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Asthma und Sport: Wie trainiert man richtig?

Asthma Sport trainieren richtig
Dr. Dr. med. Tobias Böselt: Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine aktive Zukunft, viel Kraft und Mut bei der Aufnahme neuer Herausforderungen und stets den Blick nach vorn! Bildquelle: T. Böselt

Wenn man gesund und leistungsfähig bleiben möchte, ist Sport „Pflicht“, das gilt auch für Menschen mit Asthma bronchiale. Allerdings ist es für Asthmatiker nicht immer klar, welche Sportarten sie gefahrlos betreiben können. Zu Unsicherheit kommt es auch bei den Fragen, was zu viel und was zu wenig ist und wie man beim Training richtig vorgeht. Für MeinAllergiePortal beantwortet Dr. Dr. med. Tobias Böselt, Klinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg die Frage, wie man bei Asthma richtig trainiert.

Autor: Sabine Jossé M. A.

Interviewpartner: Dr. med. Dr. phil. Tobias Böselt

Herr Dr. Böselt, auch bei Asthma bronchiale gilt Sport als eine gesundheitsfördernde Maßnahme. Welche Sportarten kommen für Asthmatiker in Frage?

Allem vorweg ist natürlich wichtig zu wissen, dass Asthma nicht gleich Asthma ist. Grob unterteilen wir das allergische- und das belastungsinduzierte Asthma.

Im Prinzip gibt es für die Auswahl der Sportart für Asthmatiker kaum Einschränkungen. Nicht ohne Grund finden wir eine Vielzahl von Spitzensportlern mit Asthma in den verschiedensten Disziplinen, zum Beispiel Claudia Pechstein im Eisschnelllauf oder David Beckham im Fußball. Auch wurden bislang in keinen Asthma-Sport-Studien Komplikationen registriert. Entscheidend hierbei ist die richtige Herangehensweise und Vorbereitung für die gewählte Aktivität.

Lässt sich denn das Asthma durch Sport verbessern oder regelrecht „wegtrainieren“?

Leider nein. Der Sport sorgt jedoch für eine Kräftigung des Bewegungsapparates und vor allem der Atemmuskulatur, sodass sich das allgemeine Wohlbefinden deutlich verbessert.

Zudem hat der Sport auch einen positiven Einfluss auf die Psyche, vor allem bei den grauen Herbsttagen.

Was macht beim Sport den Unterschied aus, ob man ein allergisches Asthma oder ein Belastungsasthma hat?

Die Auslöseformen sind hier der Unterschied. Sollte man an einem allergischen Asthma leiden, sind vor allem der Frühling und die folgenden Blühmonate ein Problem für die Bronchien. Aus diesem Grund ist der Sport gegebenenfalls vorerst nach drinnen zu verlegen. Beim belastungsinduziertem Asthma (BIA) ist der Auslöser eine erhöhte körperliche Belastung wie zum Beispiel ein intensiver Ausdauerlauf oder langes und schweres Bergauffahren mit dem Fahrrad. In diesem Fall sollte der oder die Betroffene die Intensität der sportlichen Einheiten reduzieren und stets das Notfallset und ein Telefon dabeihaben.

Am besten ist jedem geholfen, wenn er/sie weiß, wie er sich bei einem akuten Asthmaanfall zu verhalten hat.

Was sollten Sportler mit Asthma in Bezug auf die Herangehensweise und Vorbereitung beachten?

Wichtige Aspekte bei der Herangehensweise und Vorbereitung sind für Asthmatiker die richtige (Notfall-)Medikation, die Jahreszeit und ein nicht zu vernachlässigendes Aufwärmprogramm.

Wie sieht bei Asthma ein guter Trainingsplan aus, einerseits für Krafttraining und andererseits für ein Konditionstraining?

Völlig untrainierten aber bewegungswilligen Asthma-Patienten, empfehlen wir immer zuerst ein angeleitetes Training durchzuführen; sei es im Ausdauer- und/oder Krafttrainingsbereich. Generell sollte hierbei ein gesundes Mittelmaß aus beiden Komponenten gefunden werden.

Wie unterscheidet sich ein Trainingsplan für Asthmatiker von anderen typischen Trainingsplänen?

Jeder Trainingsplan ist individuell und unterscheidet sich grundsätzlich von anderen. Bei Asthmatikern ist entscheidend, wo der Auslöser für das Asthma liegt. Mit welcher Vorerfahrung wird ins Training gestartet? Daran angepasst werden die Örtlichkeiten und Belastungsspitzen individuell erstellt und von Zeit zu Zeit angepasst.

