Allergie durch Schimmel in der Wohnung?
Kann es durch Schimmel in der Wohnung zu einer Allergie kommen? Wie groß ist das Risiko, durch Schimmelpilze im Innenraum eine Schimmelpilzallergie zu entwickeln? MeinAllergiePortal sprach mit Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin, Zusatzbezeichnung Umweltmedizin, Reisemedizinische Gesundheitsberatung und Geschäftsführer des ZfMK – Zentrum für Umwelt, Hygiene und Mykologie Köln.
Autor: Sabine Jossé M.A.
Interviewpartner: Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller
Herr Prof. Wiesmüller, kann Schimmel Allergien auslösen, wenn er in der Wohnung vorkommt?
Eine pauschale Aussage zur Entstehung von Allergien durch Schimmel in der Wohnung kann man nicht treffen. Dieser Prozess ist sehr komplex.
Er hängt vor allem von diesen drei Faktoren, die den Kontakt bestimmen, ab:
- Fähigkeit und Möglichkeit der Schimmelpilze, Allergene zu bilden
- Empfänglichkeit des Wohnungsnutzers für allergische Reaktionen (Disposition)
- Möglichkeit des Kontaktes des Wohnungsnutzers zum Schimmelbefall, vor allem über die Atmung
- Intensität, vor allem der Allergenkonzentration
Man kann aber sagen, dass Schimmelbefall im Innenraum von der Allgemeinbevölkerung als das wichtigste Innenraumschadstoffproblem angesehen wird. Zu diesem Schluss kommt man zumindest, wenn man die bei Gesundheitsämtern und Verbraucherzentralen eingehenden Anfragen auswertet. Auch in den Medien ist das Thema „Schimmel in der Wohnung“ von Bedeutung. So erhält man zum Beispiel bei der Google-Suche nach „Schimmelpilze“ zahlreiche Einträge. Ähnlich ist dies bei der Suche nach den Begriffen „Schimmelpilze, Gesundheit“ oder „Schimmelpilze, Risiko“.
Heißt das, es gibt eine Diskrepanz zwischen dem öffentlichen Interesse am Thema Schimmel in der Wohnung und der tatsächlichen Gefahr für eine Schimmelpilzallergie?
Auffällig ist, dass die Beiträge zu den Themen „Gesundheit und Schimmel“ oder „Risiko Schimmelpilze“ meistens nicht von Medizinern stammen, sondern von Dienstleistern. Oft sind dies Firmen, die im Bereich Schimmelsanierung tätig sind, oder auch Bausachverständige, Innenraumdiagnostiker, Umweltmykologen oder Anbieter von Mitteln und Verfahren zur Schimmelsanierung.
Bedeutet das, dass Schimmelpilze im Haus oder im häuslichen Umfeld harmloser sind als allgemein angenommen?
Das kommt darauf an, in welcher Hinsicht man den Schimmel im Haus als Gefahr bewertet. Die World Health Organization (WHO) und die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) zeigen auf, dass Bewohner von feuchten und/oder verschimmelten Wohnungen ein erhöhtes Risiko für allergische Atemwegserkrankungen und für die Begünstigung von Atemwegsinfektionen tragen. Auch zu Asthmaerkrankungen kommt es häufiger und eine vorhandene Asthmaerkrankung kann sich verschlimmern, wenn man Schimmel in der Wohnung hat.
Wo kommen Schimmelpilze in Innenräumen am häufigsten vor?
Schimmel in Innenräumen kommt überwiegend dort vor, wo es in Innenräumen feucht ist. Das kann vor allem in folgenden Räumen der Fall sein:
- Küche
- Waschküche
- Badezimmer
- Keller
Ist denn dann der Schimmel in der Wohnung auch die Ursache für Atemwegserkrankungen, Atemwegsinfektionen, Asthma bronchiale oder Allergien auf Schimmelpilze?
Das kann man so nicht sagen, denn WHO und GHUP stellen fest, dass es unklar ist, welche biologischen Partikel oder Substanzen tatsächlich die Ursache dafür sind. Ein ursächlicher Zusammenhang besteht nur für Mykosen, das heißt für Infektionen durch Schimmelpilze. Außerdem wird darauf hingewiesen, welche Erkrankungen wahrscheinlich nicht in Zusammenhang mit Feuchte- und/oder Schimmelschäden stehen wie zum Beispiel Krebs.
