in Lebensmitteln vorkommen, die Weizenmehl enthalten. Dann kann es beim Verzehr mehlhaltiger, insbesondere nur kurzzeitig erhitzter Speisen, wie Grießbrei, Waffeln oder Pfannkuchen zu anaphylaktischen Symptomen kommen, daher auch der Name „Pfannkuchen-Syndrom“. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass sich Vorratsmilben nicht nur in offen aufbewahrten Verpackungen befinden können. Man findet sie auch in ungeöffneten Originalverpackungen. Vorratsmilben können aber auch in Bienenstöcken vorkommen.
Wo leben Vorratsmilben in Bienenstöcken?
Vorratsmilben können in den proteinreichen Pollen vorkommen, die in Bienenstöcken der Europäischen Honigbiene als Nahrung für die Bienenlarven gelagert werden. Hier hat man bislang fünf verschiedene Arten Vorratsmilben identifiziert: Acarus farris, Acarus gracilis, Acarus immobilis, Acarus siro und Acarus tyrophagoides. Daher kann ein Mensch mit oraler Milbenanaphylaxie auch über Pollen aus Bienenstöcken bzw. Honig mit dem Allergen der Vorratsmilben in Kontakt kommen.
An welchen Symptomen kann man das Pfannkuchen-Syndrom bzw. eine Allergie auf die Vorratsmilbe Acarus siro erkennen?
Die Symptome des Pfannkuchen-Syndroms sind die gleichen wie die Anzeichen einer durch andere Substanzen hervorgerufenen Anaphylaxie. Besteht eine Allergie auf diese Vorratsmilbe und kommt es zum Verzehr, kann dies einen allergischen Schock auslösen.
Eine orale Milbenanaphylaxie bzw. das Pfannkuchen-Syndrom kann sich unter anderem durch die folgenden Symptome zeigen:
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schwindel
- Atemnot
- Giemen
- Blutdruckabfall
Wie wird die Diagnose des Pfannkuchen-Syndroms bzw. der oralen Milbenanaphylaxie gestellt?
Einen oralen Provokationstest auf die Vorratsmilbe Acarus siro gibt es leider nicht.
Mit Hilfe eines IgE-Tests am Blut kann aber milbenspezifisches IgE nachgewiesen werden.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Patient mehlhaltige Speisen für eine bisher unbekannte Zeit meidet. Man kann dann beobachten, ob die Symptome dadurch nicht mehr auftreten. Eine dauerhafte Meidung mehlhaltiger Speisen wäre aber schwierig.
Wie behandelt man das Pfannkuchen-Syndrom bzw. die orale Milbenanaphylaxie?
Möglich ist eine spezifische Immuntherapie bzw. Hyposensibilisierung gegen Milbenallergene. Dafür stehen Therapie-Allergenpräparate zur Verfügung, sowohl bei Allergie auf Hausstaubmilben als auch bei Allergie auf Vorratsmilben. Grundsätzlich sollte man aber trotz Therapie mehlhaltige Produkte nur kurzzeitig lagern und das möglichst im Kühlschrank, denn bei tiefen Temperaturen vermehren sich Milben nicht mehr.
Herr Prof. Bergmann, herzlichen Dank für dieses Interview!
Wichtiger Hinweis
Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.
Autor: s. Jossé/K.-Ch. Bergmann, www.mein-allergie-portal.com
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