Und welche Ausdauersportarten empfehlen Sie Asthmatikern?

Zu empfehlen sind eigentlich alle Ausdauersportarten wie Radfahren, Laufen, Walken oder Nordic Walken. Auch das Schwimmen zählt zu einer beliebten Sportart, jedoch sollte darauf geachtet werden, dass die Dämpfe in gechlorten Schwimmbecken bei manchen Patienten zu Reizungen und somit zu einem Asthmaanfall führen können.

Was ist bei Ausdauersportarten im Freien zu beachten, wenn man Asthma hat?

Outdoor Aktivitäten sollten nach Möglichkeit bei einer niedrigen Intensität starten. Auch hier kann es, bedingt durch die kalte Luft, zu einer Hyperreagibilität des Bronchialsystems kommen und dies kann einen Asthmaanfall provozieren. Aus diesem Grund ist das Aufwärmprogramm auch für alle anderen Sportarten von ganz besonderer Bedeutung.

Das heißt, auch bei Belastungsasthma darf man Joggen? Wie würde hier der Trainingsplan aussehen?

Auf jeden Fall darf man auch bei Belastungsasthma joggen. Der geeignete Trainingsplan richtet sich auch immer nach dem Ziel! Ist es eine Grundlagenausdauer, so empfehle ich 2 bis 3 Mal die Woche ein lockeres Laufen bei 60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz oder einem Borgwert von 4 bis 6 (RPE 10). Der Borgwert ist eine Skala für ein subjektives Belastungsempfinden und skaliert sich von 0 bis10, wobei 0 keine Anstrengung und 10 eine maximale Beanspruchung widerspiegelt. Für intensivere Ziele wie zum Beispiel einen Halbmarathon oder mehr, empfehle ich den Kontakt zu einem Trainer aufzunehmen und einen individuellen Plan erstellen zu lassen.

Ist denn dann bei Asthma Outdoor-Sport im Winter möglich?

Wie bereits erwähnt, ist alles eine Frage des richtigen Aufwärmprogramms. Die Lunge sollte schrittweise mit der kalten Luft in Berührung kommen. Die Einheiten sollten nach Möglichkeit auch nicht so intensiv und lang wie im Sommer sein. Eine individuelle Anpassung sollte je nach Trainingszustand und Wahl der sportlichen Betätigung erfolgen.

Was ist in Bezug auf das Aufwärmprogramm zu beachten, wenn man Asthma bronchiale hat?

Zu vermeiden sind Trainingseinheiten ohne Aufwärmprogramm und einem plötzlichen Intensitätsanstieg. Eine gute Maßnahme, um sich z.B. auf eine Laufeinheit vorzubereiten, ist der Start mit zügigem Gehen. Und: Vor jedem Training sollte eine Peakflow-Messung durchgeführt werden, um gegebenenfalls einer Dyspnoe unter steigender Belastung frühzeitig entgegen zu wirken.

Generell empfehlen Sie sportliche Aktivitäten aber für Asthma-Patienten in jedem Alter?

Häufig wird Asthma bereits bei jungen Menschen diagnostiziert, dennoch gelten die Empfehlungen für tägliche Aktivität und Sport in jedem Alter. Nehmen die Nebenerkrankungen zu, wie zum Beispiel durch kardiale Einschränkungen, z.B. Herzinsuffizienz, so ist im Einzelfall immer der Hausarzt oder niedergelassene Sportmediziner für weitere sportliche Vorhaben zu konsultieren.

Dürfen auch Schwangere trotz Asthma Sport treiben?

So lange es seitens der Schwangerschaft keine Kontraindikation für den Sport gibt, hat die körperliche Betätigung eigentlich nur Vorteile für die Schwangere und das Ungeborene. Auch nach der Schwangerschaft kann der erworbene Trainingszustand Vorteile in der Rückbildung und dem körperlichen Wohlbefinden liefern.

Wie sieht bei Asthma die richtige Mischung zwischen Kraft- und Ausdauertraining aus und wie die richtige Mischung von Sportarten, die man „indoor“ und „outdoor“ ausübt?