Was ist mit „Infektionen durch Schimmelpilze“ gemeint?
Eine Infektion durch Schimmelpilze ist eine entzündliche Reaktion. Sie wird durch das Eindringen des Schimmelpilzes in den Körper als Abwehrreaktion hervorgerufen. Eine Voraussetzung für eine Schimmelpilzinfektion ist zunächst das Vorhandensein von Schimmelpilzen. Hinzukommen muss, dass diese ein Wachstumstemperaturoptimum bei der Körpertemperatur des Menschen haben. Eine weitere, ganz wesentliche Voraussetzung für eine Infektion durch Schimmelpilze ist eine deutlich verminderte Reaktionsfähigkeit des Abwehrsystems des Menschen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine abwehrsystem beeinträchtigende Erkrankung vorliegt, wie eine Leukämie, oder wenn aus medizinischen Gründen durch Medikamente eine Immunsuppression erfolgt ist.
Was sind typische Symptome einer Allergie gegen Schimmelpilz?
Grundsätzlich können Schimmelpilze, wie auch andere Allergene, alle bekannten allergischen Reaktionen hervorrufen.
Symptome bei einer Schimmelpilzallergie sind beispielsweise:
- An den Augenschleimhäuten: Jucken und Tränen
- Im Bereich der Nase: Jucken, Niesen, Naselaufen, verstopfte Nase
- An den Atemwegen: Asthmatische Beschwerden
- An der Haut: Hautausschlag bzw. Nesselsucht, neurodermitische Reaktionen
Auch Kreuzreaktionen sind bei einer Allergie gegen Schimmelpilze grundsätzlich möglich. Zusammengefasst bedeutet das, dass es keine für Schimmelpilze spezifische allergische Symptome gibt.
Warum wird das Thema Schimmelpilze und Gesundheit trotzdem von vielen Laien und Ärzten so kontrovers diskutiert?
Die Zusammenhänge zwischen möglichen allergischen Reaktionen und Schimmel in der Wohnung sind sehr komplex. Schimmelpilze können zwar unterschiedliche gesundheitliche Wirkungen auslösen, diese treten aber nicht zwangsläufig bei jeder Person auf, die den Schimmelpilzen ausgesetzt ist. Es gibt auch keine Grenzwerte für gesundheitlich unbedenkliche Schimmelpilz-Konzentrationen. Bisher sind keine Dosis-Wirkungsbeziehungen zwischen Schimmelpilz-Konzentrationen und gesundheitlichen Auswirkungen bekannt. Dies wird von manchen Interessenvertretern fälschlicherweise dahingehend interpretiert, dass es keine gesundheitlichen Probleme durch Schimmelpilze gibt. Außerdem besteht ein Schimmelbefall nicht nur aus Schimmelpilzen und tritt selten allein auf.
Was ist damit gemeint, dass Schimmel nicht nur aus Schimmelpilzen besteht und selten allein auftritt?
Bei Schimmelbefall treten nicht nur Schimmelpilze, sondern häufig auch Bakterien oder Kleinstlebewesen wie Milben auf, von denen ebenfalls gesundheitliche Risiken ausgehen können.
In der Innenraumluft befinden sich daher bei Schimmelbefall eine große Vielfalt von biogenen Partikeln, wie:
- Schimmelpilzsporen
- Bakterien
- Substanzen, die von diesen Organismen gebildet werden
Bisher ist unklar, welche dieser biogenen Schadensfaktoren bei Feuchteschäden das Hauptrisiko darstellen. Der Kontakt zu gesundheitlich relevanten Schadensfaktoren bei Feuchteschäden ist nur schwer zu bestimmen und nicht genau mengenmäßig zu messen.Hinzu kommt, dass die Reaktion der Menschen auf Schimmelpilze oder Feuchteschäden sehr individuell ist.
Auf Schimmelbefall in der Wohnung reagiert also nicht jeder gleich?