Im Grunde profitieren die Menschen mit Asthma am Meisten vom Sport, wenn sich das Training abwechslungsreich und ausgewogen gestaltet. Somit sollten sowohl das Kraft- als auch das Ausdauertraining regelmäßig auf dem Plan stehen. Ob drinnen oder draußen entscheidet entweder die Sportart oder auch die Jahreszeit. So ist nicht nur die kalte Luft im Winter ein möglicher Risikofaktor für die Atemwege, sondern auch der Pollenflug im Frühling.

Es gibt ja auch spezielle Asthma-Sportgruppen, für welche Patienten sind diese empfehlenswert?

Asthma-Sportgruppen sind für alle geeignet, die sich in einer Gruppe unter professioneller Anleitung wohlfühlen. Der Austausch unter Betroffenen schafft häufig Sicherheit und bringt mehr Ruhe in das eigene Training. Außerdem sind Asthmapatienten unter sich gut geschult in Notfallsituationen und können sich im Falle eines Falles schnell gegenseitig unterstützen und im Notfall auch zügig Hilfe organisieren.

Dürfen Asthmatiker auch nach aktuell populären Trainingskonzepten, wie zum Beispiel Pump oder Functional Training, trainieren?

Auf jeden Fall! Wie bereits erwähnt, gibt es keine Einschränkungen in der Wahl der Sportart. Wichtig für den Kursbereich in Fitnessstudios und speziell für Kurse wie Pump, Step oder Hot Iron, ist ein ausgiebiges Aufwärmprogramm. Da die Kurse ihre Teilnehmer meist mit intervallartigen Belastungen fordern und motivieren wollen, ist es für Asthmatiker wichtig, hierbei die eigenen Grenzen zu kennen und gegebenenfalls die Gewichte oder Widerstände an den jeweiligen Erschöpfungsgrad anzupassen.

Wichtig ist: Auch im Studio sollte das Notfallspray immer griffbereit sein.

Gibt es eine Sportart, die man bei Asthma besser nicht machen sollte?

Natürlich empfehlen wir jedem Asthmatiker die Vermeidung von provozierenden Einflüssen. Diese können, neben den bereits genannten, auch Stäube, Zigarettenqualm, Parfüm oder eine enorme körperliche Beanspruchung mit einer starken kardiopulmonalen Belastung sein.

Wie entscheidet man bei Asthma, ob eine Steigerung oder eine Reduzierung angezeigt ist? Wie findet man das „richtige Maß“?

Wir empfehlen neben der regelmäßigen Kontrolle des Peakflow das subjektive Belastungsempfinden nach der Borg Skala Skala zu Rate zu ziehen. Unterschreitet zum Beispiel die wahrgenommene Anstrengung auf einer Skala von 6 bis 20 die Zahl 11/12, so sollte die Intensität ein wenig gesteigert werden. Allerdings sollte die Intensität ein Maß von 16/17 auch nicht überschreiten.

Eine optimale Kontrolle für das Ausdauertraining haben Sportler durch die kontinuierliche Messung der Herzfrequenz. Ein moderates Training sollte bei 60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz (Hfmax) durchgeführt werden. Die Hfmax kann nach den Empfehlungen der WHO mit der Altersformel berechnet werden (220-Lebensalter= Hfmax).

Welche Fehler können bei bestimmten Sportarten einen Asthmaanfall auslösen?

Wenn man mit einer neuen Sportart beginnt und diese mit einer zu hohen Intensität anfängt, kann dies einen Astma-Anfall provozieren. Auch Änderungen in den Gewohnheiten, wie zum Beispiel ein neues Waschmittel, ein anderes Hallenbad, wegen der Chlorkonzentration, oder die Umstellung auf ein neues Medikament können Auslöser für einen Asthmaanfall sein.

Und last but not least: Empfehlen sie trotz Asthma ein Sportstudium zu beginnen?

Wenn Sie mich so Fragen JA. Asthma ist kein Grund zur Aufgabe einer Berufung, eines Hobbys oder eines Lebenstraums. Je besser man selbst über die eigene Erkrankung Bescheid weiß und je besser die medikamentöse Einstellung ist, desto weniger steht einem bei der Erfüllung seiner Vorstellungen entgegen – dann steht nichts im Wege.

Herr Dr. Böselt, herzlichen Dank für dieses Interview! 

Wichtiger Hinweis

Unsere Beiträge beinhalten lediglich allgemeine Informationen und Hinweise. Sie dienen nicht der Selbstdiagnose, Selbstbehandlung oder Selbstmedikation und ersetzen nicht den Arztbesuch. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

27. Oktober 2022

Autor: S. Jossé/T. Böselt, www.mein-allergie-portal.com

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