Das gesundheitliche Risiko, das von Feuchteschäden bzw. Schimmel in der Wohnung ausgeht, ist sehr stark von der Disposition, das heißt von der Empfänglichkeit des Betroffenen, abhängig. Das bedeutet, was bei dem einen vielleicht bereits zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führt, verursacht beim anderen nicht die geringsten Beschwerden. Zudem sind sie diagnostischen Methoden zur Erfassung der gesundheitlichen Wirkungen von Schimmelpilzen bisher unzureichend entwickelt oder nicht ausreichend genau.
Sie hatten erwähnt, dass es beim Thema „Schimmelpilze“ Interessenvertreter gibt – wer hat ein Interesse daran, dass Schimmel in der Wohnung ein Angstthema ist?
In den Bereichen Innenraumdiagnostik, Umweltanalytik und Schadstoffsanierung stellt der Bereich „Schimmelpilze“ ein kommerziell interessantes Gebiet dar, das heiß umworben wird. Daher werden oft undifferenzierte Pauschalaussagen zur Schädlichkeit oder Unschädlichkeit von Schimmelpilzen gemacht.
Für die Betroffenen, die Angst haben, an einer Schimmelpilzallergie zu leiden, ist das schon sehr unübersichtlich, wäre denn dann ein auf Schimmelpilze spezialisierter Mediziner die Lösung?
Menschen, die unter gesundheitlichen Problemen leiden und die glauben, dass diese auf einen Feuchte- oder Schimmelschaden zurückzuführen sind, haben häufig eine Odyssee hinter sich. Es dauert oft sehr lange, bis sie einen Arzt finden, der ihnen kompetent hilft. Dazu trägt auch bei, dass es bisher keine abgestimmte Lehrmeinung auf dem Gebiet „Schimmelpilze und gesundheitliche Risiken“ gibt. Außerdem werden von den gesetzlichen Krankenkassen entsprechende ärztliche Leistungen, die unter anderem umfangreiche Patientengespräche zur Erfassung der Krankheitsvorgeschichte erfordern, unzureichend honoriert.
Besteht hier eine Versorgungslücke für die Patienten, die eventuell doch durch Schimmelpilze krank geworden sind?
In gewisser Weise ja. Aus diesen Gründen hat die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) in Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften aus Deutschland und Österreich, im April 2016 die AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen“ erarbeitet und allen Ärzten und Interessierten zur Verfügung gestellt. Beteiligt waren an dieser Schimmelpilz-Leitlinie Ärzteverbände und Experten, unter anderem aus den Bereichen Allergologie, Arbeitsmedizin, Dermatologie, Infektiologie, Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Mikrobiologie, Öffentliche Gesundheit, Pneumologie und Sozialmedizin.
Was war das Ziel der AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie?
Die Leitlinie sollte die bis dahin bestehende Lücke für die medizinische Diagnostik bei Schimmelbelastungen im Innenraum schließen. Bis dahin existierten nur Leitlinien dazu, wie ein Gebäude bei Feuchteschäden bzw. Schimmelbefall saniert werden kann. Es gab auch Übersichtsarbeiten zu den auf Schimmelpilze zurückgeführten Krankheitsbildern. Eine Leitlinie, die darstellt, wie in Bezug auf die betroffenen Patienten vorgegangen werden soll, existierte aber nicht. Zudem haben sich die Herausgeber der Leitlinie entschlossen, die Kernaussagen der Leitlinie für die von einem Schimmelbefall Betroffenen zugänglich zu machen.
Die Herausgeber der Schimmelpilz-Leitlinie wollen die folgenden Ziele erreichen:
- Die Patienten sollen keine unbegründeten Ängste entwickeln
- Einer nicht zu rechtfertigenden Verharmlosung bezüglich der von Schimmel ausgehenden gesundheitlichen Risiken soll entgegengewirkt werden
- Es soll ein Beitrag zur Versachlichung der Schimmelpilzproblematik geleistet werden
Kernaussagen der AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie | ||
1. Deutlicher Schimmelpilzbefall darf in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes sei auf den „Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen“ des Umweltbundesamtes verwiesen. Eine überarbeitete Fassung des UBA-Schimmelpilzleitfadens wird voraussichtlich 2018 erscheinen. |
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2. Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelpilzexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung (siehe Schimmelpilzsanierungsleitfaden, diese werden in den 2018 neu erscheinenden Schimmelpilzleitfaden des UBA integriert). |
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3. Schimmelpilzmessungen im Innenraum sind aus medizinischer Sicht selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelpilzbefall sowohl auf eine quantitative (mengenmäßige) als auch auf eine qualitative (Zusammensetzung der Bestandteile, Bestimmung der Schimmelpilzspezies) Messung verzichtet werden. Vielmehr sind die Ursachen des Befalls aufzuklären, anschließend sind Befall und primäre Ursachen zu beseitigen. |
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4. Schimmelpilzexpositionen können allgemein zu Reizungen der Schleimhäute, Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen. |
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5. Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelpilzexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen (Mykosen). |
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6. Es ist eine wesentliche ärztliche Aufgabe, in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchte- oder Schimmelschäden in Innenräumen und Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts bzw. der Niere, Störungen der Fortpflanzung, der Schädlichkeit für die Keimzellen oder Krebserkrankungen die bislang fehlenden wissenschaftlichen Erkenntnisse sachlich darzustellen. |
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7. Besonders zu schützende Risikogruppen sind: a) Personen mit Immunsuppression/Immunschwäche nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) (s.o.) b) Personen mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose) c) Personen mit Asthma bronchiale |
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8. Das Risiko für die Entwicklung eines Asthmas („Etagenwechsel“) ist erhöht bei: a) Patienten mit allergisch bedingter Erkrankung der Nasen- und Augenschleimhaut b) Patienten mit allergischer bedingter Erkrankung der Nasen- und Nasennebenhöhlenschleimhaut c) Patienten mit Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen auf den Kontakt mit ansonsten harmlosen Substanzen aus der Umwelt. |
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9. Vermutlich sind alle Schimmelpilze geeignet, Sensibilisierungen (Empfindlichkeit, Vorstufe der Allergie) und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potential (Fähigkeit, eine Sensibilisierung und Allergie auszulösen) als geringer einzuschätzen. |
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10. Personen mit einer Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen, Heuschnupfen, allergischem Asthma und Neurodermitis weisen oft IgE-Antikörper auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat. |
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11. Kernelemente der Allergiediagnostik sind schwerpunktmäßig die ausführliche Krankheitsvorgeschichte (Anamnese), ergänzend die Hauttestung (Pricktest) und die Blutuntersuchungen auf spezifische IgE-Antikörper sowie die unmittelbare Testung der Reaktion an Nase, Augen und /oder Bronchien. |
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12. Der Nachweis von spezifischem IgE im Blut bedeutet, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Dies ist aber genau so wenig wie eine positive Reaktion im Hauttest einer allergischen Erkrankung gleichzusetzen. |
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13. Negative Testergebnisse schließen eine Sensibilisierung oder Allergie auf Schimmelpilz(e) nicht aus. |
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14. Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ-I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und wird daher nicht empfohlen. |
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15. Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze sind als diagnostische Verfahren nicht sinnvoll. |
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16. Infektionen durch Schimmelpilze sind selten und erfolgen am ehesten durch Einatmen von Sporen. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit lokaler oder allgemeiner Abwehrschwäche. |
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17. Schimmelpilzallergiker und Personen mit das Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen sollten von ihrem Arzt über die Gefahren von Schimmelpilzen im Innenraum und über geeignete Maßnahmen informiert werden. |
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Quelle: AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie |
Der Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden ist im Dezember 2017 vom Umweltbundesamt herausgegeben worden.
Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/uba_schimmelleitfaden_final_bf.pdf
Die im April 2016 erschienene AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie wird seit 2019 überarbeitet. Die zeitliche Verzögerung der Überarbeitung ist der Corona-Pandemie geschuldet.
Und welche Gesundheitsprobleme und Erkrankungen könnten tatsächlich durch Schimmelpilze verursacht worden sein?
Von Schimmelpilzen können generell folgende gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgehen:
- Infektionen
- Sensibilisierungen und Allergien
- Vergiftungen (Intoxikationen)
- Reizende Wirkungen auf die Schleimhaut von Augen, Nase, Mund und der unteren Atemwege
- Geruchsbelästigungen
- Befindlichkeitsstörungen
In der Praxis ist die Beantwortung der Frage von Patienten, welches gesundheitliche Risiko mit dem Nachweis von Schimmelpilzen im Innenraum verbunden ist, primär eine ärztliche Aufgabe.
Zusammenhang zwischen einer Schimmelpilzbelastung oder/und Feuchtigkeit in Innenräumen und Krankheiten |
Eindeutig ursächlicher Zusammenhang mit Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen Kann für keine Krankheit mit Ausnahme von Infektionen durch Schimmelpilze, sogenannte Mykosen, nachgewiesen werden. |
Ausreichend wahrscheinlicher Zusammenhang mit Feuchte-/ Schimmelschäden in Innenräumen Allergische Atemwegserkrankungen Asthma (erstmaliges Auftreten von Asthma, Verschlechterung der Asthma-Erkrankung, deutliche Verschlimmerung der Asthma-Beschwerden) Allergische Rhinitis (allergischer Schnupfen) Exogen Allergische Alveolitis (allergisch bedingte Entzündung der Lungenbläschen) Begünstigung von Atemwegsinfektionen, Bronchitis |
Eingeschränkt wahrscheinlicher oder nur vermuteter Zusammenhang mit Feuchte-/ Schimmelschäden in Innenräumen Mucous Membrane Irritation (MMI) (unspezifische Reizungen der Schleimhäute der Augen (z.B. Brennen, Tränen), der Nase (z.B. Niesreiz, Naselaufen oder verstopfte Nase) und des Rachens (z.B. Trockenheitsgefühl, Räuspern) Neurodermitis/Atopisches Ekzem (erstmaliges Auftreten der Neurodermitis, Verschlechterung der Neurodermitis-Erkrankung, deutliche Verschlimmerung der Neurodermitis-Beschwerden) |
Nicht zutreffender oder nicht wahrscheinlicher Zusammenhang mit Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Akute Idiopathische Pulmonale Hämorrhagie bei Kindern (akute Lungenblutung ohne bekannte Ursache) Rheuma Arthritis (Gelenkentzündung) Sarkoidose (Entzündungen mit Auftreten kleiner knötchenartiger Zellansammlungen) Krebs |
Quelle: AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie |
Was sollte der Arzt überprüfen, um festzustellen, ob die Beschwerden des Patienten tatsächlich durch Schimmelpilze verursacht werden?
Um eine gesundheitliche Gefährdung von Schimmelpilzen beurteilen zu können, muss zum einen die Prädisposition, das heißt die gesundheitliche Situation, der Betroffenen beurteilt werden. Zum anderen muss das Ausmaß des Schimmelbefalls bewertet werden. Vom Arzt ist zunächst zu prüfen, ob die allergischen Symptome möglicherweise durch einen Schimmelbefall in der Wohnung bedingt sein können. Weiter ist zu prüfen, ob eine Prädisposition hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Schimmelpilzwirkungen vorliegt.
Welche Erfahrungen hat man mit Allergien durch Schimmelpilze bislang gemacht?
Nach heutigem Kenntnisstand sind Reizungen der Schleimhaut der Augen und Atemwege sowie allergische Reaktionen bei Schimmelbefall außerhalb von Krankenhäusern wahrscheinlich am häufigsten. Infektionen treten nur bei Personen auf, deren Immunsystem stark herabgesetzt ist. Das kann zum Beispiel nach Transplantationen, durch eine Leukämie, ein Lymphom oder eine Chemotherapie der Fall sein.
Wie testet man auf eine Allergie gegen Schimmelpilz?
Eine Sensibilisierung auf Schimmelpilze kann durch Allergietests festgestellt werden. Dazu gibt es Hauttests, man kann die Antikörper bzw. das spezifische IgE aber auch im Blut nachweisen. Weiter kann eine Allergie-Diagnose auf Schimmel durch eine Provokation abgesichert werden. Das geschieht, indem man durch den Kontakt mit Schimmelpilz-Allergenen gezielt Symptome an den Schleimhäuten der Augen, der Nase und/oder den Bronchien hervorruft. Dabei gibt es allerdings ein Problem.
Welches Problem stellt sich bei der Diagnose einer Schimmelpilz-Allergie?
Für die meisten Schimmelpilze, die im Innenraum bei Feuchteschäden vorkommen, gibt es keine kommerziell erhältlichen Testextrakte für die Allergietests. Daher kann von einem positiven Testergebnis allein nicht auf mögliche gesundheitliche Probleme mit Schimmelbefall im Innenraum geschlossen werden. Auf der anderen Seite schließt ein negatives Ergebnis aber auch mögliche gesundheitliche Probleme aufgrund von Schimmelpilzen, die typischerweise bei Feuchteschäden vorkommen, nicht aus. Es könnte sein, dass eine Allergie auf ein Schimmelpilz-Allergen besteht, für das kein Testextrakt verfügbar ist.
Es gibt also nicht für alle Schimmelarten einen passenden Allergietest.
Wie bewerten Sie die Mykotoxine als gesundheitliches Risiko in Wohnungen?
Beim jetzigen Stand der analytischen Möglichkeiten lassen sich die Pilzgifte, auch Mykotoxine genannt, im Innenraum weder sicher bestimmen noch bewerten. Eine Bestimmung von Mykotoxinen im Blut oder Urin hat für die medizinische Praxis keine Bedeutung und muss zurzeit auf wissenschaftliche Fragestellungen beschränkt bleiben
Wie bewerten Sie denn die Messung von Schimmelpilzen vor Ort in den Wohnungen?
Eine Bestimmung der Schimmelpilzarten, die bei einem Schimmelbefall im Innenraum vorkommen, ist für die medizinische Diagnostik nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Das wäre zum Beispiel bei Infektionsgefährdung der Fall. Insbesondere für solche Personen, die ein erhöhtes Erkrankungsrisiko bei Schimmelbefall haben, stellt die durch eine Schimmelpilzmessung bedingte zeitliche Verzögerung von Maßnahmen ein erhöhtes Risiko dar.
Zu beachten ist deshalb, dass es im Falle eines Feuchte-/Schimmelschadens im Innenraum besonders zu schützende Risikogruppen gibt. Dies sind:
- Personen mit Immunsuppression/Immunschwäche nach den oben dargestellten drei Risikogruppen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut
- Personen mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose)
- Personen mit Asthma bronchiale
Was kann man gegen Schimmelpilz in der Wohnung tun?
Um Schimmelbefall nachhaltig zu beseitigen, muss die Ursache ermittelt und beseitigt werden. Natürlich auch der Schimmelbefall selbst. Die Sanierung eines Schimmelbefalls sollte nach den Empfehlungen des vom Umweltbundesamt herausgegebenen Leitfadens zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden erfolgen. Schimmelbefall mit einem geringen bis mittleren Umfang, das wäre < 0,5 m2 bei nur oberflächlichem Befall, und mit bekannter Ursache, kann von Betroffenen oft selbst beseitigt werden. Die Voraussetzung ist, dass diese nicht allergisch auf Schimmelpilze reagieren oder an Immunsystemerkrankungen leiden. Bei größerem Befall und geringem bis mittlerem Befall ohne bekannte Ursache sollte auf jeden Fall eine Fachfirma hinzugezogen werden.
Gibt es bestimmte Jahreszeiten, in denen die Allergie gegen Schimmelpilz vermehrt vorkommt?
Meines Wissens gibt es keine bestimmte Jahreszeit, in der Schimmelpilzallergien durch Schimmel in der Wohnung vermehrt vorkommen.
Aber von Schimmelpilzen, die vorwiegend in der Außenluft vorkommen wie Cladosporium, Helminthosporium und Alternaria, gehen saisonale Schimmelpilzallergien aus.
Herr Prof. Wiesmüller, herzlichen Dank für dieses Interview!
Quellen:
- Gerhard A. Wiesmüller et. al., AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen", AWMF-Register-Nr. 161/001 – Endfassung, Stand: 11.04.2016
- Umweltbundesamt (UBA). Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden. Berlin: Umweltbundesamt 2017;
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